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BFH-Urteil vom 19.2.1987 (IV R 72/83) BStBl. 1987 II S. 570

1. Ausgleichszahlungen an einen Kommissionsagenten in entsprechender Anwendung des § 89b HGB gehören zum laufenden Gewinn und damit zum Gewerbeertrag, und zwar auch dann, wenn der Betrieb des Kommissionsagenten nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses nur in erheblich verringertem Umfang fortgeführt wird (Anschluß an das Urteil vom 24. November 1982 I R 60/79, BFHE 137, 360, BStBl II 1983, 243).

2. Zur Frage, zu welchem Zeitpunkt der Ausgleichsanspruch bilanziell zu erfassen ist.

EStG §§ 16, 34; GewStG § 2 Abs. 5; HGB §§ 84, 89b.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Streitig ist, ob eine der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Jahre 1976 gezahlte "Kundenausgleichentschädigung" der Gewerbesteuer unterliegt.

Die Klägerin vertrieb von 1955 bis etwa Mitte 1977 Erzeugnisse der ausländischen Firmengruppe R in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Nachdem die Klägerin von 1955 bis 1968 als Vertragshändlerin für R tätig gewesen war, kam es 1968 zu einer Vereinbarung, nach der die Klägerin und R künftig ihre Geschäfte nach den Regeln des Konsignationsverkaufs abwickelten. Die Klägerin erhielt das Alleinverkaufsrecht für das Gebiet der Bundesrepublik, führte die Waren ein und vertrieb sie im eigenen Namen. R stellte die Ware der Klägerin in Rechnung, und zwar mit dem von der Klägerin erzielten Verkaufspreis abzüglich eines im Vertrag festgelegten und als Kommission bezeichneten Vomhundertsatzes des Verkaufspreises. Die von R in Rechnung gestellten Beträge mußte die Klägerin erst nach Eingang der Zahlung des deutschen Kunden begleichen. R trug auch das Ausfallrisiko für die Forderungen der Klägerin gegen die deutschen Kunden. R erhielt vereinbarungsgemäß Durchschläge aller wichtigen Geschäftspapiere der Klägerin, insbesondere von allen Kaufverträgen und Verkaufsrechnungen. Ohne Zustimmung von R durfte die Klägerin Erzeugnisse anderer Hersteller nicht verkaufen. Auf den Verkauf von "Fremderzeugnissen" entfielen nur etwa 2 v.H. des Gesamtumsatzes. Insgesamt war die Zusammenarbeit so eng, daß die Klägerin sich gegenüber R im Jahre 1971 dahin äußerte, daß sie fast ausschließlich für R arbeite und in engster Zusammenarbeit mit R praktisch den deutschen Teil der internationalen Verkaufsorganisation der Firmengruppe R darstelle. Die Klägerin erzielte in den Jahren 1970 bis 1975 aus dem Vertrieb von R-Erzeugnissen einen Rohgewinn von durchschnittlich ... DM. Die Umsätze bei den R-Erzeugnissen beliefen sich 1975 auf rd. ... Mio DM.

Ab 1973 versuchte R, den Vertrieb ihrer Erzeugnisse in der Bundesrepublik selbst zu übernehmen. Im September 1975 kündigte R zum 31. Dezember 1975 den Vertrag mit der Klägerin. In den sich anschließenden Verhandlungen kam man überein, die Geschäftsbeziehungen erst über einen längeren Zeitraum hin auslaufen zu lassen. Zu diesem Zwecke schloß die Klägerin mit R einen Handelsvertretervertrag ab, der zum 31. Dezember 1976 kündbar war. Nach diesem Vertrag war die Klägerin Handelsvertreterin der R ohne Abschlußvollmacht mit Alleinvertriebsrecht für das Gebiet der Bundesrepublik. Vom Alleinvertrieb im Vertragsgebiet waren gewisse Firmen ausgenommen. Eine Sonderregelung galt für einen Großkunden. Gegenüber diesem Kunden durfte die Klägerin weiterhin als Konsignationsverkäuferin auftreten. Die Provision wurde auf einen Jahresfestbetrag von ... Mio. DM zuzüglich ... v.H. des von der Klägerin vermittelten Umsatzes festgelegt.

