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  BFH-Beschluß vom 23.8.1990 (V B 22/89) BStBl. 1991 II S. 33

Der sog. Zwischenmieter von mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen führt an den Wohnungseigentümer eine steuerpflichtige Geschäftsbesorgung aus.

UStG 1973 § 3 Abs. 8; UStG 1980 § 3 Abs. 9.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) besteuerte die Tätigkeit der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) als gewerbliche Zwischenvermieterin von im sozialen Wohnungsbau errichteten Wohnungen in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden vom 25. Mai 1984 (für 1976 bis 1978 und 1980) bzw. 7. Juni 1984 (für 1979). Das FA meinte, die Antragstellerin habe, soweit die Zwischenmietverhältnisse umsatzsteuerrechtlich anerkannt worden seien, sonstige Leistungen an die Wohnungseigentümer durch Hausverwaltung ausgeführt. Die Bemessungsgrundlage ermittelte das FA, indem es von einem Rohüberschuß (Differenz zwischen vereinnahmten und verausgabten Mieten nach Abzug von Forderungs- und Mietausfällen) die Mieten für anerkannte Zwischenmietverhältnisse absetzte und aus dem sich so ergebenden Betrag Umsatzsteuer herausrechnete. Der Einspruch der Antragstellerin, mit dem sie sich gegen die Nichtanerkennung der Zwischenmietverhältnisse wandte, blieb erfolglos. Über die Klage gegen die bezeichneten Umsatzsteuerbescheide ist noch nicht entschieden worden.

Nachdem das FA den Antrag der Antragstellerin vom 20. April 1988 auf Aussetzung der Vollziehung der bezeichneten Umsatzsteuerbescheide durch Bescheid vom 16. Mai 1988 abgelehnt hatte, beantragte die Antragstellerin bei dem Finanzgericht (FG) Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung machte sie im wesentlichen geltend, sie sei nicht als Hausverwalter tätig geworden, weil sie Mietausfälle selbst getragen und im eigenen Namen Prozesse gegen Mieter auf Zahlung rückständiger Miete, Beseitigung von Mängeln und Räumung geführt habe. Sie habe steuerfreie Leistungen (§ 4 Nr. 12 a des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1973/1980) als Vermieter erbracht.

Das FG setzte die Vollziehung der bezeichneten Umsatzsteuerbescheide im Umfang von 2/3 der jeweils für die Streitjahre festgesetzten Steuerbeträge ohne Anordnung der Sicherheitsleistung in dem angefochtenen Beschluß aus. Zur Begründung der Entscheidung führte das FG im wesentlichen aus, es sei nicht zweifelhaft, daß Zwischenmietverhältnisse über mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen umsatzsteuerrechtlich nicht anzuerkennen seien.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide seien aber vorhanden, wenn ein seinem wirtschaftlichen Gehalt nach wirklicher Mietvertrag zwischen einem Wohnungseigentümer und einem Zwischenvermieter wegen Gestaltungsmißbrauchs nach § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht anzuerkennen sei. In einem solchen Fall entstehe der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entstehe. Eine angemessene Gestaltung wäre es, wenn der Wohnungseigentümer mit dem Zwischenvermieter einen Geschäftsbesorgungsvertrag und zur Beseitigung des Mietausfallrisikos einen Mietzinsgarantievertrag abgeschlossen hätte. Die Beurteilung des nicht anerkannten Zwischenmietverhältnisses ausschließlich als Geschäftsbesorgung durch Vermietung der Wohnung lasse unberücksichtigt, daß der Zwischenvermieter zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses für das Zwischenmietverhältnis unabhängig von dem Eingang der Endmiete verpflichtet sei und in dieser Garantenstellung für den Wohnungseigentümer ein wesentliches Leistungselement des Zwischenmietvertrages liege. Diese Garantenstellung sei auch bei einer Zwischenvermietung einer öffentlich geförderten Wohnung gegeben. Somit sei bei summarischer Prüfung zweifelhaft, ob der darauf entfallende Entgeltsanteil steuerpflichtig oder nach § 4 Nr. 8 UStG 1973, § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG 1980 steuerfrei sei.

Das FG ging in dem angefochtenen Beschluß weiter davon aus, daß die Übernahme der Garantenstellung für den Wohnungseigentümer wirtschaftlich wichtiger als die übernommene Verwaltungstätigkeit sei, ordnete dieser Leistung 2/3 des Rohüberschusses zu und setzte die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide im Umfang von 2/3 der festgesetzten Umsatzsteuer aus.

Mit der Beschwerde wendet das FA ein, bei der Zwischenvermietung von öffentlich geförderten Wohnungen sei für eine Aufspaltung der Leistung in eine Geschäftsbesorgung und eine Mietgarantie kein Raum, weil es sich ausschließlich um eine Geschäftsbesorgung handele.

Das FA beantragt, den angefochtenen Beschluß des FG aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.

Die Antragstellerin begehrt mit der Begründung, sie habe lediglich steuerfreie Vermietungsleistungen ausgeführt, Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit das FG dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide vom 25. Mai 1984 (für 1976 bis 1978 und 1980) bzw. 7. Juni 1984 (für 1979) entsprochen hat, und in diesem Umfang zur Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung.

Entgegen der Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S. von § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der bezeichneten Umsatzsteuerbescheide. Das FA hat darin zu Recht Geschäftsbesorgungsleistungen der Antragstellerin für Eigentümer von mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen besteuert.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Eigentümer von mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen eine Mittelsperson (gewerblichen Zwischenvermieter) zur Vermietung dieser Wohnungen nur als Geschäftsbesorger einschalten (vgl. zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. September 1989 V R 34/84, BFH/NV 1990, 465). Der Eigentümer solcher Wohnungen kann sich wegen der Regelungen des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) über die Zweckbindung (§§ 4 ff.), die Preisbindung (Kostenmiete, §§ 8 ff.) und die Sanktionen (§§ 25 und 26) seiner persönlichen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung der Wohnung an eine wohnberechtigte Person nicht durch Zwischenvermietung entziehen. Er kann dem in die Vermietung eingeschalteten Dritten keine Rechte einräumen, die über die Rechte eines weisungsgebundenen Beauftragten hinausgehen (vgl. dazu auch BFH-Urteile vom 22. Dezember 1983 V R 35/73, BFHE 140, 379, BStBl II 1984, 400; vom 22. Dezember 1983 V R 173/75, BFHE 140, 387, BStBl II 1984, 404; vom 23. August 1984 V R 87/78, BFHE 142, 156, BStBl II 1984, 731; vom 11. Dezember 1986 V R 167/81, BFHE 148, 551, BStBl II 1987, 313; vom 2. Dezember 1987 X R 5/81, BFHE 152, 177, BStBl II 1988, 207).

Umsatzsteuerrechtlich überläßt der Eigentümer - bei summarischer Beurteilung - dem als Zwischenvermieter eingeschalteten Dritten die mit öffentlichen Mitteln errichtete Wohnung nicht zur Nutzung als Mieter. Vielmehr überläßt der Eigentümer ihm die Wohnung nicht steuerbar, damit der Zwischenvermieter Geschäfte des Eigentümers - Vermietung an wohnberechtigte Mieter - ausführen kann. Damit leistet der Eigentümer nicht an den Zwischenvermieter durch Vermieten, sondern der Zwischenvermieter erbringt eine Geschäftsbesorgung an den Wohnungseigentümer. Diese ist steuerpflichtig (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juni 1988 X R 65/82, BFHE 154, 246, BStBl II 1988, 969).

Daß der Zwischenvermieter durch die Ausführung der Geschäftsbesorgung (Vermietung im eigenen Namen) einen steuerfreien Umsatz an den Wohnungsmieter ausführt (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1973/1980), steht dem nicht entgegen.

