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  BFH-Urteil vom 22.8.1990 (I R 66/88) BStBl. 1991 II S. 249

Eine die Ausschließlichkeit der Grundstücksverwaltungstätigkeit i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beeinträchtigende Maßnahme liegt jedenfalls dann vor, wenn die Herstellungskosten der überlassenen Betriebsvorrichtungen mehr als 44 v.H. der Herstellungskosten der überlassenen Gebäude betragen.

GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist von der Gemeinde X (Gemeinde) gegründet. Sie errichtete für die Gemeinde Kur- und Freizeiteinrichtungen. Die Bewirtschaftung dieser - als öffentlicher Teil bezeichneten - Einrichtungen ist der Y-KG (KG) übertragen. Die Klägerin erhält eine Nutzungsentschädigung in Höhe der effektiven Ausgaben. Die Herstellungskosten für den öffentlichen Teil betrugen: für Gebäude und Außenanlagen ca. 25,5 Mio DM, für Betriebsvorrichtungen ca. 11,4 Mio DM und für das Inventar ca. 2 Mio DM. Die als Betriebsvorrichtungen bilanzierten Wirtschaftsgüter sind im Rahmen der Feststellung der Einheitswerte für Grundstücke als Betriebsvorrichtungen behandelt worden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1978.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die unrichtige Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Gewerbesteuermeßbescheid unter Berücksichtigung eines Kürzungsbetrages gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von 85 v.H. des Gewerbeertrages zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das FA hat die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu Recht versagt. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes zu kürzen, soweit der Grundbesitz nicht zu den Betriebsstätten im Sinne des § 2 Abs. 6 Satz 1 GewStG gehört. An die Stelle der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes, auf die Betreuung von Wohnungsbauten und die Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen entfällt.

Die Klägerin verwaltete nicht ausschließlich Grundbesitz; die von ihr neben der Verwaltung des Grundbesitzes ausgeübte Tätigkeit ist keine unschädliche Nebentätigkeit im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Die Klägerin überließ auch Betriebsvorrichtungen an Dritte gegen eine Nutzungsentschädigung. Insoweit liegt keine Verwaltung eigenen Grundbesitzes vor. Der Begriff des Grundbesitzes in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG richtet sich nach den bewertungsrechtlichen Vorschriften (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juni 1977 I R 50/75, BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778). Daraus ergibt sich, daß Betriebsvorrichtungen nicht zum Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG rechnen (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes - BewG -).

Der Senat kann offenlassen, ob es allgemein zutrifft, daß die Ausschließlichkeit der Tätigkeit als Grundstücksverwaltungsunternehmen nicht dadurch in Frage gestellt wird, daß im Zusammenhang mit der Vermietung von Grundbesitz zu gewerblichen Zwecken Grundstücksteile mitvermietet werden, die nur wegen der Eigenart ihrer Nutzung durch den Mieter die Rechtsnatur von Betriebsvorrichtungen besitzen, sofern nicht diese Vermietung nach den Umständen des Einzelfalls gewerblichen Charakter aufweist (BFH-Urteil in BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778). Eine die Ausschließlichkeit der Grundstücksverwaltungstätigkeit beeinträchtigende Maßnahme liegt jedenfalls dann vor, wenn - wie im Streitfall - die Herstellungskosten der überlassenen Betriebsvorrichtungen mehr als 44 v.H. der Herstellungskosten der überlassenen Gebäude betragen. In diesem Fall kann nicht mehr davon gesprochen werden, daß die Betriebsvorrichtungen im Zusammenhang mit der Vermietung von Grundbesitz mitvermietet werden. Im Streitfall betragen die Herstellungskosten der von der Klägerin überlassenen Gebäude und Außenanlagen 25,5 Mio DM, die Herstellungskosten der überlassenen Betriebsvorrichtungen 11,4 Mio DM. Der Senat weicht damit nicht von dem BFH-Urteil in BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778 ab. In dem dort entschiedenen Fall wurden ein Geschäftshaus, mehrere Wohnhäuser und ein Parkhaus vermietet, wobei zu den vermieteten Gewerberäumen ein eingebautes Schwimmbad gehörte, das wegen der Nutzung durch die Mieterin Betriebsvorrichtung war. Die Herstellungskosten der Betriebsvorrichtung dürften in dem vom BFH-Urteil in BFHE 122, 534, BStBl II 1977, 778 entschiedenen Fall nur einen unwesentlichen Bruchteil der Herstellungskosten des vermieteten Grundbesitzes betragen haben.