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BFH-Urteil vom 14.7.1989 (III R 54/84) BStBl. 1989 II S. 1024

1. Ein dem Investitionszulageantrag beigefügter Abdruck des Antrags an das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft auf Erteilung der Bescheinigung über die Förderungswürdigkeit des Gesamtinvestitionsvorhabens kann keine Auslegung des Investitionszulageantrags bewirken, die in diesem selbst keinen Anhaltspunkt findet.

2. Der BFH kann im Revisionsverfahren auch dann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist für die Gewährung einer Investitionszulage ablehnen, wenn das FG hierüber noch nicht entschieden hat, weil es seiner Meinung nach darauf nicht ankam.

InvZulG § 1 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3 Sätze 3 und 4; AO 1977 § 110; FGO § 56 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt eine Druckerei. In den Jahren 1978 bis 1980 nahm sie umfangreiche technische Umstellungen vor. Außerdem führte sie 1980 bauliche und maschinelle Erweiterungen durch.

Unter dem 24. September 1979 stellte die Klägerin für das Kalenderjahr 1978 einen am 25. September 1979 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) eingegangenen Antrag auf Investitionszulage nach § 1 des Investitionszulagengesetzes 1979 (InvZulG 1979), der auf eine Investitionssumme von 4.024.077,79 DM (insgesamt 114 Positionen) lautete. In dem Antrag heißt es u.a., daß die Investitionen in Zusammenhang mit der Erweiterung der Betriebstätte in einem förderungsbedürftigen Betrieb stünden und daß die nach § 2 InvZulG 1979 erforderliche Bescheinigung sowie die durch die Wirtschaftsbehörde bestätigte Durchschrift des Antrags auf Erteilung der Bescheinigung nachgereicht würden. Eine Kopie des Antrags an das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft (Bundesamt) vom 21. März 1979 war dem Investitionszulageantrag beigefügt. Daraus ergab sich u.a., daß von der Gesamtinvestitionssumme (7.928.000 DM) 4.069.000 DM auf das Jahr 1978, 1.959.000 DM auf das Jahr 1979 und 1.900.000 DM auf das Jahr 1980 entfallen würden.

Das Bundesamt lehnte die Erteilung der nach § 2 InvZulG 1979 erforderlichen Bescheinigung zunächst ab, erteilte sie dann aber aufgrund des Widerspruchs der Klägerin am 1. Oktober 1980. Am 21. Oktober 1980 ging beim FA dann auch für das Kalenderjahr 1979 ein auf § 1 InvZulG 1979 gestützter Zulageantrag über weitere Investitionen in Zusammenhang mit dem Projekt in der Größenordnung von 1.930.023 DM (insgesamt 30 Positionen) ein. In einem dem Antrag beigefügten Schreiben beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist nach § 5 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1979. Wegen des späten Eingangs der vom Bundesamt ausgestellten Bescheinigung habe der Antrag nicht mehr rechtzeitig eingereicht werden können. Eine vorsorgliche Antragstellung sei wegen des unklaren Ausgangs des Bescheinigungsverfahrens versäumt worden.

Das FA verweigerte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und setzte die Zulage für 1979 wegen verspäteter Antragstellung auf null DM fest.

Nach erfolglosem Einspruch begehrte die Klägerin mit der Klage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie habe die Antragsfrist verstreichen lassen, weil sie angenommen habe, den Antrag wegen der verspäteten Erteilung der Bescheinigung durch das Bundesamt ohnehin nicht mehr fristgerecht stellen zu können. Nachdem nämlich die Erteilung der Bescheinigung zunächst durch das Bundesamt abgelehnt worden sei, habe sie es für undenkbar gehalten, daß eine Antragstellung in einem anderen Verfahren - hier dem Verfahren nach § 1 InvZulG 1979 - überhaupt zulässig sein könne.

Die Klage hatte im Ergebnis Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, daß es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist nicht ankomme. Die Klägerin habe vielmehr mit dem für das Jahr 1978 gestellten Antrag vom 24. September 1979 auch bereits einen Investitionszulageantrag für das Jahr 1979 gestellt. Der dem Investitionszulageantrag beigefügte Antrag an das Bundesamt bezeichne nach Art und Ort das gesamte Investitionsvorhaben bis in das Jahr 1980 hinein. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könne ein Investitionszulageantrag auch schon vor Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres wirksam gestellt werden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 23. Juli 1976 III R 122/75, BFHE 119, 553, BStBl II 1976, 759).

