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BFH-Urteil vom 7.9.1989 (IV R 91/88) BStBl. 1989 II S. 975

1. Die Vergütung für die Aufgabe der Milcherzeugung nach dem MAVG vom 17. Juli 1984 (BGBl I, 942) i.V. m. der MAVV ist bei Gewinnermittlung nach § 13a EStG durch den Ansatz des Grundbetrags abgegolten, soweit sie auf den Zeitraum der Gewinnermittlung nach § 13a EStG entfällt.

2. Wird die Vergütung in zehn Jahresbeträgen gezahlt, so ist sie als Gegenleistung für die Unterlassung der Milcherzeugung während dieses Zeitraums anzusehen.

3. Führt die Zahlung der Milchaufgabevergütung zu nachträglichen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, kann insoweit die Steuerermäßigung nach § 34e EStG nicht gewährt werden.

EStG §§ 13, 13a, 24 Nr. 2, 34e.

Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wird, war Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit Milchviehhaltung und Viehzucht. Der Gewinn wurde nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Nachdem der Kläger sich zur Aufgabe der Milcherzeugung verpflichtet hatte, wurde ihm dafür mit Bescheid vom 6. August 1984 eine Vergütung nach dem Gesetz über die Gewährung einer Vergütung für die Aufgabe der Milcherzeugung für den Markt (Milchaufgabevergütungsgesetz - MAVG -) vom 17. Juli 1984 (BGBl I, 942) i.V. m. der Verordnung über die Gewährung einer Vergütung für die Aufgabe der Milcherzeugung (Milchaufgabevergütungsverordnung - MAVV -) vom 20. Juli 1984 (BGBl I, 1.023) zugesagt. Die Vergütung betrug 114.900 DM und war in zehn gleichen Jahresraten von jeweils 11.490 DM zu zahlen. Ab dem Wirtschaftsjahr 1985/86 betrieb der Kläger nur noch Rindermast. Mit Wirkung ab 1. Januar 1986 übertrug der Kläger den Betrieb auf seinen Sohn.

Bei seiner Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1986 begehrte der Kläger für die von ihm zunächst als nachträgliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärte Milchaufgabevergütungsrate von 11.490 DM die Steuerermäßigung nach § 34e EStG. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Milchaufgabevergütung sei steuerlich nicht zu erfassen, weil bei Aufgabe des Milchviehbestands der Durchschnittsatzgewinn nach § 13a EStG um Zuschläge erhöht worden sei und die Vergütungen mit dem Durchschnittsatz abgegolten seien. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Klage gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Revision des Klägers, mit der Verletzung des § 34e EStG gerügt wird. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgetragen, § 34e EStG setze voraus, daß nicht nach § 13a EStG ermittelte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt worden seien. Aus dem Gesetzestext ergebe sich nicht, daß die Einkünfte aus einem "lebenden Betrieb" erzielt worden sein müßten.

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der sich aus § 34e EStG ergebenden Steuerermäßigung festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Die Steuerermäßigung nach § 34e EStG könne nur für den Gewinn des Veranlagungszeitraums aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewährt werden, somit nicht für nachträgliche Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. a) Der Senat hat mit den Urteilen vom 17. September 1987 IV R 49/86 (BFHE 151, 386, BStBl II 1988, 327) und vom 16. Februar 1989 IV R 64/87 (BFHE 157, 44, BStBl II 1989, 708) entschieden, daß die Nichtvermarktungsprämie für Landwirte, die sich nach der Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 (VO Nr. 1078/77) i. d. F. der VO (EWG Nr. 1041/78 des Rates vom 22. Mai 1978 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 134/9) verpflichtet haben, auf die Dauer von fünf Jahren keine Milch und keine Milcherzeugnisse zu verwerten, nur insoweit durch den Ansatz des Grundbetrags nach § 13a EStG abgegolten ist, wie sie auf Zeiträume entfällt, für die der Gewinn nach § 13a EStG ermittelt wird. Dafür war die Erwägung maßgebend, daß die Nichtvermarktungsprämie eine Einnahme für den gesamten Nichtvermarktungszeitraum darstellt und daher auf diese fünf Jahre zu verteilen ist. Im Urteil in BFHE 157, 44, BStBl II 1989, 708 ist hieraus gefolgert worden, daß beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die noch ausstehenden Raten einer bewilligten Nichtvermarktungsprämie bei ihrem Zufluß gewinnerhöhend zu erfassen sind.

b) Die Milchaufgabevergütung nach dem MAVG und der MAVV wird dafür gewährt, daß der Landwirt sich verpflichtet, nach Bewilligung der Vergütung die Milcherzeugung endgültig aufzugeben (§ 3 Abs. 1 MAVV). Wird die Vergütung verteilt über einen Zehnjahreszeitraum gezahlt, so kann davon ausgegangen werden, daß sie die Gegenleistung für die Unterlassung der Milchproduktion während dieses Zeitraums darstellt. Deshalb sind auch festgesetzte Milchaufgabevergütungen nach dem MAVG und der MAVV nur insoweit durch den Grundbetrag nach § 13a EStG abgegolten, wie sie auf den Zeitraum der Gewinnermittlung nach dieser Vorschrift entfallen (ebenso Engel in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 13a Rdnr. 11; für Gleichbehandlung der Nichtvermarktungsprämie und der Milchaufgabevergütung auch Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 13a Anm. 7).

