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  BFH-Urteil vom 24.10.1990 (X R 64/89) BStBl. 1991 II S. 358

Hatte ein Steuerpflichtiger Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gegen wertgesicherte Leibrente erworben und entfällt die Rentenverpflichtung mit dem Tode des Rentenberechtigten, ist die hierdurch bewirkte Erhöhung des Betriebsvermögens als laufender Gewinn (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) und gemäß § 7 GewStG als Gewerbeertrag zu erfassen, ohne daß der "Objektsteuercharakter" der Gewerbesteuer dem ganz oder teilweise entgegenstünde.

EStG § 4 Abs. 1, § 5; GewStG § 7.

Vorinstanz: FG Nürnberg (EFG 1989, 590)

Sachverhalt

Mit Vertrag vom 19. März 1971 erwarb der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) das Grundstück H-Straße 97 in M. Der Kaufpreis war zu entrichten mit einem Barbetrag von 70.000 DM und einer monatlichen Rente in Höhe von 1.000 DM, zahlbar auf die Lebenszeit der Veräußerer, mindestens jedoch bis zum 31. März 1979. Die Rente war gesichert durch Anknüpfung an den Lebenshaltungskostenindex.

Der Kläger renovierte das aufstehende Gebäude und eröffnete ein Hotel (Gewinnermittlung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Als Anschaffungskosten für Grund und Boden und das Gebäude setzte er in der Bilanz den baren Kaufpreis und die kapitalisierte Rente an. Die Rentenverpflichtung passivierte er mit ihrem Barwert. Infolge der Indexierung betrug die monatliche Rente zuletzt 1.787,25 DM; der Rentenbarwert, der sich ständig erhöht hatte, war zum 31. Dezember 1982 mit einem Betrag von 195.008 DM bilanziert.

Im Laufe des Streitjahres 1983 starben beide Rentenberechtigten. Die Rente wurde letztmalig für den zuletzt Verstorbenen im Juli 1983 geleistet.

In seiner Bilanz zum 31. Dezember 1983 löste der Kläger die Rentenverpflichtung mit einem Betrag von 182.493,75 DM gewinnerhöhend auf. Der so ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb ging in den für das Jahr 1983 erklärten Gewerbeertrag ein, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) entsprechend der eingereichten Erklärung veranlagte. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte der Kläger geltend, die gewinnerhöhende Auflösung der Rentenverpflichtung führe zu einem "imaginären Gewinn".

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben. Es legte dar: Der Fortfall der Rentenverpflichtung führe insoweit nicht zu einem Gewerbeertrag, als es um das Rentenstammrecht mit seinem zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden kapitalisierten nichtindexierten Barwert gehe. Die über diesen Wert von 101.700 DM hinaus passivierte Verpflichtung sei im Gewerbeertrag zu erfassen, weil sie auch zur Laufzeit der Rente Gewinn und Gewerbeertrag gemindert habe. Insoweit habe tatsächlich eine Gewinnrealisierung stattgefunden, denn die Erhöhungsbeträge hätten - im Zeitpunkt der Erhöhung - als laufender Aufwand den Gewinn gemindert. Hingegen widerspreche die Erfassung des Kapitalwerts von 101.700 DM als Gewinn dem Objektssteuergedanken des Gewerbesteuerrechts; denn insoweit habe die Rentenverpflichtung eine dem Fremdkapital vergleichbare Funktion gehabt. Der buchmäßige Gewinn sei nicht Ausdruck der periodischen Ertragskraft des Unternehmens und nicht durch den laufenden Betrieb veranlaßt. Die Entscheidung des FG ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 590.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und in diesem Umfang die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt, soweit das FG der Klage stattgegeben hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.

Der Gewinn aus dem Wegfall der Rentenverpflichtung ist einkommensteuerlich als laufender Gewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 EStG; unten 1.) und gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) als Gewerbeertrag zu erfassen, ohne daß der "Objektsteuercharakter" der Gewerbesteuer dem ganz oder teilweise entgegenstünde (unten 2.).

