| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 3.8.1988 (II R 210/85) BStBl. 1988 II S. 900

Beim Kauf eines in einem Sanierungsgebiet belegenen unbebauten Grundstücks von einem Sanierungsträger gegen einen Kaufpreis, der dem Verkehrswert entspricht, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des Sanierungsgebiets ergibt, ist der volle Kaufpreis auch dann Besteuerungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, wenn als Teil des Kaufpreises der Betrag gesondert ausgewiesen wird, der nach § 35 Abs. 6 StBauFG an die Gemeinde abzuführen oder mit ihr zu verrechnen ist.

GrEStG Bremen § 11 Abs. 1 Nr. 1 = GrEStG 1983 § 9 Abs. 1 Nr. 1; StBauFG § 25 Abs. 6, § 35 Abs. 1, 5, 6, § 41.

Vorinstanz: FG Bremen

Sachverhalt

Der Kläger kaufte durch notariellen Vertrag vom 1. Februar 1980 von der A-GmbH ein unbebautes Grundstück in Bremen, das in einem Sanierungsgebiet nach dem Städtebauförderungsgesetz (StBauFG) gelegen war. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) handelte die GmbH als Treuhänderin für die Stadtgemeinde Bremen, woraus nach Sachlage zu schließen ist, daß die GmbH treuhänderische Sanierungsträgerin i.S. des § 35 Abs. 1 StBauFG war.

Im § 3 des Kaufvertrages hieß es, daß sich die Gegenleistung gemäß Gutachten vom 4. Dezember 1979 zusammensetze aus dem Verkehrswert nach § 23 StBauFG und aus dem Ausgleichsbetrag nach § 41 StBauFG; der letztere Betrag werde zinslos auf zehn Jahre in der Art gestundet, daß jährlich ein Betrag von 1 v.H. zu tilgen sei.

Das beklagte Finanzamt (FA) zog den Kläger zunächst nach der vollen im Vertrag ausgewiesenen Gegenleistung zur Grunderwerbsteuer heran. Durch Einspruchsentscheidung setzte es jedoch die Grunderwerbsteuer herab. Es berücksichtigte dabei, daß ein Teil der Gegenleistung zinslos gestundet worden war.

Der Kläger strebt mit seiner Klage die Berechnung der Steuer nach einer Gegenleistung von ... DM an.

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat Revision eingelegt und an seinem Klageantrag festgehalten. Er ist weiterhin der Meinung, daß der im Kaufvertrag genannte Ausgleichsbetrag nicht zur Gegenleistung gehört.

Entscheidungsgründe

Seine Revision ist unbegründet.

Das FA hat die Grunderwerbsteuer zu Recht aus einer Besteuerungsgrundlage von ... DM errechnet. Denn dieser Betrag entspricht dem (teilweise) abgezinsten Kaufpreis, der gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 des früheren Grunderwerbsteuergesetzes in der in Bremen geltenden Fassung (GrEStG) Besteuerungsgrundlage ist.

Was im Einzelfall Kaufpreis ist, ergibt sich jeweils aus dem Kaufvertrag. Bei der Pflicht zur Kaufpreiszahlung handelt es sich um die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Verpflichtung des Verkäufers stehende Hauptpflicht des Käufers. Zum Kaufpreis gehört alles, was der Käufer vereinbarungsgemäß an den Verkäufer leisten muß, um den Kaufgegenstand zu erhalten. In diesem Sinne besteht der Kaufpreis im vorliegenden Falle aus den im § 3 des Kaufvertrages genannten Betrag. Denn der Kläger hat sich als Käufer zur Zahlung dieses Betrages an die GmbH als Verkäuferin verpflichtet. Hieraus folgt zugleich, daß Gegenstand des Kaufvertrages das zum Kauf angebotene Grundstück unter Einbeziehung der Vorteile war, die sich aus der Durchführung der Sanierung ergaben. Dies steht im Einklang mit § 35 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 25 Abs. 6 StBauFG, wonach die Gemeinde bzw. der Sanierungsträger Grundstücke im Sanierungsgebiet zu dem Verkehrswert zu veräußern hat, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des Sanierungsgebiets ergibt.

