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BFH-Urteil vom 2.8.1989 (II R 219/85) BStBl. 1989 II S. 826

Der Teil eines Grundstücks, der Grundfläche und Umgriff von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist, bildet auch dann eine selbständige wirtschaftliche Einheit, wenn sowohl er wie der übrige Teil derselben Grundstücksart zuzurechnen ist.

BewG § 70 Abs. 3, § 94 Abs. 1 und 2.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin eines 8.049 qm großen Grundstücks. Das Grundstück, das mit einer Werkstätte (überbaute Fläche 358 qm) und einem Bürogebäude (überbaute Fläche 459 qm) bebaut ist, ist seit dem Jahre 1966 an eine GmbH verpachtet. Die Pächterin errichtete auf dem Grundstück weitere Gebäude, und zwar einen Büroanbau (überbaute Fläche 80 qm) sowie drei Hallen mit einem Verbindungsbau (überbaute Fläche hierfür insgesamt 1.582 qm).

Auf den 1. Januar 1974 bewertete das Finanzamt (FA) das gesamte Grundstück mit den von der Klägerin errichteten verpachteten Gebäuden als wirtschaftliche Einheit und stellte den Einheitswert für das Geschäftsgrundstück auf 430.100 DM fest. Die von der Pächterin errichteten Gebäude sind gesondert als Gebäude auf fremdem Grund und Boden bewertet worden.

Im Jahre 1980 vertrat das FA die Auffassung, die Grundstücksteilfläche, auf der die von der Pächterin errichteten Gebäude stehen, sei einschließlich des Umgriffs nach § 94 des Bewertungsgesetzes (BewG) als gesonderte wirtschaftliche Einheit zu bewerten. Mit Bescheid vom 1. Dezember 1980 führte das FA hinsichtlich einer Teilfläche von 7.100 qm eine Nachfeststellung auf den 1. Januar 1980 durch. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

Mit Bescheid vom 1. April 1981 nahm das FA für die bisherige wirtschaftliche Einheit eine Wertfortschreibung nach unten vor, die darauf beruhte, daß es bei dieser "Rest"-Einheit nur noch eine anteilige Grundfläche von 949 qm erfaßte, und stellte den Einheitswert nunmehr auf 288.400 DM fest.

Gegen diesen Wertfortschreibungsbescheid hat die Klägerin Einspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, trotz der Errichtung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden durch die Pächterin habe sich an der wirtschaftlichen Einheit nichts geändert. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. November 1981 änderte das FA nach vorheriger Ankündigung den Wertfortschreibungsbescheid dahingehend, daß der Einheitswert nunmehr auf 330.100 DM festgestellt wurde, weil für die Aufteilung das Verhältnis der überbauten Flächen maßgebend sei. Demzufolge seien dem Stammgrundstück 2.683 qm zuzurechnen. Es sah den Einspruch als nur teilweise begründet an.

Die auf Aufhebung des Wertfortschreibungsbescheids vom 1. April 1981 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 1981 gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Zutreffend hat das FG dahingehend erkannt, daß in die wirtschaftliche Einheit der Teil des Grund und Bodens, der in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den darauf errichteten Gebäuden auf fremdem Grund und Boden steht, nicht einzubeziehen ist, weil dieser Teil eine selbständige wirtschaftliche Einheit darstellt.

Als Grundstück im Sinne des BewG gilt nach § 70 Abs. 3 BewG auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet ist, und zwar auch dann, wenn es dessen wesentlicher Bestandteil geworden ist. In diesem Fall sind zwei Einheitswerte festzustellen. Dabei sind nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BewG der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 BewG maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart (§ 94 Abs. 1 Satz 3 BewG). Hinsichtlich der Wertfindung für das letzterwähnte Grundstück bestimmt § 94 Abs. 2 BewG, daß der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen (vgl. §§ 1, 9 BewG) zu ermitteln ist.

Die in § 94 Abs. 1 Satz 3 BewG aufgestellte Fiktion, daß der für sich zu bewertende Grund und Boden, auf dem das Gebäude steht, als bebautes Grundstück gilt, grenzt gleichzeitig die wirtschaftliche Einheit für dieses Grundstück ab (so schon Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Oktober 1978 III R 23/73, BFHE 126, 63, BStBl II 1979, 37). Daraus folgt zwingend, daß diese selbständige wirtschaftliche Einheit aus einem größeren Stammgrundstück, das bisher die wirtschaftliche Einheit bildete, herauszulösen ist. Insofern kommt § 94 Abs. 1 Satz 3 BewG eine über § 12 BewG hinausgehende, die wirtschaftliche Einheit im Sonderfall des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden eigenständig abgrenzende Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang ist es unbeachtlich, ob beide Grundstücke derselben Grundstücksart zuzuordnen sind. Das ergibt sich im übrigen auch daraus, daß § 94 Abs. 2 BewG für die nach § 94 Abs. 1 Satz 3 BewG als bebautes Grundstück geltende wirtschaftliche Einheit eine von den für bebaute Grundstücke sonst geltenden Vorschriften abweichende Wertermittlung vorschreibt.