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BFH-Beschluß vom 7.3.1989 (IX R 308/87) BStBl. 1989 II S. 772

Dem Großen Senat wird gemäß § 11 Abs. 3 und 4 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Liegt bei einer Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbfolgeregelung ein teilentgeltliches Rechtsgeschäft vor, wenn der Vermögensempfänger im Zusammenhang mit der Übertragung eines der Einkünfteerzielung dienenden Zweifamilienhauses dem Übertragenden eine Leibrente zahlen muß, mit der Folge, daß er insoweit eigene Anschaffungskosten hat, von denen er AfA (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 und § 7b EStG) vornehmen kann?

EStG §§ 21, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4, § 7b; EStDV § 11d.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

I. Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 16. Dezember 1980 erhielt die Ehefrau des Klägers von ihrer am 17. Dezember 1911 geborenen Mutter "zum Zweck der vorweggenommenen Erbfolge" ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück übertragen. Sie räumte der Mutter ein unentgeltliches lebenslanges dingliches Wohnrecht an einer Wohnung ein (Jahreswert lt. Übergabevertrag 3.840 DM) und verpflichtete sich außerdem, ihr eine monatliche Leibrente in Höhe von 3.000 DM zu zahlen.

Die Leibrente wurde "im Hinblick auf den Versorgungscharakter" mit einer Wertsicherungsklausel versehen. Die Ehefrau des Klägers verpflichtete sich in dem Vertrag ferner, nicht ohne Zustimmung ihrer Mutter über den empfangenen Grundbesitz zu verfügen. Bei Zuwiderhandlungen konnte diese - auflösend bedingt auf ihre Lebenszeit - die Rückübertragung verlangen. Desgleichen, wenn irgendwelche Zwangsmaßnahmen in den Grundbesitz erfolgen sollten. Empfangene Leistungen waren dabei nicht zurückzugewähren.

Im Streitjahr 1981 wohnte der Kläger mit seiner Familie im Erdgeschoß und die Mutter der Ehefrau des Klägers im Obergeschoß des Hauses.

In der Einkommensteuererklärung für 1981 machte der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erhöhte Absetzungen nach § 7b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1981 (EStG) in Höhe von 10.000 DM, Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 4 EStG in Höhe von 361 DM, den Ertragsanteil der Rente (6.120 DM), Instandhaltungskosten (4.437 DM) und anteilige Betriebskosten (1.232 DM) geltend. Bei der Ermittlung der erhöhten Absetzungen und der AfA legte er als Anschaffungskosten den auf das Gebäude entfallenden Anteil des Kapitalwerts der Leibrente (216.580 DM) zuzüglich der Nebenkosten des Vertrages (1.459 DM) zugrunde.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) würdigte die Übertragung des Grundstücks, dessen Verkehrswert es mit rd. 473.000 DM errechnete, als Schenkung unter Auflage und gewährte lediglich gemäß § 11d Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1981 (EStDV) AfA (896 DM) von den Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin. Das FA ließ den Ertragsanteil der Rente, die Instandhaltungskosten in voller Höhe und die Betriebskosten teilweise als Werbungskosten zum Abzug zu.

Die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Versagung der geltend gemachten erhöhten Absetzungen und AfA wandte, hatte im wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. März 1980 VIII R 148/78 (BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794) die Auffassung, daß die im notariellen Vertrag vom 16. Dezember 1980 vereinbarte Grundstücksübertragung eine gemischte Schenkung sei. Deshalb könne dahinstehen, ob der Kapitalwert der im Zusammenhang mit dem Übergabevertrag übernommenen Leibrente erheblich niedriger als der Verkehrswert des Grundstücks gewesen sei. Denn zumindest in Höhe der kapitalisierten Rentenzahlungen seien Anschaffungskosten gegeben. Das FG verminderte diese jedoch um den auf Grund und Boden entfallenden Anteil der Notarkosten und kürzte ferner die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um die auf das dingliche Wohnrecht entfallenden Aufwendungen für Instandhaltung und Betriebskosten. Dagegen gewährte es die erhöhten Absetzungen nach § 7b Abs. 1 EStG und AfA gemäß § 7 Abs. 4 EStG in voller Höhe, allerdings gemindert um die vom FA bereits berücksichtigte AfA der Rechtsvorgängerin.