An der Höhe des Kaufpreises ändert sich nicht dadurch etwas, daß in dem Kaufvertrag der von der GmbH als Verkäuferin an die Gemeinde abzuführende Ausgleichsbetrag im Sinne des § 35 Abs. 6 StBauFG gesondert ausgewiesen worden ist. Da Rechtsbeziehungen nur zwischen der GmbH als Verkäuferin und dem Kläger als Käufer begründet worden sind, bleibt auch der gesondert ausgewiesene Ausgleichsbetrag Teil des Kaufpreises. Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinde und dem Kläger sind dagegen durch die Abführung des Ausgleichsbetrags an die Gemeinde nicht begründet worden. Dies folgt aus § 41 Abs. 7 StBauFG. Denn dort ist geregelt, daß ein Ausgleichsbetrag entfällt, soweit der Eigentümer (hier der Kläger) beim Erwerb des Grundstücks als Teil des Kaufpreises bereits einen den Vorschriften des § 41 Abs. 4 bis 6 StBauFG entsprechenden Betrag zulässigerweise entrichtet hat.

Eine ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers ist nicht erkennbar. Gegen Zahlung des in dem Kaufvertrag ausgewiesenen Kaufpreises sind dem Kläger mit der Übereignung des gekauften Grundstückes auch die Sanierungsvorteile zugute gekommen. Der Kaufpreis hat somit nur den Verkehrswert und nicht mehr als den Verkehrswert abgegolten, der sich durch die Neuordnung des Sanierungsgebietes ergeben hat.

Wenn der Kläger meint, daß diejenigen, die bereits vor Beginn der Sanierung Grundeigentum im Sanierungsgebiet hatten, nicht durch die Zahlung von Grunderwerbsteuer auf den Wertzuwachs belastet werden, so ist diese Einwendung nicht schlüssig. Denn der von diesen Grundstückseigentümern gemäß § 41 Abs. 4 bis 6 StBauFG zu zahlende Ausgleichsbetrag steht in keinerlei Zusammenhang mit einem Erwerbsvorgang. Er kann deshalb auch nicht Besteuerungsmaßstab für die Grunderwerbsteuer sein. Der Kläger hat demgegenüber den durch die Sanierung eingetretenen Wertzuwachs als Teil des Kaufpreises anläßlich des Kaufes des Grundstückes gezahlt. Daraus ergibt sich, daß auch dieser Teil des Kaufpreises zu Recht Besteuerungsmaßstab sein muß.

Der im Kaufvertrag als Teil des Kaufpreises ausgewiesene Ausgleichsbetrag bleibt auch nicht in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 StBauFG außer Ansatz. Gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 2 StBauFG waren bestimmte Ersatzerwerbe durch Erwerber, die Grundstücke unter bestimmten Voraussetzungen übereignet oder verloren haben, von der Steuer befreit, soweit die Gegenleistung für das übereignete oder verlorene Grundstück nicht um mehr als 50 v.H., und falls das erworbene Grundstück in demselben Sanierungsgebiet wie das übereignete oder verlorene Grundstück liegt, um nicht mehr als 100 v.H. übersteigt. Nur bei dieser Berechnung, ob der Erwerbspreis die Gegenleistung für das übereignete oder verlorene Grundstück in entsprechendem Ausmaß übersteigt, bleibt der Ausgleichsbetrag außer Ansatz. Ein allgemeiner Rechtsgedanke, wonach auch ohne Vorliegen eines Ersatzerwerbes und somit ohne Steuerfreiheit des Ersatzerwerbes der Ausgleichsbetrag stets außer Ansatz zu bleiben hat, ist daraus nicht zu entnehmen.

Die Entscheidung des Senats steht im Einklang mit seinem Urteil vom 11. März 1981 II R 77/78 (BFHE 133, 230, BStBl II 1981, 537) zum Erwerb eines Grundstücks, das sich in der Erschließung befand. Ob anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Kläger das Grundstück unmittelbar von der Gemeinde zum Verkehrswert nach Abschluß der Sanierung (vgl. § 25 Abs. 6 StBauFG) gekauft hätte, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn dieser Fall liegt nicht vor (vgl. zur Erschließung Senats-Urteil vom 30. Januar 1985 II R 6/83, BFHE 143, 161, BStBl II 1985, 373).