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  BFH-Urteil vom 24.1.1990 (I R 17/89) BStBl. 1990 II S. 681

1. Die Inanspruchnahme der degressiven AfA-Methode setzt voraus, daß diese Methode in der Handelsbilanz zugrunde gelegt wird.

2. Wurde in der Handelsbilanz von der Absetzung in gleichen Jahresbeträgen ausgegangen, kann die degressive AfA-Methode gemäß § 7 Abs. 2 EStG nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn die Handelsbilanz geändert wird.

3. Eine Änderung der Handelsbilanz ist auch dann erforderlich, wenn bei der degressiven AfA-Methode ein AfA-Satz gewählt wird, der im Jahre der Investition den bisherigen der Besteuerung zugrunde gelegten AfA-Betrag ergäbe.

4. Entscheidend für die Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz ist nicht in erster Linie die betragsmäßige Übereinstimmung der AfA-Beträge, sondern die Methode der Absetzung.

5. Eine Änderung der Methode der Absetzung setzt voraus, daß auch in den Handelsbilanzen der Wirtschaftsjahre, die dem Wirtschaftsjahr nachfolgen, in dem die Investition getätigt wurde, Folgerungen aus dem Übergang zur degressiven AfA gezogen werden.

EStG § 7 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) schrieb in ihren Handelsbilanzen 1970 bis 1974 die Wirtschaftsgüter, die zu den Bilanzpositionen "Betriebsvorrichtungen Gebäude" und "Betriebsvorrichtungen Maschinen" gehörten, nicht immer nach der zutreffenden Nutzungsdauer ab. Im Rahmen einer Außenprüfung änderte der Prüfer für steuerliche Zwecke die Absetzungen für Abnutzung (AfA)-Ansätze insoweit, als die jeweilige Nutzungsdauer unzutreffend angesetzt war. Dies führte zu Gewinnerhöhungen in den Kalenderjahren 1970, 1971 und 1974 sowie zu Verlustminderungen in den Kalenderjahren 1972 und 1973. Die Verluste 1972 und 1973 wurden nach 1974 vorgetragen; sie überstiegen den Gewinn des Kalenderjahres 1974.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ einen berichtigten Bescheid über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 zum 31. Dezember 1976. Durch den berichtigten Bescheid wurde das sog. EK 03 mit 288.802 DM //Zahlenangaben wurden geändert// zum 31. Dezember 1976 festgestellt, nachdem es im Erstbescheid auf 296.695 DM lautete. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Gegen das Urteil des FG legte die Klägerin Revision ein. Während des Revisionsverfahrens änderte das FA den Feststellungsbescheid und setzte das EK 03 auf 290.123 DM fest. Dieser Änderungsbescheid beruht auf den Feststellungen einer weiteren für die Jahre 1975 bis 1977 durchgeführten Außenprüfung. Anläßlich dieser Außenprüfung wurde festgestellt, daß die von der Klägerin in der Abschreibung zugrunde gelegte jeweilige Nutzungsdauer auch bei Investitionen der Jahre 1975 und 1976 zu kurz bemessen war. Die Klägerin machte den Änderungsbescheid nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob mit Urteil vom 4. Februar 1987 I R 200/82 das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Zwischen den Beteiligten ist nunmehr unstreitig, daß sich bei Zulassung der degressiven AfA das EK 03 zum 31. Dezember 1976 gegenüber der Feststellung in dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Änderungsbescheid um insgesamt 5.791 DM mindern würde.

Streitig ist weiterhin die Frage, ob die Klägerin die degressive AfA in Anspruch nehmen kann, obwohl sie ihre Handelsbilanzen 1970 bis 1976 nicht geändert hat.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 5 Abs. 1 und 4 sowie des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Sie beantragt, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals auf den 31. Dezember 1976 dergestalt zu ändern, daß das EK 03 um 5.791 DM niedriger festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Die Klage ist zulässig. Mit ihr wird die Änderung eines Verwaltungsakts begehrt. Bei dem Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG 1977 zum 31. Dezember 1976 handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Mit ihm werden, wie von § 54 Abs. 6 KStG 1977 i.d.F. des KStG vom 31. August 1976 (BGBl I, 2597, BStBl I, 445) vorgeschrieben, erstmals gesondert die Besteuerungsgrundlagen i.S. des § 47 KStG 1977 zum Schluß des letzten Wirtschaftsjahres festgestellt, das vor dem 1. Januar 1977 abgelaufen ist.

