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BFH-Urteil vom 23.10.1986 (IV R 352/84) BStBl. 1988 II S. 128

1. Provisionen, die eine KG für die Vermittlung des Eintritts von Kommanditisten schuldet, sind auch dann Betriebsausgaben der KG, wenn den Kommanditisten die Entrichtung dieser Provisionen bekannt ist.

2. Eine mit dem Beitritt des Kommanditisten entstandene Provisionsverpflichtung kann bei der Berechnung seines Verlustanteils berücksichtigt werden.

3. Vermittlungsprovisionen, welche die KG an Gesellschafter geleistet hat, sind als Sondervergütungen bei der Feststellung des Gesamtgewinns der Gesellschafter zu berücksichtigen.

EStG § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, § 15 Abs. 1 Nr. 2; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, unterhält einen Hotelbetrieb. Sie wurde im Jahre 1978 gegründet. Gesellschafter sind neben dem Komplementär (Beigeladener zu 1) zwei Kommanditisten (Beigeladene zu 2 und 3). Dabei ist die Beigeladene zu 3 mit einer Einlage vom 14,1 Mio DM Treuhandkommanditistin für eine Vielzahl von Anlegern. Die Beteiligung dieser Anleger ist überwiegend von der Beigeladenen zu 2 vermittelt worden. Im Vertrag der KG, der den als Treugebern beteiligten Anlegern mitgeteilt wurde, war vorgesehen, daß die Beigeladene zu 2 für die Vermittlung von der Klägerin eine Provision erhalten solle. Die Provision wurde auf insgesamt 2.333.050 DM festgesetzt; hiervon erhielten die Beigeladene zu 2 2.194.200 DM, der Komplementär 23.850 DM und andere Personen 15.000 DM. Die Klägerin berücksichtigt diese Beträge als Betriebsausgaben; der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) aktivierte sie als zusätzliche Anschaffungskosten der Treugeber.

Die Klage hatte Erfolg; das Finanzgericht (FG) betrachtete die Aufwendungen als Betriebsausgaben der Klägerin.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Die von der Klägerin aufgewendeten Vermittlungsprovisionen bilden bei ihr zwar Betriebsausgaben; sie stellen bei den Beigeladenen zu 1 und 2 jedoch Sondervergütungen i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar und erhöhen deshalb den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft.

1. Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78 (BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101) mit der ertragsteuerlichen Behandlung von Vermittlungsprovisionen beschäftigt, die anläßlich des Beitritts eines Steuerpflichtigen zu einer auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Gemeinschaft oder Gesellschaft entstehen. Er hat hierzu ausgeführt, daß eine vom Steuerpflichtigen für die Vermittlung des Beitritts zu einer Bauherrengemeinschaft geschuldete Provision zu den Anschaffungskosten des zu Miteigentum zu erwerbenden Grund und Bodens und zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der hierauf in Form von Wohnungseigentum zu errichtenden Gebäude gehöre. Andererseits hat der Senat Provisionen, die eine KG für die Vermittlung des Eintritts von Kommanditisten schuldet, grundsätzlich als Betriebsausgaben angesehen, die weder in der Bilanz der KG noch in Ergänzungsbilanzen der Kommanditisten zu aktivieren seien. Für diese unterschiedliche Behandlung der Provisionen waren Abweichungen in der Art ihrer Entrichtung und auch die Besonderheiten der Gewinnermittlung für eine gewerblich tätige Personengesellschaft ursächlich.

a) Mit dem Beitritt zu einer Bauherrengemeinschaft verfolgt der Steuerpflichtige das Ziel, Wohnungseigentum in Form von Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit Miteigentum am gemeinschaftlichen Eigentum zu erlangen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes - WEG -). Die hierzu vom Steuerpflichtigen aufgewendeten Provisionen beziehen sich auf die Anschaffungs- und Herstellungsvorgänge zum Erwerb oder zur Schaffung des Wohnungseigentums.

