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  BFH-Beschluß vom 10.9.1991 (VII B 143/91) BStBl. 1991 II S. 896

Für Streitigkeiten wegen prüfungsfreier Bestellung zum Steuerberater nach der im Beitrittsgebiet noch bis zum 31. Dezember 1990 gültig gewesenen StBerO (DDR) ist der Finanzrechtsweg gegeben, auch wenn sie erst nach dem 3. Oktober 1990 rechtshängig geworden sind.

StBerO (DDR) §§ 13, 15, 66; AO (DDR) § 414 Abs. 1 Nr. 3; FGO §§ 33 Abs. 1 Nr. 3, 114; Einigungsvertragsgesetz.

Vorinstanz: Bezirksgericht Dresden (EFG 1991, 414)

Sachverhalt

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) beantragte am 1. Oktober 1990 die prüfungsfreie Bestellung als Steuerberaterin nach der Verordnung über die Hilfeleistung in Steuersachen der Deutschen Demokratischen Republik - StBerO (DDR) - vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR vom 27. Juli 1990, Sonderdruck Nr. 1455). Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (Antragsgegner) als nunmehr zuständige Verwaltungsbehörde hat über den Antrag noch nicht abschließend entschieden. Im Hinblick auf die auslaufende Geltung der StBerO (DDR) beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG) Berlin, sie im Wege der einstweiligen Anordnung zum 31. Dezember 1990 als Steuerberaterin zu bestellen. Das FG Berlin verwies die Sache zuständigkeitshalber an das Bezirksgericht Dresden.

Der Senat für Finanzrecht beim Bezirksgericht Dresden entschied, für die Streitigkeiten aus der StBerO (DDR) sei der Finanzrechtsweg nicht gegeben und verwies die Sache an das Verwaltungsgericht Köln. Wegen des Sachverhalts und der Rechtsauffassung des Bezirksgerichts im einzelnen wird auf den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 414 veröffentlichten Beschluß Bezug genommen.

Mit der Beschwerde vertritt der Antragsgegner die Auffassung, entgegen der Vorentscheidung sei für die vorliegende Rechtsstreitigkeit der Finanzrechtsweg eröffnet. Die ausdrückliche Zuweisung der berufsrechtlichen Streitigkeit an die FG ergebe sich aus der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 28 a) und b) des Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertragsgesetz - vom 23. September 1990 (BGBl II, 885). Die StBerO (DDR) verweise als fortgeltendes Recht der DDR auf die verfahrensrechtlichen Regelungen der Abgabenordnung der DDR - AO (DDR) - vom 22. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR, Sonderdruck Nr. 1428), die seit dem 3. Oktober 1990 keine Anwendung mehr fände. Nach Nr. 28 b) der vorstehend zitierten Regelung seien deshalb die entsprechenden Vorschriften des Rechts der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) anzuwenden. § 33 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als entsprechende Vorschrift nehme zwar auf das Steuerberatungsgesetz (StBerG) Bezug, das im Beitrittsgebiet erst am 1. Januar 1991 in Kraft getreten sei. Aus Nr. 28 a) folge aber, daß, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt in den neuen Ländern die StBerO (DDR) weitergelte, für Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO der Finanzrechtsweg gegeben sei.

Unabhängig von dieser Verweisungskette mache auch der Gesamtgehalt der Regelung deutlich, daß für zwischen dem 3. Oktober und 31. Dezember 1990 anhängig gemachte Streitigkeiten nach der StBerO (DDR) ebenfalls der Finanzrechtsweg gegeben sein solle. Berufsrechtliche Streitigkeiten sowohl nach der StBerO (DDR) als auch nach dem StBerG sollten nach dem Willen des Gesetzes vor den FG ausgetragen werden. Für die Auslegung der Vorschriften über die Rechtswegzuweisung komme im Zweifel dem Gesichtspunkt der Sachkunde, der Sachnähe und des Sachzusammenhangs besondere Bedeutung zu. Daß Rechtsstreitigkeiten, die zwischen dem 3. Oktober und dem 31. Dezember 1990 im Beitrittsgebiet anhängig geworden seien, ausnahmsweise vor den Verwaltungsgerichten geführt werden sollten, sei nach allem weder logisch noch sachdienlich.

Der Antragsgegner beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Auch die Antragstellerin ist der Ansicht, daß nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Finanzrechtsweg gegeben sei.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist begründet.

I.

