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  BFH-Urteil vom 28.6.1991 (III R 74/89) BStBl. 1991 II S. 932

Die Investitionszulage nach § 4a InvZulG 1979 setzt voraus, daß die begünstigten Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betrieb des Steuerpflichtigen verbleiben müssen. Ebenso verlangt § 1 Abs. 3 Nr. 1 InvZulG 1979 für die sog. Regionalzulage, daß die begünstigten beweglichen Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betriebstätte des Steuerpflichtigen verbleiben müssen.

InvZulG 1979 §§ 1 und 4a.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1990, 74)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, unterhielt im Streitjahr (1979/80) einen Gewerbebetrieb. Gegenstand dieses Betriebs war die Herstellung und der Vertrieb von .... - erzeugnissen sowie der Handel mit .... Die Klägerin legte ihrer Gewinnermittlung ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni zugrunde.

Mit Vertrag vom 24. Juli 1981 veräußerte sie ihr Betriebsgrundstück an die Stadt H. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin, den Betrieb über den 31. Januar 1983 hinaus nicht weiterzuführen und das Grundstück in geräumtem Zustand bis zum 31. März 1983 an die Stadt zu übergeben. Zum 15. Dezember 1982 stellte die Klägerin die Produktion ein, entließ zum Jahresende 1982 die Belegschaft und veräußerte bis Mitte Februar 1983 den gesamten Warenbestand. Mit der Produktionseinstellung begann sie auch den Maschinenpark zu verwerten. Ab Mitte April 1983 wurden die Fabrikgebäude abgerissen.

In der Zeit vom 25. Februar 1980 bis zum 26. März 1980 erwarb die Klägerin einen Luftkühler, eine Wasseraufbereitungsanlage sowie eine Wärmerückgewinnungsanlage, die sie bis zum 15. Dezember 1982 für betriebliche Zwecke nutzte.

Die Klägerin beantragte für die drei Wirtschaftsgüter zum einen eine Investitionszulage nach § 1 des Investitionszulagengesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (InvZulG 1979) und zum anderen für die Wärmerückgewinnungsanlage zusätzlich eine Investitionszulage nach § 4a InvZulG 1979. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gewährte die Investitionszulagen antragsgemäß. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nachdem bei der Klägerin eine Außenprüfung stattgefunden hatte, hob das FA die Investitionszulagenbescheide auf und forderte die Zulagen nebst Zinsen zurück. Es vertrat die Ansicht, daß die begünstigten Wirtschaftsgüter nicht mindestens drei Jahre im Betrieb der Klägerin verblieben seien.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat in der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 74 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen die Auffassung, daß Investitionszulagen nach § 1 und § 4a InvZulG 1979 nicht gewährt werden könnten, weil die dreijährigen Verbleibensfristen nicht eingehalten worden seien; denn die Klägerin habe die Wirtschaftsgüter nicht über den gesamten Zeitraum aktiv und eigenbetrieblich in ihrem Betrieb bzw. ihrer Betriebstätte genutzt.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe den Begriff "verbleiben" unzutreffend ausgelegt. Dem vom FG zur Begründung herangezogenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Juni 1987 III R 135/83 (BFH/NV 1987, 740) sei in erster Linie nur zu entnehmen, daß die Wirtschaftsgüter drei Jahre lang "tatsächlich (räumlich) in der Betriebstätte des Steuerpflichtigen verbleiben" müssen. Die weitergehenden Ausführungen des BFH-Urteils in BFH/NV 1987, 740 seien nur vor dem Hintergrund des dort zugrunde liegenden Sachverhalts, der eine Fremdvermietung zum Gegenstand gehabt habe, zu verstehen und auf den Revisionsfall nicht übertragbar. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß die begünstigten Wirtschaftsgüter während der Verbleibdauer durchgehend aktiv genutzt werden müssen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend einen Anspruch der Klägerin auf Investitionszulage sowohl nach § 1 als auch nach § 4a InvZulG 1979 für das Streitjahr verneint.

Nach § 1 Abs. 1 und 3 InvZulG 1979 ist u.a. die Anschaffung neuer abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens begünstigt, die mit der Gründung oder Erweiterung einer Betriebstätte im Zusammenhang stehen. Zu den weiteren Voraussetzungen gehört, daß das bewegliche Wirtschaftsgut mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung oder Herstellung in der Betriebstätte des Steuerpflichtigen verbleiben muß. Die Gewährung einer Investitionszulage für bestimmte Investitionen im Bereich der Energieerzeugung und -verteilung wird nach § 4a Abs. 2 InvZulG 1979 ebenfalls davon abhängig gemacht, daß die angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Anlagegüter mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung im Betrieb des Steuerpflichtigen verbleiben.

