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BFH-Urteil vom 14.3.1990 (I R 129/85) BStBl. 1990 II S. 955

1. Die Überschuldung allein ist kein Grund, die Sanierungsbedürftigkeit anzunehmen, wenn die übrigen Umstände wie eigene Umsätze, Umsatzrendite und Bruttorendite einen Zusammenbruch des Unternehmens ausschließen und nicht von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist.

2. Stundungsvereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Sanierung abgeschlossen werden, können eine Sanierungsbedürftigkeit nicht beseitigen.

EStG § 3 Nr. 66.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger war bis zum Jahre 1972 Alleininhaber der Firma S; danach wurde die Firma in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt.

Der Kläger erwarb im Jahre 1961 eine Schmiede zum Kaufpreis von 2,5 Mio. DM. Aufgrund erforderlicher Neuinvestitionen in diesem Teilbereich erwies sich der ursprünglich geschätzte Kapitalbedarf als zu gering. Der Kläger nahm daher mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Juli 1963 die Firma F, die zum Konzernverbund der Firma X gehörte, als typischen stillen Gesellschafter mit einer Einlage von 3 Mio. DM auf. Am 10. Februar 1965 wurde die stille Beteiligung auf 4 Mio. DM erhöht.

Die Schmiede erbrachte ständig steigende Verluste. Als sich die Verluste vergrößerten, entschloß sich der Kläger, die Schmiede Mitte 1966 zu schließen und nachfolgend zu liquidieren. Mit den Erlösen aus den Anlageverkäufen wurden im wesentlichen die von der Y-Bank - ebenfalls zum X-Konzern gehörig - gegebenen Bankkredite teilweise getilgt.

Gewinne und Bilanzkapital des Einzelunternehmens S entwickelten sich nach 1964 folgendermaßen:

        Verlust/Gewinn             hierin enthalten                        Bilanzkapital

                                           außerordentliche

                                          Erträge aus dem

                                       Verkauf der Schmiede

                     DM                          DM                                     DM

                       -                                 -                                           -

1965     ./. 2.217.000                             -                                   ./. 1.994.000

1966     ./. 3.150.000                      +    293.000                         ./. 5.254.000

1967     +  1.739.000                      + 1.651.000                         ./. 3.583.000

1968     +     703.000                     -                                          ./. 2.971.000

1969     +  1.160.000                     -                                          ./. 1.883.000

1970     +  1.007.000                     -                                          ./. 1.073.000

1971     +  1.394.000                     -                                          ./.    414.000

1972     +  1.873.000                     -                                          +     640.000.

In den Folgejahren verlief die Gewinnentwicklung des ab 1972 in Form einer Familien-KG geführten Unternehmens folgendermaßen:

1973          + 1.500.000 DM

1974          + 2.200.000 DM

1975          + 2.400.000 DM

1976          + 2.500.000 DM

1977          + 2.400.000 DM

1978          + 2.900.000 DM

1979          + 3.000.000 DM

Der Jahresabschluß des Einzelunternehmens zum 31. Dezember 1965 wurde im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage von einer der Y-Bank nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft. Diese hielt das Einzelunternehmen für konkursreif, ging jedoch davon aus, daß die Firma X als mittelbarer Gläubiger ein Konkursverfahren für das Unternehmen ablehne.

Zwischen den Klägern und dem X-Konzern wurde im Jahre 1966 u.a. vereinbart, daß der Betrieb verkauft oder verpachtet werden solle und daß der Kredit der Z-Bank über 2,5 Mio. DM am 31. Dezember 1966 in Höhe von 2 Mio. DM von der Firma X übernommen werden sollte.

Nachdem das Bankhaus Y am 12. Dezember 1966 in einem Schreiben an den Kläger ausgeführt hatte, daß mit dieser Sanierungsmaßnahme ihm vorerst entgegengekommen sei, drängte der Kläger auf eine alsbaldige abschließende Regelung, ohne daß seinem Bemühen zunächst Erfolg beschieden war.

