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  BFH-Urteil vom 21.2.1991 (IX R 199/87) BStBl. 1991 II S. 570

Nach Hinzuerwerb des Miteigentumsanteils an einem Einfamilienhaus nach der Scheidung kann der nunmehrige Alleineigentümer die erhöhten Absetzungen gemäß § 7b EStG nur von der Hälfte der Höchstbemessungsgrundlage in Anspruch nehmen. Es ist nicht zulässig, die erhöhten Absetzungen nach dem bisherigen Anteil an den Gebäudeherstellungskosten zu bemessen.

EStG 1983 §§ 7b Abs. 1 Satz 3, Abs. 6 Satz 1, 21 Abs. 2 1. Alternative, 21a.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine am 21. Februar 1984 von ihm geschiedene Ehefrau waren je zur Hälfte Miteigentümer eines im Jahre 1979 errichteten Einfamilienhauses. Seit 1982 lebten sie getrennt. Mit Vertrag vom 26. Juni 1984 erwarb der Kläger den Miteigentumsanteil seiner Ehefrau.

Bereits ab 1. Januar 1984 hatte er das Haus zur "ideellen Hälfte" an Frau K zu einem Mietzins von 440 DM monatlich zuzüglich Nebenkosten vermietet. Der Kläger nutzte neben Frau K das gesamte Haus zu eigenen Wohnzwecken.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1984 erklärte der Kläger hinsichtlich der vermieteten Hälfte des Hauses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuß von 4.663 DM (Mieteinnahmen 4.800 DM, Werbungskosten in Höhe der Gesamtaufwendungen 9.463 DM). Die Einkünfte aus der anderen Haushälfte ermittelte er nach § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Insoweit machte er die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG von 4.038 DM (5 v.H. der hälftigen Herstellungskosten von 80.755 DM) geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ermittelte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausschließlich nach § 21a EStG, ohne die Mieteinnahmen zu berücksichtigen. Die sich dadurch allein auswirkenden Absetzungen nach § 7b EStG berücksichtigte das FA mit 3.750 DM (5 v.H. des halben Höchstbetrages von 75.000 DM).

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 7b, 21a EStG.

Der zwischen dem Kläger und Frau K bestehende Mietvertrag sei steuerlich anzuerkennen. Der Kläger habe tatsächlich Mieteinnahmen erzielt, so daß die Einkünfte insoweit durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten zu ermitteln seien.

Das FA habe während des Bestehens der Ehe die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG zutreffend mit je 3.750 DM gewährt. Nach der Scheidung ständen dem Kläger die anteiligen Absetzungen von seinem Gebäudeanteil, also in Höhe von 5 v.H. von 80.755 DM = 4.038 DM zu.

Der Kläger beantragt, zum Teil sinngemäß, das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer 1984 unter Gewährung weiterer erhöhter Absetzungen von 288 DM und - hinsichtlich der Vermietung des Einfamilienhauses - eines Werbungskostenüberschusses von 4.663 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß dem Kläger ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG zuzurechnen und diese Einkünfte nach § 21a EStG zu ermitteln sind. Den Absetzungen nach § 7b EStG hat das Gericht zu Recht eine Bemessungsgrundlage von 75.000 DM zugrunde gelegt.

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus nach § 21 Abs. 2, 1. Alternative i.V.m. § 21a EStG zu ermitteln war; denn der Kläger hat die gesamte Wohnung selbst genutzt.

Zur Selbstnutzung durch den Steuerpflichtigen gehört auch die Mitbenutzung der Wohnung durch die mit dem Steuerpflichtigen in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen (Senatsurteil vom 21. Januar 1988 IX R 86/84, BFHE 154, 108, BStBl II 1988, 938). Darüber hinaus hat der Senat in seinem Urteil vom 8. August 1990 IX R 122/86 (BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171) entschieden, daß eine Selbstnutzung durch den Steuerpflichtigen auch dann vorliegt, wenn er die Wohnung zusammen mit anderen Personen, insbesondere nahen Angehörigen, Lebensgefährten, Freunden oder Bekannten gemeinschaftlich nutzt. Diese Auslegung des § 21 Abs. 2, 1. Alternative EStG entspricht der Zielsetzung des Gesetzgebers, den Mietwert der eigengenutzten Wohnung zu besteuern, und zwar insoweit, als diese vom Steuerpflichtigen tatsächlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird oder ständig zur Nutzung zur Verfügung steht. Der Steuerpflichtige muß die tatsächliche Sachherrschaft, den unmittelbaren (Mit-)Besitz an den jeweiligen Räumen der Wohnung haben. Wegen weiterer Einzelheiten verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil in BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171.

Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) waren die Räume des Einfamilienhauses nicht zwischen dem Kläger und Frau K aufgeteilt. Vielmehr wurde die gesamte Wohnfläche von beiden gemeinschaftlich genutzt.

2. Auch die Höhe der vom FG ermittelten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1984 hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Das FG ist bei den erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG von der zutreffenden Bemessungsgrundlage ausgegangen.

Erhöhte Absetzungen werden nach § 7b Abs. 5 Satz 1 EStG grundsätzlich nur für ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung gewährt. Eheleute, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die erhöhten Absetzungen für insgesamt zwei begünstigte Objekte in Anspruch nehmen.

Ist ein Bauwerk mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen, so wird der Anteil eines Steuerpflichtigen hieran einem begünstigten Objekt gleichgestellt (§ 7b Abs. 6 Satz 1 EStG). Dies gilt nicht, wenn ein Bauwerk ausschließlich dem Steuerpflichtigen sowie seinem Ehegatten zuzurechnen ist und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (§ 7b Abs. 6 Satz 2 EStG). In einem solchen Fall stellt nicht der einzelne Anteil des Ehegatten das nach § 7b EStG begünstigte Objekt dar. Begünstigtes Objekt ist vielmehr das Bauwerk als solches.

Erfüllen die Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteile vom 20. Juli 1982 VIII R 162/81, BFHE 137, 247, BStBl II 1983, 198; vom 29. September 1982 VIII R 225/81, BFHE 137, 414, BStBl II 1983, 293; Senatsurteil vom 22. Oktober 1985 IX R 145/83, BFHE 145, 518, BStBl II 1986, 387) auch § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG nicht mehr anwendbar. Das hat zur Folge, daß jeder Anteil der beiden Ehegatten an einem ihnen gemeinsam gehörenden Bauwerk als ein begünstigtes Objekt entsprechend der Grundregel des § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG zu behandeln ist.

Demgemäß kann auch jeder Ehegatte nach dem Fortfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erhöhte Absetzungen für seinen Anteil nur noch bis zu dem entsprechenden Teil der für das Bauwerk maßgeblichen Höchstbemessungsgrundlage nach § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG in Anspruch nehmen. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 7b Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 EStG. Diese Regelung stimmt mit dem die Absetzungen für Abnutzung sowie die erhöhten Absetzungen beherrschenden Grundsatz überein, daß sich die Bemessungsgrundlage der Absetzungen nur dann ändert, wenn zusätzliche - hier durch § 7b EStG begünstigte - Anschaffungs- oder Herstellungskosten anfallen. Dagegen rechtfertigt allein die Ehescheidung von Miteigentümern eines § 7b-Objekts es nicht, an die Stelle des Anteils an der Höchstbemessungsgrundlage die jeweilige Beteiligung an den tatsächlichen Gebäudeherstellungskosten zu setzen. Der Hinzuerwerb des Miteigentumsanteils des früheren Ehegatten ist auch insoweit wegen der in § 7b EStG bestimmten Objektbeschränkung nicht zu berücksichtigen. Würde man einem Ehegatten für seinen Miteigentumsanteil einen über seinen Bruchteil hinausgehenden Teil der Höchstbemessungsgrundlage zubilligen, wie es der Kläger begehrt, so würde dies zu dem mit § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG nicht zu vereinbarenden Ergebnis führen, daß die Summe der anteiligen Höchstbemessungsgrundlagen beider Eheleute die für das gesamte Bauwerk maßgebliche Höchstbemessungsgrundlage übersteigen würde.

Im Streitfall ist deshalb eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage über den hälftigen Höchstbetrag von 75.000 DM hinaus nicht möglich. Dem Kläger stehen nur Absetzungen in Höhe von 5 v.H. von 75.000 DM, also 3.750 DM, zu.