Für den vorliegenden Rechtsstreit ist entgegen der Vorentscheidung der Finanzrechtsweg gegeben. Der Senat für Finanzrecht beim Bezirksgericht Dresden, an den das FG Berlin den Rechtsstreit zuständigkeitshalber verwiesen hat (§§ 38 Abs. 2, 70 FGO), war somit zur Entscheidung über das Antragsbegehren der Antragstellerin berufen.

1. Die Antragstellerin stützt ihr Begehren auf prüfungsfreie Bestellung als Steuerberaterin, das sie mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung verfolgt, auf die §§ 13, 15 StBerO (DDR). Die Rechtsvorschriften der DDR auf dem Gebiet des Steuerberatungsrechts waren im Gebiet der neuen Bundesländer (Beitrittsgebiet) - über den Beitrittszeitpunkt (3. Oktober 1990) hinaus - bis zum 31. Dezember 1990 weiter anzuwenden, weil das StBerG dort erst am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist (Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 8 und Nr. 9 des Einigungsvertragsgesetzes). Nach § 66 StBerO (DDR) sollte das Verwaltungsverfahren in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten entsprechend den Regelungen der AO (DDR) durchgeführt werden. Diese bestimmte in § 414 Abs. 1 Nr. 3 für öffentlich-rechtliche und berufsrechtliche Streitigkeiten über Angelegenheiten der steuerberatenden Berufe die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs, den auch § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO für entsprechende Streitigkeiten nach dem seit dem 1. Januar 1991 im gesamten Bundesgebiet geltenden StBerG vorsieht. Die AO (DDR) einschließlich ihrer Regelungen über den Finanzrechtsweg ist aber mit dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 außer Kraft getreten; seit diesem Zeitpunkt gelten im Beitrittsgebiet die Abgabenordnung (AO 1977) und die FGO (Art. 8 i.V.m. Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 6 und Nr. 7 und Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 7 des Einigungsvertragsgesetzes). Aus den vorstehenden Regelungen ergibt sich zunächst für berufsrechtliche Streitigkeiten über die Bestellung als Steuerberater (hier unter Befreiung von der Prüfung) nach den Vorschriften der StBerO (DDR) bis zum 2. Oktober 1990 - ebenso wie für entsprechende Streitigkeiten nach dem StBerG (2. Teil, 2. Abschnitt, §§ 35 ff.) - eine ausdrückliche Zulässigkeit des Finanzrechtswegs. Aber auch für derartige Streitigkeiten nach der im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1990 fortgeltenden StBerO (DDR), die - wie im Streitfall - erst nach dem Beitrittszeitpunkt anhängig geworden sind, fehlt es nicht an einer Rechtswegzuweisung an die FG.

Der Senat vermag der Vorentscheidung nicht zu folgen, wonach für diese Streitigkeiten mangels ausdrücklicher bundesgesetzlicher Zuweisung zu den FG nach der generellen Zuständigkeitsregelung für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gemäß § 40 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - (Geltung im Beitrittsgebiet seit 3. Oktober 1990: Art. 8 i.V.m. Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 6 des Einigungsvertragsgesetzes) der Verwaltungsrechtsweg gegeben sein soll. Er hält die Rechtswegzuweisung für berufsrechtliche Streitigkeiten der hier vorliegenden Art über Angelegenheiten, die in der StBerO (DDR) geregelt sind, an die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit auch für die Zeit seit dem 3. Oktober 1990 auf Grund von Bestimmungen im Einigungsvertragsgesetz und nach der Gesamtregelung des Rechtswegs für berufsrechtliche Streitigkeiten über Angelegenheiten der steuerberatenden Berufe für gegeben.

2. Eine ausdrückliche gesetzliche Zuweisung an ein anderes Gericht (hier: FG) i.S. von § 40 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO liegt auch dann vor, wenn die Zuweisung zwar nicht unmittelbar ausgesprochen ist, sich der dahingehende Wille des Gesetzes jedoch aus dem Gesamtgehalt einer Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe der betroffenen Materien hinreichend deutlich und logisch zwingend ergibt, ohne daß dies für alle einzelnen, diesem Rechtsgebiet zuzurechnenden Streitigkeiten besonders gesagt sein müßte (vgl. Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl., § 40 Rdnr. 49 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). "Ausdrücklich" bedeutet in diesem Zusammenhang nur, daß der Wille des Gesetzgebers, für einen bestimmten Bereich eine Zuständigkeitsregelung zu treffen, im Gesetz Ausdruck gefunden haben muß (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. September 1962 I C 51.61, BVerwGE 15, 34, 36). Für die Auslegung der Vorschriften über die Rechtswegzuweisung kommt im Zweifel dem Gesichtspunkt der Sachkunde, der Sachnähe und des Sachzusammenhangs besondere Bedeutung zu (Kopp, a.a.O., § 40 Rdnr. 49 m.w.N.). Für die vorliegende, nach dem Beitritt der DDR anhängig gewordene berufsrechtliche Streitigkeit ergibt sich die Rechtswegzuweisung an die FG aus der allgemeinen Verweisungsregelung in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 28 b) des Einigungsvertragsgesetzes (nachfolgend zitiert: Nr. 28 b)) i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO und den vorstehend genannten Auslegungsgrundsätzen.

