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BFH-Urteil vom 13.2.1990 (IX R 102/85) BStBl. 1990 II S. 953

1. Ist ein nach § 7b EStG begünstigtes Objekt mehreren Miteigentümern zuzurechnen, erfüllen aber nur einzelne Beteiligte unter ihnen sämtliche Voraussetzungen für erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG, so gestattet es § 7a Abs. 7 EStG diesen Beteiligten, anteilige erhöhte Absetzungen zu beanspruchen.

2. Die zur Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen berechtigten Miteigentümer können von den bisher der Miteigentümergemeinschaft einheitlich gewährten degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG überwechseln, während die übrigen Miteigentümer bei den degressiven AfA verbleiben.

EStG § 7 Abs. 5, § 7a, § 7b.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die miteinander verheirateten Kläger und Revisionskläger zu 1 und 2 (Kläger zu 1 und 2) sowie ihr Sohn und ihre Schwiegertochter, die Kläger und Revisionskläger zu 3 und 4 (Kläger zu 3 und 4), sind zu je 1/4 Miteigentümer eines Zweifamilienhauses, das sie seit der Bezugsfertigkeit am 1. Dezember 1979 selbst bewohnen. Die Herstellungskosten betrugen 469.450 DM; sie erhöhten sich im Jahre 1980 um 5.138 DM auf 474.588 DM. Die Kläger zu 1 und 2 konnten infolge Objektverbrauchs keine erhöhten Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) mehr in Anspruch nehmen.

Die Kläger ermittelten ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Gegenüberstellung des Mietwerts der selbstbewohnten Wohnungen und ihrer Werbungskosten. Sie beantragten in ihren Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1979 und 1980 sowie das Streitjahr 1981 auf die Miteigentumsanteile der Kläger zu 1 und 2 degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 EStG und auf die Anteile der Kläger zu 3 und 4 erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG sowie lineare AfA nach § 7 Abs. 4 i.V.m. § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gewährte den Klägern in seinen gesonderten und einheitlichen Feststellungen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1979 und 1980 sowie das Streitjahr 1981 einheitlich degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG von 3,5 v.H. der Herstellungskosten. Das FA erließ seine Bescheide für die Jahre 1979 und 1980 hinsichtlich der AfA vorläufig nach § 165 der Abgabenordnung (AO 1977). Einen Ansatz degressiver AfA nach § 7 Abs. 5 EStG bei den Klägern zu 1 und 2 und einen Ansatz erhöhter Absetzungen nach § 7b EStG bei den Klägern zu 3 und 4 hielt das FA im Hinblick auf § 7a Abs. 7 EStG nicht für möglich. Es berechnete die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG wie folgt:

1979:

3,5 v.H. von 469.450 DM = 16.430 DM

  

1980:

3,5 v.H. von 469.450 DM + 5.138 DM = 16.611 DM

  

1981:

3,5 v.H. von 474.588 DM = 16.611 DM.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrten die Kläger für das Streitjahr 1981 eine Bemessung ihrer Absetzungen entsprechend ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Demgemäß verfolgten sie folgende Absetzungen:

Für die Kläger zu 1 und 2 degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe von 3,5 v.H. von 2/4 von 474.588 DM = 8.305 DM.

Für die Kläger zu 3 und 4 erhöhte Absetzungen

nach § 7b EStG von 5 v.H. von 2/4 von 200.000 DM                          5.000 DM

  

zuzüglich nachholbare Absetzungen 1979 und 1980                         4.833 DM

  

zuzüglich lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG

2 v.H. von 2/4 von (474.588 DM ./. 200.000 DM)

274.588 DM                                                                                  2.746 DM

                                                                                                    --------------

                                                                                                  12.579 DM.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, es könne dahinstehen, ob die Absetzungen der Kläger zu 1 bis 4 im Hinblick auf § 7a Abs. 7 EStG einheitlich bemessen werden müßten. Jedenfalls sei die Klage deswegen unbegründet, weil die Kläger zu 3 und 4 nicht von den degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG überwechseln könnten.

Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung des § 7b EStG. Das FG habe den Klägern zu 3 und 4 zu Unrecht einen Übergang von den degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG versagt. § 7a Abs. 7 EStG gestatte es, innerhalb der für die erhöhten Absetzungen in Betracht kommenden Personengruppe, bestehend aus den Klägern zu 3 und 4, einheitlich erhöhte Absetzungen zu wählen.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

1. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, weil es § 7 Abs. 5 und § 7b EStG verletzt. Das FG hat rechtsfehlerhaft einen Wechsel der Kläger zu 3 und 4 von degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG für unzulässig erachtet.

Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 10. März 1987 IX R 24/86 (BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618; ihm folgend jetzt auch Abschn. 53 Abs. 8 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1987) entschieden, daß ein Wechsel von degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG innerhalb des Begünstigungszeitraums möglich ist. Bei einem solchen Übergang können erhöhte Absetzungen nach Maßgabe des § 7b Abs. 3 EStG nachgeholt werden, soweit diese höher sind als die bereits gewährten Absetzungen nach § 7 Abs. 5 EStG. Hingegen hat der erkennende Senat einen Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG auf die die Höchstbemessungsgrundlage nach § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG übersteigenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht für möglich erachtet (ebenso auch Abschn. 42 Abs. 6 Satz 1 EStR 1987). Im einzelnen wird auf die Gründe in BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618 Bezug genommen. Der erkennende Senat hält hieran fest.