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der Verletzung des § 5 Abs. 3 InvZulG 1979 gerügt wird.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1. Entgegen der Auffassung des FG ist der am 24. September 1979 gestellte Antrag für 1978 nicht zugleich ein Investitionszulageantrag für das Jahr 1979.

a) Der erkennende Senat hat zwar in dem vom FG angeführten Urteil in BFHE 119, 553, BStBl II 1976, 759 entschieden, daß der Zulageantrag bereits vor Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden kann, für das Investitionszulage begehrt wird. Er hat darüber hinaus in seinem Urteil vom 25. Februar 1977 III R 90/76 (BFHE 122, 207, BStBl II 1977, 782) die Auffassung vertreten, daß der Investor den Zulageantrag für ein geschlossenes, sich über mehrere Jahre erstreckendes Investitionsvorhaben insgesamt stellen kann. Diese beiden Entscheidungen sind aber zu der Regionalzulage nach dem InvZulG 1969 ergangen. Die zweite Entscheidung ist nur aus den Besonderheiten der Rechtslage nach dem InvZulG 1969 begründet. Diese Besonderheiten lagen darin, daß nach § 1 dieses Gesetzes für die Gewährung der Regionalzulage das Investitionsvorhaben als solches und nicht das einzelne Wirtschaftsgut maßgebend war. Mit Urteil vom 17. Februar 1989 III R 44/88 (BFHE 156, 325, BStBl II 1989, 469) hat der erkennende Senat klargestellt, daß die Rechtslage für die Investitionszulage nach den ab 1979 geltenden Neufassungen des InvZulG eine andere ist.

b) Objekt der Förderung nach den ab 1979 geltenden Neufassungen des InvZulG ist nicht mehr das Investitionsvorhaben als solches, sondern das einzelne Wirtschaftsgut. Ein mehrjähriges Investitionsvorhaben, das auch Einzelinvestitionen umfaßt, bildet danach zulagerechtlich mehrere Abschnitte (Wirtschaftsjahre/Kalenderjahre); die Folge ist, daß jeweils für die innerhalb eines Wirtschaftsjahres angeschafften und hergestellten Wirtschaftsgüter eine (Jahres-)Investitionszulage zu beantragen und festzusetzen ist. Dies folgert der Senat aus der gegenüber dem InvZulG 1969 genaueren Beschreibung des Gegenstandes der Begünstigung in § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG in den ab 1973 geltenden Fassungen und außerdem aus § 5 Abs. 3 Satz 4 InvZulG in den ab 1979 geltenden Fassungen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Urteil in BFHE 156, 325, BStBl II 1989, 469 Bezug genommen. Die Klägerin konnte daher mit dem Antrag vom 24. September 1979 keinen wirksamen Antrag für das gesamte in das Jahr 1980 hineinreichende Investitionsvorhaben stellen.

c) Sie hat am 24. September 1979 aber auch noch keine Investitionszulage für Einzelinvestitionen des Jahres 1979 beantragt. Da Objekt der Förderung das einzelne Wirtschaftsgut ist, müssen die Wirtschaftsgüter in dem Antrag auf Investitionszulage so bezeichnet werden, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 4 in den ab 1979 geltenden Fassungen des InvZulG). Bei der Nachprüfung müssen also die für den Antrag maßgeblichen Wirtschaftsgüter feststellbar sein, in die die Investitionen, für die die Zulage beantragt wird, erfolgt sind.

aa) Investitionen in diesem Sinne sind bei der Beantragung einer Investitionszulage für Teilherstellungskosten oder für Anzahlungen diejenigen Herstellungskosten oder Anzahlungen, die in dem im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung bereits beendeten Wirtschaftsjahr durchgeführt worden sind und für welche die konkret bezifferte Zulage begehrt und gewährt wird. Der erkennende Senat hat daher mit Beschluß vom 17. März 1989 III B 136/87 (BFHE 156, 539, BStBl II 1989, 630) entschieden, daß die Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG 1982 in der Regel nicht wirksam bereits für Teilherstellungskosten beantragt werden kann, die in einem im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht beendeten Wirtschaftsjahr anfallen. Entsprechendes muß für Anzahlungen und für die Gewährung einer Investitionszulage nach § 1 InvZulG 1979 gelten.

