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  BFH-Urteil vom 4.7.1991 (IV R 29/88) BStBl. 1992 II S. 76

Werden zwischen denselben Beteiligten als Terminkäufe und -verkäufe bezeichnete Geschäfte über Fremdwährung mit überhöhter Spanne getätigt, denen im Folgejahr gleichartige Gegengeschäfte gegenüberstehen, so realisieren die Beteiligten in Höhe der Spanne weder Gewinn bzw. Aufwand in dem einen, noch Aufwand bzw. Gewinn im folgenden Jahr; vielmehr ist davon auszugehen, daß in Höhe der Spanne ein Darlehen gewährt und zurückgezahlt worden ist.

EStG § 4, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2.

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betätigt sich als Geld- und Devisenmakler. Am 28. Dezember 1973 traf die Klägerin mit dem Bankhaus X als Termingeschäfte bezeichnete Vereinbarungen. Sie kaufte danach zum 18., 21. und 22. Januar 1974 Beträge in US-$ und verkaufte sie gleichzeitig zum selben Termin wieder an das Bankhaus. Weil für den Verkauf höhere Kurse als für den Kauf zugrunde gelegt wurden, ergab sich für die Klägerin aus der Vereinbarung ein Gewinn von 2.010.000 DM. Die Klägerin erfaßte diesen Gewinn erst im Jahr 1974.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) u. a. die Auffassung, der Gewinn aus den Termingeschäften sei schon 1973 realisiert worden; in die Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1973 müsse eine Forderung von 2.010.000 DM eingesetzt werden. Die Gewinnfeststellungsbescheide und die Gewerbesteuermeßbescheide 1971 bis 1973 wurden entsprechend geändert.

Die Klage zum Finanzgericht (FG) blieb erfolglos. Hiergegen hat die Klägerin Revision eingelegt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Das FG hat angenommen, daß zwischen der Klägerin und dem Bankhaus X nur der äußeren Form nach Termingeschäfte vereinbart worden seien, tatsächlich aber das Bankhaus eine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 2.010.000 DM übernommen habe, die als Forderung in der Handels- und Steuerbilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1973 gewinnerhöhend zu aktivieren sei. Dem ist mit der Maßgabe zuzustimmen, daß der Klägerin aus früheren angeblichen Termingeschäften eine Darlehensforderung gegen das Bankhaus X zustand, die im Januar 1974 beglichen werden sollte; Gewährung und Rückzahlung des Darlehens sind von der Klägerin in unzulässiger Weise als Verlust- und Gewinnvorgänge dargestellt worden.

1. Der Abschluß eines Devisentermingeschäfts würde voraussetzen, daß die Klägerin Fremdwährungsbeträge zu einem im voraus festgelegten Kurs, dem Terminkurs, gegen Deutsche Mark kaufte oder verkaufte. Termingeschäfte sind schwebende Geschäfte, die regelmäßig nicht in die laufende Buchführung aufgenommen werden und auch im Jahresabschluß nur Berücksichtigung finden, wenn aus ihnen ein Verlust droht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. März 1981 IV R 94/78, BFHE 133, 379, BStBl II 1981, 658, m. w. N.). Ob sich hieran etwas ändert, wenn der Partner eines Devisentermingeschäfts mit einem Dritten oder mit seinem Vertragspartner ein gegenläufiges Geschäft in der Weise tätigt, daß einem Terminverkauf ein Terminkauf oder einem Terminkauf ein Terminverkauf gegenübersteht, kann dahinstehen. Denn im Streitfall sind zwischen der Klägerin und dem Bankhaus X keine Verträge abgeschlossen worden, die die Lieferung und den Bezug von Fremdwährungsbeträgen zum Gegenstand hatten.

