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BFH-Urteil vom 7.6.1989 (X R 12/84) BStBl. 1989 II S. 976

Läuft während des Revisionsverfahrens die Frist ab, innerhalb derer sich die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte beim Abzug der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber auswirken kann, besteht ein berechtigtes Interesse an einem Übergang von der Anfechtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage, wenn die streitige Rechtsfrage auch für die Lohnsteuerermäßigungsverfahren der Folgejahre von Bedeutung ist.

Übersteigen die im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG abziehbaren nachgewiesenen Vorsorgeaufwendungen die in die Lohnsteuertabellen eingearbeiteten Vorsorgepauschalen oder ist die im Lohnsteuer-Jahresausgleich und im Veranlagungsverfahren abzuziehende Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 8 EStG höher als die nach den Lohnsteuertabellen beim Abzug der Lohnsteuer vom Arbeitslohn berücksichtigten Pauschalen, kann der Unterschiedsbetrag gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden. Diese Regelung ist verfassungsgemäß.

EStG 1983 §§ 10, 10c, 37 Abs. 3 Satz 4, 38c, 39a Abs. 1 Nr. 4; FGO § 100 Abs. 1 Satz 4.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Ehefrau bezogen im Streitjahr 1984 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger als Beamter, seine Ehefrau als Sekretärin. Ihre Beiträge zu Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1983 (EStG) überstiegen die in die Lohnsteuertabellen (Lohnsteuerklasse IV/0) eingearbeiteten Vorsorgepauschalen. Der Kläger und seine Ehefrau beantragten, die Differenz zwischen den nach § 10 Abs. 3 EStG abziehbaren Höchstbeträgen und den beim Lohnsteuerabzug berücksichtigten Vorsorgepauschalen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren 1984 - neben Werbungskosten und unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben - als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte des Klägers einzutragen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Eintragung eines Freibetrags für die Versicherungsbeiträge ab, weil diese als Vorsorgeaufwendungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG nach § 39a Abs. 1 Nr. 4 EStG im Lohnsteuerermäßigungsverfahren nicht berücksichtigt werden dürften.

Gegen den ablehnenden Bescheid erhob der Kläger mit Zustimmung des FA Sprungklage. Er beantragte, Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 1.425 DM auf der Lohnsteuerkarte einzutragen, hilfsweise, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen, ob § 39a Abs. 1 EStG mit dem GG vereinbar sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verfassungswidrigkeit des § 39a Abs. 1 EStG. Er trägt im wesentlichen vor: Bei Arbeitnehmerehepaaren, bei denen nur ein Ehegatte sozialversicherungspflichtig sei, werde die als Sonderausgabe abziehbare Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 8 EStG ermittelt. Da diese Vorsorgepauschale nicht in die Lohnsteuertabellen eingearbeitet sei, würden die Vorsorgeaufwendungen beim Lohnsteuerabzug nicht in Höhe der Pauschale berücksichtigt. Aufgrund des § 39a Abs. 1 EStG dürfe der nicht berücksichtigte Teil der Vorsorgepauschale auch nicht im Lohnsteuerermäßigungsverfahren als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden. Diese Regelung verstoße gegen Art. 3 GG, weil er und seine Ehefrau gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen willkürlich benachteiligt würden, die ihre Steuern im Vorauszahlungsverfahren zu entrichten hätten. Die Benachteiligung lasse sich auch nicht mit dem Gebot der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen. Zwar sei die Einarbeitung der Vorsorgepauschalen nach § 10c Abs. 8 EStG in die Lohnsteuertabelle kaum realisierbar. Jedoch könne der sich daraus ergebende Nachteil durch eine individuelle Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren beseitigt werden. Für die Masse der Fälle bliebe das Lohnsteuerermäßigungsverfahren weiterhin entlastet.

Der Kläger beantragte zunächst, die Vorentscheidung aufzuheben und seinem im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Antrag zu entsprechen.

