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BFH-Urteil vom 24.9.1987 (V R 152/78) BStBl. 1988 II S. 29

Stellt ein Unternehmer in fremden Geschäftsräumen Geldspielautomaten auf, an denen auf ihn selbst hinweisende Aufstellerschilder angebracht sind (§ 15a GewO), so werden die gegenüber den Automatenbenutzern bewirkten Umsätze von ihm und nicht von den Inhabern der Geschäftsräume erbracht, auch wenn der Inhalt der Vereinbarungen zwischen dem Unternehmer und den Inhabern der Geschäftsräume darauf hindeutet, daß Automatenmietverträge, nicht Automatenaufstellverträge haben abgeschlossen werden sollen.

BGB § 164 Abs. 2, § 241, § 762; GewO § 15a; UStG 1967/1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2, § 10 Abs. 1, § 13 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) unterhält in Gastwirtschaften und bei Buchmachern eigene Geldspielautomaten, an denen Schilder folgenden Inhalts befestigt sind: "Automatenaufsteller: ... (Vorname und Familienname des Klägers, Wohnort, Straße und Hausnummer)." Die Erlaubnis zur Aufstellung der Geldspielautomaten wurde dem Kläger von der Gemeindeverwaltung erteilt, der bei dieser auch als vergnügungssteuerpflichtig geführt wird. Dem TÜV gegenüber tritt ebenfalls der Kläger als Verpflichteter auf.

Mit den Buchmachern, bei denen er Geldspielautomaten aufgestellt hat, wurde vom Kläger folgende Vereinbarung getroffen: Der betreffende Buchmacher erlaubt ihm, dem Kläger, in seiner Wettannahmestelle die Aufstellung von Geldspielgeräten. Der Kläger übernimmt die Anschaffung, die Wartung, die Reparaturen sowie die Ersatzteilbeschaffung und zahlt die Aufstellungsgebühr sowie die Vergnügungssteuer im eigenen Namen. Der Buchmacher erhält den Schlüssel für den Automaten, füllt den Automaten selbständig auf und vereinnahmt den Kasseninhalt. Der Kläger erhält wegen jedes Geldspielautomaten einen festen Betrag, der nach der Anzahl der Öffnungstage des Wettannahmebüros berechnet wird. Außerdem erstattet der Buchmacher dem Kläger die Vergnügungssteuer.

Während der Kläger für die Streitjahre (1968 bis 1974) die Umsatzsteuer wegen der in Gastwirtschaften aufgestellten Geldspielautomaten entsprechend dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 28. Februar 1968 IV A/2 - S 7.200 - 51/68 (Umsatzsteuerkartei - USt-Kart. -, § 10 S 7.200 K. 2) errechnete - Vervielfachung des bei der Automatenleerung vorhandenen Kasseninhalts mit 1,5 -, setzte er wegen der bei Buchmachern aufgestellten Geräte lediglich die Summe der ihm von den Buchmachern gezahlten festen Beträge an. Der Kläger wurde entsprechend zur Umsatzsteuer veranlagt. Für das Jahr 1968 geschah dies aufgrund seiner am 1. April 1970 abgegebenen Umsatzsteuererklärung vom 26. Februar 1970 durch Bescheid vom 24. September 1970.

Bei einer Prüfung durch den Steuerfahndungsdienst in den Jahren 1975/76 wurde die unterschiedliche Steuerberechnung durch den Kläger sowie ferner festgestellt, daß ein Teil der mit dem Kläger in Geschäftsbeziehungen stehenden Buchmacher die Besteuerung wegen der Geldspielautomaten nach dem erwähnten BMF-Erlaß vorgenommen hatte, während die übrigen nur den Kasseninhalt versteuert hatten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kam zu dem Ergebnis, vom Kläger müßten die Umsätze mit den bei Buchmachern aufgestellten Geldspielautomaten ebenso erfaßt und besteuert werden, wie die mit den bei Gastwirten aufgestellten Geräten. Dementsprechend erließ das FA für die Streitjahre berichtigte Umsatzsteuerbescheide gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO).

