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BFH-Urteil vom 19.3.1991 (II R 134/88) BStBl. 1991 II S. 521

Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnende ausländische Erbschaftsteuer ist nach dem amtlichen, im Bundesanzeiger veröffentlichten Briefkurs für den Tag in Deutsche Mark umzurechnen, an dem die deutsche Erbschaftsteuer für den Erwerb entstanden ist.

ErbStG 1974 §§ 11, 21 Abs. 1 Satz 1.

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Erbin nach der am 23. Juli 1979 in London (Großbritannien) verstorbenen A. Der Erwerb der Erbin besteht ausschließlich aus Auslandsvermögen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berechnete im Bescheid vom 17. Mai 1985 die Erbschaftsteuer mit 46.632 DM, wobei der Ermittlung des Wertes des steuerpflichtigen Erwerbes in Deutscher Mark ein Devisenkurs von 4,12 DM zugrunde gelegt wurde. Die von der Klägerin in Großbritannien bezahlte Steuer von 11.088 englischen Pfund rechnete das FA mit einem Betrag von 43.244 DM an, den es mit dem Devisenkurs von 3,90 DM im Zeitpunkt der Zahlung berechnete.

Mit Einspruch und Klage begehrte die Klägerin, die in Großbritannien bezahlte Steuer entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Juni 1963 II 196/61 U (BFHE 77, 227, BStBl III 1963, 402) zu dem Devisenkurs umzurechnen, der im Zeitpunkt der Entstehung der deutschen Erbschaftsteuer gegolten habe, nämlich zu 4,12 DM je englisches Pfund. Die Klageabweisung begründete das Finanzgericht (FG) u.a. damit, daß § 21 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974, anders als § 9 ErbStG 1959, auf die "gezahlte" ausländische Steuer abstelle. Es werde also der Zahlungsvorgang betont, weil nach der Neufassung der Vorschrift nur er die Anrechenbarkeit bewirke. Dadurch rücke das Verhältnis der Auslandsvaluta zur Deutschen Mark bei Entrichtung der ausländischen Steuer in den Vordergrund. Der Kurswert der ausländischen Valuta am Todestag des Erblassers bleibe unberücksichtigt. Das erscheine deshalb angebracht, weil sich die effektive Belastung des Erben mit der ausländischen Erbschaftsteuer und ihre Umrechnung auf Deutsche Mark lediglich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Zahlung richte.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974.

Sie beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung die Erbschaftsteuer auf 950 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist im wesentlichen begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Herabsetzung der Erbschaftsteuer auf 1.025 DM.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Der erkennende Senat folgt dem FG nicht, daß die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 anzurechnende ausländische Steuer zum Devisenkurs im Zeitpunkt der Zahlung dieser Steuer umzurechnen sei. Zwar ist nach der genannten Vorschrift nur die "gezahlte" Erbschaftsteuer anzurechnen, hieraus folgt aber nicht zwingend, daß sich der anzurechnende Wert in Deutscher Mark nach dem Zeitpunkt der Zahlung an die ausländische Behörde richtet; ebenso konnte, worauf die Revision hinweist, mit der Einfügung des Wortes "gezahlte" in § 21 Abs. 1 ErbStG 1974 vom Gesetzgeber lediglich beabsichtigt gewesen sein, sicherzustellen, daß die anzurechnende ausländische Erbschaftsteuer überhaupt gezahlt worden ist.

Es entspricht aber dem Sinn des § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974, die anzurechnende ausländische Steuer nach dem amtlichen Devisenkurs umzurechnen, der im Zeitpunkt der Entstehung der - deutschen - Erbschaftsteuer gegolten hat. Denn durch die Anrechnung der ausländischen Steuer soll nur die Doppelbelastung bei der inländischen Steuer beseitigt werden, nicht aber die inländische Besteuerung als solche berührt werden; dies wäre aber bei der von FA und FG angewandten Umrechnung der anzurechnenden Steuer der Fall.

