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BFH-Urteil vom 21.5.1987 (IV R 80/85) BStBl. 1987 II S. 710

Eine von einem Rechtsanwalt als Versicherungsnehmer auf sein Leben und das Leben seines Sozius abgeschlossene Lebensversicherung, bei der Versicherungsempfänger im Erlebensfalle der Versicherungsnehmer und im Falle des Todes eines der Versicherten der überlebende Versicherte ist, gehört weder zum notwendigen Betriebsvermögen der Sozietät noch zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Versicherungsnehmers.

EStG §§ 4, 10.

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Rechtsanwälte, die sich zur gemeinsamen Berufsausübung im Rahmen einer Sozietät zusammengeschlossen haben. Der Kläger zu 2 schloß mit Wirkung ab 1. Juni 1979 einen mit einer Unfallzusatzversicherung verbundenen Lebensversicherungsvertrag ab, in dem er als Versicherungsnehmer bezeichnet ist. Versicherte sind der 1940 geborene Kläger zu 2 und der 1937 geborene Kläger zu 1. Versicherungsempfänger im Erlebensfall (1. Juni 2012) ist der Kläger zu 2. Im Falle des Todes eines Versicherten ist Versicherungsempfänger der überlebende Versicherte. Im Jahre 1983 wurde die Versicherungspolice dahin geändert, daß als Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter die Rechtsanwaltssozietät A und B bezeichnet wurde.

In Nr. 5 des Sozietätsvertrages der Kläger ist geregelt, welche Ansprüche die Erben eines der Kläger im Todesfalle gegen den die Praxis fortführenden Gesellschafter haben. In dieser Regelung heißt es u.a.:

"Stirbt einer der Sozien, so kann der andere die Kanzlei weiterführen. Die Erben des Verstorbenen erhalten dann für die Dauer von 3 Jahren ab Todestag die Hälfte der Reineinnahmen, auf die ihnen ein angemessener Vorschuß monatlich entrichtet wird."

Die Kläger zogen die Beiträge zu der Versicherung als Betriebsausgaben bei der Ermittlung ihres Gewinns ab. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht. In den Feststellungsbescheiden für 1979 und 1980 erhöhte es den Gewinn um die abgezogenen Beträge von 9.660 DM in 1979 und 16.560 DM in 1980. Die Sprungklage hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision werden Verletzung des § 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), Verletzung des Amtsermittlungsprinzips und Verstoß gegen die Denkgesetze gerügt.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Feststellungsbescheide 1979 und 1980 dahin abzuändern, daß die Versicherungsbeiträge in Höhe von 9.660 DM für 1979 und 16.560 DM für 1980 als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Ob Versicherungsverträge zum Betriebs- oder zum Privatvermögen gehören, ist danach zu entscheiden, ob betriebliche oder private Risiken abgedeckt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Oktober 1982 IV R 32/80, BFHE 137, 19, BStBl II 1983, 101). Versicherungen auf den Erlebens- und Todesfall gehören grundsätzlich zum Privatvermögen, da mit ihnen nicht ein betriebsbezogenes Risiko abgedeckt, sondern ganz allgemein Daseinsvorsorge betrieben wird. Diese ist dem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen; Aufwendungen für sie sind nach Maßgabe des § 10 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Dies gilt auch, wenn, wie im Streitfall, auch das Risiko des Unfalltodes abgesichert wird. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhof - RFH - (Urteile vom 3. Dezember 1931 VI A 937, 1.101/31, RStBl 1932, 168; vom 22. Januar 1936 VI A 1.179/33, RStBl 1936, 680; vom 11. März 1942 VI 42/42, RStBl 1942, 601, und vom 21. Mai 1942 IV 6/42, RStBl 1942, 826) kann aber insbesondere die sogenannte Teilhaberversicherung zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören. Die betriebliche Eigenschaft der Teilhaberversicherung äußert sich nach der Rechtsprechung des RFH darin, daß der Versicherungsvertrag von der Gesellschaft selbst abgeschlossen werde und diese der Versicherungsgesellschaft gegenüber allein bezugsberechtigt sei. Die Teilhaberversicherung diene dazu, der Gesellschaft für den Fall des Todes eines Gesellschafters die zur Abfindung seiner Erben erforderlichen baren Mittel zur Verfügung zu stellen. Sie sei zur ungestörten Fortführung des Betriebs abgeschlossen und deshalb als zum Betrieb gehörig anzusehen (Urteil in RStBl 1942, 601). Bei freiberuflich Tätigen sollen diese Grundsätze nach der Rechtsprechung des RFH nur mit den Einschränkungen gelten, die sich daraus ergeben, daß die freiberufliche Tätigkeit einen im Verhältnis zu Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und zu Gewerbebetrieben im allgemeinen nur geringen Kapitaleinsatz erfordere (Urteile in RStBl 1936, 680, und in RStBl 1942, 826).