a) Soweit in fortgeltendem Recht der DDR - hier in der StBerO (DDR) - auf Vorschriften verwiesen wird, die keine Anwendung mehr finden, sind nach Nr. 28 b) die entsprechenden Vorschriften des Rechts der Bundesrepublik anzuwenden. Wie oben ausgeführt, ist die AO (DDR) mit ihrer Bestimmung des FG-Weges für berufsrechtliche Streitigkeiten über Angelegenheiten der steuerberatenden Berufe (§ 414 Abs. 1 Nr. 3), auf die § 66 StBerO (DDR) verweist, seit dem 3. Oktober 1990 nicht mehr anwendbar. Deshalb findet seit diesem Zeitpunkt für berufsrechtliche Streitigkeiten nach der StBerO (DDR) gemäß Nr. 28 b) die entsprechende bundesrechtliche Bestimmung über den Finanzrechtsweg in § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO Anwendung.

Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht - wie das Bezirksgericht Dresden meint - entgegen, daß sie nur eine Rechtswegzuweisung für bestimmte Streitigkeiten über Angelegenheiten nach dem StBerG, nicht aber für berufsrechtliche Streitigkeiten nach der - hier anzuwendenden - StBerO (DDR) enthält. Wenn Nr. 28 b) zur weiteren Anwendbarkeit von Verweisungsvorschriften in fortgeltendem Recht der DDR, die sonst leerliefen, die Anwendung des entsprechenden Rechts der Bundesrepublik bestimmt, so kann dies nicht daran scheitern, daß das entsprechende Bundesrecht sich nicht durch einen ausdrücklichen spezifischen gesetzlichen Hinweis auf das jeweilige DDR-Gesetz bezieht, das die Verweisungsvorschrift enthält. Derartige Wechselbeziehungen in der Form von wechselweisen ausdrücklichen bis ins Letzte gehenden Hinweisen zwischen Gesetzen der Bundesrepublik und der DDR können angesichts der bisherigen Spaltung Deutschlands für die Anwendbarkeit der zitierten Vorschrift des Einigungsvertragsgesetzes nicht verlangt werden; das würde zu einer unangemessenen Einschränkung des Geltungsbereichs der Nr. 28 b) als einer allgemeinen Verweisungsregelung führen. Für die dort bestimmte Anwendbarkeit der entsprechenden Vorschriften des Rechts der Bundesrepublik reicht es demnach aus, daß diese dieselbe Rechtsmaterie betreffen, wie die Vorschriften, auf die im fortgeltenden DDR-Recht verwiesen ist, die aber nicht mehr anzuwenden sind. Es kommt somit allein darauf an, daß hier eine berufsrechtliche Streitigkeit über die Bestellung der Antragstellerin als Steuerberaterin vorliegt, für die zwar die Rechtswegzuweisung zu den FG in § 414 Abs. 1 Nr. 3 AO (DDR) nicht mehr gilt, für die aber auch die FGO (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO i.V.m. dem 2. Abschnitt des 2. Teils des StBerG) nach der Rechtsnatur des Antrags(Klage-)Begehrens den Finanzrechtsweg bestimmt. Der Senat hält demnach über Nr. 28 b) - im Gegensatz zur Vorentscheidung - zur Ausfüllung einer sich sonst ergebenden Verweisungslücke auch die entsprechende (sinngemäße) Anwendung von Vorschriften des Rechts der Bundesrepublik - hier § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO - für zulässig, wie dies - in anderem Zusammenhang - in der Nr. 28 b) vorangehenden Bestimmung (Nr. 28 a Satz 2) ausdrücklich geregelt ist.