Mit seiner unter Zustimmung des FA erhobenen Sprungklage machte der Kläger geltend, die Berichtigungsbescheide hätten nicht ergehen dürfen. Bezüglich des Jahres 1968 seien Steueransprüche verjährt. Er habe die Umsatzsteuererklärung 1968 Ende Mai 1969 abgegeben, so daß die Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1974 und damit vor Beginn der Prüfung durch den Steuerfahndungsdienst eingetreten sei.

Die ihm von der Gemeinde jeweils erteilte Erlaubnis zur Aufstellung eines Geldspielgerätes erfasse auch die pachtweise Überlassung des Gerätes an die im Antrag genannten Rauminhaber. Den Buchmachern gegenüber werde er lediglich als Verpächter tätig. Im Gegensatz zu den Beziehungen zu Gastwirten habe er die Rechtsverhältnisse mit den Buchmachern in der beschriebenen Weise gestaltet, um nicht das Risiko des Gelddiebstahls tragen zu müssen, das bei Buchmachern deswegen weit größer sei als bei Gastwirten, weil die in Buchmacherlokalen aufgestellten Automaten nach Geschäftsschluß unbeaufsichtigt blieben, während Gastwirte in der Regel neben der Gaststätte wohnten und diese ständig unter Aufsicht hätten. Die Buchmacher betrieben die Geldspielautomaten als Pächter im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Ihm seien deren Einspielergebnisse nicht bekannt. Er habe nicht einmal einen Anspruch darauf, von den Buchmachern die Höhe der eingespielten Beträge zu erfahren. Ein Leistungsaustausch zwischen ihm und den Automatenbenutzern finde nicht statt. Die Automatenbenutzer wollten mit demjenigen kontrahieren, der über das Geld in den Automaten verfüge. Die durch § 15a der Gewerbeordnung (GewO) vorgeschriebene Kennzeichnung des Eigentümers an den Geldspielautomaten ändere nichts daran, daß dem Spieler der Automat durch den Buchmacher überlassen werde. Dem Namensschild lasse sich nicht entnehmen, daß etwa der Ladeninhaber als Vermittler tätig werde. Das Umsatzsteuerrecht orientiere sich an den nach außen erkennbaren Zusammenhängen, wobei auf die Erforschung von Besitzverhältnissen verzichtet werde. Es verstoße gegen den in Art. 2 des Grundgesetzes (GG) festgelegten Grundsatz der Vertragsfreiheit, ein Pachtverhältnis zu den einzelnen Buchmachern als innerbetriebliche Maßnahme zu würdigen.

Die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgewiesen, die angefochtenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. In Beziehung auf das Jahr 1968 sei keine Verjährung eingetreten. Die vom Kläger unter dem Datum vom 26. Februar 1970 unterschriebene Umsatzsteuer-Jahreserklärung 1968 sei beim FA am 1. April 1970 eingegangen. Nach § 145 Abs. 2 Nr. 1 AO a.F. habe die Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 144 AO a.F.) mit Ablauf des Kalenderjahres 1970 begonnen. Sie habe mithin am 31. Dezember 1975 geendet. Schon vorher sei mit der Prüfung durch den Steuerfahndungsdienst begonnen worden, durch die der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt worden sei (§ 146a Abs. 3 AO a.F.). Das FA habe daher die Veranlagung für das Jahr 1968 nach der Prüfung durch den Steuerfahndungsdienst wiederaufrollen dürfen.

Das FA habe den Kläger zu Recht hinsichtlich der von ihm bei Buchmachern aufgestellten Geldspielautomaten für die gegenüber den Automatenbenutzern bewirkten Umsätze zur Umsatzsteuer herangezogen. Der Umsatzsteuer unterlägen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG 1967 -). Steuerschuldner sei der Unternehmer (§ 13 Abs. 2 UStG 1967). Unternehmer sei, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübe (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG 1967). Ausgeübt werde die Tätigkeit von dem, der nach außen hin als Leistender auftrete. Dieser Grundsatz werde durch die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 3 UStG 1967, durch die sog. Ladenrechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung des Inhalts unterstrichen, daß im Gegensatz zur ertragsteuerlichen Beurteilung im Umsatzsteuerrecht eine nicht nach außen hin als solche auftretende sog. Innengesellschaft nicht Unternehmer sei. Dementsprechend sei Unternehmer nach der Rechtsprechung des BFH, der im eigenen Namen auftretende Treuhänder, nicht etwa der Treugeber. Folglich sei i. S. des UStG 1967 bei Geldspielautomaten Unternehmer der Automatenaufsteller, mit dem der Spieler Leistungen austausche (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 14. Dezember 1961 V 114/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1962, 244).

