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BFH-Urteil vom 30.8.1988 (IX R 134/85) BStBl. 1989 II S. 828

Die Ersetzung von Doppelfenstern mit normalem Glas durch Isolierglasfenster ist eine Maßnahme des Wärme- oder Lärmschutzes i.S. von § 82a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 EStDV 1979, wenn sie zeitlich nach Inkrafttreten der Begünstigungsvorschrift vorgenommen worden ist und den zuvor bestehenden Zustand in bezug auf den Wärme- oder Lärmschutz erheblich verbessert.

EStDV 1979 § 82a.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Einfamilienhauses, das im Jahr 1914 errichtet und von ihnen im Jahr 1958 erworben und umgebaut wurde. Das Gebäude wird zu 1/3 für Praxis- und zu 2/3 für Wohnzwecke genutzt. Im Jahr 1969 ließen die Kläger Doppelfenster mit normalem Glas einbauen und nahmen dafür die Begünstigung gemäß § 82a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1969 in Anspruch. Im Jahr 1980 wurden diese Fenster durch Isolierglasfenster ersetzt. Die Aufwendungen hierfür beliefen sich auf 20.781,84 DM. Die Kläger begehrten, hiervon gemäß § 82a EStDV 1979 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 1980 1.385 DM als Werbungskosten abzusetzen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ die beantragten erhöhten Absetzungen nicht zu.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt.

Das FG sah in den auf den zu Wohnzwecken des Einfamilienhauses entfallenden Teil der Aufwendungen nach § 82a Abs. 3 i.V.m. § 82a Abs. 1 Nr. 2 EStDV begünstigten Erhaltungsaufwand. Es sei offensichtlich, daß die bisherigen Fenster mit Doppelglas durch ein modernes mit Isolierglas versehenes Fenster hinsichtlich ihres wärme- und lärmdämmenden Effekts übertroffen würden. Dabei habe es sich auch um eine "erstmalige Durchführung" einer Maßnahme gehandelt. Ein Einbau sei erstmalig, wenn eine Anlage in dieser Art bisher noch nicht vorhanden gewesen sei. Auf den Streitfall bezogen sei demgemäß der Einbau der Isolierglasfenster erstmalig i.S. des § 82a Abs. 3 EStDV.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage beantragt wird.

Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision als unbegründet.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach § 82a Abs. 1 Nr. 2 EStDV 1979 kann ein Steuerpflichtiger bei einem Gebäude von den Herstellungskosten für Maßnahmen, die ausschließlich zum Zwecke des Wärme- oder Lärmschutzes vorgenommen werden, an Stelle der nach § 7 Abs. 4 oder 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu bemessenden Absetzungen für Abnutzung im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 v.H. absetzen. Aufwendungen für die erstmalige Durchführung einer Maßnahme i.S. des Abs. 1, die Erhaltungsaufwand sind und die bei Einfamilienhäusern entstehen, deren Nutzungswert nach § 21a EStG ermittelt wird, können, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, auf zehn Jahre verteilt als Werbungskosten abgezogen werden (§ 82a Abs. 3 EStDV).

Begünstigt sind hiernach erstmalige Maßnahmen, die objektiv geeignet sind, ausschließlich dem Wärme- oder Lärmschutz zu dienen. Eine Maßnahme zum Wärmeschutz liegt vor, wenn durch sie ein Verlust geschaffener Wärme verhindert oder vermindert wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. März 1985 IX R 32/84, BFHE 143, 537, BStBl II 1985, 507). Ausschließlich dem Wärmeschutz dient die Maßnahme dann, wenn eine wesentliche Verbesserung des Wärmeschutzes ihr alleiniger Zweck ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1981 VIII R 85/79, BFHE 134, 301, BStBl II 1982, 64). Daß dies bei dem Ersatz von Doppelfenstern mit normalem Glas durch Isolierglasfenster zutrifft, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung.

Entgegen der Ansicht des FA handelt es sich bei dem Ersatz der Doppelfenster mit normalem Glas durch Isolierglasfenster um eine erstmalige Maßnahme i.S. des § 82a Abs. 3 EStDV 1979. Erstmalige Durchführung einer Maßnahme im Sinne dieser Bestimmung bedeutet, daß die erste nach Inkrafttreten dieser Bestimmung durchgeführte Maßnahme, nicht aber weitere Maßnahmen, derselben Art begünstigt sind.

Diese Auslegung des § 82a Abs. 3 Satz 1 EStDV 1979 nach seinem möglichen Wortsinn wird durch die Zielsetzung der Steuervergünstigung bestätigt. § 82a EStDV 1979 beruht auf der durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes vom 27. Juni 1978 (BStBl I 1978, 290) geänderten Ermächtigungsnorm des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. q EStG, durch welche außer der Erweiterung der förderungswürdigen Maßnahmen die Steuerbegünstigung auf Erhaltungsaufwendungen für die genannten Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen bei selbstgenutzten Einfamilienhäusern ausgedehnt wurde. Bis dahin waren nur Herstellungskosten begünstigt (vgl. § 82a EStDV 1977). Da indessen Aufwendungen für förderungswürdige Maßnahmen nach der durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) eingeleiteten neueren Rechtsprechung des BFH in der Regel Erhaltungsaufwand bilden, kamen Eigentümer selbstgenutzter Einfamilienhäuser nicht in den Genuß dieser Steuervergünstigung. Zur Erreichung des Zwecks der Neuregelung des Gesetzes zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes, einen steuerlichen Anreiz zur Durchführung der genannten Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen, insbesondere auch für die Eigentümer selbstgenutzter Einfamilienhäuser zu geben, genügte es, eine einmalige Maßnahme zu begünstigen. Denn damit war der Zielsetzung des Gesetzes, Wärme- und Lärmschutzmaßnahmen zu fördern, Genüge getan.

Unschädlich ist es, daß im Jahre 1969 die damals vorhandenen Fenster durch Doppelfenster mit normalem Glas ersetzt worden sind und dafür die Begünstigung gemäß § 82a EStDV 1969 in Anspruch genommen worden ist. § 82a EStDV 1969 sah eine Begünstigung für Maßnahmen des Wärmeschutzes nicht vor, sondern nur den Umbau von Fenstern.