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  BFH-Urteil vom 18.1.1990 (IV R 114/88) BStBl. 1990 II S. 372

Zum Wert der Arbeitsleistung eines arbeitslosen Nebenerwerbslandwirts nach § 13a Abs. 5 Nr. 5 EStG 1984.

EStG 1983 § 13a Abs. 5 Nrn. 1 bis 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1989, 114)

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Landwirtseheleute. Der im Jahre 1932 geborene Kläger ist Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rd. 9,7 ha und einer Forstfläche von rd. 3 ha; außerdem hatte er weitere Flächen hinzugepachtet. Im Streitjahr 1985 hatte der Kläger die Zupachtung auf rd. 8,2 ha eingeschränkt und selbst 2,5 ha verpachtet, so daß an landwirtschaftlich genutzten Flächen etwas über 15,4 ha in eigener Bewirtschaftung verblieben.

Bis zum Jahre 1979 war der Kläger ausschließlich als Landwirt tätig. 1980 nahm er eine nichtselbständige Stelle in einem Vermessungsbüro an. Vom 1. April 1983 bis 30. April 1984 war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Vom 1. Mai 1984 bis 31. Juli 1985 war der Kläger beim Katasteramt beschäftigt. Danach war er erneut arbeitslos, bezog zunächst Arbeitslosengeld und danach Arbeitslosenhilfe.

Entsprechend den Angaben des Klägers hatte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) bei der Berechnung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Wirtschaftsjahre 1982/83, 1983/84 und 1984/85 den Wert seiner Arbeitsleistung für die körperliche Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb mit 0,5 einer Vollarbeitskraft (VAK) angesetzt. Für das Wirtschaftsjahr 1985/86, um das es in der Streitsache geht, begehrte der Kläger wiederum, seine Arbeitsleistung für die körperliche Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb mit 0,5 VAK anzusetzen. Er machte außerdem geltend, die Ehefrau versorge den Haushalt, in dem fünf Personen voll beköstigt und untergebracht seien.

Das FA setzte demgegenüber den Wert der Arbeitsleistung für die körperliche Mitarbeit des Klägers mit 0,9 VAK (im Streitfall sind das 10.800 DM) an.

Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit sei für ihn kein höherer Wert für seine Arbeitsleistung anzusetzen als während der Zeit seiner Beschäftigung außerhalb des Betriebes. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage trug der Kläger vor, sein Betrieb sei auf seine ganztägige Tätigkeit als Arbeitnehmer außerhalb seiner Landwirtschaft ausgerichtet, so daß er die anfallenden Arbeiten nach Arbeitsschluß erledigen könne. Eine kurzfristige Umgestaltung des bisher als Nebenerwerb geführten landwirtschaftlichen Betriebes sei ihm zu Beginn der Arbeitslosigkeit aus finanziellen und betriebswirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen. Durch die Arbeitslosigkeit sei daher ein Mehrbedarf an landwirtschaftlicher Arbeitskraft nicht eingetreten. Es könne nicht die Anwesenheit im Betriebe, sondern nur die Arbeit im Betriebe besteuert werden. Wenn der Gesetzgeber den Wert der Vollarbeitskraft auf 0,07 VAK je Hektar begrenzt habe, so gelte das für normale landwirtschaftliche Betriebe mit entsprechender Viehhaltung. Er habe jedoch in seinem Betriebe einen unterdurchschnittlichen Viehbesatz von lediglich 0,2 Vieheinheiten je Hektar gehalten, während der gegendübliche Viehbesatz 1,2 Vieheinheiten pro Hektar betrage. Aus diesem Grunde könne der Wert seiner Arbeitskraft nur mit 0,2 VAK bewertet werden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, auf arbeitslose Nebenerwerbslandwirte finde der Erfahrungswert der Finanzverwaltung von 0,2 VAK (vgl. Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Hannover vom 15. April 1987, Einkommensteuerkartei Land- und Forstwirtschaft, § 13a EStG vor Nr. 1.1) für den außerhalb des Betriebes ganztags beschäftigten Betriebsinhaber keine Anwendung. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 114 veröffentlicht. Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung mit der Begründung zugelassen, daß bei arbeitslosen Nebenerwerbslandwirten eine gewisse Unbilligkeit des Ansatzes der vollen Arbeitskraft für die Fälle nicht zu verkennen sei, in denen sich der Steuerpflichtige tatsächlich auf eine Nebenerwerbslandwirtschaft eingerichtet habe.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 13a Abs. 5 Nr. 5 EStG. Er beantragt sinngemäß, bei der Ermittlung der land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte nach § 13a Abs. 5 Nr. 5 EStG den Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers auf 0,2 VAK zu bemessen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Gemäß § 13a Abs. 3 Nr. 2 EStG gehört zum Durchschnittssatzgewinn auch der Wert der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner im Betrieb ohne Arbeitsvertrag beschäftigten Angehörigen. Gemäß § 13a Abs. 5 EStG ist für diese Personen und ihre körperliche Mitarbeit im Betriebe grundsätzlich jeweils 1 VAK anzusetzen; das wären im Streitfall im Wirtschaftsjahr 1985/86 für die beiden Kläger je 12.000 DM, wenn nicht einer der in Abs. 5 genannten Kürzungstatbestände zu einer Herabsetzung oder Streichung von 1 VAK pro Person berechtigt. Für die Ehefrau machte der Kläger ohne Widerspruch geltend, daß sie den Haushalt geführt habe, in dem fünf Personen voll beköstigt und untergebracht gewesen seien. Für sie ist daher - wie geschehen - gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 4 EStG kein Wert für ihre Arbeitsleistung anzusetzen.