Nach Kündigung auch dieses Vertrags wurde der Tätigkeitsbereich der Klägerin gegenüber R um etwa 1/3 des Umfangs von 1976 gekürzt. Seit Mitte 1977 verkauft R ihre Erzeugnisse in der Bundesrepublik nur noch über eine deutsche Tochtergesellschaft.

Im Oktober 1975 machte die Klägerin gegenüber R eine ihr als Kommissionärin zustehende Ausgleichszahlung geltend. Mit Schreiben vom 28. November 1975 bestritt R eine Ausgleichsverpflichtung, führte dann aber aus, es erscheine zweckmäßig, die Zusammenarbeit in gutem Einvernehmen zu beenden. Deshalb sei sie bereit, bei der endgültigen Einstellung der beiderseitigen Geschäftsbeziehungen ... DM zu zahlen. Mit Schreiben vom 23. Januar 1976 erklärte die Klägerin sich einverstanden. Sie führte dazu aus, der Betrag werde fällig, wenn der zum 1. Januar 1976 abgeschlossene Vertrag auslaufe. Für den Fall, daß ihre Tätigkeit für R nach und nach eingeschränkt werde, verlangte die Klägerin eine Teilzahlung.

Aufgrund der Vereinbarung zahlte R 1976 und 1977 an die Klägerin gewisse Beträge. Die Klägerin erfaßte diese Zahlungen in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen 1976 und 1977 entsprechend dem Zahlungseingang. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erfaßte den Betrag von ... DM auch bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags 1976 als Betriebseinnahme und Teil des laufenden Gewinns.

Mit der nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, bei dem Betrag von ... DM handele es sich rechtlich um eine auf entsprechender Anwendung des § 89b des Handelsgesetzbuches (HGB) beruhende Ausgleichsvergütung. Diese müsse wie ein Betriebsveräußerungsgewinn behandelt werden und dürfe entgegen dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Oktober 1978 VIII R 184/78 (BFHE 131, 520, BStBl II 1981, 97) nicht der Gewerbesteuer unterworfen werden. Letztlich komme es aber nicht darauf an, ob das Urteil des BFH verfassungswidrig sei, denn der Betrag von ... DM unterliege schon deshalb nicht der Gewerbesteuer, weil es sich wirtschaftlich um ein Entgelt für den Betrieb oder einen Teilbetrieb der Klägerin gehandelt habe. Schließlich wurde noch geltend gemacht, der Ausgleichsanspruch sei 1975 entstanden und hätte deshalb bei der Gewinnermittlung für 1975 berücksichtigt werden müssen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Das FG ließ offen, ob die Klägerin ihren Betrieb oder einen Teilbetrieb aufgegeben hatte. Bei dem Betrag von ... DM handele es sich um eine nachträgliche Vergütung für die laufende Tätigkeit der Klägerin von 1968 bis 1975, nicht um die Vergütung für ein Aktivum, das im Rahmen einer etwaigen Betriebsaufgabe von der Klägerin auf R übergegangen sei. Ein Kundenstamm sei nicht übertragen worden, da R den Kundenstamm kannte und nach dem Ausscheiden der Klägerin aus ihrer Vertriebsorganisation ohne weiteres nutzen konnte. Auch ein Firmenwert sei nicht übertragen worden, da mit der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit R das wesentliche Element eines vorhandenen Firmenwerts verlorengegangen sei. Auch die weiteren von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte belegen nach Auffassung des FG nicht, daß ein Aufgabegewinn entstanden sei. Für die Freistellung des Prokuristen X, der die Geschäftsbeziehungen der Klägerin mit R wesentlich betreut hatte, könne R nichts gezahlt haben, da mit Auslaufen der Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und R auch der Dienstvertrag zwischen der Klägerin und X beendet worden sei. Das Know how der zolltechnischen Abwicklung des Imports der Erzeugnisse hätte R im wesentlichen von der Zolldienststelle erfahren können und die persönliche Einführung der Mitarbeit von R bei den deutschen Abnehmern sei nicht selbständig bewertbar. Die gesamten Umstände sprächen vielmehr dafür, daß es sich bei dem streitigen Betrag um eine Ausgleichsentschädigung in entsprechender Anwendung des § 89b HGB handele. Die Rechtsprechung zur gewerbesteuerrechtlichen Behandlung des Ausgleichsanspruchs sei anzuwenden, da die Klägerin im Innenverhältnis zu R wirtschaftlich die Stelle eines Handelsvertreters eingenommen habe und von R wirtschaftlich abhängig gewesen sei. Zutreffend sei der Ausgleichsbetrag auch nicht schon 1975 erfaßt worden. Der im Jahre 1968 abgeschlossene und von R formell zum 31. Dezember 1975 gekündigte Vertrag bilde mit dem ab 1. Januar 1976 geltenden Vertragsverhältnis eine Einheit. Die 1968 begründeten vertraglichen Beziehungen seien so durch die Merkmale eines Handelsvertretervertrags geprägt gewesen, daß die analoge Anwendung des § 89b HGB geboten sei. Soweit es das Innenverhältnis betreffe, sei dieses Vertragsverhältnis materiell über den 31. Dezember 1975 hinaus fortgesetzt worden, da die Klägerin 1976 teilweise als Handelsvertreterin der R gearbeitet habe, teilweise auch weiterhin als Konsignationsverkäuferin aufgetreten sei. Von einer Beendigung des Vertragsverhältnisses i. S. des § 89b HGB zwischen R und der Klägerin könne deswegen erst gesprochen werden, nachdem die Geschäftsbeziehungen zum 31. Dezember 1976 wesentlich eingeschränkt und 1977 ganz eingestellt worden seien. Der Ausgleichsanspruch in Höhe von ... DM, der anläßlich der 1976 erfolgten Einschränkung der Zusammenarbeit zwischen R und der Klägerin bezahlt worden sei, könne deshalb erst in der Bilanz zum 31. Dezember 1976 erfaßt werden.

