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BFH-Urteil vom 18.12.1987 (VI R 204/83) BStBl. 1988 II S. 379

Der Grenzbetrag des § 40b Abs. 2 EStG in Höhe von 2.400 DM vervielfältigt sich nicht, wenn der Arbeitgeber Beiträge für eine Direktversicherung für zurückliegende Jahre nachzuzahlen hat. Eine analoge Anwendung des § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG ist für diese Fallgestaltung nicht möglich.

EStG § 40b.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Landkreis, hatte die in seinem Kreiskrankenhaus beschäftigten Ärzte insoweit nicht zur zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) angemeldet, als sie bei einer Versorgungseinrichtung i.S. des § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes versichert waren. Ende 1975 wurde festgestellt, daß auch diese Ärzte der Zusatzversicherungspflicht unterlagen und eine Befreiung nur aufgrund eines besonderen Antrags möglich war, den die Ärzte aber nicht gestellt hatten. Im Jahre 1976 meldete der Kläger die Ärzte rückwirkend zur Versicherung bei der VBL an und entrichtete die Beiträge und Umlagebeträge in Höhe von 89.819 DM für die zurückliegende Zeit nach.

Bei der Berechnung der auf die Versicherungsbeiträge entfallenden Lohnsteuer ging der Kläger davon aus, daß der Freibetrag von 312 DM nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung und der Grenzbetrag des § 40b Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2.400 DM nicht nur für das Zahlungsjahr, sondern für jedes Nachentrichtungsjahr anzurechnen seien. Er ist der Auffassung, die Rechtslage sei nicht anders zu beurteilen als im Fall des § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG, in dem der Betrag von 2.400 DM mit der Anzahl der Dienstjahre zu vervielfältigen sei, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei Beendigung des Dienstverhältnisses nachversichere.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat demgegenüber nach einer Lohnsteueraußenprüfung die Auffassung, die Zukunftssicherungsleistungen seien trotz der Nachzahlung Arbeitslohn nur des Jahres 1976; der Freibetrag von 312 DM und der Grenzbetrag von 2.400 DM könnten daher nur einmal berücksichtigt werden. Er nahm den Kläger durch (berichtigten) Haftungsbescheid vom 22. Februar 1979 für Lohnsteuer in Höhe von 72.429 DM in Anspruch. Bei der Berechnung des Haftungsbetrags hat er § 34 Abs. 3 EStG berücksichtigt.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung u.a. aus: Zwar solle durch § 40b EStG die betriebliche Altersversorgung gefördert werden. Dennoch könne nicht angenommen werden, daß jede Nachentrichtung von Versicherungsbeiträgen für zurückliegende Jahre ebenso steuerlich begünstigt sei wie die Nachversicherung anläßlich der Beendigung des Dienstverhältnisses. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber übersehen habe, die vorliegend zu beurteilende Sachverhaltsgestaltung ebenso zu regeln wie die Nachentrichtung von Zukunftssicherungsleistungen bei Beendigung des Dienstverhältnisses. § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG solle die Bereitschaft des Arbeitgebers fördern, dem Arbeitnehmer zumindest beim Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eine angemessene Altersversorgung in den Fällen zu gewähren, in denen der Arbeitnehmer keinen oder nur einen geringen Anspruch auf Zukunftssicherungsleistungen gehabt habe. Dagegen habe keine Veranlassung bestanden, die Vergünstigung auch in solchen Fällen zu gewähren, in denen der Arbeitgeber zur Leistung von Zukunftssicherungsleistungen verpflichtet gewesen sei, er diese Verpflichtung also nicht erst aus Anlaß der Beendigung des Dienstverhältnisses zusätzlich übernommen habe. Es liege nahe, daß der Gesetzgeber in anderen als den Nachentrichtungsfällen anläßlich der Beendigung des Dienstverhältnisses die allgemeine tarifliche Vergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG, die im Streitfall gewährt worden sei, als ausreichend angesehen habe. Es könne auch nicht als unbillig angesehen werden, daß sich der Haftungsbetrag nach einem Durchschnittssteuersatz von 70 v.H. errechne. Der hohe Steuersatz sei dadurch zustande gekommen, daß der Arbeitgeber nach dem geltenden Tarifvertrag verpflichtet sei, die auf die Umlage zur VBL entfallende Lohnsteuer zu übernehmen. Es liege somit eine Nettolohnvereinbarung vor, die dazu führe, daß die Übernahme der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber einen geldwerten Vorteil darstelle.

