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  BFH-Urteil vom 25.4.1990 (X R 135/87) BStBl. 1990 II S. 742

Bei der Ermittlung des Gewinns durch Einnahme-Überschußrechnung ist die Nichtabziehbarkeit der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch für Aufwendungen, die unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG fallen, nicht schon bei Tätigung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben, sondern erst im Zeitpunkt der Zahlung der Umsatzsteuer zu berücksichtigen.

EStG § 12 Nr. 3, § 4 Abs. 5 Nr. 2, § 4 Abs. 3; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c i.d.F. vor dem StRG 1990.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ermittelte ihre gewerblichen Einkünfte als Immobilienmaklerin durch Einnahme-Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). In ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr 1984 wies sie als Betriebseinnahme eine Position "Mehrwertsteuer nichtabzugsfähige Geschenke" in Höhe von 52,11 DM aus. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 2.688 DM (einschließlich der nur teilweise ausgewiesenen Umsatzsteuer) nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nicht als gewinnmindernd an mit der Begründung, die jeweiligen Rechnungen lauteten nicht auf den Namen der bewirtenden Klägerin. Ferner rechnete er dem erklärten Gewinn die Umsatzsteuer auf diese Aufwendungen sowie auf Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG in Höhe von insgesamt 404 DM hinzu. Diese Umsätze (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes - UStG - i.d.F. durch Art. 17 Nr. 1 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 vom 14. Dezember 1984, BGBl I 1984, 1493) wurden erstmals in der am 5. September 1985 abgegebenen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1984 erklärt und im Umsatzsteuerbescheid vom 16. Oktober 1986 veranlagt.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, soweit sie die Abziehbarkeit der Bewirtungskosten betraf. Es hat der Klage stattgegeben, soweit das FA Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 456 DM dem Gewinn des Streitjahres hinzugerechnet hatte. Zur Begründung führte das FG aus:

Die Hinzurechnung der auf den Eigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG) entfallenden Umsatzsteuer im Jahre 1984 habe keine Rechtsgrundlage.

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG richte sich die zeitliche Zuordnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach § 11 EStG. Die Nichtabziehbarkeit der in § 12 Satz 1 Nr. 3 EStG genannten Steuern wirke sich erst zu dem Zeitpunkt aus, zu dem die entsprechende Ausgabe geleistet werde (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Eine - zeitlich vorgezogene - Hinzurechnung der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch zu den Betriebseinnahmen entfalle, weil die entsprechende Umsatzsteuer nicht im Jahre 1984, sondern in einem späteren Jahr gezahlt worden sei. Auch dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Oktober 1981 IV R 90/80 (nicht veröffentlicht - NV -) lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Dort habe der BFH dargelegt, daß bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die auf die Entnahme entfallende Umsatzsteuer im Hinblick auf den Teilwertgedanken bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des Entnahmetatbestandes hinzuzurechnen sei; es komme daher nicht darauf an, wann die im Teilwert der Entnahme zu erfassende Umsatzsteuer gezahlt werde. Demgegenüber handle es sich bei den hier fraglichen Vorgängen (Bewirtung bzw. Geschenke) gerade nicht um Entnahmen, sondern um nichtabzugsfähige Betriebsausgaben.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Der BFH habe sich mit einem Eigenverbrauchstatbestand in Form der Entnahme (private Telefonnutzung) befaßt. § 12 Satz 1 Nr. 3 EStG spreche jedoch nur von "Umsatzsteuer für den Eigenverbrauch". Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c UStG umfasse der Eigenverbrauch mehrere Tatbestände. Insoweit werde einkommensteuerrechtlich beim Begriff "Eigenverbrauch" keine weitere Unterscheidung vorgenommen. Demgegenüber gehe das angefochtene Urteil von einer unterschiedlichen Behandlung der einzelnen Eigenverbrauchstatbestände aus. Dies sei rechtlich unzutreffend, da für die Nichtabziehbarkeit nach § 12 Satz 1 Nr. 3 EStG einzig die Verwirklichung des Eigenverbrauchstatbestandes maßgeblich sei. Der Zeitpunkt der Zahlung der Steuer auf den Eigenverbrauch sei ohne Bedeutung. Insoweit habe § 12 EStG Vorrang vor § 11 EStG.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Nichtabziehbarkeit der Umsatzsteuer aus einem etwa verwirklichten Eigenverbrauchstatbestand (§ 12 Nr. 3 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG) nicht im Streitjahr 1984 zu berücksichtigen ist.