Der Senat hatte in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, wie Beitrittsprovisionen zu behandeln sind, die durch eine auf Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gerichtete Bruchteilsgemeinschaft oder Personengesellschaft zu erbringen sind. Werden solche Leistungen von einer auf den Betrieb eines Gewerbebetriebs gerichteten Personengesellschaft erbracht, so läßt sich zwar die Überlegung verfolgen, daß die Aufwendungen zur Konstituierung der Gesellschaft der Erlangung einer Beteiligung des Steuerpflichtigen am gemeinschaftlichen Vermögen dienen, so daß sie nach der Grundregel des § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) Anschaffungskosten für die Anteile des Gesellschafters an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens bilden. Wie der Senat hervorgehoben hat, sind die Einkünfte aus der Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aber in der Weise zu bestimmen, daß ihr aus der Handelsbilanz abgeleiteter Gewinn auf die Gesellschafter verteilt wird (Beschluß vom 10. November 1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164). Dies rechtfertigt es - ungeachtet der zivilrechtlich nach wie vor offenen Frage der Zurechnung des Gesamthandsvermögens (vgl. nur Karsten Schmidt in Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1983, Köln, Bd. III S. 413, 472 f.; ders., Gesellschaftsrecht, 1986, S. 151 ff.) -, der Personengesellschaft für die Zwecke der Gewinnermittlung eigene Identität zu verleihen, so daß die von ihr aufgewendeten Vermittlungsprovisionen nicht als Anschaffungskosten der Gesellschafter für ihren Anteil am Betriebsvermögen, sondern als eigene Ausgaben der Gesellschaft für die Beschaffung von Eigenkapital anzusehen sind; da ihnen kein aktivierbares Wirtschaftsgut gegenübersteht, bilden sie abzugsfähige Betriebsausgaben.

Diese Auffassung des Senats ist durch die seitherige Entwicklung bestätigt worden. So hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 762) hervorgehoben, daß eine Personengesellschaft (mit Gesamthandsvermögen) nach den steuerlichen Bedürfnissen Subjekt der Gewinnermittlung und in diesem Sinne Steuerrechtssubjekt ist. Derartige Vorstellungen liegen auch dem Urteil des VIII. Senats des BFH vom 5. November 1985 VIII R 257/80 (BFHE 145, 58, BStBl II 1986, 53 m. w. N.) zugrunde. Bei den hiernach der Personengesellschaft zuzurechnenden Vermittlungsprovisionen handelt es sich um die Kosten für die Beschaffung von Eigenkapital, die nach § 248 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) in der Fassung des Bilanzrichtliniengesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2355, BStBl I 1986, 96) bei Unternehmen jeder Rechtsform nicht aktiviert werden dürfen. Von der Abzugsfähigkeit dieser Kosten auch im Steuerrecht war auch nach den Rechtsverhältnissen im Streitjahr auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1977 I R 20/76, BFHE 124, 317, BStBl II 1978, 346).

b) Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101 allerdings die Möglichkeit erwähnt, daß die Entrichtung der Vermittlungsprovision durch die KG eine verdeckte (Barentnahme) Entnahme durch den eintretenden Gesellschafter darstellt; im Urteilsfall brauchte er sich damit nicht zu befassen, weil die Gesellschafter von der Zahlung einer Provision seitens der Gesellschaft nicht einmal Kenntnis erlangt hatten. Der Bundesminister der Finanzen (BMF) hat hieraus geschlossen, daß bei Kenntnis der Zahlung durch die Kommanditisten die Provisionen nicht Betriebsausgaben der KG, sondern zusätzliche Anschaffungskosten der Gesellschafter auf ihre Beteiligungen darstellen, die in einer Ergänzungsbilanz aktiviert werden müßten (Schreiben vom 15. Februar 1984, BStBl II 1984, 157). Im Hinblick auf diese Verfügung hat das FA im Streitfall den Abzug der Vermittlungsprovisionen bei der Klägerin versagt, weil den Anlegern aus dem Gesellschaftsvertrag die Zahlung von Vermittlungsprovisionen seitens der Klägerin bekannt gewesen sei. Demgegenüber hat das FG die Versagung des Abzugs nur für gerechtfertigt gehalten, wenn der Kommanditist zur Provisionszahlung verpflichtet sei und die Gesellschaft diese Verpflichtung erfülle. Der diesen Ausführungen des FG zugrunde liegenden Rechtsauffassung ist beizupflichten.

Daß Publikumskommanditgesellschaften zur Einwerbung von Kommanditeinlagen Provisionen an Unternehmen zahlen, die sich mit dem Vertrieb derartiger Kapitalanlagen befassen, ist weithin bekannt. Diese Kenntnis allein kann nicht zu den vom FA gezogenen Rechtsfolgerungen führen; sie kann auch nicht bewirken, daß der Provisionsabzug nur für diejenigen Kommanditisten bzw. Treugeber ausgeschlossen ist, die über die erwähnten Kenntnisse verfügen. Tatsächlich läßt sich eine Entnahme i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Zusammenhang nur annehmen, wenn die Gesellschaft eine ursprünglich den Kommanditisten oder Treugeber treffende Provisionsverbindlichkeit übernommen oder Zahlungen auf eine derartige, diese Personen betreffende Verbindlichkeit geleistet hat. Dafür ergeben sich im Streitfall jedoch keine Anhaltspunkte. An einem derartigen Vorgehen können die Gesellschafter der Klägerin nicht interessiert gewesen sein, da sich daraus eine teilweise Rückzahlung der Einlage ergeben hätte, die zum Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung geführt hätte (§ 172 Abs. 4 HGB). Wie das Urteil des FG ergibt, ist die Höhe der Provisionsverbindlichkeit auch nicht durch Vereinbarung mit den Anlegern, sondern durch Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern festgelegt worden; der einzelne Anleger konnte hierauf keinen Einfluß nehmen, wie es bei einer zwischen ihm und dem Vertriebsunternehmen getroffenen Provisionsvereinbarung möglich gewesen wäre. Schließlich ist auch nichts dafür festgestellt, daß die Klägerin die Provisionen mit Wissen und Wollen der Anleger als durchlaufenden Posten (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG) jeweils aus dem eingehenden Eigenkapital für ihre Rechnung zu entrichten hatte, so daß sich die Einlage in Wahrheit auf den nach Abzug der Provisionszahlungen verbleibenden Nettobetrag beschränkte.