Der vorstehenden Auslegung steht nicht entgegen, daß § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO - im Gegensatz zu § 414 Abs. 1 Nr. 3 AO (DDR), auf den die StBerO (DDR) verweist - keine Gesamtzuweisung der öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten der steuerberatenden Berufe an die FG enthält, sondern diesen Rechtsweg auf öffentlich-rechtliche und berufsrechtliche Streitigkeiten über Angelegenheiten, die in bestimmten Teilen und Abschnitten des StBerG geregelt sind, beschränkt. Die Eröffnung des Finanzrechtswegs über die Verweisungsregelung der Nr. 28 b) für nach dem 3. Oktober 1990 anhängig gewordene Streitigkeiten nach der StBerO (DDR) kann nur für solche Angelegenheiten in Betracht kommen, für die, soweit sie auch im StBerG geregelt sind, die FG nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO zuständig wären. Die Beurteilung dieser Rechtswegfrage führt nicht zu Auslegungsproblemen und Rechtsunsicherheiten, da sich die StBerO (DDR) - wie die Vorentscheidung zutreffend ausgeführt hat - im Aufbau und in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung weitgehend an das StBerG anlehnt. Für die im Streitfall maßgebliche Rechtsfrage der (prüfungsfreien) Bestellung als Steuerberater(in) nach §§ 13, 15 StBerO (DDR) ist demnach die Eröffnung des Finanzrechtswegs nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO nicht zweifelhaft, da diese Angelegenheit im StBerG im 2. Teil, 2. Abschnitt (§§ 35 ff.) geregelt ist. Daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Befreiung von der Steuerberaterprüfung in der StBerO (DDR) und im StBerG unterschiedlich geregelt sind, hat keinen Einfluß auf die Frage des Rechtswegs.

b) Wenn der Senat somit zu dem Ergebnis gelangt, daß auch für die Zeit ab dem Beitritt der DDR für die angeführten berufsrechtlichen Streitigkeiten nach der StBerO (DDR) der Rechtsweg zu den FG gegeben ist, so läßt er sich bei Anwendung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze auch von der außergewöhnlichen geschichtlichen Situation leiten, in der sich der Gesetzgeber bei der Ausarbeitung des Einigungsvertragsgesetzes befand, und aus der diesem Gesetz zu entnehmenden allgemeinen Zielsetzung.

Nach den Vorschriften des Einigungsvertragsgesetzes (vgl. Art. 8 des Einigungsvertrags) soll generell mit dem Wirksamwerden des Beitritts in dem Beitrittsgebiet das Bundesrecht in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung in Kraft treten, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Das gilt - wie ausgeführt - auch dann, wenn in fortgeltendem Recht der DDR auf Vorschriften verwiesen wird, die keine unmittelbare Anwendung mehr finden (Nr. 28 b). Der Senat entnimmt daraus einen allgemeinen, auf Rechtseinheit gerichteten Willen des Gesetzgebers, der sich auch auf Rechtswegfragen erstreckt. In Nr. 28 b) kommt somit (auch) der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, den Rechtsweg für berufsrechtliche Streitigkeiten nach der StBerO (DDR), nachdem die Verweisung auf die AO (DDR) nicht mehr anwendbar ist, so zu regeln, wie dies für entsprechende Rechtsstreitigkeiten nach dem Recht der Bundesrepublik geschehen ist, nämlich mit einer Zuständigkeit der FG.

Sollte man - gemessen an den üblichen Anforderungen für die Klarheit von Rechtswegzuweisungen - in den Vorschriften des Einigungsvertragsgesetzes dennoch ein Regelungsdefizit sehen hinsichtlich der Zuständigkeit der FG für nach dem 3. Oktober 1990 anhängig gewordene Streitigkeiten nach der StBerO (DDR), so können hierbei die außergewöhnlichen Umstände, unter denen das Einigungsvertragsgesetz zustande gekommen ist, nicht außer Betracht bleiben. Wenn angesichts des enormen, nahezu die gesamte Rechtsordnung umfassenden Umfangs des Gesetzgebungswerks und des bestehenden Zeitdrucks der Gesetzgeber die Notwendigkeit einer speziellen Rechtswegzuweisung für berufsrechtliche Streitigkeiten der vorliegenden Art nicht erkannt haben sollte, so ist es nicht gerechtfertigt, die sich daraus ergebende Regelungslücke unter Anwendung der Generalklausel des § 40 Abs. 1 VwGO (Verwaltungsrechtsweg) zu schließen, wenn sich ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers aus dem Gesamtzusammenhang der Rechtswegzuweisungen nach dem anzuwendenden Recht der Bundesrepublik ergibt. Die für Rechtswegregelungen erforderliche Rechtssicherheit wird durch diese Auslegung des Senats nicht berührt. Das folgt schon daraus, daß von den Beteiligten des vorliegenden und zahlreicher anderer bei den FG anhängigen Rechtsstreitigkeiten über berufsrechtliche Angelegenheiten nach der StBerO (DDR) sowie von den angerufenen Gerichten (vgl. Beschluß des Senats vom 20. Dezember 1990 VII B 255/90, BFHE 163, 397, BStBl II 1991, 267, und FG Berlin, Beschluß vom 20. Dezember 1990 V 431/90, EFG 1991, 339) - mit Ausnahme der Vorinstanz - bisher keine Zweifel an der Zulässigkeit des Finanzrechtswegs zum Ausdruck gebracht worden sind.