Mit seiner Revision rügt das FA - zum Teil sinngemäß - die Verletzung der §§ 7, 7b und 9 EStG und des § 11d EStDV. Das FG habe zu Unrecht die Grundstücksübertragung als gemischte Schenkung gewürdigt. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26. November 1985 IX R 64/82, BFHE 145, 211, BStBl II 1986, 161) seien Vermögensübertragungen von Eltern auf ihre Kinder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge als Schenkung unter Auflage und damit als in vollem Umfange unentgeltlicher Erwerb anzusehen. AfA sei nur gemäß § 11d EStDV von den Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin zu gewähren.

Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Stellungnahme des Senats zu der vorgelegten Rechtsfrage

1. Bisherige Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Beurteilung von Vermögensübertragungen gegen Renten.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist das Rechtsgeschäft des Vorlagefalles nicht als teilentgeltlich zu beurteilen, weil die Leistungen nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen waren und die Rente zur Versorgung der Übertragenden vereinbart wurde.

a) Allgemeine Grundsätze der Rechtsprechung zur Übertragung von Vermögen gegen Übernahme einer Rentenverpflichtung

aa) Leistung und Gegenleistung sind (nahezu) gleichwertig.

Nach der Rechtsprechung des BFH liegt bei einer Vermögensübertragung gegen Rente ein entgeltlicher Erwerbsvorgang (Veräußerungsvorgang) vor, wenn die Beteiligten Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben (zum Privatvermögen: z.B. Urteile vom 4. Mai 1955 IV 579/53 U, BFHE 61, 270, BStBl III 1955, 302, und vom 8. Februar 1957 VI 27/56 U, BFHE 64, 550, BStBl III 1957, 207 - bei letzterem als obiter dictum -; zum Betriebsvermögen: z.B. Urteile vom 23. Januar 1964 IV 8/62 U, BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422; vom 16. November 1972 IV R 38/68, BFHE 108, 28, BStBl II 1973, 184; vom 22. September 1982 IV R 154/79, BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99 - jeweils m.w.N. -).

Dem Erwerber entstehen in Höhe des Kapitalwerts der Rente Anschaffungskosten (zu den Einzelheiten der Ermittlung vgl. Schoor, Finanz-Rundschau - FR - 1987, 248 ff., mit Rechtsprechungsnachweisen).

Die Annahme eines entgeltlichen Erwerbsvorganges (Veräußerungsvorganges) setzt nach der Rechtsprechung des BFH nicht voraus, daß Leistung und Gegenleistung völlig gleichwertig sind. Auch eine annähernde Übereinstimmung der Wertverhältnisse reicht aus, sofern die Beteiligten - subjektiv - davon ausgegangen sind, daß die Gesamtleistung - z.B. Festpreis zuzüglich Rente (BFH-Urteil vom 26. März 1987 IV R 58/85, BFH/NV 1987, 770) - dem empfangenen Wert in etwa entspricht (BFH-Urteil vom 16. Juli 1969 I R 186/66, BFHE 97, 63, BStBl II 1970, 56). Entscheidend ist, daß sie sich bei der Vermögensübertragung vom Gedanken des Leistungsaustausches leiten ließen (z.B. BFH-Urteile vom 26. Januar 1978 IV R 62/77, BFHE 124, 338, BStBl II 1978, 301, und vom 12. November 1985 VIII R 286/81, BFHE 145, 62, BStBl II 1986, 55, m.w.N.). Deshalb ist trotz objektiver Gleichwertigkeit kein entgeltlicher Erwerbsvorgang (Veräußerungsvorgang) angenommen worden, wenn die Beteiligten - subjektiv - nicht von einer Ausgewogenheit ihrer Leistungen ausgegangen sind (z.B. BFH-Urteile vom 30. Juli 1959 IV 265/58 U, BFHE 69, 387, BStBl III 1959, 406, und vom 22. September 1982 I R 53/80, nicht veröffentlicht - n.v. -).

bb) Leistung und Gegenleistung sind nicht gleichwertig.

Eine Rente, die zwar als Gegenleistung für übertragenes Betriebs- oder Privatvermögen gedacht, wertmäßig aber nicht daran ausgerichtet, sondern nach den Bedürfnissen des Empfängers und den Möglichkeiten des Zahlenden bestimmt worden ist, sieht der BFH als private Versorgungsleistung und die Übertragung insgesamt als unentgeltliches Rechtsgeschäft an (z.B. Urteil vom 12. April 1967 I 129/64, BFHE 89, 412, BStBl III 1967, 668, m.w.N.). Nach Ansicht des BFH steht bei ihr nicht der Austausch von Leistungen, sondern der Gedanke der Versorgung im Vordergrund (z.B. BFH-Urteile vom 8. März 1956 IV 19/56 U, BFHE 62, 339, BStBl III 1956, 126, und vom 3. Juli 1964 VI 346/62 U, BFHE 80, 202, BStBl III 1964, 548). Der Verpflichtete könne die Zahlungen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (seit 1979 § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abziehen, wenn es sich bei ihnen nicht um Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG handele. Diese seien dann anzunehmen, wenn der Wert der Gegenleistung bei überschlägiger und großzügiger Berechnung weniger als die Hälfte des Werts der Zuwendung betrage (z.B. BFH-Urteil vom 28. Juli 1983 IV R 174/80, BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97, unter II.2.a).