Für diese Auffassung finde man in den gewerberechtlichen Verhältnissen eine Bestätigung. Der Kläger sei als Automatenaufsteller nach den §§ 14 ff. GewO zur Anbringung von Namensschildern an den Automaten verpflichtet. Mit Automatenaufsteller sei derjenige gemeint, der durch die Mechanik des Automaten Interessenten zum Spiel auffordere und mit dem der Spieler in Vertragsbeziehungen trete, also nicht etwa derjenige, der das Gerät lediglich an den Platz stelle (aufstelle), oder derjenige, dem ein solches Gerät gehöre und der es an einen anderen vermiete. Dies ergebe sich aus § 33d GewO i. d. F. des Vierten Bundesgesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom 5. Februar 1960 (BGBl I 1960, 61).

Da auf den in den Geschäftsräumen der Buchmacher aufgestellten Geldspielautomaten der Kläger als Automatenaufsteller bezeichnet sei, trete er nach außen hin den Spielern wie den Gemeindeverwaltungen gegenüber als Veranstalter in Erscheinung. Er sei damit Unternehmer i. S. des UStG 1967. An ihn könne sich der Spieler bei Beanstandungen wenden. Für den Spieler ergebe sich kein Unterschied, ob er einen Geldspielautomaten des Klägers in einer Gastwirtschaft oder bei einem Buchmacher benutze. Auf beiden Geräten sei als Automatenaufsteller der Kläger angegeben. Den Kläger, nicht etwa den Buchmacher, träfen die Pflichten, welche die GewO und die Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (SpielV) vom 6. Februar 1962 (BGBl I 1962, 153) dem Automatenaufsteller auferlegten. Er sei Vertragspartner des Spielers. Für die Annahme eines sog. Vertrages für den, den es angeht, sei im Streitfall kein Raum.

Bei der Sachlage des Streitfalles sei es unerheblich, ob der Kläger über die in die Spielautomaten gelangenden Münzen verfügen könne oder nicht; denn nur die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahme und verausgabe, gehörten nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 4 UStG 1967). Nicht von Bedeutung sei ferner, daß der Kläger in einer für die Spieler und für sonstige Außenstehende nicht erkennbaren Weise den Buchmachern das Recht eingeräumt habe, über das im Automaten vorhandene Geld zu verfügen, und daß er diesen andererseits die Pflicht auferlegt habe, die Geldspielautomaten aufzufüllen. Hierdurch werde lediglich das Innenverhältnis zu den Buchmachern berührt, nicht aber das für die Umsatzsteuer maßgebliche Außenverhältnis.

Wer - wie der Kläger - auf diese Weise im Innenverhältnis Beschränkungen eingehe, könne sich nicht dadurch den ihm obliegenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen - hier der Steuerpflicht - entziehen. Das verkenne der Kläger bei seiner Meinung, daß durch die Besteuerung der eingespielten Entgelte bei ihm das Recht der freien Vertragsgestaltung angetastet werde. Das UStG 1967 schränke nicht die Möglichkeit der freien Vertragsgestaltung ein, sondern besteuere als Verkehrssteuer im Gegensatz zum Ertragsteuerrecht die sog. Außenumsätze als wirtschaftlich erhebliche Vorgänge, ohne dabei auf interne Vereinbarungen Rücksicht zu nehmen, die für den Leistungsempfänger nicht erkennbar sind, sofern der Vertragsgegner - wie im Streitfall der Kläger - unstreitig Unternehmer ist und nicht als ein in ein Unternehmen Eingegliederter Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967).

