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BFH-Urteil vom 5.2.1987 (IV R 198/84) BStBl. 1987 II S. 557

1. Zur Ernsthaftigkeit und betrieblichen Veranlassung der einem Arbeitnehmer-Ehegatten gewährten Direktversicherung.

2. Eine dem Arbeitnehmer-Ehegatten zusätzlich gewährte Direktversicherung ist nicht schon deswegen betrieblich veranlaßt, weil sein Barlohn bisher zu gering war.

EStG § 4 Abs. 4, § 4b, § 6a.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer 1976 veranlagt worden. Der klagende Ehemann ist als Arzt für Kinderkrankheiten selbständig tätig. Seine Ehefrau arbeitet in der Praxis mit; sie ist als Gymnastiklehrerin ausgebildet. Im Streitjahr zahlte der Kläger auf eine Direktversicherung zugunsten seiner Ehefrau 2.712 DM ein; ihr sonstiger Arbeitslohn betrug 10.400 DM. Außerdem wurden noch zwei Arzthelferinnen beschäftigt; für diese ist der Kläger keine Versicherung eingegangen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte die Aufwendungen für die Direktversicherung der Ehefrau nicht als Betriebsausgaben.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des FA wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

1. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich in der Vergangenheit wiederholt mit Zusagen für eine Altersversorgung befaßt, die ein Steuerpflichtiger seinem bei ihm als Arbeitnehmer beschäftigten Ehegatten gibt. In Anlehnung an die Grundsätze für die steuerliche Berücksichtigung von Ehegattenverträgen hat der BFH die Bildung einer Rückstellung gemäß § 6 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) beim Steuerpflichtigen in diesem Fall nur zugelassen, sofern die vereinbarten Versorgungsleistungen ernsthaft gewollt und ausschließlich betrieblich veranlaßt waren; von letzterem sollte ausgegangen werden, wenn der Unternehmer die Pensionszusage dem Grunde und der Höhe nach auch einem fremden Arbeitnehmer erteilt hätte (Urteile vom 20. März 1980 IV R 53/77, BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450, mit Nachweisen früherer Rechtsprechung; vom 19. Februar 1981 IV R 112/78, BFHE 133, 368, BStBl II 1981, 654; vom 28. Oktober 1981 I R 100/78, BFHE 134, 330, BStBl II 1982, 126; vom 26. Oktober 1982 VIII R 50/80, BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209; vom 30. März 1983 I R 162/80, BFHE 138, 351, BStBl II 1983, 500; vom 29. Mai 1984 VIII R 177/78, BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661). Diese Anforderungen sind mit dem Gebot des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 22. Juli 1970 1 BvR 285/66 u. a. , BStBl II 1970, 652).

Als ernsthaft gewollt kann die Pensionszusage nur angesehen werden, wenn ihre künftige Erfüllung gewährleistet ist; diese Gewißheit muß insbesondere für den Fall der Veräußerung, der Aufgabe oder Übergabe des Betriebs durch den Steuerpflichtigen bestehen (BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450; BFHE 141, 272, BStBl II 1984, 661).

Die betriebliche Veranlassung ist bei Beschäftigung weiterer Arbeitnehmer im allgemeinen nur anzunehmen, wenn auch diesen eine Pensionszusage erteilt oder zumindest angeboten worden ist. Entsprechend verbreiteter Praxis kann der Steuerpflichtige die Zusage bzw. das Angebot einer Altersversorgung aber auch auf einzelne Gruppen von Arbeitnehmern, insbesondere solche mit qualifizierter Arbeit beschränken (BFHE 130, 316, BStBl II 1980, 450; BFHE 138, 351, BStBl II 1983, 500). Der Höhe nach ist die Zusage nur betrieblich veranlaßt, wenn durch die betriebliche Leistung nicht eine sog. Überversorgung eintritt, die ein Arbeitgeber sonst im eigenen Interesse zu verhindern sucht (BFHE 137, 269, BStBl II 1983, 209). Aus Vereinfachungsgründen kann angenommen werden, daß diese Grenze nicht überschritten ist, wenn die Aufwendungen für die Altersversorgung des Arbeitnehmer-Ehegatten (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers für Zwecke der Altersversorgung und Zuführung zu einer Pensionsrückstellung) 30 v. H. des Arbeitslohnes nicht übersteigen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Oktober 1986 I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205, ergangen zur Gewährung einer Direktversicherung).

