| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 30.9.1987 (II R 99/86) BStBl. 1987 II S. 867

Die Steuerermäßigung nach § 35 Satz 1 RHeimstG gilt nicht für die Schenkungsteuer.

RHeimstG § 35; ErbStG 1974 § 10 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 31. Oktober 1979 schenkte M § dem Kläger, Sohn ihres verstorbenen Bruders, ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Das Grundstück ist als Reichsheimstätte ausgegeben worden.

Das Finanzamt (FA) setzte zuletzt mit Bescheid vom 25. Juli 1985 wegen dieses Vorgangs gegen den Kläger Schenkungsteuer in Höhe von 1.155 DM fest.

Gegen die ursprüngliche Schenkungsteuerfestsetzung hatte der Kläger Klage erhoben und begehrt, die Schenkungsteuer wegen der Heimstätteneigenschaft des geschenkten Grundstücks auf die Hälfte zu ermäßigen. Das Finanzgericht (FG) hatte der Klage mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 375 veröffentlichten Entscheidung stattgegeben. Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Revision hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 2. Oktober 1985 II R 10/83 das angefochtene Urteil gemäß § 127 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Mit Urteil vom 5. März 1986 hat das FG dem Klagebegehren des Klägers entsprechend die Schenkungsteuer auf 577 DM festgesetzt. Es ist der Auffassung, die Schenkungsteuer ermäßige sich wegen der Heimstätteneigenschaft des Grundstückes nach § 35 Satz 1 des Reichsheimstättengesetzes (RHeimstG) auf die Hälfte.

Mit der Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf einer Verletzung des § 35 Satz 1 RHeimstG beruht. Denn die in dieser Vorschrift angeordnete Steuerermäßigung erstreckt sich nicht auf die Schenkungsteuer.

Nach § 35 Satz 1 RHeimstG dürfen bei der Übertragung einer Heimstätte u. a. auf einen Verwandten bis zum dritten Grad in der Seitenlinie unter Lebenden oder von Todes wegen von den hierzu erforderlichen Geschäften und Verhandlungen alle Gebühren und Steuern des Reichs nur zur Hälfte, solche der Länder und sonstiger öffentlicher Körperschaften höchstens zur Hälfte erhoben werden. Diese Vorschrift soll dazu dienen, die Erhaltung der Heimstätte in der Familie zu begünstigen. Sie stellt sich als eine Ergänzung zu § 34 und zu § 11 Abs. 2 RHeimstG dar. Ausdrücklich ausgenommen von der Begünstigung ist nach § 35 Satz 2 RHeimstG die Errichtung letztwilliger Verfügungen.

Wenngleich Schenkungsvertrag und Übereignung der Heimstätte zu deren Übertragung erforderliche Geschäfte i. S. des § 35 Satz 1 RHeimstG waren, so beruht die Schenkungsteuer jedoch nicht auf diesen Rechtsakten, sondern sie erfaßt allein die infolge der Ausführung der Schenkung beim Kläger eintretende Bereicherung. § 35 Satz 1 RHeimstG erstreckt die Vergünstigung nur auf diejenigen Steuern und Gebühren, die auf den zur Übertragung der Heimstätte erforderlichen Geschäften und Verhandlungen beruhen, d. h. bei denen der steuer- bzw. gebührenrechtliche Tatbestand durch diese Geschäfte und Verhandlungen erfüllt wird. Zu diesen Steuern gehörte beispielsweise die Grunderwerbsteuer, die allein an das den Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäft geknüpft ist (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG - 1940). Die Erbschaftsteuer und die sie ergänzende Schenkungsteuer sind tatbestandlich anders gestaltet. Sie erfassen als steuerpflichtigen Erwerb (erst) die infolge Verwirklichung der Tatbestände der §§ 3 bzw. 7 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) eintretende Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht nach §§ 5, 13, 16 bis 18 ErbStG steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Steuergegenstand der Schenkungsteuer sowie der Erbschaftsteuer ist demgemäß nicht ein Übertragungsakt oder ein kraft Gesetzes eintretender Erwerb, sondern lediglich die daraus sich ergebende Bereicherung. Dementsprechend bedurfte es - entgegen der Ansicht des FG - nicht einer ausdrücklichen Ausnahme der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer aus der Vergünstigung des § 35 Satz 1 RHeimstG. Denn diese Steuern knüpfen zwar an den Erfolg von Erwerbsvorgängen an, besteuern sie jedoch nicht um ihres Zustandekommens willen.