Der Senat vermag aufgrund der Feststellungen des FG nicht zu beurteilen, ob durch das Investitionsvorhaben der Klägerin im Bereich Zeitungsdruck nur ein einziges einheitliches Wirtschaftsgut hergestellt oder angeschafft worden ist und ob demgemäß die im Jahre 1979 aufgewendeten Kosten nur Teilherstellungskosten oder Anzahlungen waren. In diesem Fall war jedenfalls aus den oben angeführten Gründen am 24. September 1979 noch kein Investitionszulageantrag für die in 1979 entstandenen Teilherstellungskosten oder Anzahlungen möglich. Der Aufklärung, ob ein solcher Fall vorliegt, bedarf es jedoch nicht.

bb) Ist nämlich das Investitionsvorhaben der Klägerin in einzelne selbständige Wirtschaftsgüter aufteilbar, so war am 24. September 1979 eine vorzeitige Antragstellung vor Beendigung des Jahres im Sinne des Urteils in BFHE 119, 553, BStBl II 1976, 759 nur insoweit möglich, als es um Wirtschaftsgüter ging, die im Zeitpunkt der Antragstellung bereits hergestellt oder angeschafft worden waren (vgl. den oben genannten Beschluß des Senats vom 17. März 1989 III B 136/87). Denn bei der Beantragung einer Investitionszulage für bereits hergestellte oder angeschaffte Wirtschaftsgüter muß sich das Erfordernis der Nachprüfungsmöglichkeit auf diese Herstellung oder Anschaffung beziehen.

cc) Von dem Antrag vom 24. September 1979 für das Jahr 1978 kann aber nicht angenommen werden, daß er auch bis zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 1979 fertiggestellte oder angeschaffte Wirtschaftsgüter umfassen sollte.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin den Antrag offenbar selbst nicht so verstanden hat. Anderenfalls wäre sie insoweit bei ihrem am 21. Oktober 1980 beim FA eingegangenen Antrag für 1979 nicht von einer verspäteten Antragstellung ausgegangen.

Allerdings ist ein Antrag auf Investitionszulage in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen (vgl. allgemein zur Anwendung des § 133 BGB auf außerprozessuale Verfahrenserklärungen BFH-Urteile vom 8. Februar 1974 III R 140/70, BFHE 112, 6, BStBl II 1974, 417; vom 29. Juli 1986 IX R 123/82, BFH/NV 1987, 359). Danach ist entscheidend, wie das FA als Erklärungsempfänger den Antrag nach seinem objektiven Erklärungswert verstehen mußte (vgl. Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 48. Aufl., § 133 Anm. 4 c m.w.N.). Hierbei muß zwar ggf. auch auf Umstände zurückgegriffen werden, die außerhalb der auszulegenden Erklärung liegen und einen Rückschluß auf den erklärten Willen erlauben (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 1986 I R 173/82, BFH/NV 1987, 178). Voraussetzung für eine Auslegung ist aber immer, daß die eigentliche Erklärung auslegungsbedürftig ist. Hieran fehlt es, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat (BFH-Urteil in BFH/NV 1987, 359; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Anm. 3).

Wortlaut und Zweck des Antrags vom 24. September 1979 ließen für das FA nicht den Schluß zu, daß es sich auch um einen Antrag für das Jahr 1979 handeln sollte. Das von der Klägerin ausgefüllte Antragsformular nennt nur die Jahreszahl 1978. Die Klägerin hat in dem Formular keinen Zusatz oder sonstigen Hinweis gemacht, der auf einen Antrag auch für das Jahr 1979 hindeuten könnte. Ebenso enthält die dem Antrag beigefügte Aufstellung der einzelnen Aufwendungen, für die Investitionszulage begehrt wird, nur Investitionen des Jahres 1978. Der Antrag konnte nach seinem objektiven Erklärungswert vom FA deshalb nur so verstanden werden, daß es der Klägerin einzig und allein um die Gewährung von Investitionszulage für diese Investitionen des Jahres 1978 ging.

