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BFH-Beschluß vom 11.3.1988 (III B 122/86) BStBl. 1988 II S. 534

Der Frage, ob Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für den Sprachkurs seines Bruders aus sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigungsfähig sind, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

EStG 1979 § 33a Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein jordanischer Staatsangehöriger, war im Streitjahr 1979 als Arbeiter in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) beschäftigt. In seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1979 machte er u.a. Aufwendungen in Höhe von 1.920 DM für einen Deutschkurs seines Bruders an einem Goethe-Institut in der Bundesrepublik gemäß § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als außergewöhnliche Belastung geltend. Der Bruder des Klägers studiert in der Bundesrepublik Medizin und Pharmazie.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) lehnte den begehrten Abzug ab. Einspruchsverfahren und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung u.a. aus: Die geltend gemachten Aufwendungen seien nicht für den Unterhalt des Bruders geleistet. Zu den "Aufwendungen für den Unterhalt" i.S. von § 33a Abs. 1 EStG gehörten nur die dafür typischen Aufwendungen, z.B. für die Ernährung, Kleidung und Wohnung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. September 1980 VI R 75/80, BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31). Als Berufsausbildungskosten seien die Aufwendungen nicht zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen. Bei Aufwendungen für die Berufsausbildung erwachsener Geschwister sei die Zwangsläufigkeit nur unter besonderen und außergewöhnlichen Umständen zu bejahen (Sunder-Plassmann in Littmann/Bitz/Meincke, Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 33 EStG Anm. 37 a). Solche außergewöhnlichen Umstände lägen im Streitfall nicht vor. Im übrigen stelle sich die Frage, ob der Zweck der Unterstützung bei einem angehenden Akademiker nicht auch durch ein Darlehen hätte erreicht werden können.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA tritt diesem Antrag entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Der streitigen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Zu der allgemeinen Frage, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen aus sittlichen Gründen zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen, hat der erkennende Senat in jüngster Zeit mehrfach Stellung genommen (vgl. z.B. die Urteile vom 27. Februar 1987 III R 209/81, BFHE 149, 240, BStBl II 1987, 432; vom 13. März 1987 III R 301/84, BFHE 149, 245, BStBl II 1987, 495; vom 24. Juli 1987 III R 208/82, BFHE 150, 351, BStBl II 1987, 715). Nach dieser Rechtsprechung ist eine die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG begründende sittliche Pflicht nur dann zu bejahen, wenn diese so unabwendbar auftritt, daß sie ähnlich einer Rechtspflicht von außen her als eine Forderung oder zumindest Erwartung der Gesellschaft derart auf den Steuerpflichtigen einwirkt, daß ihre Erfüllung als eine selbstverständliche Handlung erwartet und die Mißachtung dieser Erwartung als moralisch anstößig empfunden wird. Zu der sich im Streitfall stellenden speziellen Frage, ob ein Steuerpflichtiger sittlich verpflichtet ist, die Aufwendungen für einen Sprachkurs seines Bruders zu tragen, hat sich der BFH allerdings bisher nicht geäußert. Hierüber ist jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden, wie sie der erkennende Senat in den vorstehend genannten Urteilen entwickelt hat. Diesen Grundsätzen entspricht im Ergebnis die Vorentscheidung. Diese steht im übrigen auch in Einklang mit der Rechtsprechung anderer FG, die überwiegend eine sittliche Verpflichtung zur Übernahme der Kosten des Studiums von Geschwistern ablehnen (vgl. z.B. Urteile des FG Düsseldorf vom 29. November 1971 IX 214/70 L, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1972, 122; des FG Berlin vom 24. September 1976 III 167/76, EFG 1977, 171; des FG Köln vom 22. April 1983 V 405/82 L, EFG 1983, 610; des Hessischen FG vom 25. März 1983 I 428/82, EFG 1983, 611; anderer Ansicht Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 5. September 1969 IV 85/68, EFG 1970, 9, für einen besonders gelagerten Sachverhalt). Diese Rechtsauffassung wird auch überwiegend im Schrifttum vertreten (vgl. z.B. Sunder-Plassmann, a.a.O.; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort Ausbildungskosten B IV; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 33a EStG Anm. 73; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 6. Aufl., § 33 Anm. 8 Berufsausbildung) und entspricht der Tendenz der bereits früheren Rechtsprechung des BFH zu vergleichbaren Sachverhalten (vgl. Urteil vom 17. Januar 1984 VI R 244/80, BFHE 140, 250, BStBl II 1984, 527, insbesondere Abschn. 2b zu den Aufwendungen für den Schulbesuch von Geschwistern des Steuerpflichtigen unter Hinweis u.a. auf das Urteil vom 9. Dezember 1966 VI R 196-197/66, BFHE 88, 119, BStBl III 1967, 308 zu den Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für das Studium seiner Braut). Bei dieser Sach- und Rechtslage ist von einer Entscheidung des Streitfalls durch den BFH eine Fortentwicklung des Rechts nicht zu erwarten.