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BFH-Urteil vom 13.9.1989 (II R 121/86) BStBl. 1989 II S. 963

1. Ein Mineralgewinnungsrecht, das Ausfluß des Eigentums an Grund und Boden ist, wird im Regelfall dem Grundeigentümer zugerechnet.

2. Wird ein solches Recht verpachtet, ist wirtschaftliches Eigentum des Pächters dann nicht anzunehmen, wenn seine rechtliche oder wirtschaftliche Stellung durch den Pachtvertrag eingeschränkt ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Pächter das Mineralgewinnungsrecht ohne Zustimmung des Verpächters nicht übertragen kann, wenn im Fall einer Vertragsverlängerung die Bedingungen gesondert ausgehandelt werden müssen oder die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Pächters durch Kündigungsmöglichkeiten des Verpächters eingeschränkt wird.

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; BewG § 100.

Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer mehrerer landwirtschaftlicher Flächen. Am 7. November 1961 schloß er mit der im finanzgerichtlichen Verfahren beigeladenen B einen Vertrag hinsichtlich der Ausbeute der Sand- und Kiesvorkommen auf einigen Grundstücken. Die Vertragspartner vereinbarten einen genauen Abbauplan, nach dem der Abbau in Abschnitten erfolgen sollte. Die zur Ausbeute vorgesehenen Teilflächen waren jeweils zum 1. Oktober des Vorjahres anzufordern, wobei der Kläger die angeforderten Flächen jeweils bis zum 1. November abgeerntet und frei von jeder Bepflanzung der Beigeladenen B zu übergeben hatte. Die Beigeladene ging die Verpflichtung ein, die Teilflächen spätestens zwei Jahre nach der Ausbeute mit Mutterboden abzudecken und dem Kläger zur landwirtschaftlichen Nutzung zurückzugeben. In § 3 des Vertrages verpflichtete sich die Beigeladene zur Zahlung eines Betrages von X DM/cbm abgebauten Sandes oder Kieses. Es sollten vierteljährliche Abschlagszahlungen in Höhe von Y DM vorgenommen und jeweils zum Jahresende mit den tatsächlichen Entgelten verrechnet werden. In § 3 Nr. 5 des Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien eine Wertsicherungsklausel, nach der die Entgelte anzupassen waren, falls sich der jeweilige Marktpreis für die Enderzeugnisse aus dem auszubeutenden Sand- und Kiesmaterial gegenüber dem Stand vom 1. Januar 1962 um mehr als 20 v.H. veränderte. Der Vertrag wurde zunächst für 20 Jahre geschlossen, somit bis zum 31. Dezember 1981. § 4 des Vertrages sah eine Verlängerung vor für den Fall, daß bis zu diesem Zeitpunkt der Sand und Kies nicht restlos abgebaut werden konnte. Mit Zusatzvereinbarung vom 16. bzw. 17. November 1971 wurde der Vertrag bis zum 31. Dezember 1999 verlängert, nachdem die Vertragsparteien erkannt hatten, daß die vollständige Sand- und Kiesausbeute nicht innerhalb von 20 Jahren erfolgen konnte. Der Verlängerungsvertrag enthielt den Passus, daß der Vertrag eine Gültigkeit bis zur Beendigung der restlosen Ausbeute gemäß Abbauplan, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 1999 haben sollte. Sollten die anstehenden Sand- und Kiesvorräte bis zu diesem Tage nicht restlos abgebaut werden können, sollte eine weitere Verlängerung vereinbart werden. Eine Kündigung des Vertragswerkes für den Kläger war für die Fälle vorgesehen, daß die Beigeladene mit den Abschlagszahlungen in Rückstand geriet, vom Abbauplan abwich, in Konkurs geriet oder die Ausbeute länger als 12 Monate unterbrach.

Gemäß § 6 des Vertrages wurde den Gesamtrechtsnachfolgern der B auf schriftlichen Antrag das Recht eingeräumt, in diesen Vertrag einzutreten.

Das Vertragswerk wurde durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch abgesichert.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) rechnete mit Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1977 das Mineralgewinnungsrecht dem Kläger steuerlich zu. Den Einspruch wies das FA zurück.

Die Klage hatte Erfolg.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet, das Urteil des FG war aufzuheben und die Klage abzuweisen, § 126 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG hat zu Unrecht die Beigeladene B als wirtschaftliche Eigentümerin angesehen und das Mineralgewinnungsrecht nicht dem Kläger zugerechnet.

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß im Streitfall das Sand- bzw. Kiesvorkommen Gegenstand eines Mineralgewinnungsrechtes war (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juli 1960 III 242/59 S, BFHE 71, 454, BStBl III 1960, 420; vom 12. Oktober 1962 III 406/59 U, BFHE 76, 1, BStBl III 1963, 2; vom 8. März 1974 III R 150/72, BFHE 112, 279, BStBl II 1974, 504). Dieses Mineralgewinnungsrecht war gemäß § 100 Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) gesondert festzustellen.