1. Erwirbt ein Steuerpflichtiger Wirtschaftsgüter für seinen Betrieb gegen eine Veräußerungsleibrente, ist als Anschaffungskosten für die erworbenen Wirtschaftsgüter der Betrag anzusetzen, der dem kapitalisierten Barwert der Rente entspricht. Zugleich ist der Barwert der Rentenverpflichtung zu passivieren (vgl. auch § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Da sich die Verpflichtung in der Folgezeit durch die geringer werdende Laufzeit vermindert, ist ihr Barwert zu den einzelnen Bilanzstichtagen neu zu ermitteln und jeweils mit dem geänderten Wert als Schuldposten auszuweisen. Als Betriebsausgaben abziehbare Zinszahlungen liegen nur insoweit vor, als die jährlichen Rentenzahlungen die jährliche Barwertminderung übersteigen; nur in dieser Höhe wird der Gewinn tatsächlich gemindert (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Februar 1984 IV R 128/81, BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516; Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 5 EStG Anm. 1367).

Erhöhen sich nachträglich aufgrund einer Wertsicherungsklausel die Rentenzahlungen, ist der somit erhöhte Kapitalwert der Rentenverpflichtung neu zu berechnen und zu passivieren. Die hieraus folgende Erhöhung der Verpflichtung wirkt sich in vollem Umfang gewinnmindernd aus (BFH-Urteil in BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516 unter 2.c), ist aber nicht nach § 8 Nr. 2 GewStG hinzuzurechnen (BFH-Urteil vom 12. November 1975 I R 135/73, BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297). Die Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter bleiben unberührt (BFH-Urteil vom 29. November 1983 VIII R 231/80, BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109).

Die Auflösung des verbliebenen Passivpostens beim Erlöschen der Rentenverpflichtung - hier: durch Tod der Berechtigten - ist Ertrag (BFH-Urteile vom 10. November 1966 IV R 28/66, BFHE 87, 213, BStBl III 1967, 89; vom 5. Februar 1969 I R 21/66, BFHE 95, 151, BStBl II 1969, 334; vom 15. November 1979 IV R 49/76, BFHE 129, 265, BStBl II 1980, 150; Abschn. 17 Abs. 3 Satz 5 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1977; Abschn. 52 Abs. 3 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR - 1990; Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O.). Die Vorstellung des Klägers von einem "imaginären" Gewinn trifft nicht zu: Der Wegfall einer Verpflichtung für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern ist grundsätzlich ein betrieblicher Vorfall und wirkt sich gewinnerhöhend aus (s. auch BFH-Urteil vom 31. August 1972 IV R 93/67, BFHE 107, 205, BStBl II 1973, 51). Dieser Fall ist auch entgegen der Auffassung des FG mit einem schenkweisen Erlaß der Rentenverpflichtung nicht zu vergleichen.

2. Wegen der eindeutigen und abschließenden Verweisung des § 7 GewStG auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG erhöht der Wegfall der Rentenverpflichtung in vollem Umfang den Gewerbeertrag.

a) Der BFH hat in seinem Urteil in BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297 unter 2.c) - beiläufig - ausgeführt, der außerordentliche Ertrag aus dem Wegfall einer betrieblichen Leibrentenverpflichtung sei bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht vom Gewinn aus Gewerbebetrieb abzusetzen; das Gewerbesteuerrecht kenne keine Vorschrift, die dies zuließe. Das FG Köln (Urteil vom 22. April 1982 V (XII) 230/75 G, EFG 1982, 577) und das Schrifttum sind dieser Auffassung gefolgt (Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 7. Aufl., § 8 Nr. 2 Rdnr. 18; Wihtol/Bittner, Gewerbesteuer, § 8 Anm. 4 ff.; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 8 Nr. 2 Rdnr. 10; Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuer-Kommentar, § 8 Nr. 2 Rdnr. 22). Der erkennende Senat stimmt dem zu.

b) Gemäß § 7 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Eine ausdrückliche Verweisung auf die §§ 4 bis 7e EStG war früher in § 17 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) enthalten; diese Verweisung ist später "als selbstverständlich" entfallen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1965 IV 159/63 U, BFHE 82, 33, BStBl III 1965, 259). Die materiell-rechtliche Verweisung des § 7 GewStG gilt ungeachtet der Tatsache, daß der Gewerbeertrag verfahrensrechtlich selbständig zu ermitteln ist (Urteil des erkennenden Senats vom 9. August 1989 X R 110/87, BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195, unter 4.b, m.w.N.; Abschn. 39 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 GewStR 1990).

