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BFH-Urteil vom 23.9.1988 (III R 67/85) BStBl. 1989 II S. 113

Auch ein auf nur lose verlegten Kanthölzern aufgestellter Container kann bewertungsrechtlich ein Gebäude sein. Voraussetzung ist jedoch, daß er seiner individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt ist und sich die ihm so zugedachte Ortsfestigkeit (Beständigkeit) auch im äußeren Erscheinungsbild manifestiert (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 10. Juni 1988 III R 65/84, BStBl II 1988, 847).

BerlinFG § 19 Abs. 1 Satz 3; BewG § 68 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt in Berlin ein gewerbliches Unternehmen. Im Jahre 1982 schaffte er sechs großräumige Container zum Preis von insgesamt 67.882 DM an. Vier von ihnen nutzte er als Büro- und zwei als Umkleide- und Sanitärräume. Die einzelnen Container wurden im Betriebsgelände des Klägers auf großformatigen Kanthölzern aufgestellt und mit Schrauben untereinander verbunden. Die Kanthölzer dienten dazu, den für das Aufstellen der Container erforderlichen ebenen Untergrund herzustellen und so zu verhindern, daß sich die Behältnisse verziehen oder Fenster und Türen klemmen.

Nach dem Vortrag des Klägers standen die Container auf einem Pachtgrundstück, das als künftige Straßentrasse vorgesehen war. Die vertragliche Kündigungszeit soll deswegen nur ein halbes Jahr betragen haben. Während des Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) teilte der Kläger mit, daß die Container auch tatsächlich hätten umgesetzt werden müssen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den vom Kläger für die Anschaffung der Container gestellten Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) ab. Das FA war - auch in der Einspruchsentscheidung - der Auffassung, daß die Container keine beweglichen Wirtschaftsgüter, sondern Gebäude seien.

Das FG gab hingegen der Klage statt. Es ging davon aus, daß der Kläger bewegliche Wirtschaftsgüter angeschafft habe und die Container diese Eigenschaft auch nicht durch das Aufstellen auf dem Betriebsgelände des Klägers und ihre Lagerung auf den untergelegten Kanthölzern verloren hätten. Denn es fehle an einer festen Verbindung der Container mit dem Grund und Boden. Die feste Verankerung mit dem Grund und Boden oder den untergelegten Kanthölzern werde auch nicht durch das Eigengewicht der Container hergestellt.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA eine Verletzung von § 19 BerlinFG i.V. m. § 94 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß Anschaffungsvorgänge nur dann nach § 19 BerlinFG zulagebegünstigt sind, wenn sie bewegliche Wirtschaftsgüter betreffen (s. § 19 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 und 2 BerlinFG). Doch hält der Senat den Grundsatz, ein Bauwerk könne nur dann als Gebäude angesehen werden, wenn es auf einem eigenen Fundament ruht, wegen der bei Containern vorliegenden besonderen Verhältnisse jedenfalls in dieser Allgemeinheit hier für nicht anwendbar.

Der bisher vom FG festgestellte Sachverhalt erlaubt dem Senat allerdings noch keine abschließende Entscheidung des Streitfalls.

1. Die Abgrenzung zwischen beweglichen Wirtschaftsgütern und Gebäuden richtet sich auch für die Anwendung des § 19 BerlinFG nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts, das seinerseits auf die Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts und des Bewertungsrechts zurückgreift (s. zuletzt das Senatsurteil vom 10. Juni 1988 III R 65/84, BStBl II 1988, 847, m. w. N.).

Bewertungsrechtlich ist ein Bauwerk als Gebäude anzusehen, wenn es neben anderen - im Streitfall nicht zweifelhaften Merkmalen - fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und standfest ist (s. aus jüngerer Zeit das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juni 1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787).

2. Im Streitfall wird die feste Verbindung der Container mit dem Grund und Boden - wie das FG zutreffend entschieden hat - nicht durch ein Fundament hergestellt. Denn ein Fundament setzt eine eigene Einrichtung voraus, die ihrerseits fest im Grund und Boden verankert ist. Dies wiederum ist nur dann der Fall, wenn der Grund und Boden und das Fundament eine gewisse Verbindung eingegangen sind, die nicht schon durch bloßen Abtransport wieder beseitigt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1970 VI R 380/69, BFHE 101, 455, BStBl II 1971, 317). Nur lose verlegte Kanthölzer erfüllen diese Voraussetzung nicht (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1970 VI R 180/69, BFHE 100, 570, BStBl II 1971, 161).