Nach Ablauf der Frist, bis zu der sich die Eintragung eines höheren Freibetrages hätte auswirken können, beantragte der Kläger, "das Anfechtungsverfahren in ein Feststellungsverfahren nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO überzuleiten".

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Revision ist zulässig. Der Kläger durfte zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergehen (§§ 121, 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Kann - wie im Streitfall - der begehrte Eintrag auf der Lohnsteuerkarte beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber wegen Zeitablaufs nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG), entfällt für die Anfechtungsklage (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Mai 1973 VI B 116/72, BFHE 109, 302, BStBl II 1973, 667) das Rechtsschutzbedürfnis. Auf Antrag kann das Anfechtungsverfahren jedoch in ein Feststellungsverfahren nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO übergeleitet werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der abgelehnten Eintragung auf der Lohnsteuerkarte hat (z.B. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1982 VIII R 54/81, BFHE 137, 456, BStBl II 1983, 315, m.w.N.).

Im Streitfall hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, daß die Verweigerung der begehrten Eintragung rechtswidrig war. Zwar ist die Streitfrage nur von Bedeutung für das Lohnsteuerermäßigungsverfahren, da beim Lohnsteuer-Jahresausgleich oder bei der Veranlagung die volle Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 8 EStG oder die nachgewiesenen Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG abgezogen werden. Die Streitfrage wird jedoch erneut bedeutsam für die Lohnsteuerermäßigungsverfahren der Folgejahre. Wenn auch eine in einem Lohnsteuerermäßigungsverfahren ergangene gerichtliche Entscheidung die Beteiligten für die Folgejahre nicht bindet, so ist doch anzunehmen, daß sich die Beteiligten - bei unveränderter Sachlage - der Auffassung des Gerichts anschließen werden. Außerdem könnte die Streitfrage anders als durch Fortsetzungsfeststellungsklage wohl kaum jemals gerichtlich geklärt werden. Bei der derzeitigen Dauer finanzgerichtlicher Verfahren nämlich ist mit einer letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung über eine Eintragung der streitigen Art vor Ablauf der in § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG gesetzten Frist nicht zu rechnen.

II. Die Revision ist aber unbegründet.

1. Zu Recht hat das FG die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für Versicherungsbeiträge abgelehnt.

Nach § 39a Abs. 1 Nr. 4 EStG dürfen nur Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1 a, 4 bis 7 und des § 10b EStG auf der Lohnsteuerkarte als vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag eingetragen werden, nicht aber Versicherungsbeiträge i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Das gilt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht nur für den Fall, daß die im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG abziehbaren nachgewiesenen Versicherungsbeiträge die in die Lohnsteuertabellen eingearbeiteten Vorsorgepauschalen übersteigen, sondern auch dann, wenn die im Lohnsteuer-Jahresausgleich oder Veranlagungsverfahren abzuziehende Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 8 EStG höher ist als die nach den Lohnsteuertabellen beim Lohnsteuerabzug vom Arbeitslohn berücksichtigten Pauschalen.

2. Ebenfalls zu Recht hat das FG § 39a Abs. 1 Nr. 4 EStG für verfassungsgemäß angesehen. Diese Vorschrift führt zwar bei bestimmten Sachverhalten zu einer unterschiedlichen Behandlung von Steuerpflichtigen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Steuerpflichtigen mit anderen Einkünften. Die unterschiedliche Behandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt.

a) Steuerpflichtige mit Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 5 bis 7 EStG erhalten für Vorsorgeaufwendungen einen sog. Vorsorgepauschbetrag von 300 DM (bei Zusammenveranlagung von 600 DM), wenn sie keine höheren Aufwendungen nachweisen (§ 10c Abs. 2, Abs. 5 Nr. 1 EStG). Nachgewiesene Vorsorgeaufwendungen können bei der Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen und der Anpassung der Vorauszahlungen an die voraussichtliche Einkommensteuer im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG nach Maßgabe des § 37 Abs. 3 Satz 4 EStG berücksichtigt werden.

Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit konnten nach der bis 1974 geltenden Rechtslage Vorsorgeaufwendungen als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eintragen lassen (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. vor 1975). Zur Verfahrensvereinfachung und zur Entlastung der Verwaltung wurde im Rahmen der Einkommensteuerreform 1975 für Arbeitnehmer eine - in die Lohnsteuertabelle eingearbeitete - Vorsorgepauschale (§ 10c Abs. 3 EStG) geschaffen. Die Vorsorgepauschale soll die typischen Vorsorgeaufwendungen eines Arbeitnehmers (Sozialversicherungsbeiträge und in gewissem Umfang auch private Vorsorgeaufwendungen) abdecken. Im Hinblick auf die umfassende Abgeltung der regelmäßigen Vorsorgeaufwendungen wurde ihre Berücksichtigung im Lohnsteuerermäßigungsverfahren ausgeschlossen (§ 39a Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die Vorsorgepauschale übersteigende Vorsorgeaufwendungen können seitdem nur im Lohnsteuer-Jahresausgleich oder bei einer Veranlagung im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG geltend gemacht werden.

Bis 1982 wurde die Vorsorgepauschale sozialversicherungspflichtigen und nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern in gleicher Weise gewährt. Für nicht sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, die keine oder nur geringe Vorsorgeaufwendungen hatten, kam die Vorsorgepauschale einem Freibetrag gleich. Um diese Besserstellung zu beseitigen, wurde durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1982, 1857, BStBl I 1982, 972) für Arbeitnehmer i.S. des § 10c Abs. 7 EStG die Vorsorgepauschale auf jeweils höchstens 1.000 DM begrenzt (§ 10c Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 7 EStG). Bei zusammenveranlagten Arbeitnehmer-Ehegatten wird dieser Betrag verdoppelt (§ 10c Abs. 5 Nr. 1 EStG).

Gehört - wie im Streitfall - nur ein Ehegatte zu den Arbeitnehmern i.S. des § 10c Abs. 7 EStG, wird die Vorsorgepauschale abweichend von den allgemeinen Vorschriften ermittelt. Sie beträgt - wenn keine Kinder zu berücksichtigen sind - 18 v.H. des Arbeitslohns des nicht unter § 10c Abs. 7 EStG fallenden Ehegatten zuzüglich 2 x 9 v.H., höchstens jeweils 1.000 DM vom Arbeitslohn des Ehegatten, der zum Personenkreis des § 10c Abs. 7 EStG gehört (§ 10c Abs. 8 Satz 1 EStG).

Die Vorsorgepauschalen sind gemäß § 38c EStG in die Lohnsteuertabellen einbezogen. In der allgemeinen Lohnsteuertabelle für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer mit Steuerklasse IV ohne Kinder wird die Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 3 Satz 2 EStG (9 v.H. des Arbeitslohns, höchstens 2.340 DM zuzüglich 9 v.H. des Arbeitslohns, höchstens 1.170 DM) berücksichtigt (§ 38c Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c EStG). Für Arbeitnehmer, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 7 EStG gehören, gilt eine besondere Lohnsteuertabelle, die für Arbeitnehmer ohne Kinder mit Steuerklasse IV die Vorsorgepauschale des § 10c Abs. 3 Satz 3 EStG (9 v.H. des Arbeitslohns, höchstens 1.000 DM zuzüglich 9 v.H. des Arbeitslohns, höchstens 1.000 DM) enthält. Im Streitfall werden daher für den Kläger und seine Ehefrau beim Abzug der Lohnsteuer vom Arbeitslohn Vorsorgepauschalen von 2.000 DM und 3.510 DM berücksichtigt.