Der dem Antrag ebenfalls beigefügte Abdruck des Antrags an das Bundesamt läßt demgegenüber entgegen der Auffassung des FG keine andere Auslegung des Investitionszulageantrags zu. Der Antrag an das Bundesamt dient der Erlangung der Bescheinigung über die Förderungswürdigkeit des gesamten Investitionsvorhabens der Klägerin und umschreibt demgemäß die Einzelinvestitionen im Rahmen dieses Gesamtvorhabens wesentlich allgemeiner als der Investitionszulageantrag. Daraus ergeben sich keine Anhaltspunkte, daß damit der Investitionszulageantrag für 1978 auf bis zum Zeitpunkt der Antragstellung in 1979 hergestellte oder angeschaffte Wirtschaftsgüter erstreckt werden sollte. Soweit in dem Antrag an das Bundesamt oder in seinen Anlagen Wirtschaftsgüter überhaupt i.S. des § 5 Abs. 3 Satz 4 InvZulG 1979 genau genug bezeichnet worden sind, ist jedenfalls nicht auf die Herstellung oder Anschaffung dieser Wirtschaftsgüter bis zum Zeitpunkt der Stellung des Investitionszulageantrags abgestellt. Es sind allenfalls allgemein Wirtschaftsgüter bezeichnet worden, die im Jahr 1978 und im gesamten Jahr 1979 (sowie im Jahr 1980) innerhalb des Gesamtinvestitionsvorhabens angeschafft oder hergestellt werden sollten. Die Beifügung des Antrags an das Bundesamt zu dem Investitionszulageantrag konnte demgemäß aus der Sicht des FA nur zur Erläuterung bestimmt sein, daß sich die Investitionen des Jahres 1978, auf die sich der Investitionszulageantrag bezog, sinnvoll in ein nach Ansicht der Klägerin förderungswürdiges Gesamtinvestitionsvorhaben einbetteten und daß daher für dieses Gesamtinvestitionsvorhaben die Bescheinigung über die Förderungswürdigkeit beantragt worden war.

Bei dieser Auslegung ist insbesondere zu berücksichtigen, daß sich der dem Investitionszulageantrag als Abdruck beigefügte Antrag an das Bundesamt und nicht an das FA richtete. Der Investitionszulageantrag ist jedoch beim FA zu stellen. Ein an eine ganz andere Behörde gerichteter Antrag kann daher nicht maßgebend für eine Auslegung des Investitionszulageantrags sein, für die sich im Zulageantrag selbst kein Hinweis findet. Der dem Investitionszulageantrag beigefügte Abdruck des Antrags an das Bundesamt auf Erteilung der Bescheinigung über die Förderungswürdigkeit des Gesamtinvestitionsvorhabens kann folglich keine Auslegung des Investitionszulageantrags bewirken, die in diesem selbst keinen Anhaltspunkt findet.

2. Da der Antrag vom 24. September 1979 somit kein wirksamer Antrag für das Jahr 1979 ist, kommt es für die Entscheidung des Streitfalls darauf an, ob die Investitionszulage für 1979 aufgrund des am 21. Oktober 1979 beim FA eingegangenen Antrags zu gewähren ist. Dieser Antrag führt aber ebenfalls nicht zur Investitionszulage, da er gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1979 verspätet gestellt worden ist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das FA zu Recht abgelehnt, denn die Voraussetzungen des § 110 der Abgabenordnung (AO 1977) liegen nicht vor.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Irrtums über eine Ausschlußfrist nur dann gewährt werden, wenn sich der Irrtum auf die Frist selbst oder auf die Form der Fristwahrung bezog (Urteile des BFH vom 29. Juli 1954 V 50/54 U, BFHE 59, 212, BStBl III 1954, 290; vom 8. März 1957 VI 117/55 U, BFHE 64, 509, BStBl III 1957, 190; vom 28. April/1. September 1961 III 77/59 U, BFHE 74, 120, BStBl III 1962, 45; vom 3. Juli 1986 IV R 133/84, BFH/NV 1986, 717, und der Beschluß vom 9. Mai 1967 II B 3/67, BFHE 88, 541, BStBl III 1967, 472). Irrtümer über das Wesen einer Ausschlußfrist oder über materielles Recht begründen dagegen eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht (hierzu der BFH in BFHE 74, 120, BStBl III 1962, 45; BFHE 88, 541, BStBl III 1967, 472; BFH/NV 1986, 717); denn in diesen Fällen kann dem Steuerpflichtigen zugemutet werden, von seinen Antragsrechten in der gebotenen Weise Gebrauch zu machen bzw. sich hierüber zu informieren. Im Streitfall sprechen die Umstände dafür, daß sich die Klägerin bei der verspäteten Abgabe ihres Antrags vom 21. Oktober 1980 über das Wesen der Ausschlußfrist für die Antragstellung bzw. über die Erfolgsaussichten ihres Antrags beim Bundesamt, also über materielles Recht, geirrt hat. Die Frage, ob schon aus diesen Gründen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu versagen ist, kann aber letztlich offenbleiben.