1. Die Rückgängigmachung einer doppelten Erfassung der Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch (nichtabziehbare Geschenke) in Höhe von 52,11 DM hat das FA nicht mit Revisionsrügen angegriffen. In diesem Umfang ist das Revisionsbegehren unzulässig.

2. a) § 12 Nr. 3 EStG bestimmt u.a., daß "die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch" weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden darf. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG unterliegt "der Eigenverbrauch im Erhebungsgebiet" als Umsatz der Umsatzsteuer. Eigenverbrauch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG liegt vor, wenn ein Unternehmer "Aufwendungen tätigt, die unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis 7 und Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes fallen ....". Nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG dürfen "Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind", den Gewinn nicht mindern. Die Anforderungen an den Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen sind in § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 EStG normiert.

b) Das FG ist davon ausgegangen, daß die Klägerin den Eigenverbrauchstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG erfüllt hat, weil der gesetzlich geforderte Nachweis mangels Angabe des bewirtenden Steuerpflichtigen in der Rechnung selbst fehle. Der Senat läßt dahingestellt sein, ob diese Rechtsauffassung zutrifft. Jedenfalls hat das FG zutreffend erkannt, daß eine Gewinnerhöhung durch Ansatz der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch als fiktive Betriebseinnahme dann nicht zulässig ist, wenn der Eigenverbrauch - wie hier - durch Tätigung nichtabziehbarer Aufwendungen verwirklicht wird.

c) Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gehört die verausgabte (auch: die an das FA abgeführte) Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Verausgabung zu den Betriebsausgaben, sofern sie nicht gemäß § 9b Abs. 1 EStG den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts hinzuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755, unter 1. a); Abschn. 86 Abs. 4 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1984; Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. D 310). Es gibt daher grundsätzlich keine rechtliche Handhabe, die Nichtabziehbarkeit der Umsatzsteuer auf den sog. Repräsentations-Eigenverbrauch in einem Veranlagungszeitraum vor demjenigen, in den die Steuerzahlung fällt, durch Ansatz einer fiktiven Betriebseinnahme vorwegzunehmen.

d) Wertabgaben aus dem Betriebs- in das Privatvermögen werden auch bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in der Weise berücksichtigt, daß sie als fiktive Betriebseinnahme anzusetzen sind (BFH-Urteil vom 18. September 1986 IV R 50/86, BFHE 147, 529, BStBl II 1986, 907). Nach dem BFH-Urteil vom 8. Oktober 1981 IV R 90/80 (nicht veröffentlicht) kommt es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht darauf an, wann die auf einen Entnahmeeigenverbrauch entfallende Umsatzsteuer vorangemeldet, festgesetzt oder gezahlt wurde, sondern darauf, wann der Umsatzsteuer auslösende und Selbstkosten verursachende Entnahmetatbestand verwirklicht wurde. Denn der Teilwert der Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) hänge von den Selbstkosten ab, die dem Betrieb für die Leistungsabgabe erwüchsen. Die Bewertung der Entnahmen richte sich - auch bei der Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) - nicht danach, wann die Selbstkosten gezahlt werden, sondern danach, wann der Tatbestand der Entnahme verwirklicht werde.

Der erkennende Senat läßt offen, ob er dieser Auffassung folgen könnte. Er teilt jedenfalls die Auffassung des FG, daß der im BFH-Urteil IV R 90/80 aufgestellte Rechtssatz nur für den Eigenverbrauch gilt, der in Form der Entnahme getätigt wird. Der vom FA hervorgehobene Gesichtspunkt, daß § 12 Nr. 3 EStG ohne weitere Unterscheidung die Nichtabziehbarkeit der Umsatzsteuer auf "den Eigenverbrauch" anordnet, bedeutet nicht, daß bei der rechtstechnischen Durchführung des Abzugsverbots nicht auf die ertragsteuerliche Rechtsnatur der Gewinnermittlungsart und des einzelnen Eigenverbrauchstatbestandes Bedacht zu nehmen wäre. Die nach § 4 Abs. 5 EStG nichtabziehbaren Betriebsausgaben sind keine Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG (Abschn. 20 Abs. 28 EStR; Husmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 1 Anm. 635). Die für Entnahmen aus dem Teilwertgedanken entwickelte Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bewertung der betrieblichen Wertabgabe gilt für andere Eigenverbrauchstatbestände, die keine Entnahmen sind, nicht.