Mit der Revision wird geltend gemacht, der Anspruch auf die Entschädigung, bei der es sich um einen Ausgleichsbetrag in entsprechender Anwendung des § 89b HGB handele, hätte, da schon im Jahre 1975 entstanden, in der Bilanz zum 31. Dezember 1975 aktiviert werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt seien das Vertragsverhältnis mit R beendet worden und der Ausgleichsanspruch entstanden. Zwischen dem bis zum 31. Dezember 1975 bestehenden Vertrag mit R und den Handelsvertreterverträgen mit der deutschen Tochtergesellschaft bestehe kein wirtschaftlicher Zusammenhang. Der Gewerbesteuer unterliege der Ausgleichsbetrag nicht, da es sich wirtschaftlich betrachtet um einen Veräußerungsgewinn bei Betriebsaufgabe i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) handele. Der Kommissionsagent sei kein Handelsvertreter. Die Rechtsprechung des BFH zur Gewerbesteuerpflicht der Ausgleichszahlung sei nicht anwendbar, da der Kundenstamm erst mit Kündigung des Vertragsverhältnisses auf den Produzenten übergehe. Dazu wird ausgeführt: "Die Klägerin hatte zwar schon freiwillig während der Vertragszeit R die Namen der wichtigsten Kunden bekanntgegeben. Die rechtliche Übertragung des Kundenstammes erfolgte jedoch erst bei Vertragsende, nämlich zum 31. Dezember 1975. Es handelt sich bei einem Kommissionsagenten nicht um laufenden Gewinn des Gewerbebetriebes, sondern um Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftswertes bei Auflösung des Vertragsverhältnisses mit dem Produzenten. Der einzige Unterschied zu ,üblichen' Geschäftsübergaben ist der, daß bereits bei Vertragsbeginn die Tatsache der späteren Veräußerung an den Produzenten und der Verkaufspreis festgelegt werden. Die Klägerin hat sich an diese Vereinbarung gehalten und ihre ehemaligen Kunden nicht mit gleichen Erzeugnissen anderer Produzenten beliefert. Unter Druck gesetzt durch Zurückbehaltung der vereinbarten Teilzahlungsraten auf die Sonderzahlung hat die Klägerin ohne jegliche Rechtsverpflichtung sogar ihre gesamte Betriebsorganisation einschließlich der leitenden Mitarbeiter auf die deutsche Tochtergesellschaft übertragen und, allerdings gegen gesonderte Bezahlung aufgrund von Handelsvertretervereinbarungen, dadurch anfänglich die deutsche Tochtergesellschaft entlastet und damit den Aufbau derer Vertriebsorganisation erleichtert." Ergänzend wird ausgeführt: "Zusätzlich zur Veräußerung des Kundenstammes, also des eigentlichen Geschäftswertes, und der gesamten Betriebsorganisation haben sich die Gesellschaftsverhältnisse nach Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit R wesentlich geändert. Eine Kommanditistin ist aus der Gesellschaft ausgetreten, ein neuer Gesellschafter ist als Komplementärin eingetreten und der bisherige Komplementär ist Kommanditist geworden." Die Klägerin folgert hieraus, ihre tatsächlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse hätten sich seit 1. Januar 1976 so wesentlich verändert, daß keinesfalls lediglich eine Umorientierung stattgefunden habe. Hätten die Gesellschafter der Klägerin zum 31. Dezember 1975 ihre Anteile an der deutschen Tochtergesellschaft zum Gesamtpreis in Höhe der jetzt erfolgten Sonderzahlung übertragen, wäre das gleiche wirtschaftliche Ergebnis erzielt worden. Eine Gewerbesteuerpflicht der Veräußerungsgewinne wäre dann eindeutig nicht entstanden. Es sei bestehendes Recht, daß wirtschaftlich gleiche Sachverhalte gleichbesteuert werden. Die rechtliche Gestaltung sei hierbei unerheblich (§ 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil und den Gewerbesteuermeßbescheid 1976 vom 12. Mai 1976 aufzuheben und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag auf ... DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA ist der Auffassung, wegen der entsprechenden Anwendung des § 89b HGB habe das FG im Hinblick auf die insoweit eingetretene Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteil vom 11. Februar 1977 I ZR 185/75, BGHZ 68, 340) nicht auf die Schutzbedürftigkeit (wirtschaftliche Abhängigkeit) der Klägerin abheben dürfen. Das Urteil des FG entspreche jedoch den Grundsätzen, die nach der Rechtsprechung des BFH für Ausgleichszahlungen gelten, die ein Kommissionsagent in sinngemäßer Anwendung des § 89b HGB erhalte (BFH-Urteil vom 24. Januar 1974 IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295). Wegen der Behandlung der Ausgleichszahlung als laufender Gewinn und damit als Gewerbeertrag auch bei gleichzeitiger Betriebsaufgabe verweist das FA auf die Urteile des BFH vom 24. November 1982 I R 60/79 (BFHE 137, 360, BStBl II 1983, 243) und vom 9. Februar 1983 I R 94/79 (BFHE 137, 355, BStBl II 1983, 271).