3. Entgegen der Auffassung des FG wird unter besonderen Umständen eine "feste Verbindung" ausnahmsweise auch dann angenommen, wenn das Bauwerk lediglich durch sein Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten wird (so bereits das Urteil des BFH vom 4. Oktober 1978 II R 15/77, BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190, für eine Fertiggarage aus Beton). Für den II. Senat war damals entscheidend, daß "derartige" Garagen infolge ihres Eigengewichts (auch) ohne Verankerung im Boden eine ihrem Verwendungszweck entsprechende Standfestigkeit haben. Sie würden in der Praxis ebenso wie an Ort und Stelle gebaute Garagen in Garagenanlagen oder Wohnanlagen integriert. Dadurch erhielten sie überdies auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild den Charakter eines ortsfesten Bauwerks, und zwar in stärkerem Maße als ein auf in den Boden eingelassenen Holzpfählen stehendes Holzhaus oder ein auf eingegrabenen Betonhöckern ruhender Pavillon. Auch das Reichsgericht hat im Urteil vom 17. Februar 1932 V 347/31 (veröffentlicht in Die Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiet des Zivilrechts, Warneyer Rechtsprechung 1932 Nr. 114) - ausnahmsweise - eine allein durch die Schwerkraft eines Bauwerks geschaffene Verbindung als solche i. S. des § 94 Abs. 1 BGB anerkannt, weil diese Verbindung für die Dauer berechnet war.

Der Senat schließt sich diesen Grundsätzen an. Er folgert daraus, daß auch ein Container oder - wie im Streitfall - ein Verbund solcher Behältnisse im Einzelfall als Gebäude zu beurteilen sein kann, obwohl er nicht auf einem (im Grund und Boden verankerten) Fundament ruht. Voraussetzung ist allerdings, daß das betreffende Bauwerk seiner individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt (oder errichtet) ist und sich die ihm so zugedachte Ortsfestigkeit (Beständigkeit) auch im äußeren Erscheinungsbild manifestiert.

a) Ob ein solches Bauwerk erstellt wird, um einen bestimmten Zweck auf Dauer oder nur vorübergehend zu erfüllen, hängt in erster Linie von der ihm im jeweiligen Unternehmen zugedachten Funktion ab. So fehlt einem sog. Baustellencontainer, der zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen ist, die dem Gebäudebegriff immanente Ortsfestigkeit (Urteil in BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787). Ebenso ist ein Bürocontainer für eine lediglich vorübergehende Nutzung aufgestellt, wenn er z.B. nach Fertigstellung des bereits in Angriff genommenen (massiven) Büroerweiterungsbaus wieder entfernt werden soll. Soll hingegen ein Container wegen der fehlenden Möglichkeit eines Erweiterungsbaus auf unabsehbare Zeit als Büro- oder Sanitärraum dienen, ist er regelmäßig (insbesondere bei entsprechender Integration in das übrige Betriebsgelände) als ortsfestes Bauwerk und mithin als Gebäude im Sinne des Zivil- sowie auch des Bewertungsrechts anzusehen.

Führen in einem solchen Fall außerhalb der speziellen Zweckbestimmung liegende Umstände - wie im Streitfall die vom Kläger angeführte Kündigung des Pachtvertrages über das Grundstück - zu einer (tatsächlichen) Veränderung des Aufstellplatzes für den Container, so hat dies keinen Einfluß auf seine Beurteilung als Gebäude. Andererseits ist der Senat der Auffassung, daß nach Ablauf eines längeren Zeitraumes, über den ein solches Bauwerk am selben Ort stand, stets - ungeachtet der im Einzelfall vorhandenen Zweckbestimmung - von einer auf Dauer angelegten Nutzung des Bauwerks auszugehen ist. Der Senat denkt dabei an einen Zeitraum von sechs Jahren. Für eine derartige Fristbemessung spräche insbesondere, daß gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) die Einheitswerte für den Grundbesitz (an sich) in Zeitabständen von sechs Jahren festzustellen sind (Hauptfeststellung) und dabei auch über die Qualifizierung eines Bauwerks als Gebäude i. S. des § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG zu befinden ist (s. auch § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Doch braucht diese Frage im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden.