c) In der Rechtsprechung des BFH wird der Grundsatz betont, Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und Gewerbeertrag unterschieden sich nur durch die Zu- und Abrechnungen nach §§ 8, 9 GewStG. Indes wird - zumeist beiläufig - angefügt, eine Ausnahme hiervon gelte dann, wenn die Anwendung ertragsteuerrechtlicher Gewinnermittlungsvorschriften mit dem Objektcharakter der Gewerbesteuer nicht zu vereinbaren sei (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1952 I 99/52 U, BFHE 57, 236, BStBl III 1953, 94, unter Bezugnahme auf das Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 21. Mai 1940 I 132/40, RStBl 1940, 667; s. ferner BFH-Urteile vom 29. November 1960 I 73/59 U, BFHE 72, 135, BStBl III 1961, 51; vom 3. April 1962 I 196/59 U, BFHE 74, 685, BStBl III 1962, 254; vom 18. Februar 1965 IV 159/63 U, BFHE 82, 33, BStBl III 1965, 259; vom 20. August 1965 VI 154/65 U, BFHE 84, 258, BStBl III 1966, 94: Abweichungen "in Grenzfällen"; vom 26. Mai 1971 I R 45/70, BFHE 102, 399, BStBl II 1971, 717; vom 12. Januar 1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267). Das BFH-Urteil vom 20. März 1974 I R 198/72 (BFHE 112, 157, BStBl II 1974, 486) führt aus: Wenn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags von dem nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnden Gewinn auszugehen sei (§ 7 GewStG), müsse es sich nicht notwendig um den Betrag handeln, der als Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer zugrunde gelegt werde; vielmehr folge aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer (Objektsteuer), daß sich Abweichungen gegenüber der Einkommensteuer ergeben könnten.

d) Das Objektsteuerprinzip besagt: Das Steuerobjekt selbst - hier: der Gewerbebetrieb - soll mit der ihm eigenen Ertragskraft ohne Rücksicht auf die persönlichen Merkmale des Steuersubjekts und seiner persönlichen Beziehung zum Steuerobjekt erfaßt werden. Die Objektsteuer stellt daher nicht auf die persönliche Leistungsfähigkeit ab (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 13. Mai 1969 1 BvR 25/65, BVerfGE 26, 1, 9; vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224 unter B I.3.; BFH-Urteil vom 31. Oktober 1974 IV R 98/71, BFHE 113, 525, BStBl II 1975, 115; vgl. auch Senatsurteil vom 5. September 1990 X R 20/89, BStBl II 1991, 25). In § 8 Nr. 2 GewStG wird die objektsteuerrechtlich bezweckte Gleichstellung dadurch herbeigeführt, daß Aufwand, der einem Unternehmen durch Übernahme von Fremdkapital bestimmter Art (Gegenleistung für den Erwerb eines Betriebes) entsteht, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet wird, und zwar so, als wäre die Einbringung des Betriebes auf den Einsatz von Eigenkapital zurückzuführen (vgl. zu Renten: BFH-Urteil vom 12. November 1975 I R 135/73, BFHE 118, 44, 46, BStBl II 1976, 297). Der Grund für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 2 GewStG ist - jedenfalls für betriebliche Veräußerungsrenten - darin zu suchen, daß die einzelnen Rentenzahlungen Zinsanteile enthalten, die wie Zinsen auf Dauerschulden Entgelte für die Überlassung des im Gewerbebetrieb arbeitenden Kapitals darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1987 I R 126/83, BFHE 151, 175, BStBl II 1988, 70).

Der Gesetzgeber ist weder von Verfassungs wegen zu einer "reinen" Verwirklichung des Objektsteuerprinzips bei der Gewerbesteuer verpflichtet (BVerfG-Beschluß in BVerfGE 26, 1, 8) noch hat er dieses Prinzip tatsächlich rein verwirklicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 118, 44, BStBl II 1976, 297, unter 2.b). Die Gewerbesteuer weist "auch personensteuerartige Merkmale auf" (so BFH-Urteile vom 14. Januar 1965 IV 173/64 S, BFHE 81, 318, BStBl III 1965, 115; in BFHE 82, 33, BStBl III 1965, 259).

e) Die Aussage, bei der Anwendung des § 7 GewStG sei das "Objektsteuerprinzip" zu beachten, kann ohne Verstoß gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze nicht verallgemeinert werden. Eine Bestandsaufnahme der Rechtsprechung ergibt, daß der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer in folgender Hinsicht tragender Entscheidungsgesichtspunkt war:

- Aus "dem Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer" wird das Erfordernis der Unternehmensgleichheit gefolgert (BFH-Urteile vom 28. Mai 1968 IV 340/64, BFHE 93, 91, BStBl II 1968, 688; vom 12. Januar 1978 IV R 26/73, BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348; vom 2. März 1983 I R 85/79, BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427; zu den Auswirkungen im Rahmen des § 10a GewStG vgl. Senatsurteil vom 5. September 1990 X R 20/89, BStBl II 1991, 25).