Mit der Revision beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil abzuändern und dem in der ersten Instanz gestellten Antrag stattzugeben, hilfsweise den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Er rügt Verletzung einfachen Rechts (insbesondere der §§ 1, 2, 4 Nr. 12 Buchst. c und 10 Abs. 1 Satz 4 UStG 1967) sowie des Verfassungsrechts (Art. 2 und 14 GG) und macht geltend, das angefochtene Urteil wende die sog. "Ein-Unternehmer-Theorie" an und begründe diese Anwendung in wenig logischer Weise mit denjenigen Fällen, in denen durchaus zutreffend die sog. "Zwei-Unternehmer-Theorie" angewandt werde (Kommissionsgeschäft, Ladenrechtsprechung und Treuhandschaft). Es verkenne, daß eben diese Beispiele der Zwei-Unternehmer-Theorie dazu zwängen, die Theorie auf ihn, den Kläger, und auf seine Mieter, die Buchmacher, anzuwenden.

Zu den auf den Geldspielautomaten angebrachten Eigentümerschildern sei anzuführen, daß diese ihn, den Kläger, auch vor Pfändungen wegen Verbindlichkeiten der Buchmacher schützten. Eine solche Maßnahme sei das legitime Recht der Vermieter beweglicher Gegenstände.

Die Verletzung des Art. 2 GG werde gerügt, weil er, der Kläger, in seinem Recht beeinträchtigt werde, seine Verträge frei zu gestalten. Die Rüge der Verletzung von Verfassungsrecht werde auf Art. 14 GG erstreckt. Durch die beanstandete steuerrechtliche Behandlung werde er in seinen Eigentumsrechten beeinträchtigt. Die Sozialbindung des Eigentums stehe der Rüge nicht entgegen. In diesem Zusammenhang sei der Hinweis angebracht, daß es der Finanzverwaltung leicht fallen würde, die Buchmacher zur Umsatzsteuer heranzuziehen und bei ihm, dem Kläger, nur die vereinnahmten Mietbeträge der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Der Begründetheit der Revision stehe das inzwischen ergangene BFH-Urteil vom 14. Mai 1981 V R 123/74 (BFHE 133, 466, BStBl II 1981, 690) nicht entgegen, da der Entscheidungsfall mit dem vorliegenden Streitfall nicht verglichen werden dürfe. Der Automatenaufsteller im Entscheidungsfall habe an die US-Streitkräfte eine Aufstellgebühr entrichtet und habe keinen Mietzins erhalten, während ihm, dem Kläger, ein schriftlich vereinbarter Mietzins gezahlt werde. Ferner habe der Automatenaufsteller im Entscheidungsfall die Getränkeautomaten aus eigenen Mitteln aufgefüllt und die in den Automaten befindlichen Beträge entnommen. Er, der Kläger, sei dagegen am Einspielergebnis nicht beteiligt. Die Buchmacher entnähmen die von ihren Kunden eingespielten Beträge den Automaten endgültig für sich und füllten die Automaten aus eigenen Mitteln auf. Der Automatenaufsteller im Entscheidungsfall habe die mit den Getränkeautomaten erzielten Umsätze gekannt, während er, der Kläger, die Summe mit den Geldspielautomaten bewirkten Umsätze nicht kenne. Die eingespielten Beträge flössen ausschließlich den Buchmachern zu, so daß nur diese über die Umsätze Bescheid wüßten.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet; sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das angefochtene Urteil hält den Revisionsrügen stand. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das FG zu Recht angenommen, daß der Kläger mit den bei Buchmachern aufgestellten Geldspielautomaten Umsätze an die einzelnen Automatenbenutzer ausgeführt hat und daß er deswegen nach Maßgabe des vom FA angesetzten Entgelts Umsatzsteuer schuldet.

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/1973 unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Steuerschuldner ist der Unternehmer (§ 13 Abs. 2 UStG 1967/1973), der die Leistungen erbracht hat.

a) In seinem Urteil vom 4. Februar 1971 V R 41/69 (BFHE 102, 136, BStBl II 1971, 467) hatte der Senat zum UStG 1951 entschieden, bei jedem einzelnen Spiel mittels eines Geldspielautomaten werde ein steuerbarer Umsatz bewirkt, wobei jedes in den Automaten eingeworfene Geldstück Entgelt für die Überlassung des Automaten zum Spielen durch den Automatenaufsteller darstelle; gegen die Schätzung der Entgeltsumme gemäß § 217 AO durch Verdoppelung des Kasseninhalts des Automaten beständen keine Bedenken. In seinem Urteil vom 29. Januar 1987 V R 53/76 (BFHE 149, 295, BStBl II 1987, 516) hat der Senat inzwischen dahin erkannt, daß an dieser Rechtsprechung auch für das UStG 1967 festgehalten wird und daß die Vervielfachung des Kasseninhalts zu Schätzungszwecken mit dem Multiplikator 1,5 nicht überhöht ist. Der Senat sieht auch jetzt keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzurücken.