b) Vom bloßen Zeitablauf abgesehen gibt es nach Auffassung des Senats noch andere, objektive Kriterien, die im Einzelfall einen sicheren Schluß auf die jeweilige Funktion eines auf einem Betriebsgelände aufgestellten Containers ermöglichen. Solche Anhaltspunkte für die Zweckbestimmung können sich insbesondere aus der Art des Betriebes, aus dem Ort der Aufstellung und der baulichen Gestaltung des Containers sowie aus den Tätigkeiten, die in ihm ausgeübt werden, ergeben. So erfüllen regelmäßig sog. Büro- und Verkaufscontainer Gebäudefunktionen, wenn sie in das Betriebsgelände des Unternehmers integriert und nicht nur provisorisch bis zur Fertigstellung anderer, massiver Gebäude aufgestellt sind. Weitere objektive Abgrenzungskriterien können z.B. die Art der Aufstellung des Containers, die Verbindung mit anderen Gebäuden oder Containern zu baulichen Einheiten, die technische Art der Ausführung der Versorgungsleitungen, eine evtl. erforderliche baurechtliche Genehmigung sowie die landschaftliche Gestaltung der Umgebung des Containers auf dem Grundstück sein.

c) Der Senat hält die individuelle Funktion des jeweils zu beurteilenden Containers, die auch in der bleibenden Integration in das Grundstück deutlich werden kann, für ein taugliches objektives Abgrenzungskriterium gegenüber lediglich auf dem Boden abgestellten beweglichen Sachen (vgl. dazu das Urteil in BFHE 100, 570, BStBl II 1971, 161, für einen lose auf der Straßenoberfläche aufgesetzten Verkaufskiosk; auch Holch in Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, 2. Aufl., § 94 Rdnr. 5). Denn entgegen der Ansicht der Vorinstanz stellt insbesondere die bleibende Integration eines Bauwerks in ein Grundstück - ähnlich einem Fundament - ein objektives Kriterium dar, das - im Vergleich zu lediglich auf dem Boden abgestellten Sachen - auch geeignet ist, die im Grundstücksverkehr nötigen sicheren Rechtsverhältnisse zu gewährleisten.

Hinzu kommt, daß es keinen einleuchtenden Grund dafür gibt, zwar ein in Leichtbauweise errichtetes Bauwerk mit schwacher Verankerung im Grund und Boden - bei Erfüllung auch der übrigen Voraussetzungen - stets als Gebäude anzusehen, nicht aber (bei sonst gleichen Verhältnissen) einen - aufgrund seines weit höheren Gewichts - nur mittels eines Kranes zu entfernenden Container; nur weil dieser über keine - wenn auch nur schwache - Verankerung im Boden verfügt (so schon das Urteil des II. Senats in BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190). Ein solches Ergebnis wäre um so unbefriedigender, als es häufig nur von einer unbedeutend anderen Bodenbeschaffenheit abhängt, ob ein herkömmliches Fundament gewählt wird oder sich der Unternehmer mit lose auf dem Grund und Boden verlegten Schwellen oder Kanthölzern als Auflagefläche für den Container begnügt.

Aus diesen Gründen vermag der Senat auch nicht der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung zu folgen, die die jeweilige Nutzung sowie die immanente Ortsfestigkeit für unbeachtlich und alleine die Konstruktion des Bauwerks (Containers) für maßgebend hält (so insbesondere die Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 10. Juni 1987 S 3.190 A-11-St III 41, Steuererlasse in Karteiform, Bewertungsgesetz 1965, § 68 Nr. 53; aber auch Abschn. 7 Abs. 2 der sog. Abgrenzungs-Richtlinien vom 31. März 1967, BStBl II 1967, 127).

4. Die Vorentscheidung ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sie war daher aufzuheben. Da das FG - aus seiner Sicht folgerichtig - auch keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, zu welchem Zweck die Container aufgestellt und wie sie in das Grundstück einbezogen waren, muß die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).