2. Gegen die Annahme von Termingeschäften spricht, daß den angeblichen Terminkäufen der Klägerin beim Bankhaus X gleichzeitig geschlossene Terminverkäufe über dieselben Beträge zu denselben Terminen gegenüberstehen sollten. Eine Abwicklung dieser Geschäfte durch Beschaffung und Überlassung der Währungsbeträge ergab keinen Sinn und ist, wie das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) festgestellt hat, tatsächlich nicht beabsichtigt gewesen. Aus den vom FG in Bezug genommenen Unterlagen der Klägerin ergibt sich hierzu, daß die Vorgänge auf Vordrucken für die Bestätigung von Devisen-Kassa-Geschäften abgerechnet wurden und die Verschaffung von Fremdwährungsguthaben bei einem anderen Kreditinstitut nicht vorgesehen war; demgemäß ist der Gegenwert der angeblichen Terminkäufe und -verkäufe der Klägerin sogleich auf ihrem Girokonto bei der X-Bank belastet und gutgeschrieben worden, allerdings mit Wertstellung zum 18., 21. und 22. Januar 1974.

3. In der diesen Vorgängen zugrunde liegenden Vereinbarung kann auch kein Differenzgeschäft gesehen werden. Hierfür wäre eine Vereinbarung des Inhalts zu verlangen, daß die Differenz zwischen dem vereinbarten Terminkurs und dem tatsächlichen Kassakurs am Termintage von der Klägerin bzw. vom Bankhaus X zu zahlen sei (vgl. § 764 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Wie der Abschluß der gegenläufigen Geschäfte zeigt, sollten aber weder die Klägerin noch das Bankhaus X aus der Kursentwicklung Vorteil ziehen.

4. Tatsächlich dienten die Vereinbarungen vom 28. Dezember 1973 lediglich der Rückzahlung eines Betrages, den die Klägerin zuvor dem Bankhaus X zur Verfügung gestellt hatte. Das FG hat nämlich festgestellt, daß zwischen diesen Beteiligten Anfang Dezember 1973 gleichartige Geschäfte vereinbart worden waren, die zur Zahlung von 2.010.118,90 DM durch die Klägerin geführt hatten. Auch in diesem Falle war nicht vorgesehen, daß die in den Abschlüssen genannten Fremdwährungsbeträge im Wert von rd. 144 bzw. 146 Mio. DM effektiv zur Verfügung gestellt würden. Da die Klägerin lediglich als Devisenmakler tätig war, erscheint ausgeschlossen, daß sie in diesem Umfang Fremdwährungsguthaben bei anderen Banken unterhalten konnte. Durch den gleichzeitigen Abschluß von Terminkäufen und -verkäufen beschränkte sich die Verpflichtung der Klägerin auf die Zahlung des angegebenen Betrages.

Die im Streit stehende Summe durfte bei der Klägerin weder als Aufwand noch als Ertrag berücksichtigt werden. Sie ergibt sich aus den zwischen den Beteiligten zugrunde gelegten unterschiedlichen Kursen für die jeweiligen Terminkäufe und -verkäufe. Die Spanne zwischen Geld- und Briefkursen soll die Aufwendungen der Bank für die Beschaffung bzw. Unterbringung der Devisenbeträge decken. Da es hierzu im Streitfall nicht kommen sollte, bestand für derartige Kursvereinbarungen kein Anlaß. Zudem erscheint auch die vereinbarte Spanne überhöht. Sie beträgt bei den angeblich im Januar 1974 zu erfüllenden Geschäften zwischen 3,33 und 4,10 Pfennige je US-$, während im Geschäftsverkehr wesentlich niedrigere Spannen vereinbart werden (vgl. hierzu Lipfert, Devisenhandel, 2. Aufl., S. 20 f.; Fischer-Erlach, Handel und Kursbildung am Devisenmarkt, 3. Aufl., S. 31, 59). Der von der Klägerin Anfang Dezember 1973 erlittene "Kursverlust" ist von ihr nur unter der Bedingung hingenommen worden, daß sie durch Folgevereinbarungen einen entsprechenden "Kursgewinn" erzielt. Da es zu derartigen Verlusten und Gewinnen nicht gekommen ist, sollte in Wahrheit nur der Nettobetrag ausgezahlt und zurückgezahlt werden; hierin liegt in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Gewährung eines Darlehens in Höhe des streitigen Betrags; Auswirkungen auf das Jahresergebnis der Klägerin konnten sich nicht ergeben. Sie sind auch in der Berechnung des FA nicht enthalten, das einem Verlust aus den Anfang Dezember geschlossenen Geschäften einen Gewinn aus den späteren Geschäften gegenübergestellt und diesen noch im Jahre 1973 erfaßt hat.