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  BFH-Urteil vom 20.9.1989 (II R 96/86) BStBl. 1990 II S. 206

1. Die Teilwerte der Wirtschaftsgüter eines unrentablen Betriebs können nur dann unter die Wiederbeschaffungskosten absinken, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen trifft, den Betrieb zu liquidieren oder stillzulegen (Anschluß an das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. März 1973 III R 88/69, BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475).

2. Auch bei bezuschußten Wirtschaftsgütern geht die sogenannte Teilwertvermutung von den ungekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus (Anschluß an die BFH-Urteile vom 12. April 1989 II R 213/85, BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545, und II R 121/87, BFHE 156, 510, BStBl II 1989, 547).

BewG § 10, § 109 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hat ihre Hotelpension im Jahre 1975 baulich erweitert. Dafür erhielt sie nach den Richtlinien für die regionale Wirtschaftsförderung des Landes Nordrhein-Westfalen einen Investitionszuschuß.

Das Finanzamt (FA) behandelte (nach einer Betriebsprüfung) bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1976 und 1977 den Zuschuß als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Es setzte den Einheitswert des Betriebsvermögens zuletzt zum 1. Januar 1976 auf ... DM und zum 1. Januar 1977 auf ... DM fest. Die erst während des Klageverfahrens erlassenen berichtigten Bescheide wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens.

Die Klägerin will die Teilwerte der bezuschußten Wirtschaftsgüter um den Investitionszuschuß mindern. Nach erfolglosem Einspruch hat sie im Klageverfahren außerdem geltend gemacht, das bewegliche Anlagevermögen sei zu hoch angesetzt. Der Hotelbetrieb habe nur Verluste erzielt. Die für das bewegliche Anlagevermögen auf den 1. Januar 1976 und 1977 angesetzten Teilwerte seien daher um 50 v.H. zu mindern. Schließlich müsse die Verpflichtung zur Rückzahlung des Investitionszuschusses als Verbindlichkeit abgezogen werden.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben.

Der Investitionszuschuß mindere den Teilwert der bezuschußten Wirtschaftsgüter. Jeder Antragsteller, der die Förderungsvoraussetzungen erfülle, könne einen solchen Investitionszuschuß erhalten. Ein gedachter Erwerber des Betriebes der Klägerin werde daher einen solchen Zuschuß in seine Preisvorstellungen einbeziehen und nur einen um den Zuschuß geminderten Preis für die Wirtschaftsgüter bezahlen wollen (§ 10, § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -).

Die Minderung der Teilwerte um weitere 50 v.H. könne die Klägerin nicht verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege eine zum Absinken des Teilwertes unter die Wiederbeschaffungskosten führende nachhaltige Unrentabilität nur vor, wenn das Unternehmen nachhaltig mit Verlusten arbeite und deshalb objektiv nachprüfbare Maßnahmen zur Stillegung des Betriebes ergreife (BFH-Urteil vom 2. März 1973 III R 88/69, BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475). Zwar habe das Unternehmen der Klägerin mit Verlusten gearbeitet. Doch habe diese den Betrieb fortgeführt und nicht stillgelegt.

Der Investitionszuschuß brauche nur unter bestimmten, bisher nicht eingetretenen Voraussetzungen zurückgezahlt zu werden. Die Rückzahlungsverpflichtung sei daher aufschiebend bedingt und werde vor Eintritt der Bedingung nicht berücksichtigt (§ 6 BewG).

Sowohl die Klägerin als auch das FA haben gegen das Urteil Revision eingelegt.

Die Klägerin beantragt, den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1976 auf ... DM und zum 1. Januar 1977 auf ... DM festzustellen.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

a) Die Klägerin begründet ihr Verlangen nach dem 50 v.H.-Abschlag von den Teilwerten mit der ständigen Unrentabilität des Betriebes. Nach der Rechtsprechung des bisher für die Einheitsbewertung zuständig gewesenen III. Senats können jedoch bei Unrentabilität eines Betriebes die Teilwerte von Wirtschaftsgütern nur dann unter die Wiederbeschaffungskosten absinken, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen trifft, den Betrieb so bald wie möglich zu liquidieren oder stillzulegen (Urteil in BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475). Solche Maßnahmen hat die Klägerin aber unstreitig nicht getroffen. Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen und ohne diese genannte Voraussetzung eine Teilwertabschreibung zuzulassen. Er hat in seinem Beschluß vom 17. November 1987 II B 29/87 (BFH/NV 1989, 435) betont, daß im Interesse der Rechtssicherheit auf objektiv nachprüfbare Voraussetzungen in Form der Stillegung oder Liquidation nicht verzichtet werden könne.

b) Zu Recht hat es das FG auch abgelehnt, die eventuelle Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung des Investitionszuschusses als Verbindlichkeit anzusetzen. Nach den Feststellungen des FG ist der Zuschuß nur unter bestimmten Voraussetzungen, die zu den Bewertungsstichtagen nicht vorlagen, zurückzuzahlen. Die Rückzahlungsverpflichtung war daher aufschiebend bedingt und erst bei Eintritt der Bedingung anzusetzen (§ 6 BewG).

2. Die Revision des FA führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage.

a) Das angefochtene Urteil muß aufgehoben werden, weil das FG § 10 und § 109 Abs. 1 BewG nicht richtig angewendet hat.

Die Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, zu deren Anschaffung die Klägerin den Investitionszuschuß erhalten hat, sind mit dem Teilwert anzusetzen. Dabei wird vermutet, daß dieser Wert den um die Absetzungen für Abnutzung verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten entspricht (BFH-Urteile vom 20. Mai 1988 III R 151/86, BFHE 153, 566, BStBl II 1989, 269, und vom 30. November 1988 II R 237/83, BFHE 155, 140, BStBl II 1989, 183). Diese Vermutung gilt auch im vorliegenden Fall trotz des Umstandes, daß die Klägerin den Investitionszuschuß erhalten hat. Der Senat verweist insoweit auf die Urteile vom 12. April 1989 II R 213/85 (BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545) und II R 121/87 (BFHE 156, 510, BStBl II 1989, 547).

Die objektive Feststellungslast für Tatsachen, mit denen diese Teilwertvermutung entkräftet werden soll, trifft die Klägerin (BFH-Urteile vom 8. Mai 1981 III R 109/76, BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700, und III R 26/79, BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702). Die Klägerin hat aber in dieser Hinsicht nichts ausreichendes vorgetragen. Zwar macht sie geltend, die Vergrößerung des Hotels sei eine Fehlmaßnahme gewesen. Diese Vergrößerung sei mit der Z abgestimmt worden. Die Entscheidung der Z, die Zimmer nicht mehr zu belegen, sei unerwartet gekommen. Dieser Vortrag ist zu allgemein gehalten, als daß er erheblich sein könnte. Hierzu wäre eine ausführliche Sachdarstellung notwendig gewesen.

b) Der Senat entscheidet in der Sache selbst. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.