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BFH-Urteil vom 28.6.1989 (I R 25/88) BStBl. 1989 II S. 982

1. Vermögensmehrungen auf Grund einer Gesellschaftereinlage einerseits und auf Grund eines Erfolgsbeitrages andererseits vollziehen sich durch jeweils andere Sachverhalte, bezüglich derer selbständige Regelungen (Kapitalverkehrsteuerbescheide) ergehen müssen.

2. Mit einer Betriebsaufspaltung ist nicht notwendigerweise eine Übertragung des Geschäftswerts auf das Betriebsunternehmen verbunden.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine durch Bargründung entstandene GmbH, deren Gegenstand das Betreiben eines Autohauses ist. Gründungsgesellschafter der Klägerin waren die Eheleute M. Der anläßlich der Gründung der Klägerin vollzogene Ersterwerb von Gesellschaftsrechten wurde vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) bestandskräftig gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 zur Gesellschaftsteuer herangezogen.

Die Klägerin erwarb durch Vertrag vom 16. Januar 1978 von der M-KG deren Umlaufvermögen sowie Fahrzeuge, geringwertige Wirtschaftsgüter und Werkzeuge mit den damit im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten zu den Buchwerten. In Höhe des Differenzbetrages zwischen den übertragenen Aktiva und Passiva wurde der Klägerin ein Darlehen gewährt. Außerdem pachtete sie das übrige Anlagevermögen der M-KG zu einem monatlichen Pachtzins in Höhe von 10.200 DM.

Die M-KG war zum 1. Januar 1978 dadurch gegründet worden, daß Josef M sein Einzelunternehmen und dessen Ehefrau eine Bareinlage von 20.000 DM in die M-KG einbrachten. Das Einzelunternehmen bestand aus dem Betreiben des o.g. Autohauses.

Das FA sah in dem Übergang des "Ertragswertes der KG" auf die Klägerin eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 gesellschaftsteuerpflichtige Leistung. Den übertragenen Ertragswert ermittelte es mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens in Höhe von 494.200 DM. Durch Bescheid vom 1. Juli 1983 setzte es die Gesellschaftsteuer mit 4.942 DM fest.

Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos.

Mit ihrer vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verfahrensmängel und die Verletzung von Bundesrecht.

Die Klägerin beantragt, den Gesellschaftsteuerbescheid vom 1. Juli 1983 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 1983, bestätigt durch die Vorentscheidung, ersatzlos aufzuheben und die Gesellschaftsteuer auf 0 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG-Urteil leidet an keinem Verfahrensfehler. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).

2. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 unterliegt die Überlassung von Gegenständen durch den Gesellschafter an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung der Gesellschaftsteuer, wenn die Überlassung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Eine entsprechende Eignung ist anzunehmen, wenn sich als Folge der Überlassung von Gegenständen das Gesellschaftsvermögen erhöht. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden.

Der Gesellschafter kann seiner Gesellschaft den Gegenstand (teilweise) unentgeltlich zu Eigentum übertragen. In diesem Fall vollzieht sich die Kapitalzufuhr in dem Augenblick der Eigentumsübertragung dadurch, daß der Gegenstand der Sache nach in das Vermögen der Gesellschaft eingeht und dieses damit erhöht. Der Vermögensmehrung der Gesellschaft entspricht eine gleich hohe Vermögensminderung des Gesellschafters. Gesellschaftsrechtlich spricht man in diesem Fall auch von einer (verdeckten) Gesellschaftereinlage in der Form einer freiwilligen Mehrleistung (vgl. Groh, Gesellschafterbeitrag und Gesellschaftsgewinn in Flume-Festschrift, Bd. II, S. 71 ff.).