2. Das Mineralgewinnungsrecht war jedoch entgegen der Rechtsmeinung des FG dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer - dem Kläger - und nicht dem Pächter - der Beigeladenen B - zuzurechnen.

a) Ein Mineralgewinnungsrecht ist - soweit das Verfügungsrecht des Grundeigentümers nicht durch bergrechtliche Vorschriften ausgeschlossen ist - Ausfluß des Eigentums am Grund und Boden (§ 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Nach der ständigen Rechtsprechung ist ein solches Recht grundsätzlich dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zuzurechnen (Urteil in BFHE 112, 279, BStBl II 1974, 504). Verpachtet er es einem Dritten, ist wirtschaftliches Eigentum des Pächters nur dann anzunehmen, wenn dem Pächter das Abbaurecht unter solchen Bedingungen überlassen worden ist, daß er tatsächlich als Inhaber mit eigener freier Verfügungsmacht über das Recht und das Vorkommen angesehen werden kann (BFH in BFHE 71, 454, BStBl III 1960, 420). Einen solchen Ausnahmefall hat die Rechtsprechung angenommen, wenn das auszubeutende Grundstück nach dem Abbau nicht an den Grundeigentümer zurückgegeben zu werden braucht, sondern in das Eigentum des ausbeutenden Pächters oder eines Dritten übergeht; wenn der Pächter berechtigt ist, seine vertraglichen Rechte und Pflichten auf einen Dritten zu übertragen und der Grundeigentümer in diesem Fall verpflichtet ist, auf Verlangen des Pächters den gleichen Vertrag mit einem von diesem benannten Dritten abzuschließen; wenn der Pächter zur Errichtung von Gebäuden und Anlagen jeder Art auf den gepachteten Grundstücken berechtigt und der Verpächter gegebenenfalls verpflichtet ist, die Grundstücke nicht nur zu überlassen, sondern auch zu veräußern; wenn der Verpächter keinen Einfluß auf den Förderbetrieb nehmen kann; wenn der Verpächter den Vertrag nicht oder nur unter engen Voraussetzungen kündigen kann und verpflichtet ist, bei einer Grundstücksveräußerung dem Erwerber die Verpflichtung aus dem Vertrag mit dem Pächter besonders aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 4. November 1960 III 110/58 S, BFHE 72, 682, BStBl III 1961, 250; vom 27. Januar 1961 III 452/58 U, BFHE 72, 408, BStBl III 1961, 150; vom 25. November 1966 VI 375/65, BFHE 87, 569, BStBl III 1967, 226; vom 20. Dezember 1967 III 221/64, BFHE 91, 272, BStBl II 1968, 303; vom 11. Februar 1972 III R 129/70, BFHE 105, 50, BStBl II 1972, 448).

b) Ein Ausnahmefall der geschilderten Art, der es erlaubte, nicht dem Kläger, sondern dem Pächter das wirtschaftliche Eigentum an den Ausbeuterechten zuzurechnen, liegt nicht vor. Obwohl der Kläger durch den Vertrag mit der Beigeladenen B in seiner Verfügungsmacht eingeschränkt war, war sie ihm durch den Vertrag nicht vollkommen genommen. So hat der Pächter im vorliegenden Fall nicht die Möglichkeit, das Mineralgewinnungsrecht selbständig zu übertragen; nur im Falle der Rechtsnachfolge steht ihm dieses Recht zu. Die freie Verwertbarkeit eines Gutes ist jedoch ein wichtiges Merkmal der Eigentümerstellung oder der der Eigentümerstellung angenäherten Rechtsposition. Zudem ist der Vertrag befristet. Es ist nicht sicher, ob mit Ablauf des Vertrages zum 31. Dezember 1999 die Kiesausbeute wirtschaftlich beendet ist. Darauf deutet die Verlängerungsmöglichkeit in dem Vertrag hin. Aus der Tatsache der Verlängerungsmöglichkeit läßt sich nichts für das wirtschaftliche Eigentum des Pächters herleiten. Denn die Bedingungen für die Vertragsverlängerungen müssen von den Vertragsparteien gesondert ausgehandelt werden.

Durch die Kündigungsmöglichkeiten des § 5 des Vertrages ist die Pächterin vertraglich in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit im Interesse des Klägers eingeschränkt. So kann der Vertrag bei relativ kurzfristigem Rückstand mit der Pachtzahlung oder bei Verstoß gegen die Vorschriften über den Abbauplan fristlos gekündigt werden (vgl. Urteil in BFHE 71, 454, BStBl III 1960, 420).

Die Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gemäß § 1090 BGB für die Pächterin B ändert an diesem Ergebnis nichts. Durch diese Eintragung wurde lediglich das schuldrechtliche Recht in seinem Umfang dinglich gesichert.

3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Aus diesem Grunde kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist entscheidungsreif. Aufgrund des vom FG festgestellten Sachverhaltes war die Klage abzuweisen.