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  BFH-Urteil vom 16.1.1992 (V R 1/91) BStBl. 1992 II S. 541

Erwirbt oder errichtet die Ehefrau eines Zahnarztes eine Praxis und vermietet sie diese an den Zahnarzt, steht ihr wegen Mißbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten auch bei Option für die Umsatzsteuerpflicht der Vermietungsumsätze kein Vorsteuerabzug zu, wenn sie die laufenden Aufwendungen für das Grundstück und den Kapitaldienst nicht aus der Miete und sonstigem eigenen Einkommen decken kann und deshalb auf zusätzliche Zuwendungen ihres Ehemannes in nicht unwesentlichem Umfang angewiesen ist.

AO 1977 § 42; UStG 1980 § 4 Nr. 14, § 15 Abs. 1 und 2.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war in den Streitjahren 1984 und 1985 in der Zahnarztpraxis ihres Ehemanns für einen Monatslohn von 440 DM beschäftigt. Sie erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23. August 1983 ein Grundstück zum Kaufpreis von 62.000 DM, das sie in den Streitjahren mit einem Gebäude mit Zahnarztpraxis und Einliegerwohnung zu Herstellungskosten von rd. 452.000 DM brutto bebaute. Den Gesamtaufwand finanzierte sie durch Darlehen in Höhe von 585.000 DM, bei denen ihr Ehemann Mitverpflichteter ist. Dieser hat verschiedene Lebensversicherungen abgeschlossen (Versicherungsprämien jährlich 24.000 DM), die zur Schuldentilgung verwendet werden sollen. Bis zur Fälligkeit der Lebensversicherungen sind die Kredite jährlich mit rd. 4.000 DM zu tilgen und nach den vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Darlehensverträgen mit 7,25 v. H. jährlich zu verzinsen.

Die Klägerin vermietete die Einliegerwohnung im August 1985 zu 385 DM monatlich zuzüglich Nebenkosten an ihre Schwiegermutter. Die Praxis nebst Stellplätzen vermietete sie ab 1. Oktober 1985 zu einem monatlichen Mietzins von 1.498 DM zuzüglich Umsatzsteuer und Nebenkosten an ihren Ehemann zum Betrieb einer Zahnarztpraxis. Es wurde eine Wertsicherungsklausel vereinbart. Eine ordentliche Kündigung ist mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erstmals zum 1. Oktober 1995 möglich. Dem Mieter steht ein achtmaliges Optionsrecht auf eine Mietvertragsverlängerung um jeweils bis zu fünf Jahre zu.

Die Klägerin machte in ihren Umsatzsteuererklärungen für 1984 und 1985 Vorsteuerbeträge in Höhe von 15.927,23 DM bzw. 22.407,26 DM geltend, erklärte für 1985 steuerpflichtige Vermietungsumsätze in Höhe von 4.495 DM und gab Entgelte für steuerfreie Vermietung in Höhe von 1.540 DM an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte das Mietverhältnis über die Praxis wegen Gestaltungsmißbrauchs nicht an und setzte mit Bescheiden vom 11. August 1986 die Umsatzsteuer für 1984 auf 0 DM und für 1985 auf 629 DM fest.

Während der Einspruch erfolglos blieb, setzte das FG die Umsatzsteuer für 1985 auf 0 DM fest und wies die Klage im übrigen mit der Begründung ab, das streitige Mietverhältnis sei zwar wie unter Fremden üblich vereinbart und durchgeführt worden, aber wegen Mißbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nicht zu berücksichtigen. Beachtliche außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung lägen nicht vor. Die Darstellung der Klägerin, sie habe das Gebäude errichtet, um eigenes Vermögen zu bilden und irgendeinmal eigene Einkünfte zu erzielen, überzeuge nicht. Die Klägerin habe aus eigenem Einkommen und Vermögen weder den Schuldendienst noch die laufenden Kosten des Grundstücks bestreiten können, vielmehr hierzu die Hilfe ihres Ehemannes benötigt. Unter solchen Umständen hätte ein fremder Investor von dem Bauvorhaben Abstand genommen.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung der Art. 3 und 6 des Grundgesetzes (GG), des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) sowie der §§ 9, 4 Nrn. 12 und 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980. Sie meint, daß sie und ihr Ehemann nicht schlechtergestellt werden dürften als unverheiratete Vertragsparteien. Die gewählte Gestaltung sei nicht unangemessen. Aufgrund der Wertsicherungsklausel sei in einigen Jahren mit ausgeglichenen Ergebnissen und später mit Überschüssen zu rechnen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuer für 1984 auf ./. 15.927,30 DM und für 1985 auf ./. 21.778 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Der Klägerin steht der begehrte Vorsteuerabzug nicht zu. Sie erfüllt zwar die Voraussetzungen, von denen das UStG 1980 den Vorsteuerabzug abhängig macht. Der Abzug kann jedoch wegen Mißbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten nicht zugelassen werden.

2. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 kann der Unternehmer die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG 1980 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Die Klägerin war Unternehmerin (§ 2 Abs. 1 UStG 1980). Sie erbrachte durch die Vermietung der Wohn- und der Geschäftsräume sonstige Leistungen. Nach dem Willen der Vertragsparteien vollzog sich auch die Nutzungsüberlassung der Geschäftsräume (Praxisräume) nicht auf familienrechtlicher Grundlage als Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Parteien hatten vielmehr diesen Lebenssachverhalt aus den familienrechtlichen Beziehungen herausgehoben und ihn durch Abschluß eines (entgeltlichen) Mietvertrags auf eine schuldrechtliche Grundlage gestellt.

3. Dem Vorsteuerabzug steht § 42 AO 1977 entgegen.

a) Nach dieser Vorschrift kann durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Mißbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

Ein Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Juni 1991 IX R 134/66, BFHE 164, 498, BStBl II 1991, 904; vom 21. November 1991 V R 20/87, BFHE 166, 506, BStBl II 1992, 446. Das wirtschaftliche Verhalten der Beteiligten darf nicht auf seine Angemessenheit beurteilt werden (BFH-Urteil vom 30. November 1989 IV R 97/86, BFH/NV 1991, 432). § 42 Satz 1 AO 1977 betrifft ausdrücklich nur den Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts.

Bei der rechtlichen Gestaltung wirtschaftlicher Vorgänge ist der Steuerpflichtige im Rahmen der Gesetze frei. Auch aus steuerrechtlicher Sicht ist grundsätzlich von der gewählten (bürgerlich-)rechtlichen Gestaltung auszugehen. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, 444, BStBl II 1983, 272; BFH-Urteile vom 13. Juli 1989 V R 8/86, BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100; vom 18. Oktober 1990 IV R 36/90, BFHE 162, 321, BStBl II 1991, 205; vom 21. November 1991 V R 20/87). Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, daß sie für sie steuerlich möglichst günstig sind (BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 290/82, BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391; VIII R 138/85, BFHE 163, 431, BStBl II 1991, 581, unter II. 1. b; vom 21. November 1991 V R 20/87).

Eine Rechtsgestaltung ist unangemessen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in der gewählten Weise verfahren wären (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1985 IX R 107/82, BFHE 145, 351, BStBl II 1986, 217, unter II. 2. a; in BFHE 162, 321, BStBl II 1991, 205; vom 17. Januar 1991 IV R 132/85, BFHE 163, 449, BStBl II 1991, 607; vom 21. November 1991 V R 20/87). Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige, dessen Steuerschuld zu beurteilen ist, die vom Gesetzgeber bei seiner Regelung vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht und hierfür keine beachtlichen außersteuerrechtlichen Gründe vorliegen, ob er vielmehr auf einem ungewöhnlichen Weg einen Erfolg zu erreichen versucht, der nach den Wertungen des Gesetzgebers auf diesem Weg nicht erreichbar sein soll. Der Mißbrauch kann auch darin bestehen, daß der Steuerpflichtige einen anderen zu einer derartigen unangemessenen Gestaltung veranlaßt und hieraus einen ungerechtfertigten Steuervorteil zieht (Senatsurteile vom 6. Juni 1991 V R 70/89, BFHE 165, 1, BStBl II 1991, 866; vom 21. November 1991 V R 20/87). Maßgebend sind die gesamten Umstände des Einzelfalls (vgl. z. B. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 42 AO 1977 Anm. 2). Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine unangemessene Gestaltung für die Verwirklichung des Tatbestandes einer begünstigenden Gesetzesvorschrift gewählt wird (Senatsurteile in BFHE 165, 1, BStBl II 1991, 866; vom 21. November 1991 V R 20/87).

b) Die Klägerin hat die Nutzungsüberlassung an ihren Ehemann als entgeltlichen Leistungsaustausch (Vermietung) gestaltet. Diese Gestaltung war zur Erreichung des von ihr erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen. Die Unangemessenheit folgt aus den Gesamtumständen der wirtschaftlichen und rechtlichen Situation der Ehegatten.

