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BFH-Beschluß vom 1.8.1989 (VII B 81/89) BStBl. 1989 II S. 858

Das HZA ist nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet, der Festsetzung der Milchabgabe nach § 11 MGVO die im Aussetzungsverfahren rechtsirrig zu hoch festgelegte Anlieferungs-Referenzmenge zugrunde zu legen.

Treu und Glauben; FGO § 69; MGVO § 11.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist milcherzeugender Landwirt. Für ihn war mit Wirkung vom 2. April 1984 eine Anlieferungs-Referenzmenge nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGVO) in Höhe von 169.300 kg festgesetzt worden. Im Hinblick auf den Antrag des Klägers bei der zuständigen Landwirtschaftsstelle auf Erteilung einer Bescheinigung zur Berechnung einer besonderen Anlieferungsmenge nach § 6 MGVO setzte das Hauptzollamt X mit Bescheid vom 7. Dezember 1984 die Vollziehung der Referenzmengenfestsetzung dahin aus, daß es dem Kläger zu der festgesetzten Referenzmenge eine Aussetzungsmenge von 33.550 kg (insgesamt 202.850 kg) zubilligte. Im Rechtsstreit über die vom Kläger beantragte Bescheinigung einigten sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 1986 vor dem Verwaltungsgericht (VG) dahin, daß dem Kläger eine Zielmenge von 210.381 kg mit Wirkung vom 2. April 1984 zustehe. Mithin betrug die Referenzmenge des Klägers ab dem genannten Zeitpunkt 189.200 kg.

Der Kläger schöpfte im Milchwirtschaftsjahr 1985/86 die festgesetzte Referenzmenge und die Aussetzungsmenge fast vollständig aus und lieferte 202.343 kg Milch an die Käuferin. Unter dem 18. August 1986 gab die Käuferin eine Anmeldung für die Milchabgabe nach § 11 MGVO für den Kläger beim Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt - HZA -) ab, in welcher die überlieferte Menge auf der Grundlage der geänderten Referenzmenge mit 13.143 kg und die zu zahlende Abgabe auf 6.614,87 DM berechnet wurde.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, die Festsetzung der Milchabgabe um 5.185,89 DM zu ermäßigen. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus: Das HZA habe im Aussetzungsbeschluß einen zu niedrigen Kürzungsprozentsatz angewendet. Bei richtiger Berechnung hätte es die Aussetzungsmenge auf 192.040 kg festsetzen müssen. Die von ihm über diese Menge hinaus angelieferte Milchmenge von 10.303 kg, auf die eine Abgabe von 5.185,49 DM entfalle, sei daher abgabenfrei zu belassen. Das ergebe sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Hätte der Aussetzungsbescheid die genannte geringere Menge festgesetzt, so hätte er, der Kläger, mit Sicherheit nicht mehr als diese Milchmenge angeliefert.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist nicht begründet.

Eine Rechtssache hat dann keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Anm. 9, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Das ist hier der Fall.

Ein Aussetzungsverfahren ist ein Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Sein Ergebnis kann die Entscheidung in der zugehörigen Hauptsache (hier das durch Vergleich erledigte Verfahren vor dem VG) nicht präjudizieren. Noch weniger kann es ein Präjudiz sein für ein nur mittelbar damit zusammenhängendes Verfahren wie das hier vom FG entschiedene. Es ist offensichtlich, daß das Ergebnis des Aussetzungsverfahrens für den Kläger kein zureichender Anlaß sein konnte, darauf zu vertrauen, daß bei der Erhebung der Milchabgabe zu seinen Gunsten die Anlieferungs-Referenzmenge zugrunde gelegt würde, die dem Ergebnis des Aussetzungsverfahrens entsprach.

An dieser Rechtslage änderte sich auch nichts, falls das HZA - wie der Kläger vorträgt - bei seiner Aussetzungsentscheidung zugunsten des Klägers von einer falschen Rechtsauffassung ausgegangen sein sollte. Der dem Kläger bekannte vorläufige Charakter der Aussetzungsentscheidung wurde hiervon nicht berührt. Überdies hat das FG festgestellt, ohne daß dagegen Verfahrensrügen geltend gemacht worden sind, daß der Kläger habe erkennen können oder sich zumindestens fragen müssen, ob nicht möglicherweise ein Irrtum des HZA vorliege.

Richtig ist zwar der Hinweis des Klägers, daß entsprechend der Eigenart des vorliegenden Rechtsgebiets die von den Behörden gesetzten Rahmendaten, insbesondere die Anlieferungs-Referenzmenge, unmittelbar Einfluß auf das Verhalten des Betroffenen, d.h. seine Milchproduktion, haben kann. Damit allein ist jedoch nichts für die grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache dargetan. Denn das Verhalten des HZA in einem - nur vorläufigen Rechtsschutz bietendes - Aussetzungsverfahren hinsichtlich der Referenzmenge konnte nach der Natur dieses Verfahrens keine Grundlage sein für ein etwaiges Vertrauen des Klägers in ein künftiges Verhalten der Verwaltung bei der Erhebung der Milchabgabe.