Der Gesellschafter kann aber auch (teilweise) unentgeltlich seiner Gesellschaft nur die Nutzung eines Gegenstandes überlassen. In diesem Fall tritt durch die erstmalige Überlassung des Gegenstandes noch keine Vermögensmehrung bei der Gesellschaft ein. Diese ist vielmehr davon abhängig, daß die Gesellschaft den Gegenstand nutzt und durch die Nutzung eigene Aufwendungen erspart. Das Vermögen der Gesellschaft wird erst durch die Ersparnis von Aufwendungen vermehrt. Diese Ersparnis vollzieht sich entsprechend der zeitlichen Nutzung des Gegenstandes pro rata temporis. Gesellschaftsrechtlich spricht man in diesem Falle von einem Erfolgsbeitrag z.B. in der Form einer Nutzungsüberlassung (vgl. Groh, a.a.O.). Ob ein solcher Erfolgsbeitrag auch Kapitalzufuhr i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 sein kann (bejahend: Hicks, DVR 1988, 179; verneinend: Müller-Baumgarten, Europarecht und Gesellschaftsteuer, Diss. jur. Bielefeld, S. 112 ff.; Klenk, UVR 1989, 10), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, weil sich die Vermögensmehrungen auf Grund einer Gesellschaftereinlage einerseits und auf Grund eines Erfolgsbeitrags andererseits durch jeweils andere Sachverhalte vollziehen. Nimmt deshalb das FA - wie im Streitfall - eine (vermeintliche) Gesellschaftereinlage als gesellschaftsteuerpflichtige Leistung an, so stellt sich in dem Rechtsbehelfsverfahren, das sich gegen den diese Leistung besteuernden Steuerbescheid richtet, nicht die Frage nach der Gesellschaftsteuerpflicht eines auch in Betracht kommenden Erfolgsbeitrags.

3. Das FG hat für den Streitfall in tatsächlicher Hinsicht nur festgestellt, daß die Klägerin von der M-KG deren Umlaufvermögen und drei Positionen des Anlagevermögens (Fahrzeuge, geringwertige Wirtschaftsgüter und Werkzeuge) mit den damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten zu Eigentum erworben hatte. Das übrige Anlagevermögen wurde von der Klägerin gepachtet.

Diese Feststellungen lassen keine abschließende Beurteilung der Frage zu, ob der Geschäftswert des Unternehmens der M-KG auf die Klägerin überging oder ob sie ihn nur pachtweise nutzte. Entgegen der Auffassung des FG ist die Übertragung des Geschäftswerts nicht zwangsläufig mit einer Betriebsaufspaltung verbunden. Der Geschäftswert eines Unternehmens zählt zum Anlagevermögen (§ 266 Abs. 2 A I Nr. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB - n.F.). Er ist als Vermögensgegenstand besonderer Art nicht selbständig verkehrsfähig. Er kann deshalb nur zusammen mit dem Unternehmen auf einen Erwerber übergehen (vgl. Wortlaut des § 255 Abs. 4 HGB n.F.). Dabei ist unter einem Unternehmen eine Sachgesamtheit zu verstehen, die die betrieblichen Grundlagen umfaßt, die notwendig sind, um selbständig am Wirtschaftsleben teilzunehmen (vgl. Pankow/Reichmann, Beck'scher Bilanzkommentar, § 247 HGB Rdnr. 590; Knop/Küting in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 255 Rdnr. 239 ff.; Hachenburg/Goerdeler/Müller, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Anm. 99). Entscheidend kommt es deshalb darauf an, ob die zu Eigentum übertragenen Vermögensgegenstände für sich allein nach ihrer Zusammensetzung und Organisation eine Teilnahme am Wirtschaftsleben als Unternehmen ermöglichen. Werden wesentliche Betriebsgrundlagen des Unternehmens einer KG nur verpachtet, dann verbleibt der Geschäftswert des Unternehmens im Vermögen der verpachtenden KG. Er wird dem Betriebsunternehmen nur nutzungsweise überlassen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. November 1962 II 165/59, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR- 1963, 170). Daran ändert sich nichts, wenn neben der Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen andere Vermögensgegenstände auf das Betriebsunternehmen zu Eigentum übertragen werden.

4. Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen darüber getroffen, welches die wesentlichen Betriebsgrundlagen des von der M-KG verpachteten Unternehmens waren und ob diese an die Klägerin verpachtet oder zu Eigentum übertragen wurden. Auf diese Feststellung kommt es jedoch an. Sie nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Sollte das FG im 2. Rechtszug zu der Feststellung gelangen, daß der Geschäftswert des von der KG geführten Unternehmens auf die Klägerin übertragen wurde, so wird es auch prüfen müssen, ob nicht ein Teil des vereinbarten Pachtzinses als Entgelt dafür mitherangezogen werden muß.