2. Das FA durfte den Klägern zu 3 und 4 die begehrten erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG nicht mit der Begründung versagen, die Kläger zu 1 bis 4 seien aufgrund des § 7a Abs. 7 EStG gehalten, einheitlich die degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG fortzuführen.

Ist ein Wirtschaftsgut mehreren Beteiligten zuzurechnen und sind die Voraussetzungen für erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen nur bei einzelnen Beteiligten erfüllt, so dürfen die erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen nach § 7a Abs. 7 Satz 1 EStG nur anteilig für diese Beteiligten vorgenommen werden. Die erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen dürfen von den Beteiligten, bei denen die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, nach Satz 2 dieser Vorschrift nur einheitlich vorgenommen werden.

§ 7a Abs. 7 EStG ermöglicht es damit in den Fällen, in denen ein Wirtschaftsgut mehreren Miteigentümern zuzurechnen ist, die nicht sämtlich die Voraussetzungen für erhöhte Absetzungen erfüllen, die erhöhten Absetzungen anteilig denjenigen Miteigentümern zu gewähren, die diese in Anspruch nehmen dürfen (Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 7a EStG Rdn. 114; Abschn. 45 Abs. 8 Satz 2 EStR 1987). Zu den erhöhten Absetzungen im vorstehenden Sinne zählen insbesondere diejenigen nach § 7b EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. August 1986 IV R 137/83, BFHE 147, 224, BStBl II 1986, 910).

Im vorliegenden Fall sind die Kläger zu 1 und 2 infolge des bei ihnen eingetretenen Objektverbrauchs nach § 7b Abs. 5 EStG auch im Streitjahr 1981 bei den degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG geblieben, während die Kläger zu 3 und 4 nach § 7a Abs. 7 Satz 1 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG überwechseln dürfen, sofern es bei ihnen noch nicht zum Objektverbrauch gekommen ist.

Der erkennende Senat brauchte sich nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob diejenigen Miteigentümer, die die Voraussetzungen für die erhöhten Absetzungen erfüllen, nach § 7a Abs. 7 Satz 2 EStG gehalten sind, sich einheitlich zu entscheiden, ob sie überhaupt, d.h. dem Grunde nach, die erhöhten Absetzungen in Anspruch nehmen wollen, und wenn ja, in welcher Höhe (vgl. hierzu Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 7a EStG Rdn. 118; Abschn. 45 Abs. 8 Satz 2 EStR 1987). Diese Frage stellt sich hier nicht. Denn die Kläger zu 3 und 4, bei denen allein eine Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen in Betracht kommt, haben sich dem Grunde und der Höhe nach einheitlich für erhöhte Absetzungen entschieden.

3. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen konnten die Kläger zu 3 und 4 für das Streitjahr 1981 von den degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG überwechseln, während ihnen die degressiven AfA auf die die Höchstbemessungsgrundlage nach § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG übersteigenden anteiligen Herstellungskosten verbleiben. Der erkennende Senat entnimmt aus dem Gesamtzusammenhang der tatsächlichen Feststellungen des FG, daß bei den Klägern zu 3 und 4 noch kein Objektverbrauch i.S. von § 7b Abs. 5 EStG eingetreten ist. Die den Klägern zu 3 und 4 zustehenden Absetzungen errechnen sich nach den angeführten Grundsätzen des Urteils des erkennenden Senats in BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618 wie folgt:

Erhöhte Absetzungen nach

§ 7b EStG von 5 v.H. von

2/4 von 200.000 DM                                                                                5.000 DM

  

Nachholung erhöhter Abset-

zungen nach § 7b EStG für

die Jahre 1979 und 1980

2 x 5.000 DM                                                                10.000 DM

  

abzüglich für die Jahre 1979

und 1980 bereits gewährte

degressive AfA nach § 7

Abs. 5 EStG von 3,5 v.H.

auf 2/4 von 200.000 DM                                                   7.000 DM

                                                                                     --------------

                                                                                     3.000 DM          3.000 DM

zuzüglich degressive AfA

nach § 7 Abs. 5 EStG von

3,5 v.H. auf 2/4 von

474.588 DM ./. 200.000 DM

= 137.294 DM                                                                                        4.806 DM

                                                                                                              -------------

                                                                                                           12.806 DM

  

abzüglich der vom FA den

Klägern zu 3 und 4 für das

Streitjahr 1981 bereits

gewährten AfA                                                                                        8.305 DM

                                                                                                               ------------

zusätzliche AfA                                                                                      4.501 DM.

Der erkennende Senat kann jedoch bei der Zuerkennung zusätzlicher AfA nicht über den Antrag der Kläger hinausgehen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Die Kläger haben zusätzliche AfA für die Kläger zu 3 und 4 von 12.579 DM abzüglich der vom FA bereits zuerkannten AfA von 8.305 DM = 4.274 DM begehrt.

Somit ist der Bescheid des FA zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 1981 dahin abzuändern, daß sich der Werbungskostenüberschuß von 30.189 DM um 4.274 DM auf 34.463 DM erhöht und den Klägern zu 1 und 2 mit 4.613 DM bzw. 4.612 DM sowie den Klägern zu 3 und 4 mit 12.620 DM bzw. 12.618 DM zugerechnet wird.