Der Beurteilung als Geschäftsbesorgung steht ebenfalls nicht entgegen, daß ein Zwischenvermieter bei Forderungsausfall das unternehmerische Wagnis übernimmt, nichts oder wenig zu verdienen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. September 1989 V R 99/85, BFH/NV 1989, 810 unter 1. zur Vermittlung von Gebrauchtwagenlieferungen; Mößlang, Deutsches Steuerrecht 1990, 67, 70 unter II. d).

b) Die Geschäftsbesorgung führt der Zwischenvermieter auch "gegen Entgelt" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1973/1980) aus, weil er für seine Tätigkeit eine Gegenleistung dadurch erwarten kann, daß er nicht alles, sondern nur einen Teil dessen herausgeben muß, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat (§ 667 des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 384 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches).

c) Bemessungsgrundlage ist im Streitfall der Betrag, den die Antragstellerin behalten darf. Zutreffend hat das FA somit den Unterschiedsbetrag zwischen den von den Wohnungsmietern gezahlten und den an den jeweiligen Eigentümer herausgegebenen Betrag abzüglich darin enthaltener Umsatzsteuer berücksichtigt.

d) Die Bemessungsgrundlage verringert sich nicht durch Forderungsausfälle. Umsatzsteuerrechtlich ist jede Leistung für sich zu beurteilen. Wird das für die Besorgung der Vermietung einer bestimmten Wohnung erwartete Entgelt in dem Voranmeldungszeitraum uneinbringlich, in dem diese Leistung ausgeführt worden ist, ergibt sich keine Bemessungsgrundlage. Tritt die Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts für die Besorgung der Vermietung einer bestimmten Wohnung in einem späteren Besteuerungszeitraum ein, ist eine Berichtigung dieser Bemessungsgrundlage im Besteuerungszeitraum der Uneinbringlichkeit vorzunehmen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 UStG). Vorher ist eine Verringerung der Bemessungsgrundlage durch Saldierung der trotz Mietausfalls bei einer bestimmten Wohnung geleisteten Zahlung mit vereinbarten Entgelten für die Besorgung der Vermietung dieser Wohnung unzulässig. Ebensowenig darf die Bemessungsgrundlage für die Besorgung der Vermietung einer bestimmten Wohnung durch Beträge gemindert werden, die der Geschäftsbesorger trotz Mietausfalls bei anderen Wohnungen an den Wohnungseigentümer zahlt.

e) Neben der erfolgsabhängigen Geschäftsbesorgung hat die Antragstellerin als Zwischenvermieterin nicht noch eine weitere selbständige entgeltliche steuerfreie Leistung durch Übernahme einer Vermietungsgarantie (§ 4 Nr. 8 UStG 1973, § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG 1980) ausgeführt. Die Antragstellerin ist nur aus einem Rechtsgrund, nämlich aus der als Geschäftsbesorgung zu beurteilenden Vermietung der Wohnung im eigenen Namen verpflichtet, so daß sie ein Entgelt auch nur für die aus diesem Grund ausgeführte Tätigkeit erwarten konnte. Eine weitere Vereinbarung über eine selbständige entgeltliche Garantieübernahme (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989 V R 125/84, BFHE 159, 277, BStBl II 1990, 401) ist im Streitfall weder getroffen noch ausgeführt worden. Ob eine andere Beurteilung nach § 42 Satz 2 AO 1977 geboten sein könnte, kann im Streitfall offenbleiben. Die Zwischenvermietung von Sozialwohnungen kann ohne Heranziehung von § 42 AO 1977 als Geschäftsbesorgungsleistung beurteilt werden (vgl. vorstehend II.1.a, insbesondere BFH in BFHE 140, 379, BStBl II 1984, 400 unter 4., und in BFHE 140, 387, BStBl II 1984, 404).