aa) Der Ehemann der Klägerin, der für seine Arzttätigkeit Praxisräume benötigte, erzielte ausreichende Einkünfte, um die für den Grundstückserwerb und die Gebäudeerrichtung erforderlichen Darlehen verzinsen und tilgen zu können. Für den Fall der Gebäudeerrichtung durch ihn sah das UStG in § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 den Ausschluß vom Vorsteuerabzug insoweit vor, als er als Zahnarzt (§ 4 Nr. 14 UStG 1980) oder durch Wohnungsvermietung (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980) steuerfreie Umsätze erzielte. Der Ehemann der Klägerin wählte jedoch nicht den Weg der Gebäudeerrichtung, sondern den der Anmietung der Praxisräume. Die Wahl dieser Alternative stand in seinem Belieben.

bb) Allerdings ist für die steuerrechtliche Beurteilung der Anmietung zu berücksichtigen, daß die Klägerin als Vermieterin nicht aus eigener Kraft in der Lage war, die Belastungen aus Grundstückserwerb und Gebäudeerrichtung zu tragen, sondern daß vielmehr ihr Ehemann ihr ständig die finanziellen Mittel zuführen mußte, die es ihr erst ermöglichten, die Vermieterstellung auszufüllen. Denn den jährlichen Mieteinnahmen der Klägerin ohne Nebenkosten und Umsatzsteuer von 17.976 DM für die Praxis und 4.620 DM für die Einliegerwohnung und ihrem Bruttolohn von 5.280 DM im Jahr standen jährliche Ausgaben für Zins und Tilgung in Höhe von 46.412 DM gegenüber. Die vereinbarte Wertsicherungsklausel spielte in einem überschaubaren Zeitraum noch keine Rolle. Es war absehbar, daß diese innerhalb dieser Zeitspanne noch nicht zu einer solchen Erhöhung der Miete für die Praxis führen würde, daß sich für die Klägerin ein liquiditätsmäßig ausgeglichenes Ergebnis ergeben würde. Es kommt hinzu, daß der Ehemann der Klägerin diese bis zum Jahr 2035 an dem Vertrag festhalten kann.

cc) In Fällen dieser beschriebenen Art ist es als unangemessene Gestaltung zu beurteilen, wenn ein Unternehmer, der einen Gegenstand für sein Unternehmen benötigt und die finanziellen Mittel zur Anschaffung dieses Gegenstandes besitzt, diese finanziellen Mittel seinem Ehegatten zur Verfügung stellt, damit dieser den Gegenstand erwirbt, um ihn an den Unternehmer-Ehegatten zu vermieten. Der Vermieter-Ehegatte wird unter diesen Umständen gewissermaßen "vorgeschaltet", um unter Vermeidung eigener Anschaffung das wirtschaftliche Ergebnis einer solchen zu erzielen, indem der Mieter-Ehegatte die Aufwendungen wirtschaftlich so trägt, als wäre er Grundstückskäufer und Bauherr gewesen. Eine derartige "Vorschaltung" liegt vor, wenn der Vermieter-Ehegatte in einem überschaubaren Zeitraum vom Zeitpunkt der Vermietung an die Aufwendungen für Zins und laufende Tilgung der aufgenommenen Fremdmittel und für die Bewirtschaftung des Grundstücks nicht aus der Miete (einschließlich Erstattung der Nebenkosten) und sonstigem eigenen Einkommen decken kann und sich der Mieter-Ehegatte deshalb über die Zahlung von Miete und ggf. Arbeitslohn hinaus in nicht unwesentlichem Umfang an diesen Aufwendungen beteiligen muß.

dd) Im Streitfall verhält es sich so (wie oben unter aa und bb ausgeführt). Allerdings ist noch zu berücksichtigen, daß Ehegatten im Rahmen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft unter familiären Gesichtspunkten einem Ehegatten die Aufgabe zuteilen und/oder zum Zwecke der Vermögensbildung durch den einkommenslosen Ehegatten diesem die Funktion zuweisen können, die Eigentümerstellung insbesondere an einem Grundstück einzunehmen. Derartige familiäre Erwägungen rechtfertigen sich durch die Ehe, so daß der Eigentumserwerb eines Grundstücks durch den einkommenslosen oder einkommensschwächeren Ehegatten nicht allein deshalb als unangemessen beurteilt werden kann, weil der andere Ehegatte sämtliche Aufwendungen trägt. Unangemessen ist hingegen im Streitfall, daß die Klägerin die Nutzungsüberlassung der Praxisräume rechtlich als entgeltlichen Leistungsaustausch gestaltet hat. Eine verständige Partei hätte angesichts der zugrunde liegenden Verhältnisse vom Abschluß eines Mietvertrages über die Praxisräume und dessen formaler Durchführung abgesehen und es dem Arzt-Ehegatten überlassen, entsprechend seiner wirtschaftlichen Stellung die entstehenden Aufwendungen für Grundstück und Gebäude als solche zu tragen, anstatt entsprechende Mittel als Mietzins bzw. in Form von Zuschüssen dem Eigentümer-Ehegatten verdeckt zuzuwenden.

