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  BFH-Beschluß vom 5.7.1990 (III B 35/89) BStBl. 1990 II S. 782

Aufwendungen für den Besuch eines Angehörigen aus der DDR und Berlin (Ost) können nach den noch bestehenden Verwaltungsanweisungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG ohne Einzelnachweis mit 10 DM pro Tag berücksichtigt werden. Es sind keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen würden, diesen Pauschbetrag ab 1986 - entsprechend der Erhöhung des Abzugshöchstbetrages in § 33a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG von 3.600 DM auf 4.500 DM - von Gerichts wegen zu erhöhen.

EStG 1986 § 33a Abs. 1.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1989, 290)

Sachverhalt

I.

In der Sache ist streitig, ob Aufwendungen für den Besuch eines Angehörigen aus der DDR auch nach der Erhöhung des Abzugshöchstbetrages in § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 3.600 DM auf 4.500 DM ohne Einzelnachweis nur mit 10 DM pro Tag berücksichtigt werden können.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrte in der Einkommensteuererklärung für 1986 (Streitjahr) u.a. den Abzug von 375 DM gemäß § 33a Abs. 1 EStG für Aufwendungen im Zusammenhang mit Besuchen von Verwandten aus der DDR an 30 Tagen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) anerkannte - auch im Einspruchsverfahren - nur 300 DM (= 10 DM pro Tag).

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 290 veröffentlicht.

Entscheidungsgründe

II.

Die vom Kläger erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist jedenfalls unbegründet (siehe insoweit den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344).

Die streitige Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Entscheidung des FG entspricht vielmehr anerkannten, gefestigten Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH.

1. Der vom FA im Streitfall entsprechend Tz. 4.4 der gleichlautenden Ländererlasse vom 1. April 1985 (BStBl I 1985, 202) gewährte Pauschbetrag ist vergleichbar anderen, vor allem im Werbungskostenbereich anzutreffenden, von der Finanzverwaltung zugelassenen Pauschalabzügen. Sie hat der BFH in ständiger Rechtsprechung als Schätzungen eines schwer zu ermittelnden Aufwandes angesehen, die einerseits der Beweiserleichterung des Steuerpflichtigen dienten und andererseits der Verwaltungsvereinfachung bei der Bewältigung von Massenverfahren. Derartige Verwaltungsanweisungen sind daher grundsätzlich auch von den FG zu beachten (siehe dazu aus jüngerer Zeit das Urteil des BFH vom 11. Dezember 1987 VI R 147/85, BFHE 152, 333, BStBl II 1988, 445, betreffend den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen; vgl. auch das Urteil des BFH vom 6. November 1987 III R 164/85, BFHE 152, 81, BStBl II 1988, 423, betreffend die sog. Ländergruppeneinteilung zu § 33a Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 EStG; davor insbesondere das Urteil des BFH vom 9. Dezember 1983 VI R 196/81, BFHE 140, 230, BStBl II 1984, 309, betreffend die Pauschbeträge für Paketsendungen in die DDR, sowie die Anmerkung in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1983, 416).

Der Kläger hat keine Gründe vorgetragen, die es rechtfertigen würden, bei dem hier zu beurteilenden Pauschbetrag ausnahmsweise eine Bindung der FG zu verneinen. Solche Gründe sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

