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BFH-Beschluß vom 22.1.1988 (III B 9/87) BStBl. 1988 II S. 537

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß Patente im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zur zeitlich begrenzten Nutzung überlassen und nicht veräußert sind, wenn ein "Rückfall" der dem Betriebsunternehmen übertragenen Rechte an den Inhaber des Besitzunternehmens vorgesehen ist.

GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist freier Erfinder und Inhaber von Patenten und Schutzrechten.

Er ist alleiniger Gesellschafter der Firma X-GmbH, die ihrerseits alleinige Gesellschafterin der Firma W-GmbH (im folgenden: W) ist.

Zwischen dem Antragsteller und der W bestehen vertragliche Vereinbarungen über die Rechte an seinen Patenten (Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen). In der mit "General-Lizenzvertrag" überschriebenen vertraglichen Vereinbarung vom 2. Mai 1979 ist unter Ziff. I. die Übertragung bestimmter Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen sowie der Eintritt der W "in alle Rechte und Pflichten" vorgesehen, "die derzeit für (den Antragsteller) bestehen". Unter Ziff. I. 3. verpflichtet sich die W, "alles Erforderliche zur Erlangung und Erhaltung der Schutzrechte zu tun. Kommt sie dieser Verpflichtung nicht nach, so kann (der Antragsteller) die ersatzlose Rückübertragung verlangen". In Ziff. II. 1. ist u.a. bestimmt, daß der Lizenzsatz 92 v.H. aller an die W ab 1. Juni 1979 entrichteten Lizenzbeträge beträgt. Für den Fall, daß die W mit ihren "sofort nach Eingang der jeweiligen Lizenzzahlungen seitens Dritter fälligen" Lizenzzahlungen (Ziff. II. 2.) mehr als einen Monat in Verzug gerät, ist dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, den ersatzlosen Rückfall der Schutzrechte herbeizuführen (Ziff. II. 3. b). Ein solcher "ersatzloser Rückfall" soll auch dann erfolgen, wenn über die W ein Vergleichs- oder Konkursverfahren beantragt wird (Ziff. VI.).

Im Anschluß an eine Steuerfahndungsprüfung nahm der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -FA-) eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Antragsteller und der W an und erließ dementsprechend für das Streitjahr einen Gewerbesteuermeßbescheid. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids lehnte das FA ab. Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheids auszusetzen.

Das FG lehnte diesen Antrag ab.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde macht der Antragsteller geltend, aus den vertraglichen Bestimmungen des "Generallizenzvertrages" könne nicht eindeutig auf eine Nutzungsüberlassung geschlossen werden. Damit komme dem Vertragszweck um so größere Bedeutung zu. Mit dem Vertrag habe der Antragsteller das Risiko begrenzen wollen, das sich für ihn daraus ergeben habe, daß im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Anfechtung der fraglichen Schutzrechte durch dritte Personen erfolgt gewesen sei und bei einem Erfolg dieser Anfechtung auf ihn als Inhaber der Schutzrechte unübersehbare Schadensersatzforderungen zugekommen wären. Zur Erreichung des Geschäftszweckes der W sei der Abschluß des "Generallizenzvertrages" nicht notwendig gewesen. Im übrigen nutze die W die überlassenen Rechte nur durch den Abschluß von Unterlizenzverträgen und damit vermögensverwaltend. Im Hinblick auf den Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) könnten gewerbliche Einkünfte des Besitzunternehmens nur dann angenommen werden, wenn die Betriebsgesellschaft selbst materiell gewerblich tätig sei und nicht -wie hier - nur kraft der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) als Gewerbebetrieb fingiert werde.

Der Antragsteller beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheids auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat das Gericht der Hauptsache die Vollziehung auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Solche ernstlichen Zweifel sind gegeben, wenn eine summarische Prüfung ergibt, daß neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unklarheit in der Beurteilung einer Rechtsfrage auslösen.

2. Nach der Rechtsprechung des BFH übt ein sog. Besitzunternehmen, dessen Tätigkeit in der Hauptsache darin besteht, sein Vermögen an eine Betriebsgesellschaft (Betriebsunternehmen) zu verpachten, keine bloße Vermögensverwaltung aus, sondern betreibt eine gewerbliche Tätigkeit i.S. der §§ 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den für die Streitjahre maßgebenden Fassungen. Voraussetzung für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ist in persönlicher Hinsicht eine enge personelle Verflechtung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen; die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen müssen "einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben" (BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). In sachlicher Beziehung setzt die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit voraus, daß der Betriebsgesellschaft Wirtschaftsgüter miet- oder pachtweise überlassen werden, die für deren Betrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage bilden. An dieser steuerrechtlichen Beurteilung hat im übrigen der Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 nichts geändert (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 23. Oktober 1986 IV R 214/84, BFHE 148, 65, BStBl II 1987, 120, mit Rechtsprechungsnachweisen).

a) Im Streitfall sind die personellen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erfüllt. Den für den einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen maßgeblichen Einfluß gewährt einem Gesellschafter auch eine mittelbare Beteiligung an der Gesellschaft in jedem Fall dann, wenn - wie im Streitfall - der Inhaber des Besitzunternehmens an einer GmbH ausschließlich beteiligt ist und diese wiederum alleinige Gesellschafterin der Betriebsgesellschaft ist (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1974 I R 136/70, BFHE 114, 98, BStBl II 1975, 112).