- Nach der Rechtsprechung des RFH und des BFH ist Gegenstand der Gewerbesteuer "als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer nur der durch den laufenden Betrieb anfallende Gewinn" (BFH-Urteil vom 1. Februar 1979 IV R 219/75, BFHE 127, 410, BStBl II 1979, 444). "Unter dem Gesichtspunkt der Objektsteuer" werden Vorgänge aus Anlaß der Gründung und der Veräußerung des Betriebes/Teilbetriebes nicht erfaßt (RFH-Urteil in RStBl 1940, 667; BFH-Urteile in BFHE 84, 258, BStBl III 1966, 94; BFHE 127, 410, BStBl II 1979, 444, und vom 23. November 1988 X R 1/86, BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376 m.w.N.).

- Eine Unfallentschädigung, welche dem Gewerbetreibenden wegen seiner Erwerbsminderung aus der Haftpflichtversicherung des Schädigers gezahlt wird, ist dem Gewerbeertrag nicht hinzuzurechnen; diese Unfallentschädigungen sind "trotz ihrer Beziehung zum Gewerbebetrieb" keine unmittelbaren Erträge aus dem Betrieb, sondern Folgen eines vom Betriebsinhaber erlittenen Körperschadens (BFH-Urteile in BFHE 84, 258, BStBl III 1966, 94; vom 28. August 1968 I 252/65, BFHE 93, 466, BStBl II 1969, 8). Die Folgerung, daß durch die Person des Gewerbetreibenden bedingte Einnahmen bei der Bemessung der Gewerbesteuer außer Betracht zu bleiben hätten, "kann in dieser Allgemeinheit aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nicht hergeleitet werden" (Urteil in BFHE 112, 157, BStBl II 1974, 486).

Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Er sieht aber auch keine Möglichkeit, den von der Rechtsprechung bisher anerkannten Ausnahmen von der Maßgeblichkeit der Verweisung weitere hinzuzufügen.

f) Der Entstehungsgeschichte des § 7 GewStG ist zu entnehmen, daß mit der Bezugnahme auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG und des KStG eine möglichst praktikable Grundlage für die Ermittlung des Gewerbeertrags geschaffen werden sollte (so bereits Begründung zum Entwurf eines Gewerbesteuerrahmengesetzes, RTDrucks IV. Wahlperiode 1928 Nr. 568 S. 109, 114, 129; Begründung zum GewStG, RStBl 1937, 693, 695, unter 6.). Die genannten Materialien enthalten die eindeutige Aussage, daß für die Berechnung des Gewerbeertrags von dem aufgrund des EStG bzw. KStG festgestellten Gewinn auszugehen sei; "die Abweichungen, die entsprechend dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer erforderlich erscheinen, mußten also in das Gewerbesteuergesetz aufgenommen werden" (a.a.O., S. 112).

g) Der RFH hatte zwar in seinem Urteil vom 10. Januar 1940 VI 704/39 (RStBl 1940, 134) noch einen Grundsatz der Unabhängigkeit der gewerbesteuerrechtlichen von der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung betont: die an sich zu erstrebende Einheitlichkeit des Steuerrechts finde ihre Grenze "in dem besonderen Wesen und dem besonderen Zweck" von Gewerbe- und Einkommensteuer. Auf diese Entscheidung des RFH beziehen sich die BFH-Urteile vom 11. Dezember 1956 I 194/56 U (BFHE 64, 275, BStBl III 1957, 105), vom 19. Dezember 1957 IV 666/55 U (BFHE 66, 548, BStBl III 1958, 210), und vom 9. Dezember 1960 VI 78/59 S (BFHE 72, 163, BStBl III 1961, 61). Auf letztere BFH-Urteile verweist wiederum Abschn. 39 Abs. 1 Satz 6 GewStR 1990.

