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BFH-Urteil vom 25.1.1989 (I R 289/83) BStBl. 1989 II S. 620

1. Bescheide, mit denen gemäß Art. 3 § 4 VGFGEntlG die Steuer nach Maßgabe einer gerichtlichen Entscheidung festgesetzt wird, sind Steuerbescheide, die durch Erklärung des Klägers gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens werden.

2. Wird ein Berechnungsbescheid durch Erklärung gemäß § 68 FGO im Revisionsverfahren Verfahrensgegenstand, fehlt es regelmäßig an den für eine rechtliche Überprüfung dieses Bescheids durch das Revisionsgericht erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.

FGO §§ 68, 127; VGFG-EntlG Art. 3 § 4.

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind seit April 1966 miteinander verheiratet. Sie sind für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden.

Der Kläger war während einer Reihe von Jahren Reisebegleiter und Diener des 1894 geborenen, im Ruhestand lebenden Schweizer Bürgers B, der 1976 verstarb.

In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1966 bis 1971 gab der Kläger als Arbeitslohn aus dem Dienstverhältnis mit B jährlich zwischen 6.900 DM bis 7.100 DM an. Für die Streitjahre 1972 und 1973 erklärte er keinen Arbeitslohn. Für diese Jahre schätzte das FA den Arbeitslohn aus dem Dienstverhältnis mit B auf jeweils 10.000 DM. Für 1974 gab der Kläger in der als Einspruchsbegründung gegen eine Schätzungsveranlagung abgegebenen Einkommensteuererklärung als Bruttoarbeitslohn aus dem Dienstverhältnis in der Schweiz 12.000 DM an.

Nachdem das FA durch Erklärungen der Kläger vom 20. und 30. Januar 1977 von einem "Darlehen (an) B" von 105.000 DM zum 1. Januar 1972 und 1. Januar 1974 sowie von einem späteren "Sparguthaben" von 125.000 DM erfahren hatte, durchsuchte die Steuerfahndungsstelle des FA K aufgrund einer "Prüfungsanordnung" dieser Finanzbehörde vom 30. Juni 1978 und eines gegen den Kläger gerichteten Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts vom 4. September 1978 am darauffolgenden Tag die Wohn- und Geschäftsräume. Nach weiteren Feststellungen schätzte der Prüfer die Einkünfte der Kläger teilweise.

Das FG gab der Klage teilweise statt und verpflichtete das FA gemäß Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG), die Einkommensteuer für 1972 bis 1976 nach Maßgabe der Gründe der Vorentscheidung neu festzustellen. Im übrigen wies das FG die Klage ab.

Das FA hat die ihm nach Art. 3 § 4 VGFGEntlG auferlegte Einkommensteuerberechnung mit geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 23. November 1983 durchgeführt. Die Kläger erklärten diese Einkommensteuerbescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.

Mit ihrer wegen der Höhe des Streitwertes statthaften Revision rügen die Kläger mangelnde Sachaufklärung und falsche Rechtsanwendung.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Die Zurückverweisung war nach § 127 FGO geboten. Nach dieser Bestimmung kann der Bundesfinanzhof (BFH) das angefochtene Urteil aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen, wenn während des Revisionsverfahrens ein neuer oder geänderter Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens geworden ist (§§ 68, 123 Satz 2 FGO).

Die Berechnungsbescheide ergingen nach Einlegung der Revision, die am 12. September 1983 erhoben worden ist, nämlich am 23. November 1983. Sie sind Steuerbescheide i.S. des § 155 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977); denn zufolge Art. 3 § 4 VGFGEntlG wurde durch sie - nach Maßgabe des angefochtenen Urteils - die Steuer abweichend von den angefochtenen Steuerbescheiden festgesetzt. Das FA kann im Verfahren nach Art. 3 § 4 VGFGEntlG eigene Ermittlungen, die das Gericht erspart hat ("Aufwand"), anstellen, und es hat eine Auswertung des Urteils zur Durchführung der Berechnung vorzunehmen. Die dem FA obliegenden eigenen Wertungen und Subsumtionen qualifizieren den Vorgang, der zum Erlaß eines Berechnungsbescheids führt, als Rechtsanwendung zur Regelung eines Einzelfalls und damit den Bescheid als einen eine Steuer festsetzenden Verwaltungsakt, also einen Steuerbescheid (siehe auch Wassermeyer, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1985, 76).

Bezüglich der Einzelheiten, auf denen die Steuerberechnung des FA beruht, fehlt es an den gemäß § 118 Abs. 2 FGO erforderlichen (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl., 1978, § 118 Rz. 9 B) tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, weil diese gemäß Art. 3 § 4 VGFGEntlG gerade nicht vom FG vorgenommen worden sind. Schon aus diesem Grunde erweist sich die Sache als nicht entscheidungsreif, so daß das angefochtene Urteil gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurückzuverweisen war.