b) Auch an der sachlichen Verflechtung zwischen beiden Unternehmen bestehen im Streitfall bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel. Als Verpachtungsobjekte, die eine wesentliche Grundlage für die Betriebsgesellschaft sein können, kommen nach der Rechtsprechung des BFH auch sog. Schutzrechte in Betracht, wozu vor allem Patente gehören (Urteil vom 1. Juni 1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545). Mit dem zwischen ihnen abgeschlossenen Lizenzvertrag haben die W und der Antragsteller - entgegen der Auffassung der Beschwerde- keine Veräußerung der Patente vereinbart. Allerdings - dies ist der Beschwerde zuzugeben - würde der Umstand, daß die Schätzung der insgesamt zu erwartenden Lizenzgebühren mit tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden wäre, der Annahme einer Veräußerung nicht entgegenstehen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Februar 1976 III R 64/74, BFHE 119, 77, BStBl II 1976, 529). Gleiches gilt für die Bezeichnung der Vereinbarung als Lizenzvertrag. Für die Abgrenzung der Überlassung zur Veräußerung ist allein maßgeblich, ob Rechte zeitlich begrenzt überlassen oder aber endgültig übertragen werden sollen. Unerheblich ist, ob (im Falle der einfachen Lizenz) schuldrechtliche oder (bei der ausschließlichen Lizenz) dingliche Nutzungsrechte vereinbart sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 des Patentgesetzes -PatG-; BFH-Urteil vom 7. Dezember 1977 I R 54/75, BFHE 124, 175, BStBl II 1978, 355, betreffend einen Lizenzvertrag über Patente und Warenzeichen). Auch die Übertragung des Patentes selbst würde dem Vertrag nicht den Charakter einer Überlassung nehmen, sofern sie nicht endgültig erfolgen soll (vgl. auch Benkard, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 15 Anm. 52). Die danach für die Überlassung wesentliche zeitliche Begrenzung der Rechtsübertragung liegt dann nicht vor, wenn ein Rückfall der Rechte nicht in Betracht kommt. Eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten ist jedoch zu bejahen, wenn bei Abschluß des Vertrages ungewiß ist, ob und wann die Rechtsüberlassung endet (BFH-Urteil vom 23. Mai 1979 I R 163/77, BFHE 128, 213, BStBl II 1979, 757 unter 3.c).

Im Streitfall ergibt sich bei summarischer Prüfung die zeitliche Begrenzung aus der in der vertraglichen Vereinbarung für den nicht auszuschließenden Fall des Verzugs (Ziff. II. 3. b) bzw. eines Vergleichs- oder Konkursverfahrens (Ziff. VI.) vereinbarten ersatzlosen Rückfall der Rechte. Auch im Hinblick auf das in Ziff. I. 3. eingeräumte Recht, unter den dort genannten Voraussetzungen die ersatzlose Rückübertragung der Schutzrechte zu verlangen, erscheint die zeitliche Dauer der Rechtsübertragung noch ungewiß. Bei dieser Sachlage braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden, ob sich die zeitlich begrenzte Überlassung der Lizenzen an den Patenten bereits daraus ergibt, daß die Rechte aus dem Patent selbst zeitlich begrenzt sind (§§ 16, 20, 23 PatG; Urteil des Reichsfinanzhofs vom 7. Juli 1927 VI A 217/27, RStBl 1927, 200). Sollten die Vertragsparteien -entsprechend dem Vorbringen der Beschwerde- eine endgültige Übertragung der Patente in dem dargelegten Sinne bezweckt haben, dann haben sie dieses Ziel mit dem Generallizenzvertrag nicht erreicht. Die - danach pachtweise überlassenen - Rechte haben auch eine wesentliche Grundlage für den Betrieb der W gebildet. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG beruhten die Umsätze der W ausschließlich oder nahezu ausschließlich auf der Nutzung und Verwertung der Patente und Schutzrechte des Antragstellers (vgl. auch Urteil in BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545). Ob der Geschäftszweck der W den Lizenzvertrag erforderlich gemacht hat, ist ohne Bedeutung.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde steht es bei summarischer Prüfung der Annahme einer Betriebsaufspaltung nicht entgegen, wenn die Betriebs-GmbH allein kraft ihrer Rechtsform als Gewerbebetrieb zu behandeln ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG). Wie der BFH mehrfach ausgesprochen hat, bestimmt auch insoweit der gewerbliche Charakter der Betriebsgesellschaft die Qualifikation der Verpachtungstätigkeit (Urteile vom 18. Juni 1980 I R 77/77, BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39, und vom 13. Oktober 1983 I R 187/79, BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115). Daran hat sich durch den Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 nichts geändert. Die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung rechnet nicht die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft dem Besitzunternehmen zu. Die besonderen Umstände, welche es im Falle der Betriebsaufspaltung rechtfertigen, die Vermietung oder Verpachtung durch das Besitzunternehmen als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen, sind allein die sachliche und die personelle Verflechtung der beiden Unternehmen (Beschluß in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). Dabei sind diese Umstände nicht Teil der Tätigkeit des Besitzunternehmens, sondern verleihen ihr lediglich die Eigenschaft eines Gewerbebetriebes (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296).

Nach alledem bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, so daß die Entscheidung des FG zu bestätigen war.