b) Vermögensübertragung gegen Rente unter Angehörigen

Der BFH hat - anknüpfend an die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH), z.B. Urteil vom 10. Juni 1936 VI A 389/36 (Steuer und Wirtschaft - StuW - 1936 Nr. 325) - in seinem die Übertragung von Privatvermögen betreffenden Urteil in BFHE 61, 270, BStBl III 1955, 302 die Auffassung vertreten, im allgemeinen liege kein entgeltliches Rechtsgeschäft, sondern eine - die Vorwegnahme der Erbschaft darstellende - Schenkung vor, bei der die Eltern gleichzeitig ihre Versorgung sichern wollen, wenn diese in vorgerückten Jahren ihr Vermögen den Kindern überließen. Die Entscheidung hierüber sei aber im wesentlichen eine Tatfrage. Im Urteil vom 12. Juli 1955 I 232/54 U (BFHE 61, 272, BStBl III 1955, 302) hat der BFH darauf hingewiesen, daß eine mit der Übertragung von Betriebsvermögen (von dem Vater auf den Sohn) in Zusammenhang stehende Rentenvereinbarung im allgemeinen als (private) Versorgungsrente anzusehen sei.

In der Folgezeit ist der BFH dann in ständiger Rechtsprechung von dem Grundsatz ausgegangen, daß bei der Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen oder eines gewerblichen Betriebes von den Eltern auf die Kinder eine nur in Ausnahmefällen zu widerlegende Vermutung für den familiären, außerbetrieblichen Charakter des Vorganges und damit auch für die außerbetriebliche Natur der in diesem Zusammenhang vereinbarten wiederkehrenden Leistungen spreche. Diese seien private Versorgungsleistungen und deshalb nur - sofern nicht Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG vorlägen - als Sonderausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile in BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422; BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99; BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97, und vom 9. Oktober 1985 I R 149/82, BFHE 144, 561, BStBl II 1986, 51 - jeweils m.w.N. -). Etwas anderes gelte nur, wenn der Steuerpflichtige substantiiert dartue, daß Leistung und Gegenleistung wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen worden seien (z.B. BFH-Urteile vom 24. Oktober 1978 VIII R 172/75, BFHE 126, 282, BStBl II 1979, 135, und in BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99). Auch der vorlegende Senat hat diese Auffassung vertreten (z.B. in seinem Urteil vom 30. Oktober 1984 IX R 2/84, BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610).

2. Einwendungen gegen die Rechtsprechung des BFH

In der Rechtsprechung der FG wird - soweit ersichtlich - diese Rechtsprechung des BFH nur in NV-Urteilen in Frage gestellt. In der Literatur haben sich gegen die Rechtsprechung des BFH gewandt: Kemmer (Teilentgeltliche Rechtsgeschäfte in der Einkommensteuer, 1987, S. 65 ff.); Biergans/von Stotzingen (Raten, Renten, andere wiederkehrende Zahlungen in der Einkommensteuer, 2. Aufl., S. 240 ff.) und Paus (Betriebs-Berater - BB - 1978, 1157 ff.). Gegen die unterschiedliche Beurteilung der bei einer Vermögensübertragung vereinbarten Rente wird vorgebracht, daß die Kriterien "Veräußerung" und "Versorgung" zur Abgrenzung ungeeignet seien, weil sie einander nicht ausschlössen.

Der BFH gehe bei seiner Einordnung der Renten von der Annahme aus, daß ein Rechtsgeschäft immer dann einkommensteuerrechtlich in vollem Umfange unentgeltlich sei, wenn Leistung und Gegenleistung nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten bemessen worden seien. Einen solchen Grundsatz kenne aber weder das Einkommensteuerrecht noch - in anderen Bereichen - die einkommensteuerrechtliche Rechtsprechung (Kemmer, a.a.O., S. 64 f.; Biergans, Einkommensteuer und Steuerbilanz, 4. Aufl., S. 840; sinngemäß auch Groh, StuW 1984, 217 ff., 220 - vgl. allerdings auch denselben in StuW 1988, 210 ff., 216 -; kritisch ferner Meilicke, Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 1976/77, S. 289 ff., und Schmidt, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 16 Anm. 6 b).