c) § 42 AO 1977 setzt eine am Gesetzeszweck vorbeizielende rechtliche Gestaltung voraus (BFH-Urteil vom 6. März 1990 II R 88/87, BFHE 160, 57, BStBl II 1990, 446). Diese Voraussetzung ist erfüllt.

aa) Die gewählte rechtliche Gestaltung, die den wirtschaftlichen Vorgängen nicht angemessen ist, widerspricht den Zwecken des Vorsteuerabzugs und der Vorschriften, die diesen ausschließen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist grundsätzlich die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG 1980). Der Ehemann der Klägerin, von dem sich diese in den Erwerbs- und Bebauungsvorgang hat "vorschalten" lassen, wäre nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG 1980), weil seine Umsätze aus der Tätigkeit als Zahnarzt steuerbefreit sind (§ 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980), soweit nicht die Ausnahmevorschrift des § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchst. b UStG 1980 eingreift. Nach dieser Ausnahmeregelung sind steuerpflichtig die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten (Nr. 90.19 A I und aus Nr. 90.19 C des Zolltarifs), soweit sie der Zahnarzt in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat. Dieser (teilweise) Ausschluß des Vorsteuerabzugs soll umgangen werden, indem der Zahnarzt seine Praxis nicht selbst erwirbt oder errichtet, sondern hierbei seinen Ehegatten "vorschaltet" und mit diesem formal einen Mietvertrag abschließt und durchführt, obwohl dies nicht dem wirtschaftlichen Sachverhalt entspricht. Über die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft kommt der dem Vermieter-Ehegatten aus dem Vorsteuerabzug zufließende Vorteil auch dem vom Ausschluß des Vorsteuerabzugs betroffenen (Arzt-)Ehegatten zugute.

bb) Nichts anderes ergibt sich daraus, daß die Vermietungsumsätze der Klägerin steuerpflichtig wären und ihr Ehemann hierauf entrichtete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuerbeträge abziehen könnte (ausgenommen im Umfang der Prothetikumsätze). Hierdurch wird der Vorsteuerabzug der Klägerin aus den Kosten der Errichtung der Praxis nicht ausgeglichen. Zum einen könnte die Klägerin nach Ablauf von 10 Jahren die Praxis umsatzsteuerfrei vermieten, ohne daß der Vorsteuerabzug zu berichtigen wäre (§ 15 a Abs. 1 UStG 1980). Zum anderen hätte die Klägerin aufgrund des bis einschließlich 1989 geltenden Steuerabzugsbetrags nach § 19 Abs. 3 UStG 1980 a. F. die bis dahin vereinnahmte Umsatzsteuer nur zum Teil an das FA abführen müssen.

cc) Der Klägerin steht auch nicht ein teilweiser Vorsteuerabzug deswegen zu, weil ihr Ehemann diesen aufgrund der Ausführung steuerpflichtiger Umsätze (Prothetik) hätte geltend machen können, wenn er selbst das Grundstück bebaut hätte. Nach § 42 Satz 2 AO 1977 entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. In diesem Fall hätte die Klägerin als bürgerlich-rechtliche Eigentümerin ihrem Ehemann die Nutzung der Praxis unentgeltlich gestattet. Ihr stünde dann kein Vorsteuerabzug zu. Nur dies ist entscheidend. Auf die Verhältnisse bei einem anderen Steuerpflichtigen, hier dem Ehemann der Klägerin, kann für die Rechtsfolgen des § 42 AO 1977 nicht abgestellt werden (vgl. Senatsurteil in BFHE 165, 1, BStBl II 1991, 866).

d) Die Versagung des Vorsteuerabzugs verletzt nicht Art. 3 oder 6 GG. Diese Vorschriften fordern nicht, daß rechtliche Gestaltungen, die den wirtschaftlichen Vorgängen nicht angemessen sind und dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen, im Steuerrecht berücksichtigt werden. Zwar verbietet die Verfassung die Diskriminierung von Ehegatten bei der Auslegung der Steuergesetze. Sie gebietet jedoch nicht, bei der Anwendung der Steuergesetze die durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft begründete besondere Lage von Ehegatten außer acht zu lassen. Denn bei Angehörigen fehlt der typische Interessengegensatz, von dem man bei Fremden grundsätzlich ausgehen darf.