1. Ob das Tatbestandsmerkmal "verbleiben" mit der Vorinstanz dahin auszulegen ist, daß es eine aktive Nutzung des begünstigten Wirtschaftsgutes in dem Betrieb bzw. in der Betriebstätte des Anspruchsberechtigen erfordert, kann dahinstehen. Eine Investitionszulage sowohl nach § 1 als auch nach § 4a InvZulG 1979 konnte der Klägerin schon aus anderen Gründen nicht gewährt werden.

2. a) Investitionszulagen für den Luftkühler, die Wasseraufbereitungs- und die Wärmerückgewinnungsanlage konnten deshalb nicht gewährt werden, weil diese Wirtschaftsgüter nicht drei Jahre lang in einem Betrieb (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1979) bzw. in einer Betriebstätte (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 InvZulG 1979) der Klägerin verblieben sind. Dazu wäre notwendig gewesen, daß die Klägerin bis Ende März 1983 einen aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmenden Betrieb (Betriebstätte) unterhalten hätte.

Die Auslegung der Begriffe "Betrieb" und "Betriebstätte" dahin, daß es sich um einen "aktiven" Betrieb (eine "aktive" Betriebstätte) handeln muß und demgemäß ein in Auflösung befindlicher Betrieb (Betriebstätte) nicht ausreichend ist, folgt aus dem Sinn und Zweck des Zulagenrechts im allgemeinen und aus dem Sinn und Zweck der §§ 1 und 4a InvZulG 1979 im besonderen.

Nur ein (eine) am Wirtschaftsleben teilnehmender Betrieb (teilnehmende Betriebstätte) kann die jeder Investitionszulage grundsätzlich innewohnende Zielsetzung einer Stärkung der Wirtschaftskraft mit all ihren Auswirkungen (z.B. Arbeitsplatzschaffung und -sicherung) verwirklichen. Ebenso kann nur ein Betrieb, der werbend tätig ist, dem Sinn und Zweck des § 4a InvZulG 1979, der in der Einsparung von Energie zu sehen ist (BTDrucks 7/2980, 3), nachkommen. Gleiche Überlegungen gelten für die sog. Regionalzulage nach § 1 InvZulG 1979. Sowohl nach § 1 Abs. 1 InvZulG 1979 als auch nach § 1 Abs. 2 InvZulG 1979 ist die Regionalzulage nur dann zu gewähren, wenn das Investitionsvorhaben (Errichtung, Erweiterung, Umstellung oder grundlegende Rationalisierung einer Betriebstätte) volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig ist. Wie sich aus § 2 Abs. 2 InvZulG 1979 ergibt, ist ein Investitionsvorhaben u.a. nur dann volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig, wenn zum einen durch Schaffung von zusätzlichen Einkommensquellen das Gesamteinkommen in den förderungsbedürftigen Gebieten unmittelbar und auf Dauer erhöht wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 InvZulG 1979 und s. G. Söffing, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1973, 265, 269). Zum anderen verfolgt die Regionalzulage den Zweck, Dauerarbeitsplätze zu sichern und zu schaffen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 und 5 InvZulG 1979). Diese sich an der Zukunft orientierende Zielsetzung der Regionalzulage kann nur verwirklicht werden, wenn der Steuerpflichtige eine am Wirtschaftsleben aktiv teilnehmende Betriebstätte unterhält.

Die Umstände des Streitfalls zwingen den Senat nicht zu einem näheren Eingehen auf die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen dem Verbleibenserfordernis genügt werden kann, wenn der werbende Betrieb während einer längeren Abwicklungsphase in vermindertem Umfang fortgeführt wird.

b) Die Klägerin hat nicht, wie es zur Einhaltung der dreijährigen Verbleibensfrist erforderlich gewesen wäre, bis Ende März 1983 einen werbenden Betrieb bzw. eine werbende Betriebstätte unterhalten. Weder hat sie bis zu diesem Zeitpunkt ihre Produktion aufrechterhalten noch ....-handel betrieben. Wie die Vorinstanz unangegriffen und damit für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) festgestellt hat, hat die Klägerin bereits im Dezember 1982 ihre Produktion eingestellt und ihre Belegschaft entlassen. Als sie im Jahre 1983 die restliche ....produktion und den restlichen Maschinenpark veräußerte, war die Klägerin ausschließlich im Rahmen der Betriebsaufgabe tätig.