Die Klägerin hat jedenfalls stillschweigend geltend gemacht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Der Ausweis eines höheren EK 03 als von der Klägerin begehrt, führt zu einer Rechtsbeeinträchtigung. Dies ergibt sich insbesondere dann, wenn die Klägerin Gewinnausschüttungen vornimmt und ihr verwendbares Eigenkapital einen Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1977 (EK 04) aufweist. Soweit die Gewinnausschüttung entsprechend der Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG 1977 (i.d.F. vor 1984 § 28 Abs. 2 KStG 1977) auch das EK 03 und das EK 04 berührt, bzw. berühren kann, hängt die Höhe der Körperschaftsteuererhöhung durch Herstellung der Ausschüttungsbelastung (§ 27 Abs. 1 KStG 1977) u.U. von der Höhe des EK 03 ab. Dies gilt dann, wenn die Gewinnausschüttung bei "dem von der Klägerin geltend gemachten niedrigeren EK 03" in einem höheren Ausmaß mit dem EK 04 zu verrechnen wäre, als dies bei der vom FA zugrunde gelegten Höhe des EK 03 der Fall wäre. Die Höhe des EK 03, von der das FA ausgeht, führt dann zu einer höheren Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 als die Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals, die die Klägerin begehrt.

2. Die Klage ist nicht begründet.

2.1. Zwischen den Beteiligten ist nicht strittig, daß die Klägerin die Nutzungsdauer bei der AfA in gleichen Jahresbeträgen (lineare AfA) mehrerer Wirtschaftsgüter unzutreffend berechnet hat. Der dadurch gebotenen Berichtigung der Gewinne bzw. Verluste, die sich auf die Höhe des EK 03 auswirken, kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß sich bei Zugrundelegung der AfA in fallenden Jahresbeträgen (degressive AfA) und der zutreffenden Nutzungsdauer im Jahr der Investition ein Abschreibungsbetrag ergeben könne, der dem entspräche, von dem die Klägerin ausgegangen ist. Dieses Argument der Klägerin ist zwar rechnerisch zutreffend, wie das nachfolgende Beispiel beweist. Die lineare AfA eines zu 100.000 DM angeschafften Wirtschaftsguts beträgt im Jahr der Anschaffung bei einer zu Unrecht mit 12,5 Jahren (statt 20 Jahren) angenommenen Nutzungsdauer 8.000 DM. Bei degressiver AfA könnten im Jahr der Anschaffung bei zutreffender 20jähriger Nutzungsdauer ebenfalls 8.000 DM angesetzt werden; der Höchstsatz betrug gemäß § 7 Abs. 2 EStG in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung das Zweifache des bei linearer AfA in Betracht kommenden Satzes und damit im Beispielsfall 2 x 5 v.H. = 10 v.H.

2.2. Die Klägerin kann jedoch den aufgrund der degressiven AfA-Methode sich ergebenden Betrag nicht beanspruchen, denn sie hat die maßgebenden Handelsbilanzen nicht geändert, in denen jeweils von einer Absetzung in gleichen Jahresbeträgen ausgegangen wurde.

Die Klägerin kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 EStG zwischen der linearen und der degressiven AfA wählen. Die Klägerin kann jedoch die degressive AfA nur in Anspruch nehmen, wenn sie in der Handelsbilanz entsprechend verfährt. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz. Danach gelten Wahlrechte nur insoweit als ausgeübt, als in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird (vgl. BFH-Urteile vom 25. April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350; vom 27. März 1968 I 133/65, BFHE 92, 214, BStBl II 1968, 479; Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 30. November 1938 I 192/38, RStBl 1939, 480; vom 22. November 1938 I 364/38, RStBl 1939, 356; vom 9. März 1937 I A 22/37, RStBl 1937, 590; vom 28. Juli 1936 I A 145/36, RStBl 1936, 1002; vom 10. Juni 1936 I A 2/36, RStBl 1936, 806; vom 23. Mai 1935 I A 110/33, RStBl 1935, 1467; vom 10. Juli 1934 I A 142/32, RStBl 1934, 1138; vom 12. Juni 1934 I A 128/33, RStBl 1934, 1070, betreffend eine Fusionseröffnungsbilanz; vom 28. März 1933 I A 297/30, RStBl 1933, 1259; vom 25. Oktober 1932 I A 257/31, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1933, Nr. 237; vom 28. Juni 1932 I A 273/31, RStBl 1932, 740; vom 30. April 1930 I A 856/29, RStBl 1930, 354, und vom 11. Februar 1930 I A 807/28, RStBl 1930, 153). Es entspricht der herrschenden Auffassung im steuerrechtlichen Schrifttum, daß die degressive AfA eine entsprechende Handhabung der Handelsbilanz voraussetzt (vgl. Schmidt/Drenseck, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7 Anm. 1 f.; Werndl in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7 Tz. A 298; Ehmcke in Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, § 7 Tz. 88; Boeker in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7 Anm. 126 a, und Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 7 Anm. 53 f.). Die Rechtsprechung des BFH hat dementsprechend eine Änderung eines Ansatzes in der Steuerbilanz im Falle eines Wahlrechts davon abhängig gemacht, daß der Ansatz in der Handelsbilanz geändert wird (RFH-Urteile vom 17. April 1929 VI A 879/27, RStBl 1929, 455; vom 18. Juni 1929 I A 403/28, RStBl 1929, 524; vom 12. November 1929 I Aa 213/29, RStBl 1929, 660; vom 9. Dezember 1931 I A 345/31, RStBl 1932, 147; vom 20. Dezember 1933 I A 224/32, RStBl 1934, 380; vom 21. Juli 1937 VI A 447/37, StuW 1937, 888, und vom 18. Oktober 1938 I 290/38, RStBl 1938, 1107, betreffend eine Eröffnungsbilanz).