In den beiden zitierten Entscheidungen war freilich nicht streitig, ob die Umsätze an die Automatenbenutzer statt vom Automatenaufsteller etwa von demjenigen bewirkt würden, in dessen Räumen sich die aufgestellten Automaten befinden. Im Streitfall geht es dagegen vor allem darum, ob die Umsätze gegenüber den Automatenbenutzern nicht vom Kläger, sondern von den Buchmachern ausgeführt worden sind, wie der Kläger meint. Der Senat kommt insoweit zu dem Ergebnis, daß die Annahme des Klägers nicht zutrifft.

b) Das UStG 1967/1973 besteuert zwar tatsächliche wirtschaftliche Vorgänge (vgl. das Urteil des Senats vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524). Diese stellen aber im Regelfall die Erfüllung außersteuerrechtlicher Leistungspflichten dar, bei denen es sich regelmäßig um zivilrechtliche Rechtsbeziehungen handelt. Im allgemeinen darf daher für die Ermittlung der Leistung nach Inhalt und Umfang sowie für die Bestimmung des Leistungsempfängers und des Leistenden auf das zugrunde liegende außersteuerrechtliche - meist zivilrechtliche - Rechtsverhältnis zurückgegriffen werden. Wegen der nicht stets, sondern nur für den Regelfall annehmbaren Maßgeblichkeit kann jedoch bei der Ermittlung des Leistungsinhalts und -umfangs z.B. zu berücksichtigen sein, daß das Umsatzsteuerrecht in gewissen Fällen Rechtsvorgänge vom Zivilrecht abweichend qualifiziert (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1986 V R 133/75, BFH/NV 1986, 311, zur Annahme der Lieferung eines Gebrauchtwagens durch den Kraftfahrzeughändler anstelle seiner Vermittlung einer Veräußerung seitens des Gebrauchtwagenverkäufers) und daß die wirtschaftliche Gestaltung umsatzsteuerlich insoweit an die Stelle der zivilrechtlichen treten kann, als die vertraglichen Vereinbarungen nicht mit dem übereinstimmen, was die Beteiligten wirklich gewollt haben (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 1964 V 205/61 U, BFHE 79, 450, BStBl III 1964, 395).

Aufgrund der regelmäßig gegebenen Deckungsgleichheit zwischen zivilrechtlicher Gestaltung und umsatzsteuerrechtlicher Würdigung hat der BFH zur Bestimmung des Leistungsempfängers entschieden, daß eine Lieferung oder sonstige Leistung grundsätzlich an diejenige Person ausgeführt wird, die aus dem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt und verpflichtet ist (Beschluß vom 13. September 1984 V B 10/84, BFHE 142, 164, BStBl II 1985, 21; vgl. auch Urteil vom 3. November 1983 V R 56/75, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Umsatzsteuergesetz 1967, § 15, Rechtsspruch 36; Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1984, 61).

Leistender ist dementsprechend regelmäßig der zivilrechtlich Verpflichtete (vgl. Urteil in BFH/NV 1986, 311), was allerdings nicht ausschließt, daß trotz bestehender Leistungspflichten ein Umsatz nicht von dem zur Leistung Verpflichteten, sondern von einem Dritten im eigenen Namen erbracht wird, ohne daß dieser die bewirkte Leistung zivilrechtlich schuldete (vgl. das erwähnte Urteil in BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524).

