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  BFH-Urteil vom 4.7.1990 (II R 74/87) BStBl. 1991 II S. 131

Wohnungen (i.S. des § 75 Abs. 5 und 6 BewG) in Ein- und Zweifamilienhäusern müssen mehr als 23 qm groß sein (Bestätigung des BFH-Urteils vom 20. Juni 1985 III R 71/83, BFHE 144, 74, BStBl II 1985, 582).

BewG 1965 § 75 Abs. 5 und 6.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstückes, das sie 1981 mit einem Wohnhaus bebaut hatten.

Das beklagte Finanzamt (FA) hatte für das Grundstück zunächst durch bestandskräftig gewordene Artfortschreibung (bei gleichzeitiger Wertfortschreibung) zum 1. Januar 1982 die Grundstücksart Zweifamilienhaus festgestellt. Denn das Gebäude enthielt neben der Hauptwohnung im Erdgeschoß zusätzlich im Untergeschoß eine etwa 45 qm große Zwei-Raum-Einliegerwohnung (mit Küche und Bad/WC), die einen eigenen Zugang hatte und gegenüber der Hauptwohnung durch gemauerte Wände bzw. eine Holzwand (in einem ehemaligen Türausschnitt) abgegrenzt war.

1983 verkleinerten die Kläger die Einliegerwohnung auf 23,06 qm, indem sie das Wohnzimmer der Einliegerwohnung abtrennten. Dieses Zimmer erhielt einen eigenen Zugang zum Flur des Untergeschosses.Die bisherige Türöffnung zwischen dem Wohnzimmer und der Diele der Einliegerwohnung wurde wie folgt beseitigt: Nach Entfernung von Türblatt und Zarge wurden in die Türöffnung acht Balken mit einem Querschnitt von 40 : 60 mm in Form einer Fachwerkkonstruktion eingebaut, der freie Raum mit geheftetem Isover-Dämmaterial ausgefacht, auf beiden Seiten 30 mm dicke Hartfaserplatten aufgesetzt und mit über 50 Schrauben verdübelt. Die verbleibenden Fugen wurden vergipst und schließlich die Gesamtfläche übertapeziert und gestrichen. Die Baumaßnahme nahm mehr als einen Arbeitstag in Anspruch.

Die Küche, die bisher in dem Wohnzimmer installiert gewesen war, wurde in Form einer Küchenzeile in das bisherige Schlafzimmer der Einliegerwohnung verlegt. Dieses Zimmer diente den Mietern der Einliegerwohnung, welche diese Wohnung an etwa 120 Tagen im Jahr als Ferienwohnung benutzten, nunmehr als Wohn-Schlafzimmer. Der Mietvertrag wurde den veränderten Raumverhältnissen angepaßt und die Miete herabgesetzt.

Nach Auffassung des FA war die Einliegerwohnung nunmehr zu klein, um noch als Wohnung i.S. des § 75 Abs. 6 des Bewertungsgesetzes (BewG) anerkannt zu werden. Es stellte daher durch Artfortschreibung zum 1. Januar 1984 die Grundstücksart Einfamilienhaus fest.

Nach erfolglosem Einspruch hob das Finanzgericht (FG) die Artfortschreibung und die Einspruchsentscheidung auf. Für das Grundstück sei zum 1. Januar 1984 weiterhin die Grundstücksart Zweifamilienhaus festzustellen, weil das aufstehende Gebäude an diesem Stichtag zwei Wohnungen enthalten habe. Denn auch die Einliegerwohnung sei mit 23,06 qm ausreichend groß gewesen. Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragten, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist unbegründet.

Für das Grundstück der Kläger ist zum 1. Januar 1984 weiterhin die Grundstücksart Zweifamilienhaus festzustellen, weil das aufstehende Gebäude an diesem Stichtag zwei Wohnungen enthielt (§ 75 Abs. 6 BewG), nämlich eine Hauptwohnung und eine Einliegerwohnung.

1. Die Größe der Einliegerwohnung erfüllte mit 23,06 qm die Anforderungen, die nach der Verkehrsauffassung an eine derartige Wohnung zu stellen sind. Der früher für die Einheitsbewertung zuständig gewesene III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit seinem Urteil vom 20. Juni 1985 III R 71/83 (BFHE 144, 74, BStBl II 1985, 582) entschieden, daß Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern jedenfalls mehr als 23 qm Fläche haben müssen. Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende Einliegerwohnung mit 23,06 qm. Der Senat sieht keinen Anlaß, diese Grenze von "mehr als 23 qm" nach oben zu verschieben, da auch im Mietwohnungsbau zunehmend Kleinwohnungen errichtet werden. Diese Entwicklung zählt nicht zu den Wertverhältnissen i.S. des § 27 BewG und muß daher auch bei der hier streitigen Artfortschreibung berücksichtigt werden. Dementsprechend hat auch der III. Senat in seinem Urteil vom 5. Oktober 1984 III R 192/83 (BFHE 142, 505, BStBl II 1985, 151) entschieden, das "moderne Wohnverständnis" habe die Auslegung des bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriffes geändert.

2. Die Einliegerwohnung war auch gegenüber der Hauptwohnung baulich abgeschlossen. Nach den Feststellungen des FG war die Türöffnung zwischen dem von der Einliegerwohnung abgetrennten ehemaligen Wohnzimmer und der Diele der Einliegerwohnung so verschlossen worden, daß sie nur mit erheblichem Aufwand wieder hergestellt werden konnte.

Zwar meint das FA, in dem Massivbau der Kläger habe auch die Türöffnung in Massivbauweise geschlossen werden müssen. Dieser Einwand ist jedoch unbegründet. Auch in einem Massivbau werden unter Umständen ganze Wände in Trockenbauweise errichtet. Noch häufiger geschieht dies beim Ausbau von Dachgeschossen. Deshalb kann auch eine Türöffnung in einem Massivbau in Trockenbauweise geschlossen werden, sofern dies nur dauerhaft geschieht.