2. Der Senat kann offenlassen, ob er sich den vom RFH entwickelten Grundsätzen vollen Umfangs anschließen könnte. Im Streitfall ist der Versicherungsvertrag nicht von den Klägern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sondern lediglich vom Kläger zu 2 abgeschlossen worden; deshalb gehören die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht zum Gesellschaftsvermögen der GbR. Vielmehr war Versicherungsnehmer der Kläger zu 2. Den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag hat im Erlebensfalle der Kläger zu 2 und im Falle des Todes eines Sozius der jeweilig überlebende Sozius. Insbesondere der Umstand, daß im Erlebensfalle nur der Kläger zu 2 den Anspruch auf die Versicherungssumme hat, nicht aber die zu diesem Zeitpunkt möglicherweise bereits nicht mehr bestehende GbR, schließt bereits nach der Rechtsprechung des RFH die Anerkennung des Versicherungsvertrags als Betriebsvermögen der GbR aus. Aus dem Urteil in RStBl 1932, 168 ergibt sich nichts anderes. In dem dort entschiedenen Fall hat der RFH es lediglich nicht ausgeschlossen, daß eine auf den Namen beider Gesellschafter einer Personengesellschaft abgeschlossene Versicherung bei Vorliegen besonderer Vereinbarungen als auf den Namen der Gesellschaft abgeschlossen angesehen werden könne. Im Streitfall war jedoch die Versicherung lediglich vom Kläger zu 2 abgeschlossen worden.

3. Zu Recht hat das FG es auch abgelehnt, aus der Umstellung des Versicherungsvertrags im Jahre 1983 Folgerungen für die Streitjahre zu ziehen. Die Umstellung des Vertrags auf die GbR als nunmehriger Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter war entgegen der Auffassung der Kläger mehr als eine bloße Klarstellung des von Anfang an Gewollten. Der materielle Inhalt des Vertrags wurde vielmehr dahin abgeändert, daß Versicherungsnehmer nunmehr beide Kläger als Gesamtschuldner der Prämienzahlungen waren, daß die GbR der Versicherungsgesellschaft gegenüber bezugsberechtigt war und das Bezugsrecht zum Gesamthandsvermögen der Gesellschaft gehörte. Diese Änderung der Zivilrechtslage hatte schon zivilrechtlich keine Rückwirkung auf die Streitjahre 1979 und 1980. Mit Recht hat das FG darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. die Urteile vom 2. August 1983 VIII R 15/80, BFHE 139, 79, BStBl II 1983, 736, und vom 18. September 1984 VIII R 119/81, BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55) Voraussetzung für eine Durchbrechung des steuerlichen Rückwirkungsverbots unter anderem ist, daß die Rückwirkung sich nur über eine kurze Zeit erstreckt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da der Vertrag erst mehr als zwei bzw. drei Jahre nach Ablauf der Streitjahre geändert worden ist.

4. Der Versicherungsvertrag gehörte auch nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Klägers zu 2 im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der GbR. Versicherungsverträge auf den Lebens- oder Todesfall gehören, wie dargelegt, grundsätzlich zum Privatvermögen des Versicherungsnehmers. Das gilt auch, wenn die Versicherung auch auf das Leben eines Mitgesellschafters abgeschlossen und beabsichtigt ist, die Versicherungssumme zur Abgeltung von Auseinandersetzungs- und/oder Versorgungsansprüchen der Erben des durch Tod ausgeschiedenen Mitgesellschafters oder zur Abdeckung sonstiger durch den Tod des Mitgesellschafters veranlaßten Aufwendungen zu verwenden. Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, den möglichen künftigen Mittelbedarf in seinem Betriebsvermögen anzusammeln. Die Mittel können jedenfalls auch im Privatvermögen angesammelt und gegebenenfalls später zur Finanzierung betrieblicher Aufwendungen in das Betriebsvermögen eingelegt werden. Sichert der Steuerpflichtige den künftigen Mittelbedarf durch eine Lebensversicherung ab, ist somit auch der Versicherungsvertrag kein Wirtschaftsgut des notwendigen Sonderbetriebsvermögens des Steuerpflichtigen. Ob ein solcher Versicherungsvertrag zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen gezogen werden könnte, kann offenbleiben, da bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung gewillkürtes Betriebsvermögen nicht in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 12. Februar 1976 IV R 188/74, BFHE 118, 212, BStBl II 1976, 663).