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BFH-Urteil vom 20.4.1989 (IV R 106/87) BStBl. 1989 II S. 641

Wird einem Gewerbetreibenden von einem Geschäftspartner eine Reise zugewendet, so ist der Wert dieser Reise als Betriebseinnahme zu erfassen (Anschluß an BFH-Urteil vom 22. Juli 1988 III R 175/85, BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995).

EStG § 4 Abs. 1 und 4, § 5 Abs. 1, § 12 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Der Streit geht um die Frage, ob der Wert einer kostenlos gewährten Auslandsreise als Betriebseinnahme anzusehen ist.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt einen Fachhandel für Bürobedarfsmittel und Büromaschinen sowie für Büroausstattungen aller Art. Sie unterhält ständige Geschäftsbeziehungen zu der X-G.m.b.H. (im folgenden: GmbH), die ihre Erzeugnisse (Kopiersysteme) über den Bürofachhandel vertreibt.

In der Zeit vom 10. Oktober 1979 bis zum 21. Oktober 1979 nahmen der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin (A) und eine bei ihr tätige Angestellte auf Einladung der GmbH an einer Japanreise teil. Den Teilnehmern wurden folgende Leistungen geboten: Flug von Hamburg nach Tokio und zurück, Hotelunterkunft und Verpflegung, Besichtigung mehrerer japanischer Städte und Sehenswürdigkeiten sowie Versicherungsschutz. Das Reiseprogramm sah am 12. Oktober 1979 eine Werksbesichtigung und am 13. Oktober 1979 ein in der Deutschen Industrie- und Handelskammer (IHK) gehaltenes Referat vor. Im übrigen hatte das Programm einen allgemein-touristischen Charakter (13. Oktober: Stadtrundfahrt durch Tokio mit Besuch eines Warenhauses und anschließender Nachttour; 14., 15. und 16. Oktober: Besichtigung der Städte Kamkura, Hakone und Toba mit den dortigen Sehenswürdigkeiten; 17. und 18. Oktober: Reise nach Kyoto; 19. Oktober: ohne Veranstaltung; 20. Oktober: Besuch der Städte Nara und Osaka).

Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) in der Zuwendung der Reise einen betrieblich veranlaßten geldwerten Vorteil. Dieser Vorteil sei durch A entnommen worden. Den Wert der Reise schätzte das FA auf 4.500 DM. Außerdem sei auch die geltend gemachte Reisekostenpauschale von 1.162 DM den Privatentnahmen zuzurechnen.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin (Wirtschaftsjahr: 1. Juli bis 30. Juni) und erließ für das Streitjahr 1980 einen entsprechenden Bescheid über die einheitliche Gewinnfeststellung.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Wert der kostenlos gewährten Japanreise gehöre zu den gewerblichen Einkünften der Klägerin. Die Zuwendung beruhe ausschließlich auf den Geschäftsbeziehungen der Klägerin zur GmbH, die mit dieser Reise ihre Kundenbeziehungen zu dem Fachhandelsunternehmen der Klägerin habe festigen und vertiefen wollen. Die Reise bedeute einen objektiv in Geld ausdrückbaren Vorteil; für eine entsprechende Auslandsreise ihres Gesellschafters hätte die Klägerin Geld aufwenden müssen. Der dem Betrieb der Klägerin zugeflossene Wert sei von A entnommen worden. Auch die im Zusammenhang mit der Reise geltend gemachten Reisekostenpauschalen seien als Privatentnahmen zu behandeln.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, unter Abänderung des FG-Urteils den festgestellten Gewinn für das Jahr 1980 um 5.662 DM zu mindern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß es sich bei der der Klägerin zugewendeten Japanreise um einen geldwerten Vorteil handelt, der als Betriebseinnahme zu erfassen ist.

a) Gegenstand einer Betriebseinnahme können - außer Geld - auch Sachleistungen und Nutzungsvorteile sein (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Dezember 1987 IV R 41/85, BFHE 151, 446, BStBl II 1988, 266, m.w.N.). Zu den geldwerten Sachleistungen kann insbesondere eine einem Geschäftsfreund zugewendete Auslandsreise gehören. Dies hat der III. Senat des BFH in seinem Urteil vom 22. Juli 1988 III R 175/85 (BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995) entschieden; der IV. Senat schließt sich dieser Auffassung an.

