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  BFH-Urteil vom 9.4.1991 (VII R 22/89) BStBl. 1991 II S. 600

Halten mehrere Schwerbehinderte, die die Voraussetzungen von § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 KraftStG 1979 erfüllen, zusammen ein Kraftfahrzeug, so kann die Kraftfahrzeugsteuerermäßigung nach dieser Vorschrift nur einmal gewährt werden.

KraftStG 1979 § 3a Abs. 2, Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1.

Vorinstanz. FG Hamburg

Sachverhalt

Für die Kläger und Revisionskläger - Kläger - (Eheleute), beide schwerbehindert i.S. von § 3a Abs. 2 Satz 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979, ist ein Personenkraftwagen zum Verkehr zugelassen, für dessen Halten das beklagte und revisionsbeklagte Finanzamt (FA) eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung von 50 v.H. gewährte. Die nach erfolglosem Einspruch gegen die Steuerfestsetzung (50 v.H.) erhobene Klage, mit der die Kläger dem Sinne nach eine weitere Steuerermäßigung von 50 v.H. erreichen wollten, wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Ermäßigung nach § 3a Abs. 2 KraftStG 1979 könne für das Halten des Fahrzeugs nur einmal in Anspruch genommen werden. Eine Steuerbefreiung, wie sie die Kläger im Ergebnis begehrten, stehe nur Schwerbehinderten i.S. von § 3a Abs. 1 KraftStG 1979 zu, also nicht den Klägern, in deren Person nur die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung des Haltens erfüllt seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision, zu deren Begründung die Kläger im wesentlichen ausführen, aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe sich, daß jeder Schwerbehinderte für sich Anspruch auf 50 v.H. Steuerermäßigung habe und daß es ihm überlassen bleibe, wie er diese Ermäßigung "verwenden" wolle. Sofern zwei Schwerbehinderte gemeinsam ein Kraftfahrzeug hielten, könnten sie, jeder für sich, 50 v.H. Steuerermäßigung verlangen. Keinesfalls lasse der Gesetzeswortlaut eindeutig den Schluß zu, daß die Rechte von Schwerbehinderten beschränkt werden sollten, wenn diese gemeinsam ein Fahrzeug hielten. Eine solche Auslegung führe zu sozial unerwünschten Folgen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat richtig entschieden, daß den Klägern für das von ihnen gehaltene Kraftfahrzeug nur eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung nach § 3a Abs. 2 KraftStG 1979 (jetzt i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes vom 24. Juli 1986, BGBl I 1986, 1110, BStBl I 1986, 427, und des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 vom 20. Dezember 1988, BGBl I 1988, 2262, BStBl I 1989, 19) zusteht, obwohl beide Kläger die personenbezogenen Voraussetzungen von § 3a Abs. 2 Satz 1 KraftStG 1979 erfüllen und sie das Recht zur unentgeltlichen Beförderung nicht in Anspruch genommen haben.

In Betracht kommt im Streitfall lediglich die Steuerermäßigung, nicht mehr eine Steuerbefreiung (zur Rechtsentwicklung Senat, Urteil vom 9. August 1988 VII R 146/85, BFHE 154, 235 f., BStBl II 1988, 964). Die Ermäßigung kann für ein von mehreren Schwerbehinderten gehaltenes Kraftfahrzeug nur einmal gewährt werden (ebenso Heinz, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau - DVR - 1985, 146 f.; Bischoff/Heinz/Kopp, Verkehrsteuern, 2. Aufl. 1986, S. 188; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3a KraftStG 1979 Erl. 1 a.E. = S. 97 - Stand Mai 1990 -, alle unter Hinweis auf eine bundeseinheitlich geltende Verwaltungsregelung; vgl. DVR 1984, 158). Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz.

Die Einwendungen der Revision können zu keiner anderen Beurteilung führen. Wenn das Gesetz "Schwerbehinderte" (Mehrzahl) als Anspruchsberechtigte nennt - bezogen auf das Halten jeweils eines Kraftfahrzeugs (§ 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG 1979) -, so spricht es damit allgemein den Kreis der Berechtigten an; eine Aussage im Sinne der Rechtsauffassung der Kläger kann darin nicht gefunden werden. Der Anspruch auf Steuerermäßigung ist nicht abstrakter Art, sondern mit dem jeweiligen Steuerrechtsverhältnis verbunden. Ist jeder der Schwerbehinderten für sich Halter jeweils eines Fahrzeuges, so liegen mehrere Steuerrechtsverhältnisse vor (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1 KraftStG 1979). Halten dagegen mehrere Schwerbehinderte zusammen ein Fahrzeug, so handelt es sich um ein Steuerrechtsverhältnis (zur Haltereigenschaft einer Personenmehrheit schon Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Juli 1963 II 8/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 20), hinsichtlich dessen auch nur eine Steuervergünstigung (für Schwerbehinderte) in Betracht kommen kann, hier in Gestalt einer Steuerermäßigung, nicht, wie von der Revision beantragt, einer (aus zwei 50 %igen Ermäßigungen errechneten) Steuerbefreiung. Eine Kumulation von Ermäßigungen nach § 3a Abs. 2 KraftStG 1979, die im Rahmen mehrerer Steuerrechtsverhältnisse jeweils gewährt werden können, bezogen auf ein einziges Rechtsverhältnis, findet nicht statt. § 3a Abs. 2 KraftStG 1979 läßt nicht die Steuerpflicht entfallen (Steuerbefreiung), sondern führt lediglich zur Verringerung (Ermäßigung) der Kraftfahrzeugsteuer. Bei einem kraftfahrzeugsteuerbaren Vorgang des Haltens gilt dies notwendig ohne Rücksicht auf die Anzahl der Schwerbehinderten, die die Gemeinschaft der Halter bilden. Auch in diesem Falle kann mithin nicht mehr als eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung gewährt werden.

Unabhängig davon teilt der Senat die Ansicht der Vorinstanz, daß auch die unterschiedlichen tatbestandlichen Erfordernisse für die Steuerbefreiung (§ 3a Abs. 1 KraftStG 1979) und die Steuerermäßigung (§ 3a Abs. 2 KraftStG 1979) - die verschiedenen personenbezogenen Voraussetzungen - eine zu faktischer Befreiung führende Kumulation von Ermäßigungen nicht zulassen. Eine Auslegung, wie sie die Kläger vertreten, ist demnach nicht möglich.