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BFH-Urteil vom 8.2.1989 (II R 42/86) BStBl. 1989 II S. 316

Das Urlaubsentgelt, das ein Arbeitgeber für einen im abgelaufenen Kalenderjahr noch nicht genommenen Urlaub schuldet, ist eine abzugsfähige Betriebsschuld. Die Höhe des Abzugs richtet sich danach, welches Urlaubsentgelt im abgelaufenen Kalenderjahr zu zahlen gewesen wäre.

 BewG § 103 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Die Arbeitnehmer der Klägerin hatten an den Bilanzstichtagen 31. Dezember 1972 und 31. Dezember 1973 jeweils noch Urlaubsrückstände. Wegen dieser Verpflichtungen bildete die Klägerin in ihren Bilanzen Rückstellungen im Ausmaß von 834.000 DM bzw. 975.000 DM, die sie in ihren Vermögenserklärungen auf den 1. Januar 1973 und den 1. Januar 1974 als Betriebsschulden geltend machte. Bei der Bildung der Rückstellungen hatte die Klägerin die infolge gekündigter Tarifverträge zu erwartenden Gehaltserhöhungen bereits schätzungsweise berücksichtigt.

Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens nur Urlaubsvergütungen auf der Grundlage der im Jahre 1972 (783.000 DM) bzw. 1973 (922.000 DM) geltenden Tarifverträge an und stellte die Einheitswerte entsprechend fest.

Die Klägerin hat nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben und beantragt, die Urlaubsvergütungen in der Höhe als Schulden zu berücksichtigen, wie sie sich nach den später abgeschlossenen Tarifverträgen für das auf den Abschlußstichtag folgende Kalenderjahr ergaben.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die jeweils am Abschlußstichtag noch nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer der Klägerin auf bezahlten Urlaub sind Verpflichtungen i.S. des § 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG).

Aus § 106 Abs. 1, 2 BewG folgt, daß die auf den noch nicht gewährten Urlaub entfallenden Vergütungen jeweils nach den Verhältnissen des Abschlußzeitpunktes und somit des abgelaufenen Kalenderjahres zu berechnen sind. Ereignisse, die erst nach dem Abschlußtag eintreten, sind danach für die Berechnung der Höhe der Verpflichtungen aus dem bisher nicht genommenen Urlaub der Arbeitnehmer nicht von Bedeutung, und zwar auch dann nicht, wenn ihr Eintritt wahrscheinlich ist (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 3. März 1978 III R 126/75, BFHE 124, 548, BStBl II 1978, 366). Dies gilt nicht nur für eine Erhöhung des Tariflohnes im nächsten Kalenderjahr, sondern auch hinsichtlich eines etwaigen Verfalles des Urlaubes wegen Nichteinhaltung der Fristen des § 7 des Bundesurlaubsgesetzes.

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob für die ertragsteuerrechtlichen Rückstellungen wegen nicht genommenen Urlaubs möglicherweise etwas anderes gilt (vgl. hierzu Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 5 EStG Tz. 930 m.w.N.).