Der beim Lohnsteuerabzug berücksichtigte Gesamtbetrag von 5.510 DM für Vorsorgeaufwendungen ist niedriger als die dem Kläger und seiner Ehefrau zustehende, bei der Veranlagung oder beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu berücksichtigende Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 8 EStG. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Höchstbetrag des § 10c Abs. 8 Satz 2 EStG allerdings nicht aus der Summe des Höchstbetrags nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG in Höhe von 4.680 DM zuzüglich des absoluten Höchstbetrags des § 10 Abs. 3 Nr. 3 EStG in Höhe von 2.340 DM (Gesamthöchstbetrag also 7.020 DM) zu errechnen. Vielmehr ist auf den nach § 10c Abs. 8 Satz 1 EStG ermittelten Betrag die für Vorsorgeaufwendungen geltende Höchstbetragsberechnung (Grundhöchstbetrag zuzüglich hälftigem Ansatz - § 10 Abs. 3 Nr. 1 und 3 EStG) anzuwenden (vgl. Urteil des Senats vom 7. Juni 1989 X R 186/87, BFHE 157, 188, sowie Abschn. 49 Abs. 7 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR -), so daß die Vorsorgepauschale im Streitfall nur 6.426 DM beträgt. Außerdem sind auch die im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG abziehbaren nachgewiesenen Vorsorgeaufwendungen im Streitfall höher als die Pauschalen nach den Lohnsteuertabellen.

Da die bei der Veranlagung oder beim Lohnsteuer-Jahresausgleich abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nicht bereits beim Lohnsteuerabzug in voller Höhe berücksichtigt werden dürfen, sind der Kläger und seine Ehefrau gegenüber Steuerpflichtigen, die ihre Einkommensteuer durch Vorauszahlungen entrichten, benachteiligt. Sie haben gemessen an ihren Gesamteinkünften zunächst eine zu hohe Einkommensteuer zu zahlen, die ihnen erst nach Durchführung der Veranlagung oder des Lohnsteuer-Jahresausgleichs wieder erstattet wird.

b) Diese mit dem Ausschluß des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für Vorsorgeaufwendungen verbundenen Zinsnachteile sind durch die Besonderheiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens sachlich gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl. die Nachweise im BFH-Urteil vom 26. November 1985 IX R 1/81, BFHE 145, 383, BStBl II 1986, 353) ist der Gleichheitssatz nur dann verletzt, wenn sich für eine gesetzliche Differenzierung kein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund finden läßt und deshalb die gesetzliche Regelung als willkürlich anzusehen ist. Im Steuerrecht, das Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betrifft, darf der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe wählen und sich mit Typengerechtigkeit begnügen. Geringfügige oder nur in besonderen Fällen auftretende Ungleichheiten sind unbeachtlich (BFHE 145, 383, BStBl II 1986, 353, m.w.N.).

Da das Lohnsteuerabzugsverfahren eine vereinfachte Einkommensbesteuerung mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand bezweckt, hat das BVerfG nicht beanstandet, daß Verluste aus anderen Einkunftsarten im Lohnsteuerermäßigungsverfahren unberücksichtigt bleiben. Das BVerfG hat betont, daß eine andere Gestaltung den mit dem Lohnsteuerverfahren als einem Massenverfahren verbundenen Rationalisierungseffekt beeinträchtigen würde (Beschluß vom 26. Januar 1977 1 BvL 7/76, BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297). Die Zinsnachteile, die der Arbeitnehmer durch die vereinfachte Erhebung der Einkommensteuer erleide, würden durch den Arbeitnehmerfreibetrag (§ 19 Abs. 4 EStG) - ohne Rücksicht auf die Höhe der Nachteile im Einzelfall - ausgeglichen. Damit stelle der Gesetzgeber in generalisierender und pauschalierender Form die "Lohnsteuerzahler" den "Einkommensteuerzahlern" gleich.

