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  BFH-Urteil vom 7.2.1990 (X R 14/86) BStBl. 1990 II S. 429

Wird das Gehalt eines Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein gemeinsames Konto der Eheleute (sog. Oder-Konto) überwiesen, so ist das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht durchgeführt. (BFH-Beschluß vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160). Dies gilt unabhängig davon, weshalb es ursprünglich zu dieser Art der Überweisung gekommen ist und warum diese später beibehalten wurde.

EStG § 4 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer 1973 veranlagt.

Die Ehefrau (Klägerin) arbeitet seit 1962 ganztägig im Büro einer Klempnerei und Installation. Inhaber dieses Betriebs war ursprünglich der Vater, nach dessen Tod die Mutter der Klägerin.

Die Kläger sind seit 1964 verheiratet. Seit der Eheschließung unterhalten sie ein gemeinsames Bankkonto, über das jeder der beiden Ehegatten allein verfügen kann (sog. Oder-Konto). Auf dieses Konto wurde sowohl das Gehalt des Ehemannes (Kläger), der zunächst als Kaufmann tätig war, als auch das der Klägerin überwiesen.

Nachdem der Kläger seinen Kaufmannsberuf aufgegeben hatte, übernahm er am 1. Juli 1973 den Klempner- und Installationsbetrieb der Mutter der Klägerin. Er ist alleiniger Inhaber. Die Arbeitsverhältnisse mit den bisherigen Arbeitnehmern wurden unverändert fortgesetzt. Am 10. Juli 1973 schlossen der Kläger als Arbeitgeber und die Klägerin als Arbeitnehmerin mit Wirkung vom 1. Juli 1973 einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Für die Klägerin wurde auch weiterhin ein Lohnkonto geführt, Lohnsteuer und Sozialversicherung einbehalten und das Gehalt wie bisher auf das Oder-Konto der Eheleute überwiesen.

Im Einkommensteuerbescheid 1973 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Einkommensteuer 1973 für die Kläger zunächst erklärungsgemäß fest. Im November 1978 führte das FA im Betrieb des Klägers eine Betriebsprüfung für die Jahre 1975 bis 1977 durch. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, daß nach dem internen Betriebsvergleich das der Ehefrau gezahlte Gehalt angemessen sei, das Arbeitsverhältnis aber wegen der Überweisung des Gehalts der Klägerin auf ein sog. Oder-Konto der Kläger gleichwohl nicht anerkannt werden könne.

Das FA schloß sich dieser Auffassung an und erließ einen Änderungsbescheid. Der Einspruch der Kläger blieb - soweit die Abziehbarkeit der auf das Oder-Konto überwiesenen Gehaltsbezüge der Klägerin strittig war - ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA, § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei verletzt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision des FA zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 1982. Das FG hat zu Unrecht die Gehaltsbezüge der Klägerin als abziehbar (§ 4 Abs. 4 EStG) beurteilt.

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich im Beschluß vom 27. November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) ausführlich mit der Frage befaßt, ob Gehaltsbezüge des Arbeitnehmer-Ehegatten dann als Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn das Gehalt auf ein sog. Oder-Konto überwiesen wird. Der Große Senat hat diese Frage verneint. Nach seiner Entscheidung erfordert die tatsächliche Durchführung des Ehegatten-Dienstverhältnisses, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte über die Entlohnung frei und vom Arbeitgeber-Ehegatten uneingeschränkt verfügen kann. Die vereinbarte Entlohnung muß deshalb ersichtlich in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangen, der vom Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten klar und eindeutig getrennt ist. Nur wenn der Geldbetrag von einem betrieblichen Konto des Arbeitgeber-Ehegatten auf ein Konto des anderen Ehegatten übergeht, ist eine betrieblich veranlaßte Aufwendung (Betriebsausgabe) anzunehmen. Dieser Übergang ist deshalb ein wesentliches Merkmal für den tatsächlichen Vollzug des Arbeitsverhältnisses, weil nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß ein fremder Arbeitnehmer auf einen Übergang des Entgelts in seinen vom Arbeitgeber unabhängigen Einkommens- und Vermögensbereich nicht verzichten würde. Die Überweisung des Gehalts des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein Oder-Konto der Ehegatten erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Welche Absprachen die Ehegatten intern hinsichtlich der Verfügung über das Oder-Konto getroffen und wie sie hiervon Gebrauch gemacht haben, ist für die steuerrechtliche Wertung ohne Bedeutung. Auf das Innenverhältnis der Ehegatten hinsichtlich des Guthabens auf dem Oder-Konto kommt es nicht an. Ebensowenig kann es von Bedeutung sein, wie es ursprünglich zur Überweisung der Bezüge des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein Oder-Konto gekommen und warum diese Art der Überweisung später beibehalten worden ist. In dem Zeitpunkt, in dem im Streitfall der Kläger den Klempnereibetrieb übernommen hatte und damit zum Arbeitgeber seiner Ehefrau geworden war, wäre eine Änderung der bisherigen Verhältnisse (Trennung der Konten) geboten gewesen.

Das FG ist von einer abweichenden Rechtsauffassung ausgegangen. Die Sache ist spruchreif. Auf die Revision des FA war das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).