Für den Kläger selbst wäre der Wert der Arbeitsleistung von 1 VAK im Wirtschaftsjahr 1985/86 herabzusetzen, wenn er als Betriebsinhaber

a) nicht voll im landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt war, weil er entweder außerhalb des Betriebes noch einem Beruf nachging oder in einem vom Durchschnittsgewinn nicht erfaßten Sonderbetriebszweig der Land- und Forstwirtschaft nach § 13a Abs. 8 EStG beschäftigt war,

b) seine Erwerbsfähigkeit durch Krankheit etc. gemindert war,

c) der Ansatz von 1 VAK die für die nach Art und Größe des Betriebes angemessene Zahl von Vollarbeitskräften oder deren zulässigen Höchstwert von 0,07 VAK pro einem Hektar überschreiten würde.

Im Sinne von a) war der Kläger im Wirtschaftsjahr 1985/86 nur im Monat Juli außerhalb der Landwirtschaft beschäftigt. Das FG hat daher die sonst anzusetzenden 1 VAK um 1/10 auf 0,9 VAK (das sind im Streitfall 10.800 DM) gekürzt. Es hat zutreffend ausgeführt, daß die Arbeitslosigkeit in den übrigen Monaten des Wirtschaftsjahres für sich betrachtet keinen Grund für eine weitere Kürzung der VAK darstellt. Die vom Gesetzgeber festgelegten Kürzungstatbestände können insoweit im Wege der Auslegung nicht um weitere Tatbestände ergänzt werden. Hinsichtlich des Sonderbetriebszweiges Wald hat der Kläger bisher nichts vorgetragen. Da auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers vorlag und der zulässige Höchstwert für die VAK von 0,07 je einem Hektar, das sind im Streitfall 15,4 ha x 0,07 = rd. 1,08 VAK, nicht überschritten wurde, kann der Kläger gegen den Ansatz von 0,9 VAK mit Erfolg nur einwenden, daß ein Wert in dieser Höhe die nach Art und Größe des Betriebes angemessene Zahl von Vollarbeitskräften überschreite.

Das FG hat verkannt, daß der Kläger diesen Einwand tatsächlich vorgetragen hat. Er liegt in substantiierter Weise in dem Vorbringen des Klägers, sein landwirtschaftlicher Betrieb sei während seiner ganztägigen Beschäftigung außerhalb des Betriebes so eingeschränkt worden, daß er die erforderlichen Arbeiten nach Arbeitsschluß habe erledigen können. Eine Umgestaltung des bisher als Nebenerwerb geführten und entsprechend eingeschränkten landwirtschaftlichen Betriebes sei ihm zu Beginn seiner Arbeitslosigkeit aus finanziellen und betriebswirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen. Dadurch sei während seiner Arbeitslosigkeit kein höherer Bedarf an Arbeitskraft erforderlich gewesen als während seiner ganztägigen Beschäftigung außerhalb des Betriebes. Zum Beweise der Richtigkeit seiner Behauptung verwies der Kläger auf seinen unterdurchschnittlichen Viehbesatz auch während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit.

Das FG hätte daher dieses Vorbringen des Klägers nicht übergehen dürfen, sondern - erforderlichenfalls durch einen Sachverständigen - feststellen lassen müssen, ob die behauptete eingeschränkte Art der Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes zutrifft, und bejahendenfalls, ob es richtig ist, daß die angemessene Zahl von VAK für die Art und Größe des Betriebes des Klägers unter 0,9 VAK, z.B. wie in den Wirtschaftsjahren vorher mit 0,5 VAK, anzusetzen ist. Wenn das FG schon anerkennt, daß der Ansatz von 1 VAK bei einer als Nebenerwerb eingerichteten Landwirtschaft unbillig sein kann, hätte es selbst prüfen müssen, ob im Streitjahr die angemessene Zahl von VAK bei Art und Größe des Nebenerwerbsbetriebes des Klägers von Gesetzes wegen möglicherweise niedriger anzusetzen ist.

Dazu sind auch Feststellungen erforderlich, ob möglicherweise im Wirtschaftsjahr 1985/86 ein kleiner Teil der für den Kläger anzusetzenden VAK auf den Sonderbetriebszweig Wald entfällt und damit gemäß § 13a Abs. 8 EStG aus der Durchschnittsgewinnermittlung herauszunehmen ist.

Das FG muß die dargelegten fehlenden Feststellungen nachholen und dann erneut entscheiden. Zu diesem Zweck wird die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.