c) Das Spiel mit Geldautomaten vollzieht sich aufgrund eines Spiel genannten Vertrages i. S. des § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ein solcher Vertrag kommt regelmäßig dadurch zustande, daß dem Automatenbenutzer mittels des leistungsbereiten Automaten ein entsprechendes Vertragsangebot gemacht wird (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 45. Aufl., § 145 Anm. 4b), das der Automatenbenutzer durch den Münzeinwurf annimmt (§ 151 Satz 1 BGB), wobei zusätzlich eine Auslösungshandlung des Automatenbenutzers erforderlich werden kann. Vertragspartner des Automatenbenutzers ist auch bei sog. Innenautomaten, d.h. bei Automaten, die sich in einem Geschäft oder Lokal befinden, zwar grundsätzlich derjenige, der den Automaten betreibt. Bei der Individualisierung des Vertragspartners wird aber vor allem darauf abgehoben, ob am Automaten ein Hinweis auf den Automatenaufsteller angebracht ist und ggf. welche Person dieser benennt. Dementsprechend genügt ein am Automaten angebrachtes Namensschild des Aufstellers, um diesen zum Vertragspartner des Automatenbenutzers zu machen (vgl. von Ohlshausen/Schmidt, Automatenrecht, Berlin, 1972, S. 137 ff.). Damit knüpft das bürgerliche Recht an die Regelung in § 15a Abs. 5 GewO an, wonach im Interesse der leichten Bestimmbarkeit des Vertragspartners des Automatenbenutzers die Vorschriften des § 15a Abs. 1 bis 4 GewO über die Anbringung von Namen und Firma entsprechend auch für die Aufstellung von Automaten außerhalb der Betriebsräume des Aufstellers gelten und an den Automaten überdies die Anschrift des Aufstellers anzubringen ist (vgl. Fuhr/Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, Bd. I, § 15a Rdnrn. 2, 18, 20 und 21; Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. I, § 15a Rdnrn. 18 bis 20).

d) Hiernach war Vertragspartner für die Benutzer der vom Kläger bei Buchmachern aufgestellten Geldspielautomaten der Kläger, nicht der betreffende Buchmacher; denn diese Automaten waren mit einem den Kläger als Aufsteller ausweisenden Schild versehen, so daß die Automatenbenutzer davon ausgehen konnten, entsprechende Vertragsangebote würden ihnen vom Kläger gemacht und der Spielvertrag komme mit dem Kläger zustande.

Demgegenüber kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, er habe kein Vertragsangebot abgeben wollen, und er kann insoweit nicht auf seine Vereinbarungen mit den Buchmachern verweisen. Hat jemand ohne Rechtsfolgewillen (Willen, der auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtet ist) durch schlüssiges Verhalten nach außen hin eine Willenserklärung abgegeben, d.h. den Eindruck erweckt, als habe er einen Geschäftswillen (= Rechtsfolgewillen), so erfordern es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte, daß er sich so behandeln lassen muß, als ob er einen Geschäftswillen erklärt habe (Vertrauenshaftung kraft schlüssigen Verhaltens bzw. kraft Rechtsscheins). Maßgebend ist dabei, welche Bedeutung der Erklärungsempfänger nach objektiven Gesichtspunkten dem Verhalten beimessen mußte (vgl. Krüger-Nieland in Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofes - BGB-RGRK -, 12. Aufl., Bd. I, vor § 116 Rdnrn. 5 und 15).

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die ihm zugerechneten Willenserklärungen allenfalls für und gegen den betreffenden Buchmacher hätten wirken können. Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht (§ 164 Abs. 2 BGB).

Zu keinem anderen Ergebnis führt der Hinweis des Klägers auf seine Vereinbarungen mit den Buchmachern, in deren Geschäftslokalen er Geldspielautomaten aufgestellt hatte. Der Senat braucht nicht abschließend darauf einzugehen, ob es mit dem Inhalt dieser Abmachungen vereinbar war, daß nicht der betreffende Buchmacher, sondern der Kläger Vertragspartner der Automatenbenutzer wurde. Selbst wenn Unvereinbarkeit angenommen werden müßte, würde dies nicht bedeuten, daß die Spielverträge nicht mit dem Kläger zustande gekommen sein könnten. Die das Schuldrecht beherrschende Privatautonomie (vgl. Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 3. Aufl., vor § 145 Anm. 4) läßt es grundsätzlich zu, daß Verträge geschlossen werden, die anderen vertraglichen Verpflichtungen eines Vertragspartners gegenüber Dritten widersprechen.

