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BFH-Urteil vom 19.4.1988 (VII K 7/86) BStBl. 1988 II S. 735

Hat sich die angefochtene verbindliche Zolltarifauskunft durch Außerkrafttreten der Tarifvorschriften erledigt, so kann ein berechtigtes Interesse an der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit nicht damit begründet werden, daß in einem anhängigen Finanzrechtsstreit über die Nachforderung von Eingangsabgaben dieselbe Tarifierungsfrage streitig sei.

FGO § 100 Abs. 1 Satz 4; ZG § 23 Abs. 3.

Sachverhalt

Gestritten wurde über eine der Klägerin von der beklagten Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) über "....-Gehäuse". Die OFD sprach die Waren als "andere" Teile von Geräten zur Funkmessung der Tarifst. 85.15 C II c des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) an. Die Klägerin hielt die Tarifst. 85.15 C II a 2 - Gehäuse von Geräten zur Funkmessung - für zutreffend und begründete dementsprechend ihre nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage. Die OFD trat dem Klagebegehren zunächst aus Sachgründen entgegen. Später erklärte sie die Hauptsache für erledigt, weil die vZTA aufgrund der Zolltarifrechtsänderungen zum 1. Januar 1988 außer Kraft getreten sei. Die Klägerin entgegnete, für sie sei die Hauptsache mit dem Außerkrafttreten der vZTA nicht erledigt, denn sie habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Auskunft. Das berechtigte Interesse ergebe sich daraus, daß beim Finanzgericht ein von ihr - Klägerin - gegen das Hauptzollamt F geführter Finanzrechtsstreit wegen Eingangsabgaben anhängig sei, die aufgrund der in der vZTA vertretenen Tarifauffassung nacherhoben worden seien.

Die Klägerin beantragt nunmehr die Feststellung, daß die vZTA in Form der Einspruchsentscheidung rechtswidrig gewesen sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig, weil ein berechtigtes Interesse an der nach Erledigung der vZTA begehrten Feststellung nicht ersichtlich ist.

Die angefochtene vZTA ist mit Ablauf des Jahres 1987 außer Kraft getreten. Dies ergibt sich daraus, daß die in ihr angewendeten Rechtsvorschriften des GZT (Verordnung (EWG) Nr. 950/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über den GZT, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - L 172/1, in der zuletzt geltenden Fassung) geändert - aufgehoben - worden sind (§ 23 Abs. 3 des Zollgesetzes; Art. 16, Art. 17 Satz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den GZT, ABlEG L 256/1). Damit hat sich die vZTA im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erledigt (Senat, Urteil vom 17. Januar 1978 VII K 7/76, BFHE 124, 150, 152). Davon gehen - zutreffend - auch die Parteien aus.

Über eine nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage kann jedoch nur dann in der Sache entschieden werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO; vgl. auch Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 16. Dezember 1986 VIII R 123/86, BFHE 148, 426, 428, BStBl II 1987, 248). Daran fehlt es im Streitfalle. Wie der Senat entschieden hat (Urteil vom 4. April 1978 VII K 4/77, BFHE 125, 24, 26, BStBl II 1978, 407), kann ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten vZTA nicht aus der Absicht des Klägers hergeleitet werden, die Erstattung von Zoll zu erlangen, die er infolge der angeblich rechtsirrigen Auffassung der Verwaltung bei früheren Einfuhren entrichtet hat. Die Frage, ob das Erstattungsbegehren begründet ist, ist vielmehr in dem dafür vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahren zu klären. Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - vor dem FG über eine Nachforderung gestritten wird, der eine zolltarifliche Beurteilung entsprechend derjenigen in der erledigten vZTA zugrunde liegt. Auch dieser Streit ist zwischen den Parteien des betreffenden Verfahrens auszutragen; der Senat kann über die Tariffrage ggf. nur noch als Revisionsgericht entscheiden (vgl. § 116 Abs. 2 FGO).

Aus dem BFH-Urteil vom 18. Dezember 1986 V R 127/80 (BFHE 148, 226, 228, BStBl II 1987, 222) lassen sich keine Gesichtspunkte gewinnen, die es rechtfertigen könnten, ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der vZTA zu bejahen. In dem vorbezeichneten Urteil ist entschieden worden, daß nach Erledigung eines Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides ein berechtigtes Interesse an der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit besteht, wenn sich im Rechtsbehelfsverfahren über den Umsatzsteuer-Jahresbescheid der zu beurteilende Sachverhalt unverändert darstellt. Die Rechtsbehelfsverfahren über eine vZTA und über eine auf der Tarifierung beruhende Erstattung oder Nachforderung von Zoll sind völlig selbständig, stehen zumindest nicht in so engem Zusammenhang zueinander wie etwa Verfahren über Umsatzsteuer-Vorauszahlungs- und -Jahresbescheide. In diesem sind überdies, anders als in jenen Verfahren, die Parteien dieselben.