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  BFH-Beschluß vom 23.1.1991 (II B 46/90) BStBl. 1991 II S. 310

Es bedarf keiner Klärung durch ein Revisionsverfahren, daß die Grundsätze der sogenannten mittelbaren Grundstücksschenkung beim Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall - auch wenn dieser auf einem Erbvertrag beruht - nicht anwendbar sind.

ErbStG 1974 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2, §§ 11, 12 Abs. 2; BGB § 516 Abs. 1, § 1922 Abs. 1, § 2278.

Sachverhalt

Zwischen dem Erben und seiner Mutter wurde im Jahr 1982 ein Erbvertrag abgeschlossen, wonach der Kläger als Alleinerbe von der Mutter eingesetzt wurde. Der Erbvertrag lautet u.a.:

1." Ich, die Erschienene zu 1, setze meinen Sohn, den Erschienenen zu 2, zum Alleinerben und auch zum Hofeserben ein.

Er soll auch Erbe des gesamten beweglichen Vermögens, insbesondere auch meines Barvermögens, also auch des mir, der Erschienenen zu 1, aus dem Kaufvertrag über meinen Hof vom heutigen Tag zufließenden Kaufpreises, soweit er bei meinem Tod noch vorhanden ist, werden.

2. Ich mache jedoch meinem Sohn die Auflage den Betrag, der bis zu meinem, der Erschienenen zu 1, Tod noch nicht gemäß § 6b und c EStG reinvestiert ist, auch nach meinem Tod gemäß § 6b und c EStG zu reinvestieren.

Soweit ich über einen Teilbetrag des Kaufpreises in Höhe des Buchwertes des Hofes bei meinem Tod noch nicht verfügt habe, soll mein Erbe, der Erschienene zu 2, insoweit berechtigt sein, über diesen Teilbetrag in voller Höhe oder in Höhe des Betrages, über den noch nicht verfügt ist, frei zu verfügen. Insoweit entfällt seine Verpflichtung zum Reinvestieren."

Die Erblasserin ist im Jahr 1983 verstorben. Gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung wandte der Kläger und Beschwerdeführer ein, daß ihr nicht das Guthaben bei der X-Bank in Höhe von ....DM zuzüglich .... DM Zinsen zugrunde gelegt werden dürfe, weil nach dem Willen der Erblasserin der Kläger einen noch zu erwerbenden Hof bzw. landwirtschaftliche Grundstücke erhalten sollte. Mit Einspruch und Klage begehrte der Kläger den Einheitswert des im Jahre 1984 zugekauften Hofes A in Höhe von .... DM anzusetzen, weil bereits zu Lebzeiten der Erblasserin festgestanden habe, daß das Objekt A zur Reinvestition erworben werden sollte. Zum Abschluß des Kaufvertrages sei es jedoch nicht gekommen, weil noch Schwierigkeiten mit dem Verkäufer bestanden hätten und sich die Erblasserin in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befunden habe. Nach dem Tod der Erblasserin seien noch weitere Verzögerungsgründe hinzugekommen. So habe der Kläger bis Ende 1983 nicht gewußt, in welcher Höhe er Abfindungen an seine Geschwister zu zahlen habe und was danach noch an Eigenkapital vorhanden sein würde. Es sei aber der feste Wille der Erblasserin gewesen, daß ihr Sohn einen landwirtschaftlichen Betrieb erhalten sollte. Nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten habe danach Grundbesitz geschenkt werden sollen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. U.a. führte das Finanzgericht (FG) aus, daß die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur mittelbaren Grundstücksschenkung im Streitfall nicht anwendbar sei. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger grundsätzliche Bedeutung, Abweichung von Entscheidungen des BFH sowie einen Verfahrensmangel geltend (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Insbesondere kommt eine Zulassung wegen Divergenz oder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 FGO) nicht in Betracht.

Es kann dahinstehen, ob das FG, wie der Kläger rügt, den Begriff der sog. mittelbaren Schenkung verkannt hat, denn auch bei einer Abweichung von der Rechtsprechung des BFH wäre die Revision nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen; eine derartige Abweichung wäre nicht entscheidungserheblich, weil die Grundsätze zur sog. mittelbaren Schenkung nicht auf eine Erbeinsetzung durch Erbvertrag übertragen werden können; insoweit wird auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) aufgeworfen.

