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BFH-Urteil vom 7.5.1987 (V R 63/78) BStBl. 1987 II S. 581

Ein Arzt, der als Gutachter in seinen Abrechnungen anstelle des ihm nach § 8 Abs. 2 ZuSEntschG zustehenden Ausgleichsbetrags ausdrücklich Umsatzsteuer gesondert ausweist, schuldet diese Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG 1967.

UStG 1967 § 14 Abs. 3, § 19 Abs. 1; ZuSEntschG § 8 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Streitjahren 1968 bis 1974 als Arzt hauptberuflich nichtselbständig tätig, zusätzlich war er Gutachter für Gerichte. Die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit überstiegen in den Streitjahren 60.000 DM jährlich nicht. Der Kläger stellte den Gerichten für seine Leistungen Abrechnungen aus, in denen er die Umsatzsteuer mit 4 v. H. offen auswies. Er erklärte dazu im Klageverfahren, es handle sich um den Ausgleichsbetrag gemäß Art. 3 Buchst. b des Gesetzes zur Anpassung von Kostengesetzen an das Umsatzsteuergesetz vom 20. Dezember 1967 (BGBl I, 1246). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) veranlagte den Kläger aufgrund des Umsatzsteuerausweises auch, soweit seine Umsätze den Umsatzfreibetrag des § 19 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967 nicht überschritten.

Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, § 14 Abs. 3 UStG 1967 setze grundsätzlich einen Mißbrauch voraus. Ein solcher liege aber nicht vor. Er habe in den Abrechnungen vielmehr den Ausgleichsbetrag irrtümlich als Umsatzsteuer bezeichnet. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der Klage beantragte der Kläger, die Umsatzsteuer für die Jahre 1968 bis 1972 auf null DM, für 1973 auf 22 DM und für 1974 auf 153,60 DM festzusetzen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Urteil vom 26. Oktober 1977).

Mit der Revision rügt das FA, das FG habe verkannt, daß vorliegend ein Mißbrauchstatbestand i. S. des § 14 Abs. 3 UStG 1967 gegeben sei, ähnlich dem vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluß vom 26. Januar 1978 V B 15/77 (BFHE 124, 264, BStBl II 1978, 394) entschiedenen Fall. Ein Erlaß der Umsatzsteuer aus sachlicher Billigkeit sei daher nicht gerechtfertigt. Letzterer könne insbesondere nicht auf die versehentliche Verwendung des Begriffs Umsatzsteuer in der Rechnung gestützt werden.

Entscheidungsgründe

II.

Das FA hat zutreffend nach § 14 Abs. 3 UStG 1967 gegen den Kläger Umsatzsteuer festgesetzt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEntschG) i. d. F. vom 21. September 1963, BGBl I 1963, 745; hier: i. d. F. des Anpassungsgesetzes vom 20. Dezember 1967 sowie in der Neufassung vom 1. Oktober 1969, BGBl I 1969, 1757, wird einem Sachverständigen die auf seine Entschädigung entfallende Umsatzsteuer ersetzt. Ein Sachverständiger, der als Unternehmer nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1967 versteuert, kann somit Umsatzsteuer gesondert in Rechnung stellen.

Für den Kläger, der als sog. Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 bis 3 UStG 1967 versteuerte und demgemäß nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 vom gesonderten Steuerausweis ausgeschlossen war, gilt nach der Regelung des § 8 Abs. 2 ZuSEntschG dessen oben zitierter Absatz 1 Nr. 4 nicht, wenn sich die Umsatzsteuer des Sachverständigen nach § 19 Abs. 1 bis 3 UStG 1967 bemißt; in diesem Fall erhält der Sachverständige einen Ausgleich, der 4,17 v. H. seiner sonstigen Entschädigung beträgt. Die Regelung ergibt, daß der Kleinunternehmer die ihm für seine Leistungen entstehende Umsatzsteuer zwar als "Ausgleich" auf den Leistungsempfänger im Preis überwälzen darf, daß er aber den Ausgleichsbetrag nicht als "Umsatzsteuer" in Rechnung stellen darf. § 4 Abs. 2 ZuSEntschG ist auf die (den Leistungsempfänger betreffende) Vorsteuerabzugsregelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 zugeschnitten, die nicht zwischen korrektem Umsatzsteuerausweis eines "Regel-"Unternehmers und nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 unzulässigem Umsatzsteuerausweis eines "Klein-"Unternehmers unterscheidet. Wie der Senat im Beschluß in BFHE 124, 264, BStBl II 1978, 394 dargelegt hat, liefe der in § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 angeordnete Ausschluß der Kleinunternehmer von der Berechtigung zum gesonderten Steuerausweis (§ 14 Abs. 1 UStG 1967) im Fall seiner Verletzung leer, wenn er nicht mit der Vorschrift des § 14 Abs. 3 UStG 1967 bewehrt wäre. Diese Vorschrift soll einerseits die Einhaltung des § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 erzwingen, andererseits aber auch einen Einnahmeausfall für den Fiskus vermeiden helfen.

Ein Fall rechtsirrtümlichen oder versehentlichen gesonderten Steuerausweises bei nichtsteuerbaren oder steuerfreien Leistungen, der nach der Auslegung des Regelungsinhalts von § 14 Abs. 2 und Abs. 3 UStG 1967 von § 14 Abs. 2 UStG 1967 erfaßt wird (Urteil vom 7. Mai 1981 V R 126/75, BFHE 133, 127, BStBl II 1981, 547), liegt nicht vor, so daß im vorliegenden Anfechtungsverfahren auf die Frage der Rechnungsberichtigung (die nach den Feststellungen des FG offenbar nicht erfolgte) nicht einzugehen ist. Ebensowenig war im vorliegenden Anfechtungsverfahren darauf einzugehen, ob eine Rechnungsberichtigung aus Billigkeitsgründen in Betracht kommt (vgl. Abschn. 190 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien).