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  BFH vom 24.8.1990 (VI R 29/87) BStBl. 1991 II S. 30

Zu den Voraussetzungen, unter denen eine land- und forstwirtschaftliche Aushilfskraft von Fall zu Fall für eine im voraus bestimmte Arbeit von vorübergehender Dauer in ein Dienstverhältnis tritt.

EStG § 40 a Abs. 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Landwirt. Er beschäftigte im Zeitraum vom 1. Januar 1976 bis 31. Januar 1978, für den eine Lohnsteuer-Außenprüfung stattgefunden hat, neben ständig bei ihm tätigen Arbeitnehmern auch Aushilfskräfte, deren Löhne er gemäß § 40a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal mit 2 v.H. besteuerte. Bei den meisten dieser Aushilfskräfte erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Pauschalierung nicht an, da diese Aushilfskräfte zum Kläger in einem Dauerarbeitsverhältnis gestanden hätten. Die Arbeitnehmer A, B, C und D hätten in jedem Monat für den Kläger gearbeitet und saisonbedingt wechselnde Arbeiten verrichtet, nämlich im Frühjahr Kartoffeln sortiert und gepflanzt, Rüben gehackt sowie im Sommer und Herbst Kartoffeln und Rüben gerodet und Kartoffeln sortiert. Die Arbeitnehmerin E und der Arbeitnehmer F hätten von Januar bis Dezember 1977 täglich das Vieh gefüttert. Deshalb erhob das FA auf die Löhne die pauschale Steuer des § 40a Abs. 1 EStG in Höhe von 10 v.H. und forderte den Unterschiedsbetrag in Höhe von 8 v.H. durch Pauschalierungssteuerbescheid vom 16. März 1978 nach.

Das Finanzgericht (FG) gab nach Vernehmung einiger Arbeitnehmer als Zeugen der Klage statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Die Inanspruchnahme des Klägers durch Lohnsteuer-Pauschalierungsbescheid sei formell ordnungsgemäß, da der Kläger sich bereiterklärt habe, im Falle seines Unterliegens die Lohnsteuer als Steuerschuldner zu übernehmen. Die Inanspruchnahme des Klägers nach § 40a Abs. 1 EStG sei aber fehlerhaft, da dieser die Löhne zutreffend nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal besteuert habe. Bei der Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG komme es darauf an, daß kein Dauerarbeitsverhältnis abgeschlossen gewesen sei. Dies folge aus dem Wortlaut der Vorschrift "von Fall zu Fall.... in ein Dienstverhältnis treten". Entscheidend sei dabei, daß bei dem jeweils von Fall zu Fall eingegangenen Dienstverhältnis die Ableistung einer im voraus bestimmten Arbeit von vorübergehender Dauer vereinbart werde. Dem Gesetz sei hingegen nicht zu entnehmen, daß sich der Eintritt in ein Dienstverhältnis nicht regelmäßig wiederholen dürfe. Soweit Abschn. 95 Abs. 5 Satz 4 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1975 (Abschn. 95 Abs. 6 Satz 6 LStR 1978) bestimme, daß ein Dauerarbeitsverhältnis bereits dann vorliege, wenn die Aushilfskräfte laufend mit saisonbedingt wechselnden Arbeiten beauftragt würden, sei dies durch das Gesetz nicht gedeckt. Selbst eine häufige Beauftragung derselben Aushilfskraft sei einer "laufenden" Beschäftigung im Sinne von § 40a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht gleichzustellen. Denn eine Kette von "von Fall zu Fall" begründeten Kurzdienstverhältnissen sei etwas anderes als ein Teilzeitdauerdienstverhältnis, welches von vornherein die künftige Beschäftigung festlege und für die Zukunft gegenseitige Ansprüche begründe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei im Streitfall von einer Beschäftigung von Fall zu Fall auszugehen. Die Zeugen hätten sich nicht gegenüber dem Kläger verpflichtet gehabt, eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden zu leisten. Sie seien jeweils nur auf Anforderung tätig geworden und hätten hin und wieder auch die Mithilfe abgelehnt. Daß die Zeugen tatsächlich meist bereit und in der Lage gewesen seien, den Aufforderungen des Klägers zum Arbeitseinsatz zu folgen, rechtfertige nicht die Annahme einer laufenden Beschäftigung. Angesichts der Entscheidungsfreiheit der Aushilfskräfte, der Aufforderung des Klägers Folge zu leisten oder nicht, sei vielmehr anzunehmen, daß die Zeugen von Fall zu Fall in ein neues befristetes Arbeitsverhältnis zum Kläger getreten seien.

Das FA begehrt mit seiner Revision die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage. Zur Begründung trägt es im wesentlichen vor: Die Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG sei nur in engen Grenzen zulässig. Würden Aushilfen laufend mit saisonbedingt wechselnden Arbeiten beauftragt, so liege ein nicht zur Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG berechtigendes Dauerarbeitsverhältnis vor. Der Kläger habe die Arbeitnehmer in nahezu allen Monaten des Kalenderjahres beschäftigt. Dabei habe er in seinen Aufzeichnungen stets nur monatliche Tätigkeiten angeschrieben und die Arbeitsentgelte monatlich und dazu überwiegend in gleichbleibender Höhe gezahlt. Die Zeugen hätten hierzu erklärt, daß die Arbeitsstunden und der Lohn jeweils am Monatsende errechnet und ausgezahlt worden seien. Dies lasse eindeutig auf ein - wenn auch nicht schriftlich abgefaßtes, dennoch stillschweigend vereinbartes - Dauerarbeitsverhältnis schließen. Die Vertragsparteien hätten offensichtlich von einer kurzfristigen Lohnabrechnung abgesehen, weil sie stets davon ausgegangen seien, daß bis zum Monatsende erneut weitere Arbeiten anfallen würden. Bei der Arbeitnehmerin B sei bereits im Mietvertrag vorgesehen gewesen, daß sie bei Bedarf habe mithelfen sollen. Diese Vereinbarung könne nur als Dauerarbeitsverhältnis verstanden werden.

Der Kläger beantragt mit den Gründen der Vorentscheidung, die Revision zurückzuweisen. Aus der monatlichen Auszahlung des Arbeitsentgeltes, so trägt er ergänzend vor, lasse sich nicht auf ein stillschweigend vereinbartes Dauerarbeitsverhältnis schließen. Da die meisten Aushilfsarbeiten witterungsabhängig seien und sich mit Unterbrechungen auch einige Wochen hinziehen könnten, habe sich die Monatsrechnung aus Vereinfachungsgründen als vorteilhaft erwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG setzt zunächst voraus, daß Aushilfskräfte, zu denen nicht land- und forstwirtschaftliche Fachkräfte gehören, ausschließlich mit typisch land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden (siehe dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Juni 1986 VI R 167/83, BFHE 146, 553, BStBl II 1986, 681). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht streitig. Weiterhin müssen diese Arbeitnehmer von Fall zu Fall für eine im voraus bestimmte Arbeit von vorübergehender Dauer in ein Dienstverhältnis treten. Hiermit hat der Gesetzgeber eigenständige Tatbestandsmerkmale geschaffen, bei deren Auslegung nicht an die Merkmale des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG angeknüpft werden kann. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, so hätte er Formulierungen des § 40a Abs. 1 EStG in § 40a Abs. 2 EStG übernehmen können oder er hätte bestimmen können, daß in Fällen des § 40a Abs. 1 EStG ein Pauschalsteuersatz von 2 v.H. anzuwenden ist, wenn Aushilfskräfte mit typisch land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden. Hieraus folgt zum einen, daß entgegen der vom FG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 23. September 1980 2 K 25/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 186) geäußerten Auffassung die Formulierung "von Fall zu Fall" nicht das Unvorhersehbare einer Tätigkeit ausdrückt. Dies hätte der Gesetzgeber durch eine an § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG angelehnte Formulierung ausdrücken können. Weiter kann auch nicht von vornherein schädlich sein, wenn für die Arbeiten i.S. des § 40a Abs. 2 EStG stets auf die gleichen Arbeitskräfte zurückgegriffen wird. Abgesehen davon, daß in ländlichen Gebieten häufig nur ein stets gleicher begrenzter Personenkreis für diese Arbeiten zur Verfügung steht, was dem Gesetzgeber bewußt gewesen sein muß, hätte auch insoweit eine dem § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG entsprechende einschränkende Formulierung nahegelegen, wenn eine wiederkehrende Beschäftigung hätte ausgeschlossen werden sollen. Zum anderen folgt aus den eigenständigen Formulierungen aber auch, daß der Lohn aus einer Tätigkeit i.S. des § 40a Abs. 1 EStG nicht allein deshalb dem günstigen Pauschalsteuersatz unterliegen kann, weil es sich um typisch land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten handelt.

Die land- und forstwirtschaftliche Aushilfskraft muß von Fall zu Fall in ein Dienstverhältnis treten. Hieraus ist abzuleiten, daß eine Dauerbeschäftigung nicht von § 40a Abs. 2 EStG erfaßt sein kann. Dieses gesetzliche Erfordernis wird noch um die weitere Voraussetzung ergänzt, daß der Arbeitnehmer jeweils in ein Dienstverhältnis für eine im voraus bestimmte Arbeit von vorübergehender Dauer treten muß. Hiermit spricht der Gesetzgeber Besonderheiten der Arbeitsabläufe in der Land- und Forstwirtschaft an, die eine Sonderbehandlung land- und forstwirtschaftlicher Aushilfstätigkeit gegenüber der übrigen Aushilfstätigkeit gerechtfertigt erscheinen lassen. Die land- und forstwirtschaftlichen Arbeitsabläufe sind geprägt von saisonbedingten Arbeiten, die sowohl vom Arbeitsinhalt als auch vom zeitlichen Ablauf her vorübergehend sind, wie es z.B. bei Abläufen des Pflanzens und der Ernte besonders offenkundig wird. Da solche Arbeitsabläufe erfahrungsgemäß von vorübergehender Dauer sind, kann sich auch das Dienstverhältnis auf eine solche im voraus bestimmte Arbeit beziehen. Hieraus folgt, daß Arbeiten, die das ganze Jahr über anfallen, nicht Gegenstand der Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG sein können. Zum einen sind insoweit keine Unterschiede zu Aushilfstätigkeiten außerhalb der Land- und Forstwirtschaft erkennbar. Zum anderen ist nicht entscheidend, daß etwa eine Aushilfskraft für eine vorübergehende Dauer tätig wird, sondern daß die Arbeit als solche von ihrer Art her von vorübergehender Dauer ist. Dies ist bei Arbeiten, die keinen erkennbaren Abschluß in sich tragen, sondern das ganze Jahr über anfallen, nicht der Fall (zutreffend insoweit FG des Saarlandes, Urteil vom 28. Juli 1981 2 472/80, EFG 1982, 375; gleicher Ansicht Wagner, Die Pauschalierung der Lohn- und Kirchensteuer, Der Rechts- und Steuerdienst, Heft 66, Köln 1988, 49). Ebenso könnte es nicht für eine Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG ausreichen, wenn eine Aushilfskraft während eines begrenzten Zeitraums neben der saisonbedingten Arbeit auch noch andere Arbeiten zugewiesen bekäme (Thomas in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, § 40a EStG Rn. 56); denn das Dienstverhältnis muß für eine bestimmte Arbeit von vorübergehender Dauer und nicht für eine Mischtätigkeit vereinbart sein.