b) Selbst wenn nämlich die verspätete Antragstellung auf einen Irrtum über den tatsächlichen Ablauf der Frist selbst zurückgeführt werden könnte, wäre der Klägerin Wiedereinsetzung nur bei unverschuldetem Irrtum zu gewähren. Von einem solchen unverschuldeten Irrtum kann nicht ausgegangen werden. Die Klägerin mußte schon aus der Antragstellung im Vorjahr und aus dem deutlichen Hinweis im Antragsformular wissen, daß der Antrag auf Investitionszulage für 1979 nur bis zum 30. September 1980 gestellt werden konnte. Die Klägerin konnte auch nicht im Irrtum darüber sein, daß eine rechtzeitige Antragstellung auch ohne Vorlage der Bescheinigung des Bundesamtes erfolgen konnte. Sie hatte nämlich bereits im Vorjahr für 1978 den Antrag mit dem Hinweis gestellt, daß die Bescheinigung nachgereicht werde.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre ihr auch kein Vorwurf zu machen gewesen, wenn sie den Antrag rechtzeitig ohne Vorlage der Bescheinigung bis zum 30. September 1980 gestellt hätte. Die Sachlage war nicht so, daß der Klägerin die Erteilung der Bescheinigung vom Bundesamt endgültig abgelehnt und dann überraschend nach dem 30. September 1980 doch noch erteilt worden wäre. Vielmehr war die Entscheidung des Bundesamtes über die Ablehnung der Bescheinigung noch nicht bestandskräftig, da sie von der Klägerin fristgerecht angefochten worden war. Die Klägerin bemühte sich also weiterhin um die Durchsetzung ihres Antrags auf Erteilung der Bescheinigung. Dann mußte sie sich aber auch um eine rechtzeitige Antragstellung für die Investitionszulage für 1979 bemühen. Denn im Zeitpunkt des Ablaufs der Antragsfrist konnte sie nicht davon ausgehen, daß der Anspruch auf Investitionszulage nicht bestand. Wie die Anfechtung der Ablehnung der Bescheinigung gemäß § 2 InvZulG 1979 zeigt, ging die Klägerin auch tatsächlich nicht von einer solchen Rechtslage aus. Wenn sie der Anfechtung keine großen Chancen gab und deshalb die rechtzeitige Antragstellung für die Investitionszulage unterließ, so irrte sie sich über die Erfolgsaussichten des Investitionszulageantrags. Sie hat also die Frist bewußt verstreichen lassen, obwohl sie sie hätte wahren können (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 88, 541, BStBl III 1967, 472). Die Fristversäumung beruht daher auf einem Verschulden.

c) Der Senat kann über die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entscheiden, obwohl das FG hierüber noch nicht befunden hat. Der II. Senat des BFH hat zwar in einem Urteil vom 9. Februar 1983 II R 10/79 (BFHE 138, 401, BStBl II 1983, 698) eine Zurückverweisung als zweckmäßig erachtet, wenn das FG über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist noch nicht entschieden hat. Ein entscheidender Grund für diese Rechtsprechung zur Versäumung prozessualer Fristen liegt darin, daß nach § 56 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die vom FG gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung prozessualer Fristen unanfechtbar ist (vgl. auch Urteil des BFH vom 11. Januar 1983 VII R 92/80, BFHE 137, 399, BStBl II 1983, 334 und die dort zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Mit der Zurückverweisung an das FG bleibt einem Kläger deshalb die Chance erhalten, daß das FG mit bindender Wirkung für den BFH und möglicherweise gegen dessen Vorstellungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Diese Erwägungen sind auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO 1977 nicht übertragbar. Denn bei der Versäumung gesetzlicher Fristen im Verwaltungsverfahren gilt § 56 Abs. 5 FGO nicht; eine entsprechende Vorschrift fehlt im Anwendungsbereich des § 110 AO 1977 (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 56 Tz. 74 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Im Streitfall wäre daher nach einer Zurückverweisung die Aufhebung der Einspruchsentscheidung des FA durch das FG, weil dieses im Gegensatz zum FA die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung bejaht, voll durch den BFH überprüfbar. Dann erscheint es aber aus Gründen der Prozeßökonomie zweckmäßig, daß der Senat in dem vorliegenden Revisionsverfahren unmittelbar über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mitentscheidet.

3. Da demgemäß ein rechtzeitiger Antrag auf Investitionszulage für 1979 von der Klägerin nicht gestellt worden ist, führt die Revision zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Abweisung der Klage.