In seinem Urteil vom 9. April 1981 IV R 178/80 (BFHE 133, 293, 295, BStBl II 1981, 621) ist der IV. Senat des BFH jedoch dem Urteil des RFH in RStBl 1940, 134 ausdrücklich nicht gefolgt: Für die Bestimmung dessen, was bei einer Personengesellschaft als Gewinn die Besteuerungsgrundlage bei der Gewerbesteuer bilde, seien keine anderen Grundsätze anzuwenden als bei der Besteuerung des Einkommens. Bereits in dem Urteil vom 5. Dezember 1968 IV R 270/66 (BFHE 94, 462, BStBl II 1969, 196; vgl. ferner BFH-Urteil vom 25. Mai 1962 I 78/61 S, BFHE 75, 467, BStBl III 1962, 438) hatte der IV. Senat ausgeführt, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 GewStG entspreche der Gewerbeertrag, abgesehen von den Hinzu- und Abrechnungen, dem Gewinn i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 und des § 5 EStG; die Auffassung, daß Veräußerungsgewinne nicht zum laufenden Gewerbeertrag gehören sollten, sei mit dem Wortlaut des § 7 GewStG nur schwer zu vereinbaren; er lehne es daher ab, diese Auffassung auf Fälle auszudehnen, in denen außerordentliche Erträge anfielen, z.B. durch die Auflösung von in Jahrzehnten angefallenen stillen Reserven. Denn das stünde eindeutig mit dem Wortlaut des § 7 GewStG sowie seinem Sinn und Zweck in Widerspruch.

Nach dem BFH-Urteil vom 14. Dezember 1978 IV R 98/74 (BFHE 127, 45, 48, BStBl II 1979, 284) hat der Gesetzgeber sogar bewußt in Kauf genommen, daß die der Ermittlung des Gewinns dienenden Vorschriften des EStG und des KStG im einzelnen verschieden gestaltet sind, und es somit zu unterschiedlichen Besteuerungsergebnissen kommen kann, je nachdem in welcher Rechtsform ein Unternehmen betrieben wird. In seinem Urteil vom 25. April 1985 IV R 83/83 (BFHE 144, 25) weist der IV. Senat des BFH des weiteren zutreffend darauf hin, das "Wesen der Gewerbesteuer" als Objektsteuer könne Rechtswirkungen stets nur insoweit entfalten, als die Vorschriften des GewStG hierfür Raum ließen. Dies sei jedoch bei der Bestimmung des Gewinns als Ausgangsgröße für den Gewerbeertrag nicht der Fall.

Das BVerfG hat unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten dargelegt: Der Gesetzgeber habe mit der Verweisung auf das EStG eine "eindeutige und erschöpfende Regelung" getroffen und gewissen Besonderheiten, die sich vor allem aus dem überwiegenden Objektsteuergedanken der Gewerbesteuer ergäben, durch Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG) Rechnung getragen (Beschluß vom 18. Juni 1975 1 BvR 528/72, BVerfGE 40, 109, 115).

h) Mithin enthält die Bezugnahme des § 7 GewStG auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG eine eindeutige und abschließende Verweisung, die durch den "Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer" (Sach- bzw. Realsteuer) lediglich in den oben (unter e) dargestellten Ausnahmefällen aufgehoben wird. Das "Objektsteuerprinzip" ist eine Leitidee des Gesetzgebers, die nur insoweit maßgebend ist, als sie der Gesetzgeber in positives Recht umgesetzt hat (vgl. hierzu Tipke/Lang, Steuerrecht, 12. Aufl., 1989, S. 18 f.: "norminspirierendes Prinzip").

Ist der "Objektsteuergedanke" kein durchgehend normiertes und damit subsumtionsfähiges Prinzip, kann aus ihm nicht hergeleitet werden, daß außergewöhnliche Erträge oder solche Erträge, denen kein früherer Aufwand entspricht, aus dem Gewerbeertrag i.S. des § 7 GewStG auszusondern wären.

i) Entgegen der Auffassung des FG besagt § 8 Nr. 2 GewStG nicht, daß der außerordentliche Ertrag aus der Auflösung der Rentenverpflichtung kein Gewerbeertrag wäre.

Der entsprechende Bilanzposten hatte sich noch nicht gewinnwirksam ausgewirkt. § 8 Nr. 2 GewStG ordnet lediglich an, daß dem nach den Vorschriften des EStG ermittelten Gewinn eine konkrete Gewinnminderung des fraglichen Veranlagungszeitraums "wieder" hinzugerechnet wird; § 8 Nr. 2 GewStG hat keine über den Veranlagungszeitraum hinausgreifende Ausgleichsfunktion.

3. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist sein Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben. Die spruchreife Klage ist in vollem Umfang abzuweisen.