Dem Unternehmen des Klägers wurden in der Krisensituation der Jahre 1966/1967 von der Unternehmensgruppe X folgende Kredite zur Verfügung gestellt:

Ein Darlehen von 3 Mio. DM (Zinssatz 6 v.H.) zur Verminderung der bei der Y-Bank in Höhe von 7,5 Mio. DM aufgelaufenen Bankschulden und zum 1. Januar 1967 ein Kredit in Höhe von 2 Mio. DM zur Ablösung des Kredits der Z-Bank.

Das Darlehen von 2 Mio. DM wurde - ohne feste Laufzeit - zinslos gegeben; der Zinsanfall für das Darlehen über 3 Mio. DM betrug in den Jahren 1967 und 1968 jeweils 180.000 DM; für 1969 wurde das Unternehmen kraft neuer Absprache nur noch mit 39.266 DM belastet.

Da keine Zinsen gezahlt wurden, ergab sich per 31. Dezember 1969 ein Zinsrückstand von 399.266 DM.

Mit einem Gesamtbetrag von 5.399.266 DM standen diese Darlehen auch noch Anfang 1970 zu Buche.

Im Spätsommer 1970 traten die Besprechungen über den Sanierungsbedarf des Unternehmens in ein abschließendes Stadium. Die dabei erzielten Vereinbarungen wurden noch 1970 schriftlich fixiert. Die Verträge selbst tragen das Datum vom 31. März und 15. August 1971.

Im Vertrag vom 31. März 1971, auf den das Finanzgericht (FG) verweist, vereinbarte die Firma X mit dem Kläger, für die Zeit vom 1. Januar 1970 bis 31. März 1973 Zinsen auf den Gesamtbetrag von 5.399.266 DM nicht zu erheben. Die Rückzahlung der Darlehensschulden wurde weitgehend gestundet.

Aus der Gewinnbeteiligung der Firma F ergaben sich in der Zeit von 1965 bis 1969 Zinsrückstände (nicht ausgezahlte Gewinnanteile) in Höhe von 1.769.880 DM. Im Vertrag vom 15. August 1970 verzichtete die Gläubigerin nunmehr mit Rückwirkung zum 1. Januar 1970 auf die ihr laut Beteiligungsvertrag zustehenden noch offenen Zinsen von 1.769.880 DM. Die Kläger zahlten die stille Beteiligung von 4 Mio. DM in den Streitjahren 1970/71 in zwei Teilbeträgen an die Firma F zu Lasten ihres Kreditkontos bei der Y-Bank zurück.

Anläßlich einer im Frühjahr 1970 im Unternehmen des Klägers durchgeführten Betriebsprüfung, die die Jahre 1965 bis 1968 umfaßte, wurde die Frage eines steuerlichen Sanierungsgewinns angesprochen. Der Kläger reichte am 10. Juli 1970 eine Anfrage beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) ein, in der dieser ersucht wurde, zur steuerlichen Begünstigung einer geplanten Sanierung in Form eines Zinsnachlasses von 1,7 Mio. DM Stellung zu nehmen. Dabei legte der Kläger die Liquiditätslage, den Schuldenstand gegenüber den Firmen des X-Bereichs sowie die Möglichkeit einer allmählichen Rückzahlung der Schulden bei steuerlicher Begünstigung des Sanierungsgewinns dar. In einer innerdienstlichen Stellungnahme vom 11. August 1970 zu diesem Antrag kam der Leiter der Betriebsprüfungsstelle des beklagten FA zum Ergebnis, daß trotz augenblicklich günstiger Ertragslage die finanzielle Situation des Unternehmens ohne Forderungserlaß gefährdet sei, weil aus einem Restgewinn von 300.000 DM jährlich keine Kapitalbindung vorgenommen werden könne. Die Sanierung sei nach seiner Ansicht steuerlich zu begünstigen.

Daraufhin bat der Vorsteher des beklagten FA mit Schreiben vom gleichen Tage an die Oberfinanzdirektion (OFD) um eine Stellungnahme des Konzernprüfers. Nach deren Eingang und einer entsprechenden Anweisung der OFD unterrichtete das FA mit Schreiben vom 13. November 1970 den Kläger, daß eine Steuerbegünstigung für den Zinserlaß nicht in Betracht komme.