Ob eine Aushilfskraft von Fall zu Fall in ein Dienstverhältnis tritt oder ein Arbeitsverhältnis ständig bzw. über längere verschiedene Arbeiten hinweg besteht, ist Tatfrage, die deshalb im Einzelfall schwierig zu beurteilen ist, weil die Aushilfstätigkeiten regelmäßig nur mündlich vereinbart werden und die vertraglichen Beziehungen rechtlich unvollständig ausgeprägt sind. So fehlen bei den gesamten Teilzeitbeschäftigungen des § 40a EStG häufig Regelungen über Urlaubs- oder Krankheitszeiten. Auch die rechtliche Verpflichtung zu regelmäßiger Arbeit ist häufig selbst in Fällen des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG auch bei einer Dauerbeschäftigung nur schwach ausgeprägt, was z.B. darin zum Ausdruck kommt, daß ohne rechtliche Folgerungen oft Arbeitseinsätze sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber kurzfristig abgesagt oder verschoben werden, wie andererseits zusätzliche Arbeitseinsätze auch im Rahmen eines Dauerteilzeitverhältnisses kurzfristig abgesprochen werden. Ob land- und forstwirtschaftliche Aushilfskräfte jeweils von Fall zu Fall in ein Dienstverhältnis treten oder aber in einem auf wiederholte Arbeiten angelegten Dienstverhältnis tätig sind, läßt sich daher nur anhand zahlreicher Indizien ableiten, die tatrichterlich gewürdigt und gewichtet werden müssen. So werden Saisonarbeiten regelmäßig zeitlich voneinander abgegrenzt sein. Dies bedingt, daß auch die jeweiligen Arbeitseinsätze durch erkennbare Arbeitspausen voneinander abgegrenzt sein müssen. Dabei kann es ausnahmsweise aber unschädlich sein, wenn hin und wieder der eine Arbeitseinsatz deshalb dem nächsten unmittelbar nachfolgt, weil auch die saisonbedingten Arbeiten ineinander übergehen. Wenn jedoch die jeweiligen Arbeiten öfter ohne erkennbare Arbeitspausen ineinander übergehen, so ist dies ein gewichtiges Indiz für eine Dauerbeschäftigung. Für eine Beschäftigung von Fall zu Fall kann sprechen, wenn die jeweiligen saisonbedingten Arbeiten unterschiedliche Arbeitseinsätze erfordern und damit schwankende Löhne zum Ergebnis haben, während eine monatelange ständige gleichmäßige Zurverfügungstellung der Arbeitskraft z.B. an bestimmten Wochentagen und damit auch im wesentlichen gleichbleibende Monatslöhne für ein Dauerarbeitsverhältnis sprechen können. Letztlich wird in zahlreichen Fällen tatrichterlich zu entscheiden sein, ob es sich um wiederholte, aber dennoch jeweils neu vereinbarte Dienstverhältnisse handelt oder aber ob innerhalb einer längerfristigen Rahmenvereinbarung lediglich die einzelnen Arbeitseinsätze abgerufen werden.

2. Die Vorentscheidung entspricht zwar insofern den vorstehenden Grundsätzen, als sie laufende saisonbedingte wechselnde Arbeitseinsätze nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 40a Abs. 2 EStG ausgeschlossen hat. Die tatrichterlichen Feststellungen reichen jedoch für eine abschließende Entscheidung nicht aus. Dazu sind genaue Feststellungen über die tatsächlich geleisteten Arbeiten und die zeitliche Abfolge dieser Arbeiten erforderlich. Nach den Urteilsgründen sollen die Arbeitnehmer fast durchgehend - d.h., in jedem Monat - beim Kläger beschäftigt gewesen sein. Diese Feststellung kann für eine Dauerbeschäftigung sprechen; sie gibt Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob die Arbeitnehmer tatsächlich nur mit saisonbedingten Arbeiten beschäftigt waren oder nicht daneben auch noch zu laufenden, das ganze Jahr über regelmäßig anfallenden Arbeiten herangezogen worden sind, zumal die Monatslöhne kaum geschwankt haben sollen. Dies gilt insbesondere für die Arbeitnehmer E und F, die nach den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 1979 durchgehend das Vieh gefüttert haben bzw. mit mehreren verschiedenen Arbeiten beschäftigt gewesen sein sollen. Auch die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerin B bedürfen einer besonderen Bewertung, weil nach deren Zeugenaussage schon im Mietvertrag mit dem Kläger vorgesehen war, daß sie bei Bedarf in der Landwirtschaft des Klägers mithelfen sollte. Insoweit bedarf es einer tatrichterlichen Würdigung, ob der Mietvertrag nicht eine arbeitsvertragliche Rahmenvereinbarung beinhaltet, die die Arbeitnehmerin zu Arbeitseinsätzen verpflichtet, welche lediglich im Bedarfsfall abgerufen werden. Das FG wird diese Feststellungen nachzuholen und die Ergebnisse tatrichterlich im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu gewichten haben.