Außerdem seien private Versorgungsleistungen als Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (seit 1979 § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abziehbar, wenn der Wert des im Gegenzug übertragenen Vermögens mindestens 50 v.H. der wiederkehrenden Zahlungen ausmache. Hieraus werde deutlich, daß der BFH sie als Gegenleistung ansehe. Deshalb verbiete sich die Annahme, daß das Rechtsgeschäft unentgeltlich sei (Kemmer, a.a.O., S. 67 ff.; Biergans, a.a.O., S. 840).

Schließlich gehe der Gesetzgeber selbst - z.B. in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1987 - davon aus, daß teilentgeltliche Rechtsgeschäfte möglich seien (Kemmer, a.a.O., S. 64 ff.). Er setze ferner in den §§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 (seit 1979 § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2) und 22 Nr. 1 Buchst. a EStG voraus, daß auch durch Versorgungsrenten Barwerte begründet werden könnten. Beim Erwerb eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens seien deshalb - soweit der Barwert der Versorgungsrente den gemeinen Wert des erworbenen Wirtschaftsguts nicht übersteige - Anschaffungskosten zu berücksichtigen (Blümich/Wittig, 13. Aufl., § 6 EStG Rz. 262).

3. Auffassung des vorlegenden Senats

Der Senat bejaht die Vorlagefrage. Er sieht die Übernahme einer Rentenverpflichtung im Rahmen einer Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbfolgeregelung auch dann als Entgelt an, wenn die beiderseitigen Leistungen nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen worden sind und die Rente der Versorgung des Übertragenden dient. Ist - wie im Vorlagefall - der Kapitalwert der Rentenzahlungen niedriger als der Verkehrswert des übertragenen Vermögens, so handelt es sich um ein teilentgeltliches Rechtsgeschäft, das in Höhe des Kapitalwerts zu Anschaffungskosten des Vermögensempfängers führt.

a) Wie der vorlegende Senat in seinem Vorlagebeschluß vom 7. März 1989 in der Sache IX R 300/87 (BFHE 157, 332, 336f., BStBl II 1989, 768) dargelegt hat, will er an der bisherigen Rechtsprechung, wonach die Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbfolgeregelung unentgeltlich ist, wenn der Vermögensempfänger bürgerlich-rechtlich als Auflagen (§ 525 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) zu wertende Aufwendungen erbringt, nicht mehr festhalten. Er verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen unter II. Nr. 3 des genannten Beschlusses.

b) Auch dem zu Rentenzahlungen verpflichteten Vermögensempfänger entstehen Anschaffungskosten. Denn er erbringt durch die Zahlungen Aufwendungen (vgl. zu diesem Begriff z.B. BFH-Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 102/78, BFHE 135, 434, BStBl II 1982, 533, und Grube, FR 1989, 29 f., 30) mit dem Ziel (finale Zweckbestimmung), das Wirtschaftsgut zu erwerben. Die Voraussetzungen des Anschaffungskostenbegriffs (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 19. April 1977 VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II 1977, 600, und vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) sind damit erfüllt. Der Senat verweist auch insoweit auf seine Ausführungen im Vorlagebeschluß vom 7. März 1989 in der Sache IX R 300/87 unter II.3. Buchst. e.

c) Unerheblich ist es, daß die Rente - wie im Vorlagefall - vereinbart wird, um die Versorgung des Übertragenden sicherzustellen. Anschaffung und Versorgung sind - ebenso wie Veräußerung und Versorgung - keine sich ausschließenden Begriffe. Wer ein Wirtschaftsgut empfängt und sich dafür zu einer - an den Bedürfnissen des Berechtigten ausgerichteten - Versorgungsleistung verpflichtet, will das Wirtschaftsgut erlangen und stellt deshalb die Versorgung des Übertragenden sicher. Aus der Sicht des Erwerbenden, auf die es wegen der finalen Zweckbestimmung des steuerrechtlichen Anschaffungskostenbegriffs ankommt, verbietet sich die Annahme, er erbringe die Aufwendungen zur Versorgung des Übertragenden und der Gedanke eines Leistungsaustausches trete für ihn in den Hintergrund. Die Abwägung, ob bei dem Rechtsgeschäft der Gedanke der Veräußerung oder der der Versorgung im Vordergrund gestanden habe (z.B. Urteil vom 30. November 1967 IV 1/65, BFHE 91, 81, BStBl II 1968, 263; ferner Urteile in BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99, und in BFHE 145, 62, BStBl II 1986, 55), hält der vorlegende Senat mithin für die Entscheidung, ob dem Rentenverpflichteten Anschaffungskosten entstehen, für nicht brauchbar.