Der Kläger behandelte den Schulderlaß von 1.769.880 DM in der Bilanz zum 31. Dezember 1970 als steuerfreien Sanierungsgewinn. Anläßlich einer Betriebsprüfung, die die Jahre 1969 bis 1971 umfaßte, vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, der Zinserlaß von 1.769.880 DM könne nicht als steuerfreier Sanierungsgewinn anerkannt werden. Das FA folgte diesen Feststellungen und erhöhte den gewerblichen Gewinn um die erlassenen Zinsschulden. Mit endgültigen Bescheiden vom 5. November 1976 wurde die Einkommensteuer 1970 auf 709.156 DM, die Einkommensteuer 1971 auf 822.173 DM und der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag 1970 mit Bescheid vom 27. Oktober 1976 auf 116.399 DM festgesetzt. Die Beträge ergaben sich unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs aus den Jahren 1965 bis 1969.

Die Einsprüche des Klägers blieben erfolglos.

Die von den Klägern erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision rügen die Kläger "Rechtsmängel des bisherigen Verfahrens"; außerdem machen sie die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Sie beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns in Höhe von 1.769.880 DM anzuerkennen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; das Urteil des FG war aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden.

Die Verfahrensrügen der Kläger greifen nicht durch. Der Senat sieht insoweit von einer Begründung ab (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1.861, BStBl I 1974, 932 i. d. F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1989, BGBl I 1989, 2.404, BStBl I 1990, 8).

Ob das FG die Steuerfreiheit des durch den Forderungsverzicht entstandenen Gewinns in Höhe von 1.769.880 DM zu Recht verneint hat, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des FG nicht entscheiden.

Eine Betriebsvermögensmehrung durch Schulderlaß ist nach der Rechtsprechung als Sanierungsmaßnahme gemäß § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei, wenn das Unternehmen sanierungsbedürftig ist, die Gläubiger in der Sanierungsabsicht handeln und der Schulderlaß sanierungsgeeignet ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Februar 1985 IV R 177/83, BFHE 143, 531, BStBl II 1985, 504).

Die Kläger können sich für die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nicht auf eine verbindliche Zusage der Finanzverwaltung berufen. Der Senat kann offenlassen, ob dies schon daran scheitert, daß der Leiter der Betriebsprüfungsstelle nicht befugt war, eine derartige Zusage zu geben. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nämlich, daß sich der Leiter der Betriebsprüfungsstelle die Einschaltung der OFD vorbehalten hat und diese die Auffassung vertreten hat, daß die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit eines durch den Zinsverzicht entstehenden Gewinns nicht vorlägen.

Die Feststellungen des FG lassen keine Entscheidung darüber zu, ob das Unternehmen des Klägers sanierungsbedürftig war.

Maßgebend hierfür ist insbesondere die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Bezahlung von Steuern und sonstigen Schulden, d.h. auch das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast, die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und die Höhe des Privatvermögens (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1963 I 359/60 S, BFHE 78, 308, BStBl III 1964, 122).

Dabei kommt es auf die Sanierungsbedürftigkeit zu dem Zeitpunkt an, zu dem die entscheidende Vereinbarung über die Sanierung getroffen wird, die Grundlage des Forderungsverzichts ist (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 21. Juni 1939 VI 179/39, RStBl 1939, 970; BFH-Urteil vom 21. Februar 1963 I 47/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1963, 214). Dies entspricht dem Zweck der Regelung, die Gläubiger wegen der steuerlichen Auswirkungen der Sanierung nicht von dem Forderungsverzicht abzuhalten. Ist der Verzicht der Gläubiger entscheidend, kann es nur auf den Zeitpunkt ankommen, in dem die Gläubiger die entscheidenden Maßnahmen treffen, und nicht auf den Zeitpunkt, in dem die Wirkungen des Forderungsverzichts in Form der Gewinnerhöhung eintreten.

Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, wurde der den Sanierungsgewinn auslösende Forderungsverzichtsvertrag nicht vor dem Spätsommer 1970 abgeschlossen.

Selbst wenn es zuträfe, wie dem Vertreter des Klägers nach der Prüfung des Jahresabschlusses 1965 von der zum X-Konzern gehörenden Y-Bank bedeutet worden ist, daß Dr. S (X-Konzern) ein Konkursverfahren für das klägerische Unternehmen abgelehnt hat, kann daraus nicht abgeleitet werden, daß damals bereits die Sanierung des Unternehmens durch einen Forderungsverzicht vereinbart worden ist. Dies ergibt sich zudem aus der Feststellung des FG, wonach der Kläger nach dem Ende des Jahres 1966 auf eine alsbaldige abschließende Regelung drängte, ohne daß seinem Bemühen zunächst Erfolg beschieden war. Auch die teilweise zinslosen Kreditgewährungen durch den X-Konzern ergeben, daß der Konzern zunächst nicht bereit war, auf entstehende Forderungen zu verzichten.

Ob im maßgebenden Zeitpunkt des Forderungsverzichts, der frühestens im Spätsommer des Jahres 1970 lag, das Unternehmen des Klägers sanierungsbedürftig war, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des FG nicht entscheiden. Das FG hat zu Recht angenommen, daß sich aufgrund der Umsatz- und Renditeentwicklung im Zusammenhang mit der Überschuldung des Klägers keine Sanierungsbedürftigkeit ergab. Das FG hat in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß sich die Umsätze des Unternehmens von rd. 22 Mio. DM im Jahre 1967 auf 34,2 Mio. DM im Jahre 1970 erhöht haben und daß sich die Gewinne von ./. 3,2 Mio. DM im Jahre 1966 bis zum Jahre 1971 erhöht haben (1967: 1.739.000 DM, 1968: 703.000 DM, 1969: 1.160.000 DM, 1970: 1.007.000 DM und 1971: 1.394.000 DM).

Es kann dabei offenbleiben, ob für die Betrachtung die Gewinne um einen angemessenen Unternehmerlohn und um die Zinsen gemindert werden müssen, die angefallen wären, wenn die Y-Bank den Kredit in Höhe von 2 Mio. DM nicht zinslos gewährt hätte und hinsichtlich des Darlehens von 3 Mio. DM im Jahre 1969 die Zinsen in vollem Umfange und nicht nur in Höhe von 39.266 DM belastet hätte. Selbst wenn man, wie das FG, einen für die maßgebenden Jahre angemessenen Unternehmerlohn von jährlich 100.000 DM zugrunde legt und von einem Zinssatz von 8 v.H. ausgeht, verblieben noch erhebliche Gewinne (1968: rd. 440.000 DM, 1969: 700.000 DM und 1970: rd. 500.000 DM).

Das FG hat auf die steigende Bruttorendite hingewiesen, die sich aus dem Verhältnis der Summe aus Reingewinn und Zinsaufwand zu dem durchschnittlichen Gesamtkapital (Eigen- und Fremdkapital abzüglich der Rechnungsabgrenzungsposten) errechnet. Die nach den Feststellungen des FG steigenden Bruttorenditen ergeben sich auch dann, wenn man, den Einwendungen der Kläger folgend, bei der Berechnung der Gewinne einen angemessenen Unternehmerlohn von 100.000 DM zugrunde legt und von fiktiven Zinsen ausgeht, soweit die Darlehen zinslos gewährt wurden bzw. soweit die Zinsen nicht belastet wurden. Es ergäben sich dann folgende Bruttorenditen (in TDM):

  

1967       - 172 +  1.050

           ------------------------   x  100  =  4,45 v.H.

            21.700   + 17.800

           ------------------------

                         2

     

1968          443 +    696

           ------------------------   x  100  =  6,72 v.H.

            17.800   + 16.100

           ------------------------

                         2

  

1969         700   +   895

           ------------------------   x  100  =  9,44 v.H.