2.3. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß es einer Änderung der Handelsbilanzen deswegen nicht bedurft habe, weil sich der Absetzungsbetrag dann nicht ändere, wenn man bei der degressiven AfA-Methode von einem AfA-Satz ausgeht, der im Jahr der Investition den bisherigen der Besteuerung zugrunde gelegten Betrag ergebe. Entscheidend ist nämlich für die Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz nicht in erster Linie die betragsmäßige Übereinstimmung der AfA-Beträge, sondern die Methode der Absetzung. Dies entspricht der Rechtsprechung des RFH, an der der Senat festhält (so der RFH zu dem in den §§ 19, 20 EStG 1925 bestehenden Wahlrecht zwischen dem Ansatz zum gemeinen Wert oder zu den um die AfA verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten: vgl. Urteile vom 30. April 1930 I A 856/29, RStBl 1930, 354; vom 10. Juli 1934 I A 142/32, RStBl 1934, 1138, und vom 29. Oktober 1935 I 141/34, StuW 1936, Nr. 42). Wie die Einhaltung des Grundsatzes der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz nicht allein deswegen verneint werden kann, weil sich trotz der übereinstimmenden Methoden unterschiedliche Absetzungsbeträge ergeben (vgl. RFH-Urteil vom 28. Juni 1932 I A 273/31, RStBl 1932, 740 zu § 20 EStG 1925), kann umgekehrt nicht angenommen werden, daß übereinstimmende Beträge entscheidend dafür sind, daß der Steuerpflichtige das Wahlrecht entsprechend der Handelsbilanz ausgeübt hat.

2.4. Die Klägerin hat die Methode hinsichtlich der AfA in den entsprechenden Handelsbilanzen nicht geändert. Dies hätte vorausgesetzt, daß sie auch in den Handelsbilanzen der Wirtschaftsjahre, die dem Wirtschaftsjahr nachfolgten, in dem die Investition getätigt wurde, Folgerungen aus dem Übergang zur degressiven AfA gezogen hätte. Der Übergang zur degressiven AfA hätte jedenfalls bei konsequenter Durchführung eine Änderung der AfA-Beträge zur Folge gehabt, selbst wenn die Klägerin bei der degressiven AfA für das Jahr der Investition unter Zugrundelegung der zutreffenden Nutzungsdauer einen Betrag errechnet hätte, der mit dem bisher auf der Grundlage der linearen AfA beanspruchten Betrag übereinstimmt. Bereits in dem Kalenderjahr, das dem Wirtschaftsjahr der Investition nachfolgt, weicht der Betrag, der sich bei der degressiven AfA ergibt, zwingend von dem Betrag ab, der sich für das Folgejahr bei der linearen Methode aufgrund einer nicht zutreffenden angenommenen Nutzungsdauer ergab. Da bei der degressiven AfA der jeweilige Restwert maßgebend ist, ist der AfA-Betrag bereits im Folgejahr notwendigerweise niedriger, als im Erstjahr, während für das Folgejahr in der nicht geänderten Handelsbilanz weiterhin von dem höheren AfA-Betrag ausgegangen wird, wie er sich aufgrund der linearen AfA-Methode und der unzutreffenden Nutzungsdauer ergab. In dem Beispiel unter 2.1. beträgt die AfA in dem der Investition folgenden Wirtschaftsjahr nach der degressiven AfA-Methode 7.360 DM, und weicht damit von dem Betrag von 8.000 DM ab, der sich auf der Grundlage einer unzutreffend längeren Nutzungsdauer und der linearen AfA-Methode ergab. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin die Handelsbilanz der jeweiligen Folgejahre nicht geändert.

