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  BFH-Beschluß vom 29.1.1991 (VII E 6/90) BStBl. 1991 II S. 467

Der Streitwert eines Revisionsverfahrens, in dem sich das FA gegen eine durch das FG anerkannte Aufrechnung gegen Steuerforderungen wendet, bemißt sich jedenfalls dann nach dem vollen Wert der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung, wenn der Bestand der Gegenforderung streitig ist.

GKG § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Satz 1.

Sachverhalt

I.

Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin), eine Bauherrengemeinschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), hat vor dem Finanzgericht (FG) und dem Bundesfinanzhof (BFH) einen Rechtsstreit darüber geführt, ob ihre Gesellschafter ihr bestimmte Umsatzsteuererstattungsansprüche wirksam abgetreten und sie (die Erinnerungsführerin) hiermit gegen eigene Umsatzsteuerverbindlichkeiten dem Finanzamt (FA) gegenüber wirksam aufgerechnet hat. Das FA hatte die Aufrechnung u.a. deshalb nicht anerkannt, weil es seiner Ansicht nach an wirksamen Abtretungen und damit an dem Bestand der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung fehlte. Nachdem das FG der Klage teilweise stattgegeben und die Aufrechnung in Höhe von 86.860,06 DM anerkannt hatte, hat der Senat auf die Revision des FA das FG-Urteil aufgehoben, die Sache an das FG zurückverwiesen und diesem die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren übertragen. Im zweiten Rechtsgang haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das FG hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu 77 % der Erinnerungsführerin und zu 23 % dem FA auferlegt.

Durch Kostenrechnung vom 4. Juli 1990 setzte die Kostenstelle des BFH gegen die Erinnerungsführerin für das Revisionsverfahren gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf der Grundlage eines Streitwerts von 86.860 DM Gerichtskosten in Höhe von 2.229,90 DM fest.

Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung. Sie macht geltend, bei einem Rechtsstreit über die Zulässigkeit einer Aufrechnung sei lediglich von einem Streitwert in Höhe von 10 % des zur Aufrechnung gestellten Betrages auszugehen. Diese Rechtsauffassung werde vom FG Berlin (Beschluß vom 26. Juli 1976 V 223-224/75, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1976, 583) sowie in den Kommentierungen von Hartmann (Kostengesetze, 22. Aufl. 1987, Anhang II zu § 13 GKG, Stichwort "Aufrechnung") und Gräber/Ruban (Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. vor § 135, Tz. 30) vertreten. Der Vertreter der Staatskasse beim BFH beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Erinnerung ist unbegründet. Die Kostenstelle des BFH ist in der Kostenrechnung zu Recht von einem Streitwert des Revisionsverfahrens von 86.860,06 DM ausgegangen.

Gemäß § 13 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Revisionsverfahren ist dabei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den Antrag des Rechtsmittelklägers - also hier des FA - abzustellen. Das FA hat mit der Revision beantragt, das - für die Erinnerungsführerin günstige - Urteil des FG aufzuheben, mit dem dieses die vom FA bestrittene Aufrechnung in Höhe von 86.860,06 DM gegen die Umsatzsteuerschuld der Erinnerungsführerin anerkannt hat. Da die Aufrechnung bewirkt, daß die Forderung, gegen die aufgerechnet wird, erlischt (§ 389 des Bürgerlichen Gesetzbuches), ergibt sich die wirtschaftliche Bedeutung des Streits im Revisionsverfahren für die Erinnerungsführerin aus der Höhe der gegen sie gerichteten Steuerforderung, von der sie nach dem Urteil des FG durch Aufrechnung befreit worden ist. Der Streitwert für das Revisionsverfahren bestimmt sich also nach der Höhe der Gegenforderung, die das FG als zur Aufrechnung durch die Erinnerungsführerin geeignet anerkannt hat (hier 86.860,06 DM).

Ob etwas anderes gilt, wenn zwischen den Beteiligten die zur Aufrechnung gestellte Forderung (z.B. wegen Bestandskraft) nach Bestand und Höhe unstreitig ist und allein die Zulässigkeit der Aufrechnungserklärung streitig ist (so der Fall des FG Berlin in EFG 1976, 583), kann dahinstehen, denn die Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Der Senat hat den Beschluß des FG auf entsprechende Rüge des FA hin gerade deshalb aufgehoben, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG zum Bestand der Forderungen, mit denen die Erinnerungsführerin aufrechnen wollte, nicht ausreichten. Für eine derartige Fallgestaltung vertritt auch das FG Berlin die Rechtsauffassung, daß sich der Streitwert nach dem Betrag der zur Aufrechnung gestellten Forderung bemißt. Da auch die Kostenfestsetzung im übrigen keinen Rechtsfehler erkennen läßt, war die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.