            16.100   + 17.700

           ------------------------

                         2

Schließlich ist von einem steigenden Trend der Umsatzrenditen (Verhältnis von Gewinn und Umsatz) auch dann auszugehen, wenn die Gewinne um einen angemessenen Unternehmerlohn von 100.000 DM und die Zinsen gekürzt werden, die entstanden wären, wenn die Darlehen verzinst bzw. auf eine Zinsbelastung nicht verzichtet worden wäre. Es ergäben sich dann folgende Werte (Darlehen TDM):

  

1967         - 172

          -------------------   x   100    =  null v.H.

                 22.000

  

1968            440

          -------------------   x   100    =  2,16 v.H.

                 20.400

  

1969            700

          -------------------   x   100    =  2,31 v.H.

                 30.300

  

1970            500

          -------------------   x   100    =  1,46 v.H.

                 34.200

Keinen Rechtsfehler läßt die Entscheidung des FG im Ergebnis erkennen, wenn es die Überschuldung des Unternehmens in Höhe von 1,88 Mio. DM zum 31. Dezember 1969 nicht als entscheidend für die Annahme einer Sanierungsbedürftigkeit ansieht. Selbst wenn das Unternehmen keine stillen Reserven in Höhe der buchmäßigen Überschuldung ausgewiesen haben sollte, ist die Überschuldung allein kein Grund, die Sanierungsbedürftigkeit anzunehmen, wenn die übrigen Umstände wie eigene Umsätze, Umsatzrendite und Bruttorendite einen Zusammenbruch des Unternehmens ausschließen und nicht von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen - wie beim Einzelunternehmen - die Überschuldung nicht die Verpflichtung begründet, Konkurs zu beantragen (vgl. § 102 und §§ 207 ff. der Konkursordnung).

Aufgrund der Feststellungen des FG kann nicht abschließend entschieden werden, ob das Unternehmen allein deswegen sanierungsbedürftig war, weil Zahlungsunfähigkeit bestand oder zumindestens drohte. Zwar ergibt sich aus den Feststellungen des FG, daß die kurz- und mittelfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens in den Jahren 1968 und 1969 im wesentlichen durch das Umlaufvermögen gedeckt waren. Den Feststellungen des FG läßt sich jedoch nicht entnehmen, ob die Verbindlichkeiten gegenüber dem X-Konzern (einschließlich der Verbindlichkeit aus der stillen Beteiligung) zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben bzw. ob daraus eine Zahlungsunfähigkeit drohte. Eine Zahlungsunfähigkeit könnte dabei sowohl durch die Hauptforderung als auch durch die Zinsforderungen ausgelöst werden, wenn diese im Zeitpunkt der für die Sanierung maßgebenden Vereinbarung nicht durch entsprechende liquide Mittel gedeckt waren. Dabei kommt es entscheidend darauf an, welche Vereinbarungen bezüglich der Darlehensverbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt bestanden. Vorher getroffene Stundungsregelungen können eine Zahlungsunfähigkeit ausschließen. Stundungsvereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Sanierung abgeschlossen werden, können die Sanierungsbedürftigkeit nicht beseitigen. Entsprechend dem Zweck des § 3 Nr. 66 EStG können die im Zusammenhang mit dem Forderungsverzicht von einem Gläubiger zugestandenen Stundungen nicht dazu führen, die Sanierungsbedürftigkeit zu verneinen. Bei der Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit ist auf den Zustand abzustellen, bei dem die Sanierungsmaßnahmen noch nicht berücksichtigt sind. Eine andere Auslegung würde dazu führen, daß der Gläubiger von den den Forderungsverzicht begleitenden Maßnahmen Abstand nehmen müßte, um die Steuerfreiheit des durch den Forderungsverzicht entstehenden Sanierungsgewinns nicht zu gefährden. Der Senat sieht in dem Zusammenhang - entgegen der Ansicht des FG - keinen Anlaß, die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem X-Konzern als Eigenkapital des Klägers zu behandeln.

Das FG erhält durch die Zurückverweisung Gelegenheit, die übrigen Voraussetzungen festzustellen, die neben der Sanierungsbedürftigkeit für die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns erforderlich sind.