c) Für die Eröffnung des Finanzrechtswegs für Streitigkeiten der vorliegenden Art spricht schließlich auch der Gesichtspunkt der Sachkunde, der Sachnähe und des Sachzusammenhangs, dem - wie oben ausgeführt - für die Auslegung von Vorschriften über den Rechtsweg besondere Bedeutung zukommt.

Der Gesetzgeber hat seit jeher berufsrechtliche Streitigkeiten über die Berufszulassung der Angehörigen der steuerberatenden Berufe den FG zugewiesen (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO, zuvor § 228 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsabgabenordnung), die damit auf diesem Rechtsgebiet eine besondere Sachkunde erlangt und eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt haben. Daran anknüpfend hat auch der Gesetzgeber der DDR bei Erlaß der StBerO (DDR) - in Kraft seit dem 27. Juni 1990, § 69 - für berufsrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der steuerberatenden Berufe den Finanzrechtsweg bestimmt (§ 66 StBerO (DDR) i.V.m. § 414 Abs. 1 Nr. 3 AO (DDR)). Es würde der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen den Gerichtszweigen der Bundesrepublik widersprechen, wenn nunmehr - in dem kurzen Zeitraum - ab dem 3. Oktober 1990 wegen des Außerkrafttretens der AO (DDR) für derartige Streitigkeiten nach der nur noch bis zum 31. Dezember 1990 im Beitrittsgebiet weiter geltenden StBerO (DDR) die Zuständigkeit der bisher und auch künftig mit diesen Rechtsfragen nicht befaßten Verwaltungsgerichte gegeben wäre.

Die Eröffnung des Finanzrechtswegs für nach dem 3. Oktober 1990 anhängig gewordene berufsrechtliche Streitigkeiten nach der StBerO (DDR) erscheint unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs und der Sachnähe auch deshalb geboten, weil das darin geltend gemachte Rechtsschutzbegehren - hier die prüfungsfreie Bestellung als Steuerberaterin - häufig nicht nur nach dem am 31. Dezember 1990 ausgelaufenen DDR-Recht, sondern auch nach den anschließend auch im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften des StBerG zu prüfen sein wird.

II.

Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, war sie aufzuheben.

Der Senat kann im Beschwerdeverfahren aber auch abschließend entscheiden. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung war mangels Rechtschutzinteresses abzulehnen.

Die Antragstellerin hat ihren Antrag an das FG auf Erteilung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 114 FGO allein darauf gestützt, daß die StBerO (DDR), aus der sie ihr Begehren auf prüfungsfreie Bestellung als Steuerberaterin herleitet, mit dem 31. Dezember 1990 außer Kraft tritt. Sie hat deshalb beantragt, sie zu diesem Zeitpunkt als Steuerberaterin zu bestellen. Ihrem Antrag kann schon wegen Zeitablaufs nicht mehr entsprochen werden. Es kann dahinstehen, ob und welche Rechte die Antragstellerin aus den Vorschriften der StBerO (DDR) auch noch nach deren Außerkrafttreten geltend machen kann. Die Durchsetzung derartiger Ansprüche muß einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Nachdem nunmehr seit dem 1. Januar 1991 die StBerO (DDR) im Beitrittsgebiet keine Geltung mehr hat, ist das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin für die begehrte einstweilige Anordnung, die gerade auf das kurzfristig bevorstehende Außerkrafttreten dieses Gesetzes gestützt worden war, entfallen. Sonstige Gründe für die Notwendigkeit einer Entscheidung im Eilverfahren sind nicht ersichtlich.