Mit der Revision beantragt der Kläger, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des Haftungsbescheides die Lohnsteuer insoweit herabzusetzen, als sie auf der Anwendung eines über 10 v.H. hinausgehenden Steuersatzes beruhe. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Auf die vorliegend zu beurteilende Sachverhaltsgestaltung sei die Vorschrift des § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG entsprechend anzuwenden. Allein dies werde dem Sinn der Vorschrift des § 40b EStG gerecht, die den Charakter einer Steuervergünstigung habe und bezwecke, die betriebliche Altersversorgung in der Form von Direktversicherungen und von Zahlungen an Pensionskassen gegenüber anderen Formen betrieblicher Altersversorgung attraktiv zu machen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb in Fällen bloßer Nachentrichtung von Zukunftssicherungsleistungen im Gegensatz zur Nachentrichtung anläßlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses die Steuervergünstigung eingeschränkt sein solle. Schließlich sei der Streitfall zu vergleichen mit dem Fall, daß ein Arbeitgeber zwar Zukunftssicherungsleistungen erbracht, diese aber nicht versteuert habe. Hier sei eine Nachversteuerung zum günstigen Pauschalsteuersatz möglich, wenn die Voraussetzungen dafür im Zeitpunkt der Leistung vorgelegen hätten.

Das FA tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Gemäß § 40b Abs. 1 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer von den Beiträgen für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers und von den Zuwendungen an eine Pensionskasse mit einem Pauschsteuersatz von 10 v.H. der Beiträge und Zuwendungen erheben. Dies gilt nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift nicht, soweit die zu besteuernden Beiträge und Zuwendungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer 2.400 DM im Kalenderjahr übersteigen.

Das Gesetz geht in § 40b Abs. 2 Satz 1 EStG davon aus, daß die in einem Kalenderjahr zugeflossenen Beiträge oder Zuwendungen dem normalen Lohnsteuersatz unterliegen, soweit diese Beiträge und Zuwendungen 2.400 DM übersteigen. Es unterscheidet nicht danach, ob es sich um Nachzahlungen für zurückliegende Jahre oder um Zahlungen handelt, die im Zuflußjahr ohnehin zu entrichten waren. Es differenziert ferner nicht danach, ob die Zahlungen vom Arbeitgeber freiwillig entrichtet werden oder ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber zur Zahlung verpflichtet war.

Eine Vervielfältigung des Grenzbetrages von 2.400 DM sieht das Gesetz lediglich in § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG vor. Danach vervielfältigt sich der Grenzbetrag um die Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, nur für den Fall, daß der Arbeitgeber die Beiträge und Zuwendungen für den Arbeitnehmer aus Anlaß der Beendigung des Dienstverhältnisses erbracht hat. Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, daß diese Vorschrift auf den Streitfall nicht entsprechend anwendbar ist. Zum einen ist die Sachlage bei einer Zuwendung aus Anlaß der Beendigung eines Dienstverhältnisses eine andere, als wenn - wie im Streitfall - Zahlungen nachgeholt werden, zu denen der Arbeitgeber verpflichtet gewesen ist. Denn im ersteren Fall sollte die Bereitschaft des Arbeitgebers gefördert werden, dem ausscheidenden Arbeitnehmer anläßlich des Ausscheidens aus dem Betrieb eine angemessenere Altersversorgung zu verschaffen, als er sie bisher hatte. Zum anderen spricht auch nichts dafür, daß das Gesetz eine Lücke enthält, die durch die entsprechende Anwendung einer anderen Regelung geschlossen werden müßte. Auch insoweit hat das FG zutreffend darauf hingewiesen, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber bei der Regelung des Ausscheidens eines Arbeitnehmers aus den Diensten des Arbeitgebers den ebenfalls vorhersehbaren Fall der Nachentrichtung von Beiträgen für zurückliegende Jahre bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses übersehen hat. Der Senat ist daher auch insoweit mit dem FG der Auffassung, daß der Gesetzgeber mit § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG eine Sonderregelung geschaffen hat, die über ihren Regelungsbereich hinaus nicht angewendet werden kann.