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  BFH-Urteil vom 2.3.1990 (III R 77/88) BStBl. 1990 II S. 750

Vermietet und verpachtet eine Gemeinde eine Tennishalle an einen Tennisverein, der die Halle teilweise an Mitglieder und Nichtmitglieder zur Nutzung überläßt, so steht ihr dafür eine Beschäftigungszulage nach § 4b InvZulG 1982 nur zu, wenn sich die Überlassung als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb darstellt. Unschädlich wäre das teilweise Vorliegen eines Zweckbetriebs, wenn diesem nur eine untergeordnete Bedeutung zukäme.

InvZulG 1982 § 4b; AO 1977 §§ 14, 64, 65.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Gemeinde, errichtete in den Jahren 1982 bis 1984 eine Tennishalle. Nach Fertigstellung wurde das Gebäude im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art i.S. des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 von der Klägerin an den Ski- und Tennisclub X e.V. verpachtet, der die Halle in den Jahren 1984 und 1985 stundenweise etwa zur Hälfte an Mitglieder und Nichtmitglieder vermietete.

Mit ihrem Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage begehrte die Klägerin für die im Jahre 1983 aufgewandten Teilherstellungskosten des Gebäudes von 1.771.303,65 DM eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 (sog. Beschäftigungszulage).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den Antrag unter Hinweis auf Tz. 39 und 40 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16. Juni 1982 (BStBl I 1982, 569) ab.

Nach erfolglosem Vorverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit der Begründung statt, das von der Klägerin verpachtete Gebäude werde im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs genutzt. Dabei könne offenbleiben, ob zum Teil ein Zweckbetrieb i.S. des § 65 der Abgabenordnung (AO 1977) vorliege. In jedem Fall sei das Gebäude damit in einem inländischen Betrieb verblieben und werde betrieblich genutzt.

Dagegen richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 4b Abs. 1 InvZulG 1982 wird Steuerpflichtigen für begünstigte Investitionen, die sie in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland vornehmen, auf Antrag eine Investitionszulage gewährt. Als begünstigte Investition führt § 4b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1982 u.a. die Herstellung abnutzbarer unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auf, soweit sie nicht Wohnzwecken dienen und mindestens drei Jahre nach ihrer Herstellung in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland verbleiben. Darüber hinaus bestimmt § 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1982, daß die genannten Investitionen nur begünstigt sind, wenn das Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

2. Im Streitfall liegt die Besonderheit vor, daß die Klägerin die Hallenvermietung nicht selbst betreibt, sondern daß sie das Gebäude zur Verfolgung dieses Zwecks an einen Dritten langfristig verpachtet hat. Nach dem Urteil des Senats vom 14. Juli 1989 III R 29/88 (BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903) ist in derartigen Fällen langfristiger Verpachtung für die Frage, ob das hergestellte Wirtschaftsgut mindestens drei Jahre nach seiner Herstellung in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland verblieben ist, auf die Verhältnisse beim Pächter abzustellen.

Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 21. Februar 1986 III R 179/81 (BFHE 146, 325, BStBl II 1986, 493) weiter entschieden hat, ist die Verbleibensvoraussetzung im Fall der Nutzungsüberlassung nur dann erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut in einem Betrieb oder einer Betriebstätte des Mieters oder Pächters verbleibt, der ebenso wie der Investor Steuerpflichtiger i.S. des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder KStG ist. Insoweit gelten für den Nutzenden im Hinblick auf das Verbleiben des Wirtschaftsguts die gleichen Voraussetzungen, die der Investor nach § 4b Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1982 zu erfüllen hat (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - in BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903; ferner Beschluß des BFH vom 14. Dezember 1989 III B 39/89, BStBl II 1990, 394). Diese Rechtsprechung führt im Ergebnis dazu, daß ein Investor für ein langfristig verpachtetes Wirtschaftsgut Anspruch auf Investitionszulage nur hat, wenn auch der Pächter, der an Stelle des Investors die Investition vorgenommen hätte, sie bekommen könnte.

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall durfte es das FG nicht dahingestellt sein lassen, ob der Pächter insoweit einen Zweckbetrieb unterhalten hat, als er die Halle seinen Mitgliedern überließ. Denn bei einem Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977 handelt es sich nicht um den Betrieb eines Steuerpflichtigen (§ 33 AO 1977) i.S. des EStG oder des KStG. Nach § 65 Nr. 1 AO 1977 ist ein Zweckbetrieb zwar ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Doch ist dieser nach § 64 AO 1977 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit und hätte daher als Investor gemäß § 4b Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1982 keinen Anspruch auf Investitionszulage.

4. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist.

a) Das FG hat von seinem Standpunkt aus zutreffend keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Pächter, der Ski- und Tennisclub X e.V., in den drei Jahren nach der Herstellung der Tennishalle einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977 unterhalten hat. Das wäre dann zu bejahen, wenn die Vermietung an die Mitglieder des Vereins in ihrer Gesamtrichtung dazu diente, die satzungsmäßigen Zwecke zu verwirklichen, wenn die Vereinszwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden konnten und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb getreten ist, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar war (§ 65 AO 1977; vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 23. November 1988 I R 11/88, BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391, m.w.N.).

b) Bei seiner erneuten Verhandlung wird das FG daher insbesondere Feststellungen dazu treffen müssen, ob und inwieweit sich die Vermietung an die Mitglieder des Vereins von der Vermietung an die Nichtmitglieder unterscheidet. Kommt das FG zu dem Ergebnis, daß der Verein die Tennishalle im Streitjahr und den zwei Folgejahren unterschiedslos zum gleichen Entgelt sowohl an seine Mitglieder als auch an Nichtmitglieder stundenweise vermietet hat, so bleibt kein Raum für die Annahme eines von der übrigen Vermietungstätigkeit gesonderten Zweckbetriebes. Kommt das FG hingegen zu dem Ergebnis, daß wegen der unterschiedlichen Behandlung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern teils ein Zweckbetrieb und teils ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, könnte der Klägerin die von ihr begehrte Investitionszulage nur gewährt werden, wenn der Umfang des Zweckbetriebs von untergeordneter Bedeutung war. Denn andernfalls würde die Tennishalle nicht ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt (§ 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1982). Der Begriff "betriebliche Nutzung" im Sinne dieser Vorschrift verweist ebenso wie der Begriff des Betriebs in § 4b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1982 auf die Regelung in § 4b Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1982, so daß nur insoweit von einer betrieblichen Nutzung auszugehen ist, als die Nutzung im Betrieb eines Steuerpflichtigen erfolgt.