Wird einem Steuerpflichtigen eine Reise zugewendet, so erhält er damit einen Vorteil, der einen Geldwert besitzt. In Höhe dieses Werts ist er bereichert. Dabei ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige auch ohne Einladung eine vergleichbare Reise durchgeführt hätte. Denn es kommt nicht darauf an, ob durch die Zuwendung eines Vermögenswerts eigene Aufwendungen erspart bleiben (Urteil in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995).

Die Auffassung der Klägerin, eine ausschließlich an die Person eines Geschäftsfreundes gebundene Reise sei nicht "konvertibel", die Reise hätte also nicht weiterveräußert und deshalb auch nicht als "selbständig verwertbarer wirtschaftlicher Wert" erfaßt werden können, ist unzutreffend. Für die gewinnerhöhende Erfassung des zugewendeten Sachwerts kommt es nicht darauf an, ob es sich bei diesem Wert um ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut handelt. Betriebseinnahmen können auch geldwerte Vorteile sein, die nicht die Eigenschaft eines Wirtschaftsguts besitzen. Das gilt insbesondere für die Zuwendung sog. Incentive-Reisen (vgl. Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meinicke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 EStG Rz. 1615, Stichwort "Incentive", m.w.N.). Man kann die Zuwendung solcher Reisen steuerrechtlich nicht anders beurteilen als die Zuwendung von Geld mit der Auflage, die betreffende Reise durchzuführen. Diese Rechtsauffassung steht nicht in Widerspruch zum Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348; vgl. Urteil in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995).

b) "Betrieblich veranlaßt" ist die Zuwendung von Vermögenswerten dann, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Der Begriff der "betrieblichen Veranlassung" wird von der Rechtsprechung des BFH im gleichen Sinne verwendet wie bei den Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -; vgl. BFH-Urteile vom 9. Mai 1985 IV R 184/82, BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427, und vom 17. April 1986 IV R 115/84, BFHE 146, 419, BStBl II 1986, 607).

Im Streitfall hing die Zuwendung der Reise eng mit der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin zusammen. Nach den Feststellungen des FG beruhte die Zuwendung der Reise ausschließlich auf den Geschäftsbeziehungen der Klägerin zu der GmbH, die mit dieser Reise ihre Kundenbeziehungen zu den Fachhandelsunternehmen der Klägerin festigen und vertiefen wollte. Die Zuwendung der Reise war deshalb durch die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin "veranlaßt".

2. Es ist auch der Auffassung des FG zu folgen, daß der dem Betrieb der Klägerin zugeflossene Wert der Reise nicht als Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG) wieder abgeflossen ist.

Der Umstand, daß der Zugang eines geldwerten Vorteils als betrieblich veranlaßte Einnahme anzusehen ist, bedeutet nicht, daß deswegen auch seine Verwendung betrieblich veranlaßt sein müßte. Wenn ein aus betrieblichem Anlaß zugewendeter Sachwert zu betriebsfremden, insbesondere privaten Zwecken verwendet wird, so kann diese Verwendung nicht zu Betriebsausgaben führen; es liegt vielmehr eine Entnahme vor (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Besteht der zugewendete Sachwert in einer Reise, so ist die Teilnahme an dieser Reise nicht betrieblich veranlaßt, wenn mit ihr auch ein allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Beschluß vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213).

Die im Streitfall zugewendete Reise diente in nicht nur unerheblichem Umfang der Befriedigung allgemein-touristischer Interessen. Dies ergibt sich aus dem Verlauf der Reise und der durch sie vermittelten Sehenswürdigkeiten. Das Reiseprogramm war nicht auf ein besonderes betriebliches Bedürfnis der Reiseteilnehmer zugeschnitten. Die Reiseroute führte über mehrere touristische interessante Orte, für deren Besuch keine betrieblichen Gründe erkennbar sind.