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats und der anderen Ertragsteuersenate des BFH unterliegt der Ausgleichsbetrag, den ein Handelsvertreter gemäß § 89b HGB erhält, der Gewerbesteuer, und zwar auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs des Handelsvertreters zusammenfällt (BFH-Urteile vom 5. Dezember 1968 IV R 270/66, BFHE 94, 462, BStBl II 1969, 196; vom 10. Juli 1973 VIII R 228/72, BFHE 110, 126, BStBl II 1973, 775; vom 31. März 1977 IV R 111/76, BFHE 122, 139, BStBl II 1977, 618; vom 14. Oktober 1980 VIII R 184/78, BFHE 131, 520, BStBl II 1981, 97; in BFHE 137, 355, BStBl II 1983, 271, und vom 24. November 1982 I R 60/79, BFHE 137, 360, BStBl II 1983, 243). Maßgebend hierfür ist, daß die Ausgleichszahlung auf einem Anspruch beruht, der seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Natur nach ein zusätzlicher Vergütungsanspruch des Handelsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste ist, der unmittelbar aus dem Handelsvertreterverhältnis folgt und keinen besonderen Willensentschluß voraussetzt, wie ihn die Aufgabe einer Tätigkeit oder eines Gewerbebetriebs erfordert (Urteil in BFHE 110, 126, BStBl II 1973, 775).