Unter den gegebenen Umständen kann sich das Umsatzsteuerrecht bei der Bestimmung des Leistenden an die zugrunde liegenden bürgerlich-rechtlichen Vertragsbeziehungen halten; denn es liegt keiner der Fälle vor, bei denen umsatzsteuerrechtlich die Annahme geboten wäre, der zu besteuernde tatsächliche wirtschaftliche Vorgang sei von einem anderen als dem bürgerlich-rechtlichen Leistungsschuldner (vgl. § 241 BGB), also vom Kläger, bewirkt worden.

e) Mit den vorstehenden Ausführungen setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil in BFHE 133, 466, BStBl II 1981, 690. Dort ging es darum, ob ein Unternehmer, der in den Räumen eines den Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte zugänglichen Clubs Heißgetränkeautomaten aufgestellt hatte, diese selbst betrieb und dementsprechend Lieferungen an die Angehörigen der Truppe ausführte, was vom Senat bejaht worden ist. Dabei hat der Senat darauf abgestellt, daß der Steuerpflichtige nicht Automatenmietverträge, sondern Automatenaufstellverträge abgeschlossen habe, wofür wiederum darauf abgehoben wurde, wer (Steuerpflichtiger oder Club) die Automaten betrieben habe. Das Abstellen auf die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Club war im Hinblick darauf gerechtfertigt, daß die schuldrechtlichen Beziehungen des Steuerpflichtigen zum Club mit denen zu den Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte, die sich der Automaten bedienten, in Einklang standen. Entsprechendes kann aber hier nicht gelten, weil ein solcher Einklang nicht vorhanden ist; denn die Abmachungen des Klägers mit den Buchmachern deuten zwar darauf hin, daß diese die Geldspielautomaten betreiben sollten, und dennoch wurde der Kläger Vertragspartner der mit den Automatenbenutzern zustande gekommenen Spielverträge.

f) Ob der Kläger bei seinen gegenüber den Automatenbenutzern erbrachten Leistungen nicht nur im eigenen Namen, sondern auch auf eigene Rechnung gehandelt hat (vgl. hierzu Weiß in UR 1981, 228) - wogegen der Umstand spricht, daß die Buchmacher, abgesehen von dem an den Kläger abgeführten festen Betrag und der Erstattung der Vergnügungsteuer, den ungekürzten Erlös behielten, wie es im Falle einer Automatenvermietung gerechtfertigt wäre (vgl. Urteil in BFHE 133, 466, BStBl II 1981, 690) - kann dahingestellt bleiben. Angesichts dessen, daß der Kläger entsprechend seinen schuldrechtlichen Beziehungen zu den Automatenbenutzern die umstrittenen Leistungen im eigenen Namen bewirkt hat, kommt es auf ein Tätigwerden für eigene Rechnung nicht an; diese Frage betrifft lediglich das Innenverhältnis.

g) Schließlich ist unerheblich, daß der Kläger, wie er geltend macht, die Spielergebnisse der Buchmacher nicht kennt. Für die Streitjahre kommt es hierauf schon deshalb nicht an, weil die betreffenden Summen von der Betriebsprüfung festgestellt worden sind und beim Kläger hinsichtlich der Richtigkeit der Feststellungen offenbar keine Zweifel bestehen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die steuerlichen Erklärungspflichten nicht dadurch beeinflußt werden können, daß ein Steuerpflichtiger seine geschäftlichen Verhältnisse gegenüber Dritten in einer Weise gestaltet, die ihn an der Erfüllung hindert. Gegebenenfalls müßten insoweit Schätzungen vorgenommen werden.

2. Daß die angefochtenen berichtigten Bescheide nicht gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO hätten erlassen werden dürfen bzw. daß der Umsatzsteueranspruch 1968 zum Zeitpunkt des Erlasses des Berichtigungsbescheides bereits verjährt gewesen sei, trifft nicht zu und wird vom Kläger offenbar nicht bzw. nicht mehr angenommen.

3. Eine Verletzung von Art. 2 und 14 GG liegt nicht vor.