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BFH-Urteil vom 23.11.1988 (II R 199/84) BStBl. 1989 II S. 159

Die Grundsteuervergünstigung für eine steuerbegünstigte Wohnung erstreckt sich auch auf den auf demselben Grundstück errichteten befestigten Stellplatz.

II. WobauG § 92a Abs. 1; II. BVO § 42; BewG § 78 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein (EFG 1984, 409)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schuf im Jahre 1978 auf ihrem Grundstück in der Stadt S ein Reihenhaus mit einer Wohnung. Die Wohnung wurde am 31. Oktober 1978 bezugsfertig und durch Bescheid der Bauaufsichtsbehörde vom 21. Mai 1979 als steuerbegünstigt i.S. des § 82 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) anerkannt. Außerdem stellte die Klägerin (eine Auflage der Baubehörde erfüllend) auf dem Grundstück einen Stellplatz her, d.h. eine Fläche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen. Die Stellplatzfläche befestigte sie mit Verbundpflastersteinen. Reihenhaus und Stellplatz sind vermietet.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) war der Auffassung, der Stellplatz falle nicht unter die Grundsteuervergünstigung des § 92a II. WoBauG für steuerbegünstigte Wohnungen. Zwar erfüllten Stellplätze ähnliche Funktionen wie Garagen, aber sie gehörten nicht zu den Zubehörräumen i.S. des § 42 Abs. 4 Nr. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BVO). Der Begriff "Raum" setzte eine Umschließung voraus. Eine Fläche könne nicht Zubehörraum sein. Demgemäß setzte das FA den Grundsteuermeßbetrag für den bezeichneten Grundbesitz auf den 1. Januar 1979 durch Bescheid vom 30. November 1979 auf 35,08 DM, durch Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 1982 auf 34,17 DM fest.

Das Finanzgericht (FG) hat demgegenüber die Ansicht vertreten, auch der Stellplatz sei in die erwähnte Grundsteuervergünstigung einzubeziehen, da er zur Wohnung gehöre. Obwohl er kein Zubehörraum sei, sei er hinsichtlich der Grundsteuervergünstigung nicht anders zu behandeln als eine Garage, weil auch er zum Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen diene. Aus § 42 II. BVO ergebe sich nicht, daß zu einer steuerbegünstigten Wohnung nur "Räume" gehören könnten. Das FG hat - dem Klageantrag entsprechend - den Grundsteuermeßbetrag auf 32,43 DM festgesetzt. Es hat die Revision zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt. Sein Urteil ist auszugsweise veröffentlicht in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 409.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 92a II. WoBauG. Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat die Grundsteuervergünstigungsvorschrift des § 92a Abs. 1 II. WoBauG richtig angewendet. Nach dieser Vorschrift bemißt sich der Steuermeßbetrag der Grundsteuer für Grundstücke mit steuerbegünstigten Wohnungen, die nach dem 31. Dezember 1973 bezugsfertig geworden sind, auf die Dauer von zehn Jahren nur nach dem Teil des jeweils maßgebenden Einheitswerts, der auf den Grund und Boden entfällt (Bodenwertanteil).

Maßgebender Einheitswert ist im vorliegenden Falle der im Ertragswertverfahren ermittelte Grundstückswert (§ 19 Abs. 1 Nr. 1, § 76 Abs. 1 Nr. 4 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Dieser umfaßt den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert der Außenanlagen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 BewG). Der bezeichnete Stellplatz ist Außenanlage. Er teilt als solche das rechtliche Schicksal des Gebäudes. Das folgt aus der gesetzlichen Ausgestaltung des erwähnten Ertragswertverfahrens: Das Ertragswertverfahren ist - wenn auch äußerlich nicht erkennbar - ein Bewertungsverfahren, bei dem der Einheitswert auf der Grundlage des Reinertrags ermittelt wird. Dabei wird unterschieden zwischen der Kapitalisierung des Ertragsanteils, der auf den Grund und Boden entfällt (Bodenertragsanteil) und dem, der auf das Gebäude entfällt (Gebäudeertragsanteil). Zum Gebäude werden hierbei auch die Außenanlagen gerechnet (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 1. Oktober 1963, BTDrucks IV/1488, S. 56, rechte Spalte). Sie werden bewertungsrechtlich nicht im Bodenwert erfaßt und nehmen deswegen gem. § 92a Abs. 1 II. WobauG an der Grundsteuervergünstigung des Gebäudes teil.

Das FA meint demgegenüber, die Grundsteuervergünstigung des § 92a II. WoBauG erstrecke sich nur auf Zubehörräume (Garagen), nicht auch auf Zubehörflächen (Stellplätze) und beruft sich hierfür auf § 42 II. BVO. Diese Vorschrift antwortet indes nicht auf die hier zu beantwortende Frage, ob der bezeichnete Stellplatz zum Bodenwert des mit dem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks gehört, sondern auf die hier nicht gestellte Frage, wie die Wohnfläche einer Wohnung zu berechnen ist, um beurteilen zu können, ob sie die für die Anerkennung als steuerbegünstigte Wohnung vorausgesetzte Wohnfläche nicht überschreitet (§ 1 II. BVO, § 82 Abs. 1 Satz 2, § 39 II. WoBauG).