Insbesondere ist nicht erkennbar, daß der Pauschbetrag seiner Höhe nach an den Abzugshöchstbetrag in § 33a Abs. 1 EStG in den Fassungen vor 1986 gekoppelt gewesen wäre, wovon offensichtlich der Kläger ausgeht. Aufwendungen für den Besuch eines Angehörigen aus der DDR konnten nach entsprechenden Verwaltungsanweisungen ursprünglich bei einem Besuchsaufenthalt von 28 Tagen ohne Einzelnachweis in Höhe von 100 DM und bei einem kürzeren Aufenthalt entsprechend niedriger als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden (siehe z.B. Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt S 2285 A - 1 - St II 20 vom 27. Februar 1981, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Einkommensteuergesetz, § 33a Abs. 1 Nr. 72). Mit Schreiben des Bundesministers für Finanzen (BMF) vom 7. Juli 1983 IV B 3 - S 2285 - 38/82 (StEK, Einkommensteuergesetz, § 33a Abs. 1 Nr. 86, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1983, 546), dessen Inhalt die obersten Finanzbehörden der Länder in gleichlautende Erlasse übernahmen, wurde ein Tagessatz von 10 DM pro Besucher eingeführt. Dieser Tagessatz sollte - ohne zeitliche Begrenzung - in allen noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Fällen angewendet werden. An dem Tagessatz von 10 DM wurde in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 1. April 1985 (BStBl I 1985, 202) festgehalten. Allerdings sollten darüber hinaus besondere Zuwendungen anläßlich eines Besuches an die unterstützte Person, insbesondere für die Anschaffung und Hingabe von Kleidung, künftig ausdrücklich auch neben dem Tagessatz Berücksichtigung finden können (siehe Tz. 4.4, letzter Satz der Erlasse).

Demgegenüber nahm der Abzugshöchstbetrag in § 33a Abs. 1 EStG folgende Entwicklung:

Er hatte in der Zeit zwischen 1962 und 1974 1.200 DM betragen. Durch das Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769, BStBl I 1974, 530) wurde er ab dem Veranlagungszeitraum 1975 auf 3.000 DM angehoben. Das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1979 vom 30. November 1978 (BGBl I 1978, 1849, BStBl I 1978, 479) brachte mit Wirkung ab 1979 eine nochmalige Erhöhung um 600 DM auf 3.600 DM. Durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG) 1986/1988 vom 26. Juni 1985 (BGBl I 1985, 1153, BStBl I 1985, 391) schließlich erfolgte die ab dem Streitjahr (1986) geltende Anhebung auf 4.500 DM.

Ein Vergleich des streitigen Tagessatzes mit diesen gesetzlichen Regelungen zeigt, daß er (im Juli 1983) zu einer Zeit - von umgerechnet 3,57 DM (= 100 DM : 28) - auf 10 DM angehoben wurde, als der Abzugshöchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG schon mehrere Jahre lang (seit 1979) 3.600 DM betragen hatte. Gegen eine automatische Koppelung des Tagessatzes an den jeweiligen Höchstbetrag in § 33a Abs. 1 EStG spricht auch - worauf das FG zutreffend hingewiesen hat - der Umstand, daß neben dem Tagessatz nach Auffassung der Finanzverwaltung auch noch der Abzug anderer Aufwendungen möglich sein soll. Bestünde nämlich eine feste Bindung an den Höchstbetrag, dann wäre für einen solchen zusätzlichen Abzug - jedenfalls bei längeren Aufenthalten - wegen des gemäß § 33a Abs. 4 Satz 1 EStG lediglich zeitanteilig zu gewährenden Unterhaltsfreibetrages kein Platz mehr.

2. Weiter entspricht es der Rechtsprechung des BFH, daß ein Steuerpflichtiger, der höhere Aufwendungen geltend macht, als sie eine Pauschbetragsregelung berücksichtigt, diese individuell nachweisen oder glaubhaft machen muß (siehe z.B. das Urteil in BFHE 140, 230, BStBl II 1984, 309). Das kann aber nicht dadurch geschehen, daß lediglich auf andere - wiederum nur auf allgemeine Ermittlungen oder Erfahrungen beruhende - Werte oder Beträge verwiesen wird. So hat es der BFH z.B. abgelehnt, daß ein zur Fortbewegung auf die Benutzung eines PKW angewiesener Steuerpflichtiger - im Rahmen des § 33 EStG - seine tatsächlichen Kfz-Kosten durch Berufung auf die sog. ADAC-Tabellen nachweisen könnte (Urteil vom 27. Juni 1980 VI R 147/77, BFHE 131, 53, BStBl II 1980, 651). Nicht anders ist es zu beurteilen, wenn sich der Kläger im Streitfall auf die Sachbezugsverordnung oder das Bundessozialhilfegesetz beruft.

3. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 22. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2404) ohne Angabe von Gründen.