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BFH-Urteil vom 6.12.1988 (VIII R 362/83) BStBl. 1989 II S. 705

1. Mitunternehmer kann nur sein, wer als Gesellschafter einer Personengesellschaft oder als Teilhaber einer wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann.

2. Die Stellung als Gesellschafter einer Personengesellschaft kann durch ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis begründet werden.

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Sie betreibt einen Großhandel. Kommanditistinnen der Klägerin sind B.Y. und A.Y. mit je 50 v.H. Beteiligung. Frau B.Y. und Frau A.Y. sind auch -ebenfalls mit je 50 v.H.- Anteilseignerinnen der persönlich haftenden GmbH. Die Geschäftsführer dieser GmbH sind die Ehegatten der Kommanditistinnen, nämlich J.Y. und O.Y. Sie erhielten für diese Tätigkeit ab 1. März 1975 monatliche Bezüge. Zuvor übten sie die Geschäftsführung unentgeltlich aus.

J.Y. und O.Y. sind außerdem zu je 50 v.H. Gesellschafter einer Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der Z.Y. GmbH & Co. KG (Y-KG).

Der Grundbesitz der GbR ist im wesentlichen an die Klägerin vermietet und mit Grundschulden zur Absicherung von Verpflichtungen der Klägerin belastet. Der Mietzins für den überlassenen Grundbesitz beträgt jährlich ... DM.

Die Y-KG gewährte der Klägerin Darlehen und Sicherheiten. Die Darlehen betrugen Ende 1973 rund ... DM und wuchsen bis Ende 1976 auf ... DM an. Von November 1975 bis 1978 beliefen sich die Wechselverbindlichkeiten der Klägerin auf ... DM. Die Wechsel waren von der Y-KG ausgestellt. Für mehrere Eurokredite der Klägerin zwischen Mitte 1977 und Mitte 1980 von ... DM gab die Y-KG Rückbürgschaften. Für Bankschulden und Bankakzepte gab sie eine Patronatserklärung über ... DM sowie Bürgschaftserklärungen über insgesamt ... DM ab.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) die Ehemänner J.Y. und O.Y. als Mitunternehmer der Klägerin. Infolgedessen wurde der jeweilige Saldo aus ihren Geschäftsführerbezügen sowie aus den Verlusten der GbR dem Gewinn der Klägerin hinzugerechnet. Entsprechende Beträge wurden J.Y. und O.Y. bei der Gewinnverteilung vorab zugewiesen. Die gegen die entsprechend geänderten bzw. erstmals erlassenen Gewinnfeststellungsbescheide 1974 bis 1979 eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) und der sich daran anschließenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteile vom 24. Juli 1984 VIII R 65/84, BFHE 142, 221, BStBl II 1985, 85; vom 22. Januar 1985 VIII R 303/81, BFHE 143, 247, BStBl II 1985, 363; Beschluß vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10; Urteile vom 28. Januar 1986 VIII R 335/82, BFHE 146, 375, BStBl II 1986, 599; vom 6. Februar 1986 IV R 311/84, BFHE 146, 83, BStBl II 1986, 455; vom 5. Juni 1986 IV R 53/82, BFHE 147, 139, BStBl II 1986, 798; vom 5. Juni 1986 IV R 272/84, BFHE 147, 146, BStBl II 1986, 802; vom 22. Oktober 1987 IV R 17/84, BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62) setzt die Annahme einer Mitunternehmerschaft neben den beiden Merkmalen der Mitunternehmerinitiative und dem Mitunternehmerrisiko stets das Bestehen eines Gesellschafterverhältnisses oder eines vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses voraus. Wer nicht Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Teilhaber einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft ist, kann kein Mitunternehmer sein.

2. Nach den vom FG getroffenen Feststellungen, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, da das FA keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben hat, waren die Beigeladenen J.Y. und O.Y. keine Gesellschafter der Klägerin; denn sie waren nicht als Kommanditisten ins Handelsregister eingetragen. Es liegt auch keine Gemeinschaft vor.

3. Allerdings genügt für die Annahme einer Mitunternehmerschaft die Beteiligung in Form eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses. Es würde also ausreichen, wenn J.Y. und O.Y. entweder an der Klägerin in verdeckter Form als Gesellschafter beteiligt gewesen wären oder wenn sie zusammen mit der Klägerin eine verdeckte Gesellschaft gebildet hätten.

Die Merkmale eines Gesellschaftsverhältnisses -und damit auch eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses sind darin zu sehen, daß die Beteiligten sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen und sich gegenseitig verpflichten, die Erreichung dieses Zwecks durch ihre Beiträge zu fördern (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-); ob den Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten diese Eigenschaft zukommt, muß nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beurteilt werden (BFH in BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62, mit Hinweis auf das grundlegende Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 29. Januar 1951 IV ZR 151/50, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1951, 308).

4. Nach den vom FG getroffenen Feststellungen sind im Streitfall keine Umstände vorhanden, die im Rahmen der gebotenen Gesamtbildbetrachtung dafür sprechen, daß J.Y., O.Y. und die Klägerin (oder deren Gesellschafter) sich gegenseitig zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes und zu Beitragsleistungen i.S. von § 705 BGB verpflichtet hätten.

a) Aus der Tatsache, daß die Beigeladenen J.Y. und O.Y. als Geschäftsführer der GmbH auch die Geschäfte der Klägerin führten, kann schon deshalb nicht auf eine gesellschaftsrechtliche Bindung geschlossen werden, weil der Geschäftsführer einer GmbH weisungsgebunden ist. Hinzu kommt im Streitfall -wie das FG festgestellt hat-, daß die Geschäftsführungsbefugnisse durch § 12 des GmbH-Vertrages und § 9 des KG-Vertrages erheblich eingeschränkt waren.

b) Auch aus dem Gehalt, das J.Y. und O.Y. für ihre Geschäftsführertätigkeit erhielten, kann nicht auf das Bestehen eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. Es war lediglich ein Festgehalt vereinbart.

c) Auch aus dem vereinbarten Mietverhältnis kann nicht auf das Bestehen einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung i.S. des § 705 BGB geschlossen werden, da ein fester und kein gewinnabhängiger Mietzins vereinbart worden war.

d) Schließlich ist in den Darlehensvereinbarungen und den der Klägerin gewährten Sicherheiten auch kein verdecktes Gesellschaftsverhältnis zu erkennen. Das FG hat festgestellt, daß ein über das übliche Risiko bei Darlehens- und Bürgschaftsvergaben hinausgehendes Risiko nicht zu erkennen sei, da das Bilanzbild der Klägerin trotz des Verlustjahres 1975 nicht ungünstig sei. Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, worin eine Verpflichtung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks und zur Leistung von Beiträgen zur Erreichung dieses Zwecks liegen soll.