Diese Erwägungen des BVerfG gelten gleichermaßen für die Nichtberücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren. Durch die Vorsorgepauschale wollte der Gesetzgeber nicht nur das Lohnsteuerermäßigungsverfahren entlasten, sondern auch die Zahl der Veranlagungen und Lohnsteuer-Jahresausgleichsfälle verringern. Mit der Einführung der gekürzten Vorsorgepauschale hat der Gesetzgeber das Verfahren zwar zum Teil wieder erschwert (mehrere Lohnsteuertabellen, vermehrte Veranlagungen und Lohnsteuer- Jahresausgleiche). Das verpflichtete ihn jedoch nicht, das Lohnsteuerermäßigungsverfahren für Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmern i.S. des § 10c Abs. 7 EStG zu öffnen und damit die Verwaltung noch weiter zu belasten, zumal diese Möglichkeit aus Gleichheitsgründen auch sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern eingeräumt werden müßte.

Je nach Wahl der Steuerklasse kann es nämlich auch bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer-Ehepaaren vorkommen, daß beim Lohnsteuerabzug nicht die ihnen zustehende Vorsorgepauschale berücksichtigt wird (vgl. Laux, Betriebs-Berater 1984, Beilage 7, S. 20). Ferner können sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer und Arbeitnehmer-Ehepaare in vielen Fällen private Vorsorgeaufwendungen über die Vorsorgepauschale hinaus im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG abziehen (vgl. Laux, a.a.O., S. 8 ff.), die im Lohnsteuerermäßigungsverfahren ebenfalls nicht geltend gemacht werden dürfen. Als Beamter hat der Kläger notwendige und den Sozialversicherungsbeiträgen vergleichbare Vorsorgeaufwendungen nur in Form von Krankenversicherungsbeiträgen (im Streitjahr 1.381 DM). Diese werden von der gekürzten Vorsorgepauschale in voller Höhe abgedeckt. Die übrigen Beiträge zu Lebens-, Haftpflicht- und Unfallversicherungen (im Streitjahr 1.394 DM) werden durch die Vorsorgepauschale fast zur Hälfte berücksichtigt, also weit höher als private Vorsorgeaufwendungen sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Diese hatten im Streitjahr 1984 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 17,5 v.H. des Arbeitslohns aufzubringen, so daß die 18 v.H. des Arbeitslohns betragende Vorsorgepauschale nur in sehr geringem Umfang private Vorsorgeaufwendungen abdeckte (vgl. Laux, a.a.O., S. 7). Um eine Ungleichbehandlung zu vermeiden, müßte das Lohnsteuerermäßigungsverfahren auch auf Vorsorgeaufwendungen sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer ausgedehnt werden. Damit würde aber der mit der Vorsorgepauschale und dem Ausschluß des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens verfolgte Zweck, das Verfahren zu vereinfachen und die Verwaltung zu entlasten, verfehlt. Da der Gesetzgeber bei Massenvorgängen aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe wählen und sich mit Typengerechtigkeit begnügen darf, muß der Nachteil hingenommen werden, den einzelne Arbeitnehmer dadurch erleiden, daß ihre abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nicht bereits beim Lohnsteuerabzug in voller Höhe berücksichtigt werden. Dieser nur in einem Zinsverlust bestehende Nachteil ist nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297) im übrigen durch die Gewährung des Arbeitnehmerfreibetrags (§ 19 Abs. 4 EStG) abgegolten. Auch ist zu beachten, daß Steuerpflichtige mit Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 5 bis 7 EStG, die ihre Einkommensteuer durch Vorauszahlungen entrichten, für Vorsorgeaufwendungen nur einen Pauschbetrag von 300 DM (bei Zusammenveranlagung von 600 DM) erhalten, während für den Kläger und seine Ehefrau beim Lohnsteuerabzug Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 5.510 DM berücksichtigt werden. Der Kläger und seine Ehefrau werden daher nicht willkürlich ungleich gegenüber diesem Personenkreis behandelt. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das BVerfG kommt somit nicht in Betracht.