d) Daß dem Vermögensempfänger im Zusammenhang mit einem sog. Übergabevertrag Anschaffungskosten entstehen können, läßt sich - zumindest was die Überschußeinkünfte angeht - auch nicht mit dem von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Kriterium der mangelnden Leistungsabwägung verneinen (anderer Auffassung Groh, StuW 1988, 210 ff., 214 f.). Diese Rechtsprechung betrifft die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (z.B. Urteil in BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99) und die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (z.B. Urteil in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97). Dabei schloß der BFH aus der mangelnden Leistungsabwägung auf private Motive und einen außerbetrieblichen Vorgang. Soweit er in verschiedenen Urteilen die Übertragung von Betriebsvermögen unter nahen Angehörigen als unentgeltlichen Vorgang bezeichnet hat (z.B. Urteile in BFHE 61, 272, BStBl III 1955, 302; BFHE 91, 81, BStBl II 1968, 263; vom 6. März 1975 IV R 191/71, BFHE 115, 443, BStBl II 1975, 600; BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99; BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97; vom 21. Januar 1986 VIII R 238/81, BFH/NV 1986, 597), lag dem offenbar der Gedanke zugrunde, es handele sich um eine Schenkung unter Auflage (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811, unter 3.a; ferner Groh, StuW 1984, 217 ff., 219, 220, und Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 EStG Rdnr. 1533).

Die Annahme, Vermögensübertragungen gegen wertmäßig nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogene wiederkehrende Leistungen seien unentgeltliche Vorgänge, steht im Gegensatz zur Rechtsprechung des BFH zu teilentgeltlichen Rechtsgeschäften. In dem von der Vorinstanz angeführten Urteil in BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794, ferner auch z.B. im Urteil vom 17. Juli 1980 IV R 15/76 (BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11) und in dem Urteil in BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811 hat der BFH jeweils die Vereinbarung einer unter dem Verkehrswert liegenden Zahlung bei Vermögensübertragungen zwischen nahen Angehörigen gebilligt, ohne in dem Rechtsgeschäft einen (insgesamt) unentgeltlichen Vorgang zu sehen. Auch bei der Beurteilung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen und verbilligten Nutzungsüberlassungen ist in der Rechtsprechung des BFH die Möglichkeit von teilentgeltlichen Rechtsgeschäften anerkannt. So steht die Vereinbarung eines unüblich niedrigen Lohnes der Ernsthaftigkeit eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses nicht entgegen, wenn die Ehegatten ein teilentgeltliches Geschäft vereinbart haben (z.B. BFH-Urteil vom 17. April 1986 IV R 2/86, BFHE 146, 423, BStBl II 1986, 559) und es zieht die Vereinbarung einer - aus persönlichen Gründen - zu niedrigen Miete zwischen nahen Angehörigen nur eine Kürzung der auf diese Wohnung entfallenden Werbungskosten nach sich (BFH-Urteil vom 4. Juni 1986 IX R 80/85, BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839). In diesem Zusammenhang ist noch § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1987 zu erwähnen, der eine gesetzliche Regelung von teilentgeltlichen Rechtsgeschäften enthält.

III. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

Die Beantwortung der Vorlagefrage ist für die Entscheidung des IX. Senats erheblich.

Die Revision des FA ist zulässig. Nach § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muß die Revision oder Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Die Revisionsschrift des FA genügt diesen Anforderungen. Der Revisionsantrag ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend bestimmt gestellt, wenn nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt wird und sich das Begehren des Revisionsklägers aus der Revision klar ergibt (Urteile des BFH vom 29. November 1968 VI R 279/67, BFHE 94, 336, BStBl II 1969, 173, und vom 11. November 1983 III R 25/77, BFHE 140, 289, 292, BStBl II 1984, 187, 188). Das ist hier der Fall, da außer Frage steht, daß das FA an seinem im finanzgerichtlichen Verfahren gestellten Antrag auf Klagabweisung festhält.