2.5. Gegenüber der Notwendigkeit einer Änderung der Bilanzen für die Wirtschaftsjahre, die dem Wirtschaftsjahr der getätigten Investition folgen, kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, bei den die Folgejahre betreffenden Änderungen handle es sich um Folgeberichtigungen, deren Nichtdurchführung ihr nicht zum Nachteil gereichen könne. Die Klägerin könnte damit ohne formelle Änderung durch eine bloße Erläuterung durch ihre gesetzlichen Vertreter letztlich erreichen, daß von einer Änderung der Handelsbilanz ausgegangen wird. Dies würde letztlich darauf hinauslaufen, daß einem Betrag, der sich aufgrund einer bestimmten Bilanzierungsmethode ergab, eine Bilanzierungsmethode durch eine bloße derartige Erläuterung unterschoben wird und das zahlenmäßige Auseinanderklaffen des Ergebnisses beider Methoden als eine Bilanzberichtigung der Folgejahre erschiene. Der Grundsatz der Bindung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz gebietet es nach Ansicht des Senats, daß der Steuerpflichtige die Änderung zumindest durch eine Änderung der Bilanzansätze des Wirtschaftsjahres dokumentiert, das dem Wirtschaftsjahr der Investition nachfolgt.

Dem steht nicht entgegen, daß damit der Steuerpflichtige über die von ihm gewählte AfA-Methode für die in einem Wirtschaftsjahr getätigten Investitionen erst bei der Aufstellung der Bilanz des nachfolgenden Wirtschaftsjahres entscheidet. Jedenfalls im Streitfall wurde die Bilanzänderung jeweils erst nach dem Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres begehrt, das der Investition nachfolgte.

2.6. Daraus, daß in den Handelsbilanzen der Klägerin bisher von einer nicht zutreffenden Nutzungsdauer ausgegangen wurde, kann nicht abgeleitet werden, daß keine gültigen, die Bindung auslösenden Handelsbilanzen vorgelegen haben.

Einmal ist schon zweifelhaft, ob die Nichtigkeitsvoraussetzungen gegeben sind. Sind durch eine Verletzung der Bewertungsvorschriften Posten unterbewertet, setzt die Nichtigkeit voraus, daß die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft unrichtig wiedergegeben oder verschleiert wird. Es wird daher ein schwerwiegender Fall der Unterbewertung vorausgesetzt (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., § 256 AktG Rz. 27). Diese Voraussetzung erfüllt die nicht zutreffende Nutzungsdauer jedenfalls im Streitfall nicht. Das FG bezog sich auf die Tz. 18 und 19.1 des Berichts über die Außenprüfung, die die Jahre 1970 bis 1974 betraf. Daraus ergibt sich, daß die Betriebsvorrichtungen von der Klägerin zum 31. Dezember 1974 mit 101.271 DM angesetzt worden waren, und der Prüfer in erster Linie aufgrund einer längeren Nutzungsdauer einen Betrag von 103.394 DM errechnete. Bezüglich der Maschinen stehen den Werten laut Steuerbilanz zum 31. Dezember 1974 von 392.959 DM Werte nach der Prüferbilanz in Höhe von 403.732 DM gegenüber. Das FG bezog sich ferner auf die Tz. 16 bis 18.3 des Berichts über die Außenprüfung, die zu einer Korrektur der AfA-Beträge bei den Investitionen der Jahre 1975 bis 1977 führte. Bezüglich der Maschinen und der Betriebs- und Geschäftseinrichtung ergaben sich in der Prüferbilanz zum 31. Dezember 1977 Werte von 343.654 DM bzw. 11.403 DM gegenüber Werten von 342.880 DM und 11.395 DM in der Steuerbilanz. Angesichts der geringfügigen Auswirkungen im Verhältnis zu den Beständen kann nicht davon gesprochen werden, daß die Vermögens- und Ertragslage unrichtig wiedergegeben oder verschleiert sei.

Hinzu kommt, daß die Nichtigkeit nicht geltend gemacht wurde. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, daß innerhalb einer Frist von 3 Jahren seit Bekanntgabe der Jahresabschlüsse im Bundesanzeiger (BAnz) eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der maßgebenden Jahresabschlüsse erhoben worden ist (§ 256 Abs. 6 des Aktiengesetzes - AktG -). Mit dem Ablauf der Klagefrist wäre eine Nichtigkeit geheilt gewesen; sie könnte von niemandem mehr geltend gemacht werden (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz, a.a.O., § 256 AktG Tz. 136).