Grundlage für die Anwendung des § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 ist die Steuer, die sich bei Anwendung der Vorschriften des deutschen Erbschaftsteuerrechts auf das Auslandsvermögen ergibt; dabei ist der Wertermittlung der amtliche Devisenkurs auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer zugrunde zu legen, denn der Wert des Auslandsvermögens ist auf diesen Zeitpunkt in Deutschen Mark anzusetzen (§ 11 ErbStG). Durch die Anrechnung der festgesetzten und gezahlten ausländischen Steuer wird danach die deutsche Erbschaftsteuer ermäßigt, die sich auf der Grundlage des in Deutsche Mark umgerechneten steuerpflichtigen Erwerbs im Ausland ergibt. Wird die anzurechnende Steuer nach demselben Devisenkurs umgerechnet, der für die Wertermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs maßgebend war, so wirkt sich der ausländische Wert des Erwerbs in gleichem Maß auf die Bemessung der zu erhebenden Steuer (§ 19 ErbStG 1974) und die Bemessung der anzurechnenden Steuer (§ 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974) aus.

Würde die anzurechnende Steuer dagegen nach einem abweichenden - höheren oder niedrigeren - Devisenkurs umgerechnet, so würden zu erhebende und anzurechnende Steuer nach unterschiedlichen Maßstäben ermittelt mit der Folge, daß sich die nach der Anrechnung von dem Steuerpflichtigen zu entrichtende deutsche Steuer entsprechend dem gestiegenen oder gefallenen Wechselkurs der Deutschen Mark ermäßigt oder erhöht. Dies käme einer vom Stichtagswert abweichenden Bewertung des (ausländischen) Vermögensanfalls gleich und hätte damit - über die Änderung der Bemessungsgrundlage - im Ergebnis eine durch § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 nicht gedeckte Änderung der zu erhebenden Steuer zur Folge.

Das Argument des FA, bei einem Ansatz des Kurswertes im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer würden Kurssteigerungen oder ein Kursverfall der Deutschen Mark zu ungerechtfertigten Entlastungen oder Belastungen des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Zahlung der ausländischen Steuer führen, hat rein spekulativen Charakter und trifft auch zu, wenn der Devisenkurs am Tag der Zahlung der ausländischen Steuer angesetzt würde.

Die Sache ist spruchreif. Der Berechnung der Erbschaftsteuer ist allerdings nicht der vom FA - wie auch von der Klägerin - angewendete Devisenkurs von 4,12 DM zugrunde zu legen, denn bei diesem handelt es sich um den (Durchschnitts-)Umrechnungssatz für Juli 1979, der vom Bundesminister der Finanzen für Umsatzsteuerzwecke festgesetzt worden ist (Bundesanzeiger - BAnz - vom 7. August 1979, Nr. 145, S. 1). Maßgebend ist vielmehr der amtliche Briefkurs am Stichtag, dem 23. Juli 1979, der von der Deutschen Bundesbank mit 4,154 DM je englisches Pfund festgesetzt worden ist (BAnz vom 25. Juli 1979, Nr. 136, S. 7). Dieser Kurs ist sowohl der Umrechnung des steuerpflichtigen Erwerbs als auch der gezahlten ausländischen Erbschaftsteuer in Deutsche Mark zugrunde zu legen. Dabei ergibt sich eine Erbschaftsteuer von 1.025 DM nach folgender Berechnung:

 

Erbanteil                                                                                 

englische Pfund 163.349 x 4,154                              678.551 DM

Freibetrag                                                                90.000 DM

                                                                               ----------------

steuerpflichtiger Erwerb                                           588.551 DM

Erbschaftssteuer (8 v.H.)                                           47.084 DM

anzurechnende ausländische

Erbschaftssteuer

englische Pfund 11.088 x 4,154                                 46.059 DM

                                                                                 --------------

Erbschaftssteuer                                                        1.025 DM