Der Erwerber eines bebauten Grundstücks, das er zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzt, kann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4, § 7b EStG AfA bzw. erhöhte Absetzungen von den Anschaffungskosten des Gebäudes als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Hat er das Grundstück unentgeltlich erworben, so bemessen sich die AfA bzw. erhöhten Absetzungen gemäß § 11d Abs. 1 EStDV nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers.

Bejaht man die Vorlagefrage, so wäre das FG zu Recht von eigenen Anschaffungskosten der Ehefrau des Klägers in Höhe des Kapitalwerts der Rentenverpflichtung (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1984 IV R 128/81, BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516) ausgegangen. Sie hatte sich ihrer Mutter gegenüber zur Zahlung einer Leibrente verpflichtet (vgl. Urteil des vorlegenden Senats vom 12. November 1985 IX R 2/82, BFHE 145, 368, BStBl II 1986, 261). Die vereinbarte Wertsicherungsklausel steht der Annahme einer Leibrente nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348). Das FG hat allerdings zu Unrecht die erhöhten Absetzungen nach § 7b Abs. 1 EStG, die AfA gemäß § 7 Abs. 4 EStG und den - bereits vom FA - als sofort abziehbare Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG berücksichtigten Ertragsanteil der Leibrente ungekürzt, d.h. auch insoweit gewährt, als die Ehefrau des Klägers wegen des vorbehaltenen dinglichen Wohnrechts ihrer Mutter keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1982 VIII R 166/80, BFHE 139, 23, BStBl II 1983, 660, und vom 8. November 1988 IX R 25/86, BFH/NV 1989, 223). Es hat ferner nicht geprüft, ob und in welcher Höhe der Ehefrau des Klägers wegen des unentgeltlichen Teils des Erwerbs noch - anteilig - AfA von den Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin zusteht (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 9. Juli 1985 IX R 49/83, BFHE 144, 366, BStBl II 1985, 722, 725). Die Vorentscheidung wäre aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Verneint man die Vorlagefrage, so hätte die Ehefrau des Klägers keine eigenen Anschaffungskosten; sie müßte gemäß § 11d Abs. 1 EStDV die AfA ihrer Rechtsvorgängerin fortführen. Die Vorentscheidung wäre aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

IV. Rechtsgrundlage der Vorlage

Der vorlegende Senat stützt seine Anrufung des Großen Senats auf § 11 Abs. 3 und 4 FGO.

1. Vorlage wegen Abweichung von der Rechtsprechung anderer Senate des BFH

a) Der Senat sieht sich mit der von ihm nunmehr vertretenen Auffassung in Widerspruch zu der Rechtsprechung des I. Senats (z.B. Urteile vom 2. Mai 1974 I R 190/72, und vom 22. September 1982 I R 53/80 - beide NV -), des IV. Senats (z.B. Urteile in BFHE 115, 443, BStBl II 1975, 600, und in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97), des VI. Senats (z.B. Urteile vom 3. Oktober 1980 VI R 179/79 - NV -, und vom 5. Dezember 1980 VI R 118/79, BFHE 132, 84, BStBl II 1981, 265) und des VIII. Senats des BFH (z.B. Urteile vom 31. August 1971 VIII R 50/71, und vom 20. Juni 1978 VIII R 147/75 - beide NV -). Denn dieser liegt die Erwägung zugrunde, daß die im Zusammenhang mit der Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen zur Versorgung des Übertragenden vereinbarten (teilentgeltlichen) Renten - wenn überhaupt - nur als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (ab 1979 § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abziehbar sind, da es sich um unentgeltliche, nicht die jeweilige Einkunftsart berührende Vorgänge handele.

b) Der vorlegende Senat sieht von der Durchführung des Anfrageverfahrens nach § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung des BFH ab. Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen im Vorlagebeschluß vom 7. März 1989 in der Sache IX R 300/87 unter IV. Nr. 1 Buchst. d Bezug (BFHE 157, 332, 340, BStBl II 1989, 768).

2. Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage

Der vorgelegten Rechtsfrage kommt deshalb grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 11 Abs. 4 FGO zu, weil sie sich nicht nur im Bereich der Überschußeinkünfte stellt, sondern insbesondere im Bereich der Gewinneinkünfte, für welchen ihre Beantwortung wegen der Korrespondenz von Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang noch weiter reichende Auswirkungen hat. Bei den Gewinneinkünften tritt zu der oben dargelegten Rechtsfrage noch die einkommensteuerrechtliche Beurteilung des Übertragungsvorgangs auf der Übergeberseite hinzu.