2. Diese Grundsätze lassen sich nicht unbesehen auf eine sog. Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten übertragen. Dabei handelt es sich um eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers, die durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer abgeschlossen und durch Beitragszahlung unterhalten wird und bei der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974, BGBl I, 3610, BStBl I 1975, 22). Mit der Bilanzierung einer derartigen Versicherung beim Arbeitgeber beschäftigt sich § 4 b EStG. Die vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge sind beim Arbeitnehmer Arbeitslohn, der jedoch in Höhe von 312 DM steuerfrei ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV -) und in Höhe weiterer 2.400 DM vom Arbeitgeber der Lohnsteuerpauschalierung von lediglich 10 v. H. unterworfen werden kann (§ 40 b EStG).

Im Unterschied zu einer Pensionszusage werden hierbei die Leistungen des Arbeitgebers in Gestalt der Beitragszahlung alsbald erbracht; nach der Ernsthaftigkeit der Zusage des Arbeitgeber-Ehegatten braucht deshalb bei dieser Gestaltung nicht gefragt zu werden (BFH-Urteil vom 10. November 1982 I R 135/80, BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173).

Auch hinsichtlich der betrieblichen Veranlassung gelten Besonderheiten. Um dem Arbeitnehmer den gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil auch dann zu verschaffen, wenn der Arbeitgeber zu zusätzlichen Leistungen zugunsten des Arbeitnehmers nicht bereit oder in der Lage ist, wird häufig vereinbart, daß der auszuzahlende Barlohn des Arbeitnehmers verringert und hieraus, sowie aus der eintretenden Lohnsteuerermäßigung, die Versicherungsleistungen durch den Arbeitgeber als Bestandteil des Arbeitslohns erbracht werden (vgl. Abschn. 96 Abs. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR -; Baumdicker, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1981, 423; Giloy, Finanz-Rundschau - FR - 1985, 365). Eine derart vorgenommene Umwandlung von Barlohn, für die auch eine anstehende Lohnerhöhung verwendet werden kann, läßt die Aufwendungen des Arbeitgebers im ganzen unverändert; sie ist betrieblich veranlaßt und führt in Gestalt der Beitragsleistungen an das Versicherungsunternehmen zu Betriebsausgaben; dies gilt auch dann, wenn nur ein Teil der Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber von der Möglichkeit der Barlohnumwandlung Gebrauch macht. Wird ein Lohnanspruch des Arbeitnehmer-Ehegatten in dieser Weise umgewandelt, kann die betriebliche Veranlassung ebenfalls nicht verneint werden.

Anders verhält es sich dagegen, wenn der Arbeitgeber bei unverändertem Arbeitsentgelt zusätzlich die Beiträge für die Direktversicherung erbringt. Kommt dieser Vorteil nur dem Arbeitnehmer-Ehegatten zuteil, bedarf es besonderer Begründung, daß die Vorteilsgewährung einen betrieblichen Anlaß hat; hierzu gelten dieselben Erwägungen wie bei einer auf den Ehegatten beschränkten Pensionszusage (vgl. BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173; Entscheidungen vom 24. November 1982 I R 85/82, BFHE 138, 29, BStBl II 1983, 406; vom 30. März 1983 I R 209/81, BFHE 138, 536, BStBl II 1983, 664; vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60; vom 21. August 1984 VIII R 106/81, BFHE 142, 231, BStBl II 1985, 124).

Wie in den Entscheidungen in BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60, und in BFHE 142, 231, BStBl II 1985, 124 ausgeführt, kann die betriebliche Veranlassung nicht allein damit begründet werden, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte bisher eine zu geringe Entlohnung erhalten hat; sollte der Arbeitnehmer-Ehegatte seine Dienste bisher gegen vermindertes Entgelt erbringen, kann die Alterssicherung nur nach Maßgabe dieses Entgelts bezogen werden. Ist die betriebliche Veranlassung der Zusage dagegen aus den anderen vorerwähnten Gründen zu bejahen, können die erbrachten Beiträge bis zu der in dem Urteil in BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205 angegebenen Grenze als Betriebsausgaben abgesetzt werden.

3. Das FG wird danach zu prüfen haben, ob der Kläger die Direktversicherung auch zugunsten einer fremden Arbeitskraft übernommen hätte, die die von seiner Ehefrau erfüllten Aufgaben verrichtete. Die hierzu vom FG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus. Es hat insbesondere nicht berücksichtigt, daß die Ehefrau des Klägers als Gymnastiklehrerin nicht über die für eine Arzthelferin erforderliche Ausbildung verfügte und damit in der Praxis nur beschränkt einsetzbar war.

Ist die Zusage gleichwohl betrieblich veranlaßt, wird das FG hinsichtlich der Höhe der Leistungen überprüfen müssen, ob die 30-v. H.-Grenze überschritten ist.