2. Nichts anderes gilt für den Ausgleichsanspruch, den in entsprechender Anwendung des § 89b HGB ein Kommissionsagent hat.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH hat in entsprechender Anwendung des § 89b HGB auch ein Eigenhändler (Vertragshändler) unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch (vgl. Urteil in BGHZ 68, 340, m. w. N.). Erforderlich ist, daß zwischen dem Vertragshändler und einem Hersteller und Lieferanten ein Rechtsverhältnis besteht, das über bloße Käufer-Verkäufer-Beziehungen hinausgeht. Der Vertragshändler muß aufgrund besonderer vertraglicher Abmachungen (Rahmenvertrag, Vertragshändlervertrag) so in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert sein, daß er wirtschaftlich im weiten Umfang Aufgaben zu erfüllen hat, die sonst einem Handelsvertreter zukommen. Dazu gehört in der Regel, daß ihm, wie häufig bei Markenerzeugnissen, der Alleinvertrieb für ein bestimmtes Gebiet übertragen wird, er sich für den Vertrieb dieser Erzeugnisse besonders einzusetzen und auch sonst Pflichten zu erfüllen hat, die für einen Handelsvertreter kraft Gesetzes gelten (Urteil in BGHZ 68, 340). Der Vertragshändler muß ferner dem Hersteller gegenüber vertraglich verpflichtet sein, diesem beim Ausscheiden aus der Absatzorganisation seinen Kundenstamm zu überlassen, so daß der Hersteller sich den Kundenstamm des Händlers dann sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann, wobei es nach der Rechtsprechung des BGH nicht darauf ankommt, ob die Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstamms erst im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung oder schon während der Vertragszeit durch laufende Unterrichtung des Herstellers über Geschäftsabschlüsse und Kundenbeziehungen zu erfüllen ist, vorausgesetzt nur, daß der Hersteller hierdurch tatsächlich in die Lage versetzt wird, den Kundenstamm nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiter zu nutzen.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG lagen im Streitfall die Voraussetzungen für die entsprechende Anwendung des § 89b HGB vor. Dies ist auch zwischen den Parteien unstreitig. Darauf, ob die Klägerin im Verhältnis zu R schutzbedürftig war oder ob im Hinblick auf die Höhe des von der Klägerin eingesetzten Kapitals die Schutzbedürftigkeit der Klägerin zu verneinen gewesen wäre, kommt es nicht an. Daran, daß die entsprechende Anwendung des § 89b HGB die Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers im konkreten Einzelfalle voraussetze, hat der BGH in der Entscheidung in BGHZ 68, 340 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung nicht mehr festgehalten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich nichts anderes aufgrund ihres Hinweises, Kommissionsagent gewesen zu sein. Vom gewöhnlichen Kommissionär, der auch eine Konsignationskommission betreiben kann, unterscheidet sich der Kommissionsagent dadurch, daß er von vornherein vertraglich damit beauftragt ist, für den Kommittenten tätig zu werden. Er steht wegen der sich daraus ergebenden Abhängigkeit einem Handelsvertreter i. S. des § 84 HGB wirtschaftlich gleich. Im Innenverhältnis findet deswegen Handelsvertreterrecht Anwendung (Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 383 Rdnr. 95 ff.).

b) Ebenso wie im Falle der unmittelbaren Anwendung hat der Ausgleichsanspruch auch bei der entsprechenden Anwendung des § 89b HGB seinen Grund darin, daß der Unternehmer aus den vom Eigenhändler oder Kommissionsagenten angeknüpften Geschäftsbeziehungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses noch erhebliche Vorteile hat (§ 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB) und der Eigenhändler oder Kommissionsagent infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Provisionsansprüche verliert, die er bei dessen Fortsetzung mit den von ihm geworbenen Kunden gehabt hätte (§ 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB). Sind diese Voraussetzungen erfüllt und sind die rechtlichen Beziehungen des Vertragshändlers oder Kommissionsagenten zum Hersteller einem Handelsvertreterverhältnis vergleichbar, so besteht ein Ausgleichsanspruch, der die früheren und noch fortwirkenden Leistungen für das Unternehmen des Herstellers angemessen und in Ergänzung der laufend gezahlten Vergütungen ausgleichen soll (Urteil in BGHZ 68, 340, 345 für den Fall eines auf eigene Rechnung tätigen Vertragshändlers, und Urteil des BFH vom 24. Januar 1974 IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295 für den Fall eines Kommissionsagenten). Für die steuerrechtliche Beurteilung folgt hieraus, daß die Ausgleichszahlung ebenso wie im Falle der unmittelbaren Anwendung des § 89b HGB dem laufenden Gewinn zuzurechnen ist.