2.7. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von seinem Urteil vom 24. April 1985 I R 65/80 (BFHE 144, 14, BStBl II 1986, 324) ab. Das Urteil betraf nicht die Frage, ob ein Ansatz in der Steuerbilanz einen entsprechenden Ansatz in der Handelsbilanz voraussetzt. Es ging hiervon aus, bejahte jedoch die Möglichkeit, daß der Steuerpflichtige in einer zeitlich später liegenden Bilanz den Ansatz in der Handelsbilanz erhöhen kann, ohne daß sich dies auf die Steuerbilanz auswirkt.

2.8. Der Senat setzt sich nicht in Widerspruch zu den Grundsätzen, die sich aus dem RFH-Urteil vom 9. März 1937 I A 22/37 (RStBl 1937, 590) ergeben. Danach folgt aus der Abhängigkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz nicht, daß eine an sich zulässige Rückstellung in der Steuerbilanz nur insoweit vorgenommen werden darf, als die Rückstellung auch in der Handelsbilanz für das gleiche Jahr gewinnmindernd geltend gemacht wurde. Nach dem Urteil genügt es, daß der Gesamtbetrag der Rückstellung in der Steuerbilanz den entsprechenden Rückstellungsbetrag in der Handelsbilanz nicht übersteigt. Die Klägerin kann daraus nicht ableiten, die degressive AfA-Methode sei bei der Entwicklung der Steuerbilanzwerte deshalb zugrunde zu legen, weil sie bei einer entsprechenden Nutzungsdauer am Schluß des Wirtschaftsjahres, in dem die Investition getätigt ist, zu einem Ansatz führt, der dem Ansatz in der Handelsbilanz entspricht. Das angeführte Urteil des RFH geht davon aus, daß die buchführungspflichtige Gesellschaft berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, künftig entstehende Pensionslasten durch Einstellung eines Schuldpostens in der Handelsbilanz zu berücksichtigen und daß deshalb wegen des Grundsatzes der Abhängigkeit der Handelsbilanz von der Steuerbilanz (gemeint der Abhängigkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz) ein derartiger Schuldposten nicht gebildet werden kann, wenn in der Handelsbilanz nicht entsprechend verfahren wird (vgl. demgegenüber jetzt Beschluß des Großen Senats vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, wonach ein Wahlrecht bezüglich eines Passivpostens zu einem Passivierungsverbot in der Steuerbilanz führt). Selbst wenn man den Ausgangspunkt des RFH-Urteils in RStBl 1937, 590 heute noch für zutreffend hält, weicht der Senat mit seiner Entscheidung nicht von diesem Urteil ab, soweit es die Abhängigkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz betrifft. Entscheidend ist im Streitfall, daß die Klägerin nicht dieselbe AfA-Methode bei der steuerlichen Gewinnermittlung gewählt hat, wie in den entsprechenden Handelsbilanzen. Demgegenüber kommt es bei einem Wahlrecht bezüglich einer Rückstellung, wie es das Urteil des RFH voraussetzte, lediglich darauf an, daß der Rückstellungsbetrag in der Steuerbilanz nicht höher ist als in der Handelsbilanz. Anknüpfungspunkt ist insoweit lediglich die Höhe der gebildeten Rückstellung und nicht auch der Betrag, der in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr in der Handelsbilanz mit gewinnmindernder Wirkung der Rückstellung zugeführt wurde bzw. eine bestimmte Methode für die Berechnung des Zuführungsbetrages.

2.9. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Abhängigkeit der Handelsbilanz und der Steuerbilanz entwickelt hat, verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 des Grundgesetzes - GG -). Es trifft zu, daß Steuerpflichtige, die neben der Handelsbilanz keine eigene Steuerbilanz erstellen, sondern eine sog. Einheitsbilanz, bei der Änderung von Ansätzen lediglich gezwungen sind, die Ansätze einer Bilanz zu ändern. Soweit dies eine unterschiedliche Behandlung zur Folge hat, ist dies durch unterschiedlich gelegene Sachverhalte gerechtfertigt. In beiden Fällen geht die Rechtsprechung von der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz aus, die notwendige Änderung der Handelsbilanz tritt in dem Fall einer sog. Einheitsbilanz deshalb nicht in Erscheinung, weil mit der von der Rechtsprechung geforderten Änderung der Handelsbilanz in einem Akt gleichzeitig die Steuerbilanz geändert wird.