c) Die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft waren nur für die Zeit bis zur Übertragung des Betriebs auf seinen Sohn (31. Dezember 1985) nach § 13a EStG zu ermitteln. Danach erzielte der Kläger mit den ihm noch zufließenden Milchaufgabevergütungen nachträgliche Einkünfte aus seinem früheren landwirtschaftlichen Betrieb i. S. des § 24 Nr. 2 EStG i.V. m. § 13 EStG. Eine Ermittlung des Gewinns für diese Einkünfte nach § 13a EStG kam, wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, nicht in Betracht, da diese Gewinnermittlungsart die tatsächliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch den Steuerpflichtigen voraussetzt. Ob im übrigen nachträgliche Einkünfte i. S. des § 24 Nr. 2 EStG durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sind (vgl. hierzu einerseits Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Februar 1978 I R 137/74, BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430, andererseits BFH-Urteil vom 24. Oktober 1979 VIII R 49/77, BFHE 129, 334, BStBl II 1980, 186, sowie Urteil des FG Hamburg vom 15. Dezember 1987 V 144/84, Entscheidungen der Finanzgerichte 1988, 287), kann offenbleiben. Denn die 1986 gezahlte Vergütung war bei beiden Gewinnermittlungsarten im Streitjahr 1986 zu erfassen.

2. Zutreffend hat das FG es auch abgelehnt, die Steuerermäßigung nach § 34e EStG zu gewähren.

Nach § 34e EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, die auf den Gewinn des Veranlagungszeitraums aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entfällt, unter weiteren im Gesetz genannten Voraussetzungen um einen Betrag von höchstens 2.000 DM, wenn der Gewinn des im Veranlagungszeitraum beginnenden Wirtschaftsjahrs nicht nach § 13a EStG ermittelt worden ist und den Betrag von 50.000 DM nicht übersteigt. Durch die Besteuerung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG werden die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich und gewollt nicht in voller Höhe erfaßt (vgl. Kutscher, Deutsche Steuer-Zeitung 1980, 299, 306). Mit der Steuerermäßigung des § 34e EStG soll deshalb das im Vergleich zu der Gewinnermittlung nach § 13a EStG mit der Ermittlung des tatsächlichen Gewinns nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften verbundene sprunghafte Ansteigen der Steuerbelastung ausgeglichen werden (vgl. Scholtz, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1981, 1; vgl. auch BTDrucks 8/3.673, 17). Der Senat hat daraus im Urteil vom 23. Februar 1989 IV R 58/87 (BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709) gefolgert, daß die Anwendung der Ermäßigungsvorschrift sinnvoll nur insoweit in Betracht kommt, als die Gewinne nach § 13a EStG einerseits und die Gewinne nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften andererseits zu einer unterschiedlichen Belastung führen. Dies treffe aber nur für den laufenden Gewinn zu. Bei Veräußerungsgewinnen i. S. der §§ 14, 14a Abs. 1 bis 3, 16, 34 EStG richte sich dagegen die Besteuerung unabhängig von der Art der Gewinnermittlung einheitlich nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften, wie sie in den §§ 14, 16 EStG niedergelegt seien, so daß für solche Veräußerungsgewinne wegen der unterschiedlichen steuerlichen Belastung bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen einerseits und der Gewinnermittlung nach den allgemeinen Vorschriften andererseits kein Bedürfnis für eine Steuerermäßigung für die Gewinnermittlung außerhalb des § 13a EStG bestehe. Auch bei nachträglichen Einkünften aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist danach die Gewährung der Steuervergünstigung nicht sinnvoll. Zu einer unterschiedlichen Besteuerung, die durch § 34e EStG in gewisser Weise ausgeglichen werden soll, kommt es nur bei der Besteuerung der laufenden Gewinne aus lebenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Bei nachträglichen Einkünften i. S. des § 24 Nr. 2 EStG richtet sich die Besteuerung indes unabhängig davon, ob der Gewinn aus dem früheren Betrieb nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG, durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurde, stets nach den allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen des § 4 EStG. Für eine besondere Steuerermäßigung bei diesen Einkünften besteht daher kein Bedürfnis. Diese Gesetzesauslegung entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes. Das Gesetz setzt nämlich voraus, daß in den Einkünften des Veranlagungszeitraums auch ein Gewinn aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb enthalten ist. Bei der 1986 zugeflossenen Milchaufgabevergütung handelt es sich zwar um nachträgliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Diese flossen dem Kläger jedoch nicht als Gewinn aus einem im Veranlagungszeitraum, sondern aus einem früher unterhaltenen Betrieb zu. § 34e EStG begünstigt jedoch nur Einkünfte, die aus einem im Veranlagungszeitraum unterhaltenen Betrieb erzielt werden.

Die Revision war danach als unbegründet zurückzuweisen.