Der Gegenstand einer Schenkung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974, § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) richtet sich danach, was nach der Schenkungsabrede geschenkt sein sollte und worüber der Bedachte im Verhältnis zum Schenker tatsächlich und rechtlich verfügen kann (BFH-Urteil vom 26. September 1990 II R 50/88, BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32 m.w.N.). Die Annahme einer Grundstücksschenkung durch Hingabe einer Geldsumme (sog. mittelbare Grundstücksschenkung) setzt danach voraus, daß der Bedachte im Verhältnis zum Schenker nicht über das ihm ggf. übergebene Geld, sondern (erst) über das Grundstück verfügen kann (vgl. BFH-Urteil vom 5. Februar 1986 II R 188/83, BFHE 146, 164, BStBl II 1986, 460). Entscheidend ist die endgültige Vermögensverschiebung; erst mit dieser ist der Tatbestand der Schenkung erfüllt und gleichzeitig ihr Gegenstand bestimmt (BFH-Urteile vom 30. Januar 1968 II 49/64, BFHE 91, 431, BStBl II 1968, 371; vom 6. März 1985 II R 114/82, BFHE 143, 287, BStBl II 1985, 380, und vom 13. September 1989 II R 67/86, BFHE 157, 572, BStBl II 1989, 1034). Maßgebend ist nicht, in welcher Gestalt die Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers eintritt, sondern wie sich die Vermögensmehrung beim Bedachten darstellt (BFH in BFHE 143, 287, BStBl II 1985, 380).

Beim Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes - ErbStG - 1974, § 1922 Abs. 1 BGB) wird der Erwerber, der Erbe, Inhaber des "Vermögens" des Erblassers. Er setzt die gesamte auf dieses Vermögen bezogene Rechts- und Pflichtenstellung des Erblassers fort und zwar grundsätzlich mit demselben rechtlichen Inhalt und in demselben Entwicklungszustand, wie er beim Erbfall gegeben war. Der Erbe erbt das hinterlassene Vermögen gewissermaßen "wie es steht und liegt" (Staudinger/Marotzke, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Auf., § 1922 Rz. 44, 45 m.w.N.). Der Erwerb von Todes wegen schließt danach aus, sieht man vom Verschaffungsvermächtnis (§ 2169 Abs. 1, § 2170 Abs. 1 BGB) ab, daß der Erwerber etwas anderes erwirbt als der Erblasser hatte. Erwirbt der Erbe, wie im vorliegenden Fall, mit Mitteln, die er geerbt hat, ein Grundstück, so kann dieses nicht Gegenstand des Erwerbs von Todes wegen und somit Besteuerungsgegenstand sein (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 11, § 12 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974), weil sich das Grundstück im Zeitpunkt des Erbfalls nicht im Vermögen des Erblassers befunden hatte. Das gilt auch, wenn sich Erblasser und Erbe einig gewesen waren, daß der Erbe das Grundstück erwerben solle. Hieran ändert sich nichts, wenn Übertragung und Verwendung der Geldmittel zum Erwerb des Grundstücks in einem Erbvertrag geregelt waren, und zwar schon deshalb, weil durch den Abschluß eines Erbvertrages die Grundsätze des Schenkungsrechts im Erbrecht nicht anwendbar werden, denn durch einen Erbvertrag werden lediglich Verfügungen von Todes wegen getroffen, nämlich Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen (§ 2278 Abs. 2 BGB). Das Wesen der vertragsmäßigen Verfügung von Todes wegen besteht darin, daß der Erblasser, anders als grundsätzlich bei der Errichtung eines Testaments, an seine Verfügungen gebunden ist (§§ 2290 ff., § 2253 BGB).

Wegen der weiteren geltend gemachten Zulassungsgründe entspricht die Nichtzulassungsbeschwerde nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und für Verfahrensrügen BFH-Urteil vom 8. November 1973 V R 130/69, BFHE 110, 493, BStBl II 1974, 219). Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.