3. Zutreffend hat die Vorinstanz es auch abgelehnt, die Entschädigung als nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu werten. Die Klägerin hat ihren Betrieb weder eingestellt noch an R veräußert. Vielmehr hat sie, wie sich aus den dem FG vorgelegten und zum Gegenstand seiner Feststellung gemachten Jahresabschlüssen ergibt, ihren Betrieb, wenn auch in erheblich verringertem Umfang, fortgeführt. Daß die Klägerin infolge der Kündigung durch R das wirtschaftlich wertvollste Element ihres Betriebs eingebüßt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Entschädigung, die sie hierfür erhalten hat, war nicht die Gegenleistung für die Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs oder für die Veräußerung eines einzelnen Wirtschaftsguts, sondern, wie sich aus der Rechtsnatur des § 89b HGB ergibt, eine zusätzliche Gegenleistung für früher erbrachte Leistungen und deren noch fortwirkende wirtschaftliche Vorteile für R. Wenn eine solche Entschädigung selbst dann kein nicht der Gewerbesteuer unterliegender Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder Teilbetriebs ist, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der völligen Aufgabe (Beendigung) des Betriebs verbunden ist, dann muß dies erst recht gelten, wenn trotz der Beendigung des Vertragsverhältnisses der Betrieb, wenn auch in verkleinertem Umfang, fortgeführt wird.

4. Unerheblich ist hierbei auch, daß nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit R im Jahre 1977 eine Kommanditistin aus der Klägerin ausgeschieden, Komplementärin eine GmbH geworden und der bisherige Komplementär Kommanditist geworden ist. Abgesehen davon, daß diese Vorgänge auf Ermittlung und Höhe des Gewerbeertrags 1976 keinen Einfluß haben können, ist darauf hinzuweisen, daß diese Änderungen im Gesellschafterbestand weder eine Einstellung des Betriebs i. S. des § 2 Abs. 5 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1972 I R 153/70, BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775) waren noch zu einer Betriebsaufgabe i. S. des § 16 Abs. 3 EStG geführt haben.

5. Zutreffend hat das FG es auch abgelehnt, den streitigen Betrag deshalb nicht als Teil des Gewerbeertrags des Streitjahres 1976 zu erfassen, weil er bereits in der Bilanz des Wirtschaftsjahres 1975 hätte aktiviert werden müssen. Das FG hat festgestellt, daß R bestritten hatte, zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet zu sein. Wie sich aus den hierüber zwischen der Klägerin und R geführten Verhandlungen ergibt, hat R die Ausgleichszahlung jedenfalls aus ihrer Sicht davon abhängig gemacht, daß die Klägerin sich mit der Ersetzung des bisherigen Vertrags durch einen befristeten Handelsvertretervertrag und der nachfolgenden allmählichen völligen Beendigung der Geschäftsbeziehungen einverstanden erklärte. Die Klägerin hat dies jedenfalls bei Erstellung des Abschlusses 1975 offenbar so gewertet, daß die Voraussetzung für eine Aktivierung des Ausgleichsanspruchs nach dem Urteil des BFH vom 26. März 1969 I R 141/66 (BFHE 95, 497, BStBl II 1969, 485), nämlich die Beendigung des Vertragsverhältnisses, zum 31. Dezember 1975 noch nicht erfüllt war. Dabei handelte es sich um eine unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips zumindest vertretbare Bilanzierung. Diese trug dem Umstand Rechnung, daß zwar in entsprechender Anwendung des § 89b HGB ein Ausgleichsanspruch bestand, daß aber die Geschäftsbeziehungen mit R, wenn nunmehr auch auf veränderter Rechtsgrundlage, noch über den 31. Dezember 1975 hinaus fortbestanden.