Dem FA kann auch nicht in der Auffassung zugestimmt werden, die unterschiedlichen Zahlungswege führten zum gleichen Ergebnis, so daß bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die von der Klägerin entrichteten Provisionen so behandelt werden müßten, als seien sie von den Anlegern gezahlt worden. Unterschiede in der Übernahme von Provisionen führen nämlich auch sonst zu unterschiedlichen steuerlichen Ergebnissen. Übernimmt beim Verkauf eines betrieblichen Wirtschaftsguts der Käufer die Verkaufsprovision, erhöhen sich seine Anschaffungskosten entsprechend; wird die Provision dagegen vom Verkäufer übernommen, vermindert sich dessen Veräußerungsgewinn. Auch wenn der Käufer unter Einschluß der Provision in beiden Fällen denselben Betrag aufwendet und dem Verkäufer unter Ausschluß der Provision derselbe Betrag verbleibt, ergeben sich doch unterschiedliche steuerliche Folgen. Dementsprechend ist es gerechtfertigt, auch im Streitfall an Unterschiede bei der Entrichtung der Vermittlungsprovisionen anzuknüpfen.

2. Das FG ist in seinem Urteil unausgesprochen davon ausgegangen, daß Aufwendungen aus den Provisionszahlungen bereits den Verlust der neu hinzutretenden Treugeber erhöhen; dem ist ebenfalls beizupflichten.

Im Streitfall ergeben die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht, ob die Klägerin ihren Betrieb erst nach Aufbringung der Kommanditeinlage durch die Treugeber aufgenommen hat oder ob diese ihr während eines laufenden Geschäftsjahres beigetreten sind. Im zuletzt genannten Fall würden die Treugeber nicht an Verlusten teilnehmen können, die vor ihrem Eintritt entstanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 IV R 209/80, BFHE 139, 60, BStBl II 1984, 53, m. w. N.). Im Streitfall wurden die Provisionen seitens der Klägerin für die Vermittlung von Einlagen geschuldet und waren damit frühestens mit der Entgegennahme der Beitrittserklärung der Treugeber zu entrichten; da die Treugeber mit diesem Zeitpunkt Anteil am Betriebsergebnis der Klägerin erlangten und die Aufwendungen nicht einen früheren Zeitraum betreffen, müssen den Treugebern anteilig auch die durch ihren Beitritt verursachten Aufwendungen im Verlustanteil zugerechnet werden.

3. Das FG hat bei seiner Entscheidung jedoch nicht die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG gewürdigt. Danach gehören Vergütungen, die ein Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft erhält, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Diese Bestimmung ist auch anwendbar, wenn der Gesellschafter seine Leistungen in einem eigenen Gewerbebetrieb bewirkt und hat zur Folge, daß das Ergebnis aus diesen Leistungen in die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft einzubeziehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750; vom 23. Mai 1979 I R 163/77, BFHE 128, 213, BStBl II 1979, 757). Zu den genannten Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft gehören auch Vermittlungsleistungen und hier wiederum die Vermittlung neuer Kommanditisten oder Treugeber (BFH-Beschluß vom 13. März 1980 IV B 58/78, BFHE 130, 305, BStBl II 1980, 499).

4. Über die vom FG zur Höhe des Gesellschaftsgewinns getroffenen Feststellungen hinausgehend ist demgemäß auch das wirtschaftliche Ergebnis der Beigeladenen zu 1 und 2 aus der Vermittlung von beitrittswilligen Treugebern in den Gesamtgewinn der Gesellschafter einzubeziehen. Dieser Gewinn wird auf die Gesellschafter und die Treugeber aufzuteilen sein (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1986 IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584). Die Berechnung dieser Beträge konnte nach Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I, 446) dem FA übertragen werden.